DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

17-07-2020 17:01
SXEU31 DWAV 171800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.07.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Sonntag im Osten einzelne kräftige Gewitter, Unwetterpotential durch
Starkregen. Am Montag an der Kaltfront Gewitter, nachfolgend wieder kühler.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir im Bereich einer langgestreckten Hochdruckzone, die sich
vom Nordatlantik über Deutschland zur Ostsee und darüber hinaus weiter bis in
den Westen Russlands erstreckt. Die eingeflossene Meeresluft konnte sich dabei
erwärmen und wies Nachmittagstemperaturen zwischen 19 und 25 Grad auf. Lediglich
im Osten und Südosten wurde diese Werte nicht erreicht, da mehr Wolken unterwegs
waren und auch einzelne Schauer und Gewitter. Diese gingen auf die Labilisierung
durch ein Höhentief, Marke Kaltlufttropfen, zurück, das über Tschechien nach
Süden zieht.
In der kommenden Nacht zum Samstag verschiebt sich die Hochdruckzone etwas nach
Süden, während der Kaltlufttropfen seinen gemächlichen Südkurs beibehält und
sich entlang der österreichisch/ungarischen Grenze nach Süden entfernt. Im
Südosten kommt es anfangs noch zu Schauern, aber kaum noch zu Gewittern.
Auch in den Nordwesten kann über Benelux tiefe Bewölkung, die sich unter einer
Inversion in 800 hPa ausbreitet, eindringen. Dazwischen lösen sich die
Quellwolken häufig auf und später zeigt sich der Himmel teils gering bewölkt und
es bildet sich örtlich Nebel, allerdings deutlich weniger als in der letzten
Nacht. Die Luft kühlt meist auf 14 bis 8 Grad ab.

Samstag ... stellt sich in weiten Landesteilen Zwischenhocheinfluss ein, bzw.
setzt sich dieser fort. Die Hochdruckzone behält ihre Position weitgehend,
infolge eines weiteren leichten Temperaturanstieges fällt der
Bodenluftdruck schon wieder, was aber nichts am Absinken über großen
Landesteilen ändert. Wiederum bilden sich tagsüber Quellwolken, die bis zur
Inversion in ca. 750 hPa anwachsen und die - wie auch hohe/mittelhohe Bewölkung
- genügend Platz für längere sonnige Phasen lassen. Die Temperatur steigt
gegenüber Freitag noch etwas an und erreicht 22 bis 28 Grad.
Der Kaltlufttropfen liegt inzwischen (ICON) mit Kern über Kroatien, lenkt aber
nach wie vor feuchtere und leicht instabile Luft in den Osten und Südosten, so
dass sich dort etwas höher reichende Konvektion entwickeln kann. Ob es für
Gewitter reicht, ist fraglich; wahrscheinlich nicht, da die Schichtung oberhalb
700/650 hPa stabil wird. Einzelne Schauer und etwas Regen sind aber in
Südostbayern und Ostsachsen drin.

Ein über GB und der Nordsee schleifender Tiefausläufer bleibt außen vor; er
gehört zum umfangreichen, steuernden Tief südöstlich Islands. Auf dessen
Vorderseite können einige Wolkenfelder in den äußersten Nordwesten driften, die,
außer dass sie die Einstrahlung leicht drosseln, nichts tun.

In der Nacht zum Sonntag schwächelt die Hochdruckzone am Boden weiter und auch
die Geopotentialbrücke über Deutschland wird durch das Höhentief im Südosten und
den sich nähernden Langwellentrog aus Nordwesten in die Zange genommen. Dabei
kann es nahe der holländischen Grenze und ganz im Südosten ein paar Tropfen
Regen oder schwache Schauer geben, sonst passiert nichts und die Nacht wird
wolkenarm und niederschlagsfrei über die Bühne gehen. In der abgetrockneten Luft
ist Nebel kein Thema mehr.

Sonntag ... nimmt der antizyklonale Einfluss über Deutschland ab. Das liegt
einerseits am Höhentief über dem Balkan, das nun wieder Nordostkurs einschlägt.
Vorderseitig eines Randtroges, welcher das Tief umläuft, gelangt feuchtere und
wieder hochreichend instabile Luft in den äußersten Osten unsers Landes.
Zwischen dem bayerischen Wald und Vorpommern nimmt entsprechend die
Gewitterneigung im Tagesverlauf zu. Gerade im Nordosten kann ML CAPE bis über
1000 J/kg generiert werden und laut ICON stehen dazu 40 mm PPW auf der Karte.
Mangels Dynamik und Scherung sind die Zellen langsam unterwegs und weisen kaum
Organisation auf. Dabei ist Starkregen, lokal bis WU und zumindest kleinkörniger
Hagel möglich.

Zum anderen nähert sich der nordatlantische Langwellentrog über die Nordsee und
lässt ganz im Nordwesten eine südwestliche Strömung aufkommen, in
der erste kurzwellige Troganteile nach Nordosten ablaufen.
Der vorgelagerte wellende Frontenzug erreicht die südliche Nordsee, bleibt aber
auf Deutschland bezogen noch außen vor. Dennoch wird die Luft im Nordwesten
feuchter und es kommen präfrontal Wolken mit etwas Regen oder einigen Schauern
auf. Vereinzelt ist auch dort mal ein Gewitter nicht ausgeschlossen.
Dazwischen tut sich wettertechnisch nichts, obwohl - wie erwähnt die
antizyklonalen Strukturen verloren gehen - der Höhenrücken verschwindet und die
Bodenhochdruckzone kaum noch zu erkennen ist.

In trockener Luft (5 bis 6 g/kg spez. Feuchte in der Grenzschicht) scheint in
weiten Landesteilen die Sonne bei harmlosen Quellwolken.
Die Temperaturen steigen auf 25 bis 31 Grad, nur ganz im Nordwesten
bleibt es etwas kühler.

In der Nacht zum Montag schwächen sich die Gewitter im Osten ab. Dafür machen
schauerartige Regenfälle und vielleicht einzelne Gewitter von Nordwesten her
Boden nach Osten bzw. Südosten gut. In den östlichen Landesteilen kann sich in
der feuchteren Luft auch Nebel bilden.

Montag ... weitet sich der Langwellentrog über dem Nordwesten Europas über die
Nordsee etwas nach Süden aus und macht Boden nach Osten gut, wogegen sich
westlich Irlands ein Höhenrücken befindet, der ein umfangreiches
Bodenhochdruckgebiet stützt, welches von den Azoren bis zur Nordsee reicht. An
dessen Ostflanke und auf der Rückseite der nun beschleunigt nach Süden
vordringenden Kaltfront dreht der Wind auf nordwestliche bis nördliche
Richtungen, während präfrontal der Wind im Süden und zunächst auch über der
Mitte aus westlichen Richtungen weht.
Die Kaltfront überquert im Tagesverlauf die Nordwesthälfte Deutschlands und ist
thermisch sehr gut ausgeprägt, so sinkt im Nordwesten die 850-hPa-Temperatur auf
4 Grad, während sie im Süden bis zum Tagesende über 16 Grad verharrt.
Zudem schwenkt ein kurzwelliger Troganteil über den Norden Deutschlands hinweg,
so dass es an der Kaltfront und davor von der Mitte bis in den Nordosten teils
kräftige Gewitter geben kann. Dabei sind wegen der zunehmenden Scherung auch
etwas langlebigere Zellen möglich, die sich etwas organisieren können. Für
Details ist aber noch etwas zu früh.
Rückseitig der Kaltfront beruhigt sich das Wetter rasch. Im Süden gibt es
dagegen nochmal einen heißen Sommertag und nur einzelne, orografisch forcierte
Gewitter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Bezüglich der Kaltfront am Montag
bestehen noch Unsicherheiten und auch die Konvektion am Sonntag ganz im Osten
wird noch inhomogen simuliert. Der grobe Fahrplan steht aber.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner