DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

17-07-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 17.07.2020 um 10.30 UTC



Fortdauer der (Nord-)Westwetterlage mit starkem Azorenhoch.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 24.07.2020


Zum Beginn des Mittelfristzeitraumes am kommenden Montag hat ein Trog den
Nordwesten Europas im Griff, wohingegen sich westlich Irlands ein Höhenrücken
befindet, der ein umfangreiches Hochdruckgebiet stützt, welches von den Azoren
bis zur Nordsee reicht. Dieses ist auch - im Zusammenspiel mit einem
Nordmeertief - für den nordwestlichen Wind in der Nordhälfte Deutschlands
verantwortlich. Vorderseitig der Kaltfront des oben erwähnten Tiefs weht der
Wind im Süden noch aus West. Die Kaltfront überquert im Tagesverlauf die
Nordwesthälfte Deutschlands und ist thermisch sehr gut ausgeprägt, so sinkt im
Nordwesten die 850-hPa-Temperatur auf 4 Grad, während sie im Süden noch bei über
16 Grad verharrt. Zudem schwenkt ein kurzwelliger Troganteil über den Norden
Deutschlands hinweg, so dass es im Vorfeld der Kaltfront von der Mitte bis in
den Nordosten teils starke Gewitter geben kann. Rückseitig der Kaltfront
beruhigt sich das Wetter rasch. Im Süden gibt es dagegen einen heißen Sommertag
und nur einzelne Gewitter. In der Nacht kommt die Kaltfront noch etwas nach
Südosten voran, wobei sie vor allem im Osten des Landes noch aktiv ist.
Am Dienstag schwenkt ein weiterer Kurzwellentrog über den Norden Deutschlands
hinweg. Rückseitig der Kaltfront herrscht Kaltluftadvektion, was für eine
weitere Ausdehnung des Hochs von Nordwesten her sorgt und mit weiterer
Winddrehung teils bis auf Nord die Kaltfront in den Süden des Landes treibt.
Dort kann es in der noch warmen bis heißen Luftmasse wieder starke Gewitter
geben, rückseitig der Front dominiert dagegen das Absinken und trockenes, teils
sonniges Wetter. Ganz im Norden löst der Trog Schauer aus. In der Nacht erreicht
die Kaltfront dann die Alpen, wo es noch schauerartig regnet.
Am Mittwoch kommt der Trog mit seiner Südhälfte flott nach Osten voran, so dass
er sich zunehmend Nordwest-Südost-orientiert vom Nordmeer bis ins Baltikum auf
den Karten zeigt. Dies hat bei uns schon wieder Geopotentialanstieg zur Folge
und der Hochdruckkeil weitet sich über die ganze Nordhälfte aus. Bei meist
schwachen nördlichen Winden stellt sich in den meisten Landesteilen ruhiges
Wetter ein, unter einer Absinkinversion kann sich aber etwas Quellbewölkung
bilden und vielleicht auch etwas ausbreiten. Die von IFS simulierten leichten
Niederschläge erscheinen unrealistisch ("convective drizzle"). Ganz und gar
realistisch sind dagegen die noch recht kräftigen schauerartigen Regenfälle an
den Alpen, wofür sowohl der Stau als auch die dort noch liegende Kaltfront
verantwortlich sind.
Am Donnerstag kippt die zuvor nordwestliche Höhenströmung auf der Rückseite des
Troges Richtung West, weil sich ein vor allem im Süden (Biskaya, Iberische
Halbinsel) ausgeprägter Trog von Westen nähert. In diesem Zusammenhang bildet
sich auch an der Warmfront eines weit draußen über dem Atlantik liegen Tiefs
eine Welle, die sich über der Nordsee zu einem flachen Tief entwickelt.
Warmluftadvektion sorgt dort für viel Bewölkung, die auch den Norden
Deutschlands erreicht und über den Kimbrischen Halbinsel etwas Regen bringen
kann. Ansonsten verbleiben wir bodennah unter dem Hoch. Das sorgt in den übrigen
Landesteilen für ruhiges Wetter mit recht viel Sonne, in den Resten der Warmluft
an den Alpen kann sich aber auch mal ein einzelnes Gewitter bilden. Noch ein
Wort zur Temperatur, diese steigt allmählich wieder an. Im Südwesten werden in
850 hPa am Abend schon wieder 14 Grad erreicht, über Rügen gerade mal 6 Grad.
Am Freitag schwenkt der Trog über Deutschland hinweg, sorgt aber nur für wenig
Hebung. Zum Abend nähert sich schon wieder ein kurzwelliger Rücken, der sich vor
einem stärkeren Trog aufwölbt, der sich westlich Irlands ausbildet. Der uns
überquerende Trog vermag immerhin das Hoch zu spalten, so dass sich eine
eigenständige Hochzelle über Osteuropa bildet. Bei uns verbleibt nur mehr eine
schwache Hochdruckbrücke. Etwas Regen gibt es im Norden im Bereich der südlich
des am Vortag erwähnten Tiefs einfließenden sehr feuchten Luftmasse. Auch im
Süden werden wieder Schauer und Gewitter ausgelöst. Insgesamt sollte der Tag
etwas bewölkter verlaufen als der Vortag.
In der erweiterten Mittelfrist kommt dann, was sich schon andeutet: Unter dem
Rücken und auf der Vorderseite des herannahenden Troges fließt feuchte und sehr
warme Luft wieder bis in den Norden, was am Samstag für heißes Wetter sorgt. Am
Sonntag droht dann mit weiterer Annäherung des Troges ein ordentliches
Donnerwetter, Montag erreicht uns dann der Trog und wieder eine kühlere
Luftmasse.
Lange Rede, kurzer Sinn: Die wechselhafte Westwetterlage bleibt uns erhalten.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuelle Laufs mit seinen beiden Vorgängerläufen kann bis zum
Ende der nächsten Woche als sehr gut bezeichnet werden.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum nächsten Mittwoch ähneln sich die Prognosen der vorliegenden
Globalmodelle. Ab Donnerstag zeigen sich dann zunehmend leichte Unterschiede in
der Ausprägung und Geschwindigkeit von Trögen und Rücken, aber auch in der Lage
der Tiefs. Dabei bleiben aber UKMO, GFS, ICON und IFS noch recht ähnlich,
während GEM den Trog nicht am Freitag, sondern erst am nächsten Samstag bringt.
Aller Unterschiede zum Trotz ist aber auch die Übereinstimmung der
unterschiedlichen Modelle gut.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble wird sowohl in der Mittelfrist (Mittwoch bis Freitag) als auch
in der erweiterten Mittelfrist (Samstag bis Montag) jeweils einem Cluster
zugeordnet. Die Wetterregime wechseln dabei zwischen "Atlantischen Rücken" und
"Positiver NAO-Lage". Letztendlich ist also die Wahrscheinlichkeit hoch, dass es
bei der aktuellen Wetterwetterlage mit recht starkem Azorenhoch bleibt.
Die Betrachtung der Rauchfahnen für sorgfältig ausgewählte deutsche Städte zeigt
den Temperaturrückgang von Nord nach Süd zum Beginn der Mittelfrist, der auch
mit Niederschlagssignalen (unterschiedlicher Stärke) korreliert ist. Danach
folgt ein erneuter langsamer Temperaturanstieg, dem wiederum ein Rückgang im
Laufe des nächsten Wochenendes folgt. Auch dieser ist wieder mit
Niederschlagssignalen verbunden. Auffällig ist, dass die Streuung der Temperatur
schon zu Beginn recht hoch ist, dann aber recht wenig weiter auffächert (vor
allem in der Mitte des Landes). Zudem zeigt am nächsten Wochenende der Hauptlauf
wesentlich stärkere Ausschläge als die Mehrheit des Ensembles. Das deutet an,
dass die Wahrscheinlichkeit, dass der von Westen herannahende Trog auf seiner
Vorderseite mal richtig warme Luft anzapfen kann, gar nicht so groß ist. Dies
wiederum bedeutet, dass das oben bei der Beschreibung des Hauptlaufs angedeutete
Donnerwetter gar nicht so wahrscheinlich ist. Auch die GFS-Rauchfahnen, die
ansonsten jenen des IFS ähneln, deuten das Anzapfen der sehr warmen Luft am
nächsten Wochenende nicht an.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI bringt keine Hinweise auf signifikantes Wetter im Mittelfristzeitraums,
abgesehen davon, dass es Mitte nächster Woche im Norden mal ungewöhnlich kühl
sein soll.

Regen:
Cosmo-LEPS bringt von Dienstagmittag bis Mittwochmittag an den Alpen
Wahrscheinlichkeiten von über 10 % für mehr als 30 l/qm Regen.

Wind:
Nach Cosmo-LEPS und IFS-EPS besteht am Mittwoch eine geringe Wahrscheinlichkeit
für stürmische Böen an der Ostsee.

Gewitter:
Eine erhöhte Gefahr markanter Gewitter besteht am Montag von der Mitte bis in
den Nordosten und am Dienstag im Süden. In den Folgetagen besteht in den Alpen
noch ein leichtes Gewitterrisiko.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Peter Hartmann