DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-07-2020 17:01
SXEU31 DWAV 161800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.07.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
An den Alpen und im Alpenvorland bis Freitagmittag Dauerregen. Im Osten jeweils
tagsüber einzelne Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... liegen wir unter einer nordwestlichen Strömung mit der frische
Meeresluft subpolaren Ursprungs nach Deutschland geführt wird. Die
Druckunterschiede in Bodennähe sind dabei zwischen einem Hochkeil über
Westeuropa und einer Tiefdruckrinne über dem östlichen Mitteleuropa nur gering.
Etwas mehr Dynamik ist in der mittleren und höheren Troposphäre am Rand eines
Kaltlufttropfens über Westpolen zu finden, wobei sich dieser langsam weiter nach
Süden verlagert.
Am Abend kommt es im Nordosten unter relativ höhenkalter Luft noch zu einzelnen
Schauern und Gewittern, die in der Folge dem Tagesgang zum Opfer fallen. Die
vorübergehend geringe Bewölkung wird in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg
später durch von Polen hereinziehende kompaktere Bewölkung abgelöst, die von WLA
auf der Vorderseite eines den KLT umlaufenden Troges in der unteren Troposphäre
gestützt wird. Es regnet daraus zunächst aber nur wenig.
Vom Kaltlufttropfen geht auch ein Randtrog aus, der nachts über die Mitte und
den Süden zu den Alpen schwenkt. Daraus resultiert zunächst starke Bewölkung,
aus der vor allem im Süden verbreitet und im Alpenstau auch kräftiger Regen
fällt. Dieser dürfte aber mit Abzug des Troges in der zweiten Nachthälfte
beginnen deutlich nachzulassen, bzw. über der Mitte hört der dort sowieso meist
nicht ergiebige Regen ganz auf.
Die Dauerregenwarnungen im Süden laufen somit weiter; vor allem in der ersten
Nachthälfte sind an den Alpen 10 bis 20 mm Regen zu erwarten, dann 6-stündig
noch mal 5 bis 10 mm.
Vom Norden bis in die "östliche Mitte" ist es kompensatorisch für längere Zeit
klar oder gering bewölkt, was in der einigermaßen feuchten Luftmasse das ein
oder andere Nebelfeld auf den Plan ruft.

Freitag ... zieht der Kaltlufttropfen weiter südwärts und kommt gegen Tagesende
im Grenzbereich Österreich/Slowakei an. Vor einem weiteren, sich noch
kräftigenden Langwellentrog über dem Nordostatlantik wird ein schmaler
Höhenrücken in den Nordwesten unseres Landes gedrückt, derweil die
korrespondierende Bodenhochdruckzone vom Ärmelkanal recht zonal über
Norddeutschland zur Ostsee verläuft, bei insgesamt weiter sehr geringen
Druckunterschieden über Mitteleuropa.
Damit ist die kühle Luftmasse Absinkprozessen unterworfen und kann etwas
abtrocknen. Es bilden sich zwar über dem Westen und der Mitte Quellwolken, die
an der Inversion in 700 bis 800 hPa breitlaufen und keine Schauer produzieren.
Aufgrund der längeren Sonnenscheindauer kann sich die Luftmasse gegenüber dem
Vortag etwas erwärmen, die Maxima dürften sich zwischen 20 und 25 Grad
einpendeln.
Etwas anders sieht es dagegen im Süden und Osten aus. Zunächst stauen sich die
Wolken an den Alpen mit Regenfällen bis in die Mittagsstunden, dann lässt aber
Kaltluftadvektion die Wolkendecke aber auch hier aufreißen und die Regenfälle
klingen ab. Entsprechend ist auch der Endzeitpunkt der Warnungen terminiert.
Im Südosten und Osten ist die Schichtung nahe dem Höhentief weiterhin instabil,
so dass Schauer und einzelne Gewitter vor allem mit Starkregen möglich sind.
In den Nordosten wird dabei von Osten her feuchtere Luft eingesteuert, in der es
zu schauerartigen Regenfällen kommen kann. Ob dort ein Gewitter dabei ist, muss
abgewartet werden. Hier liegt in ca. 600 hPa, -10 Grad eine stabile Schicht,
aber vielleicht langt es dennoch mal zu einem vereinzelten Blitz.
Im Südosten reicht die labile Schicht etwas höher, die Luft ist aber in der
Grundschicht trockener, weshalb neben dem Starkregen (die Zellen ziehen nur
langsam) die ein oder andere stürmische Böe möglich ist.

In der Nacht zum Samstag verschiebt sich die Hochdruckzone etwas nach Süden und
liegt schließlich genau über Deutschland. Der Kaltlufttropfen behält seinen
gemütlichen Südkurs bei und entfernt sich entlang der österreichisch/ungarischen
Grenze nach Süden. Im Südosten kommt es noch zu einigen Schauern, anfangs zu
Gewittern. Auch in den Nordwesten kann aus Westen tiefe Bewölkung unter einer
Inversion in 800 hPa eindringen, dazwischen zeigt sich der Himmel meist gering
bewölkt und es bildet sich lediglich lokal mal ein Nebelfeld, wahrscheinlich
ohne große Warnrelevanz. Die Luft kühl meist auf 14 bis 8 Grad ab.

Samstag ... stellt sich in weiten Landesteilen Zwischenhocheinfluss ein oder
setzt sich fort. Die Hochdruckzone behält ihre Position, infolge eines weiteren
leichten Temperaturanstieges fällt der Bodenluftdruck zwar schon wieder, was
aber nichts am Absinken über großen Landesteilen ändert. Wiederum bilden sich
tagsüber flache Quellwolken, die - wie auch etwas hohe/mittelhohe Bewölkung -
genügend Platz für längere sonnige Phasen lassen. Die Temperatur steigt auf 22
bis 28 Grad.
Der Kaltlufttropfen liegt inzwischen (ICON) mit Kern etwa über Slowenien, lenkt
aber nach wie vor feuchtere und labilere Luft in den Osten und Südosten, so dass
sich dort etwas höher reichende Konvektion entwickeln kann. Ob es aber für
Gewitter reicht, ist sehr fraglich; eher wahrscheinlich nicht. Einzelne Schauer
und etwas Regen sind aber in Südostbayern und Ostsachsen noch drin.
Der schleifende Tiefausläufer über GB und der Nordsee bleibt außen vor; er
gehört zum umfangreichen, steuernden Tief südöstlich Islands. Auf dessen
Vorderseite können aber Sc-Felder in den äußersten Nordwesten driften, die,
außer dass sie die Einstrahlung etwas drosseln, nichts tun.

In der Nacht zum Sonntag schwächelt die Hochdruckzone weiter und auch der Keil
in der Höhe wird durch das Höhentief im Südosten und den sich nähernden Trog aus
Nordwesten in die Zange genommen. Dabei kann es nahe der holländischen Grenze
und ganz im Südosten ein paar Tropfen Regen geben, sonst passiert nichts und die
Nacht wird wolkenarm und niederschlagsfrei über die Bühne gehen. In der
abgetrockneten Luft ist Nebel kein Thema mehr.

Sonntag ... nimmt der antizyklonale Einfluss über Deutschland langsam weiter ab.
Das liegt einerseits am Höhentief über dem Balkan, das nun wieder Nordostkurs
einschlägt und vorderseitig eines Randtroges feuchtere und nun auch wieder
hochreichend instabile Luft in den äußersten Osten unsers Landes führt. Zwischen
dem bayerischen Wald und Vorpommern nimmt entsprechend die Gewitterneigung im
Tagesverlauf wieder zu. Gerade im Nordosten kann ML CAPE bis 1000 J/kg generiert
werden und laut ICON stehen dazu 40 mm PPW auf der Karte. Mangels Dynamik und
Scherung sind die Zellen langsam unterwegs und weisen kaum Organisation auf.
Dabei ist Starkregen, lokal bis WU und zumindest kleinkörniger Hagel möglich.
Auch über die Nordsee nähert sich der nordatlantische Langwellentrog und lässt
ganz im Nordwesten eine südwestliche Strömung aufkommen, in der erste
kurzwellige Troganteile nach Nordosten ablaufen.
Der vorgelagerte wellende Frontenzug erreicht die südliche Nordsee, bleibt aber
für Deutschland gesehen weiter außen vor. Dennoch wird die Luft im Nordwesten
feuchter und es kommen präfrontal Wolken mit etwas Regen auf.
Dazwischen tut sich wettertechnisch nichts, obwohl - wie schon erwähnt die
antizyklonalen Strukturen verloren gehen - der Höhenrücken verschwindet und die
Bodenhochdruckzone infolge anhaltenden Druckfalls einer flachen Rinne Platz
macht.
In trockener Luft (5 bis 6 g/kg spez. Feuchte in der Grenzschicht) scheint in
weiten Landesteilen meist die Sonne bei harmlosen Quellwolken.
Die Temperaturen steigen auf 25 bis 30 Grad, nur ganz im Nordwesten bleibt es
etwas kühler.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren den Ablauf weitgehend ähnlich. In den Basisfeldern sind
die Unterschiede gering.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner