DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-07-2020 07:30
SXEU31 DWAV 150800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 15.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TR M

Außer im Westen heute einzelne Gewitter. Im Süden, vor allem Alpenrand und
Vorland am Donnerstag bis in den Freitag Dauerregen. Am Donnerstag und Freitag
vor allem im Osten Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Mittwoch... bestimmt ein Trog, der von Westen her langsam über uns hinweg
schwenkt, maßgeblich unser Wetter. Das eingelagerte Drehzentrum wandert
zögerlich von Südnorwegen nach Dänemark. Ein entsprechendes Bodentief findet
sich zunächst ebenfalls über dem südlichen Norwegen, füllt sich dort aber auf,
sodass der Trog zu einem Kaltlufttropfen mutiert. Am Boden stellen sich derweil
wieder sehr schwachgradientige Verhältnisse ein.
Dabei steht über dem Atlantik ein kräftiges Hoch auf dem Plan, von wo aus sich
ein Keil zu den Alpen schiebt, während sich an der Kaltfront des Norwegentiefs
ein kleines Wellentief über Polen bildet. Die Kaltfront liegt aktuell noch
diagonal über uns mit schauerartigem Regen und macht mangels Dynamik nur langsam
Boden nach Südosten hin gut. Ihr folgt kühle Meeresluft subpolaren Ursprungs vom
Nordatlantik, in der die Temperaturen in 850 hPa auf 5 bis 7 Grad sinken,
während im Übergangsbereich zur Warmluft im Osten und Süden noch 10 Grad in 850
hPa erreicht werden.

Im Tagesverlauf kann sich wieder etwas Cape aufbauen, nicht allzu viel, aber ein
paar hundert J/kg können es werden und der Regen wird stärker konvektiv geprägt.
Es sind dann im Osten und Süden einzelne, teils kräftige Gewitter möglich, die
sich langsam verlagern und mit Starkregen und kleinkörnigem Hagel sowie
stürmischen Böen verbunden sein können. Auch im Norden unter dem Trog kann es
kurze Gewitter geben, hier liegt der Trigger in der Höhenkaltluft.

Lediglich im Westen stabilisiert es in der einfließenden kühleren Meeresluft
deutlicher und es kommt nur vereinzelt zu Schauern. Die Regenfälle abseits der
Konvektion sind zunächst nicht warnwürdig und auch der Wind, der auf westliche
bis nordwestliche Richtungen gedreht hat, frischt nur in einigen Hochlagen der
Mittelgebirge und Alpen stärker auf mit 7er Böen (Mittelgebirge) und 8er Böen
auf einigen Alpengipfeln.
Die Temperaturen steigen in weiten Teilen auf 18 bis 22 Grad; nur in der Lausitz
und im Südosten Bayerns sind (in der noch nicht ausgeräumten Mischluftmasse)
Werte nahe oder um 25 Grad möglich.

In der Nacht zum Donnerstag zieht der Kaltlufttropfen über Nordostdeutschland
zur Oder und sorgt dort für Schauer, anfangs für einzelne Gewitter.
Die leicht schleifende Kaltfront hat dann aber auch den Süden weitgehend
passiert und liegt über dem Alpenraum. An deren kalter Seite regnet es dort, vor
allem Richtung Alpen weiter und auch von Westen greift ein durch
Warmluftadvektion verursachtes Hebungsgebiet mit Regenfällen über und breitet
sich zur Mitte hin aus. In den Temperaturfeldern deutet sich so etwas wie eine
Warmfrontwelle an.
Vor allem vom Norden und Nordwesten bis in die östliche Mitte dominiert
dazwischen Absinken mit größeren Auflockerungen und geringer
Niederschlagsneigung, wobei sich diese Auflockerungen ostwärts ausbreiten. Der
Druckgradient ist nach wie vor sehr gering; das ein oder andere Nebelfeld bei
längeren Auflockerungen im Norden somit möglich.

Donnerstag... wird mit der schwachen nordwestlichen Strömung in der unteren
Troposphäre kühle Meeresluft subpolaren Ursprungs nach Deutschland advehiert.
Dabei liegt ein Hochkeil über Westeuropa sowie tiefer Druck von Skandinavien
ausgehend nach Osteuropa.
Der Kaltlufttropfen zieht über Westpolen nach Süden und schwächt sich dabei
langsam ab. Vor allem im Osten und Nordosten sollte die Schichtung aber labil
bleiben, und im Tagesverlauf für Schauer und einzelne Gewitter hinreichend sein.
Dabei handelt es sich um Einzelzellen, die langsam ziehen und Starkregen,
kleinen Hagel und stürmische Böen zur Folge haben können.
Der Kaltlufttropfen nimmt eine zunehmend elliptische Form an und es formiert
sich ein nach Westen gerichteter Trog, der langsam über Deutschland nach Süden
schwenkt. Über der Südwesthälfte regnet es unter dieser Trogvorderseite
gebietsweise, teilweise gestützt durch leicht Warmluftadvektion. Dabei kann es
nachmittags und in der Nacht zum Freitag vor allem in Staulagen an den Alpen
kräftig regnen.

Akkumuliert über 24 bis 36 Stunden sind bis in den Freitag hinein warnrelevante
Dauerregenmengen an den Alpen und Vorland wahrscheinlich. Die Mengen bleiben im
markanten Bereich (40 bis 60 mm in 24 bis 36h) und werden gestützt durch ICON,
IFS und inzwischen auch durch diverse Ensembleprodukte.
Zwischen den Regionen mit Regen/Schauern, erstreckt sich von der Nordsee, SH und
Mecklenburg bis in den östlichen Mittelgebirgsraum eine Zone mit
kompensatorischem Absinken und aufgelockerter, teils geringer Bewölkung sowie
geringer Schauerneigung.
Die Temperaturen bleiben auf sehr gedämpften Niveau und liegen nachmittags
zwischen 18 und 22 Grad, bei längerem Regen im Süden sind kaum mehr als 15 Grad
drin. Der Wind lebt nur im höheren Bergland nennenswert auf, mit Bft 7 bis 8 auf

einigen Gipfeln, ist aber auch dort nicht warnwürdig.

In der Nacht zum Freitag zieht der Kaltlufttropfen Richtung Riesengebirge, der
davon ausgehende Trog schwenkt über Süddeutschland zu den Alpen und stützt die
Regenfälle über der Mitte und dem Süden. Sie ziehen sich nach Süden zurück,
wegen des nahenden Troges und der sich verstärkenden Staukomponente dürften sie
sich aber an den Alpen und im Vorland noch einmal deutlich intensivieren. In
Staulagen sind schon 12 stündig 20 bis 30 mm möglich.
Die Schauer und Gewitter im Nordosten lassen vorübergehend nach, bevor sich mit
Übergreifen von WLA an der Nordwestflanke des Höhentiefs wieder schauerartige
Regenfälle von der Oder in die Gebiete östlich der Elbe ausbreiten können. In
den anderen Bereichen überwiegt aufgelockerte Bewölkung mit dem ein oder anderen
Nebelfeld.

Freitag... verlagert sich der weiter wetterbestimmende Kaltlufttropfen nur wenig
nach Süden und gelangt bis zur Böhmisch-Mährischen Schwelle. Folglich ist die
Luft über dem Südosten weiter labil geschichtet. Da sich am Alpenrand
staubedingt mehrschichtige Bewölkung mit weiteren Niederschlägen hält (die sich
zwar abschwächen, so dass ab Mittag eine ggf. ausgegebene Warnung vor Dauerregen
aufgehoben werden kann, die aber bis zum Abend noch andauern) kommt für die
Auslösung hochreichender Konvektion zunächst mal der östliche Mittelgebirgsraum
Bayerns in Frage. Ein Gehalt an niederschlagbarem Wasser zwischen 20 und 25 mm
und ein CAPE von ein paar hundert J/kg sollten hierfür hinreichend sein. Zudem
steuert der Kaltlufttropfen etwas Hebung bei.

Aber auch im Nordosten nehmen die schauerartigen Regenfälle konvektiven
Charakter an und es sind im Tagesverlauf Gewitter möglich. Dort wird ein neuer
Kurzwellentrog aktiv, der den Kaltlufttropfen umläuft und mit Warmluftadvektion
verbunden ist. Der Trog ist vor allem in unteren Troposphärenschichten erkennbar
und bildet sich auch im Bodendruckfeld ab. Dort wird Cape bis 500 J/kg
generiert, der Gehalt an niederschlagbarem Wasser liegt um 30 mm. Möglicherweise
handelt es sich dabei um eingelagerte Warmlufteinschubgewitter.

Im Norden und Nordwesten macht sich hingegen zusehends ein Höhenkeil bemerkbar,
der sich von der Nordsee nach Mittelskandinavien erstreckt und sich im
Tagesverlauf weiter bis nach Lappland ausweitet. Durch diesen Höhenkeil wird ein
Bodenkeil gestützt, der sich mit seiner Achse über die südliche Nordsee hinweg
bis zu den Baltischen Staaten erstreckt. Absinken in dessen Bereich lässt im
Norden und Nordwesten und teils auch über den mittleren Gebieten die Wolken
auflockern, für den Küstenbereich ergeben sich längere sonnige Abschnitte.

Insgesamt erfolgt sich ein leichter Temperaturanstieg auf 18 bis 24 Grad, wobei
es im Norden und der westlichen Mitte am wärmsten wird.
In der Nacht zum Samstag wird das Wetter im Osten und Südosten durch den
Kaltlufttropfen geprägt mit schauerartigen Regenfällen und anfangs einzelnen
Gewittern, die aber seltener werden und auch die Regenfälle klingen ab. Im
größten Teil des Landes setzt der Hochkeil, dessen Achse sich nach
Nordwestdeutschland verlagert, die Akzente und bringt niederschlagsfreie
Verhältnisse und teilweise geringe Bewölkung. Bei schwachem Wind bildet sich
gebietsweise dichter Nebel.


Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die Modelle simulieren die großräumigen Strukturen ähnlich, so dass der Ablauf
grundsätzlich weitgehend unstrittig ist. Die Niederschläge sind freilich noch
recht unsicher. Einerseits was die Konvektion angeht und zum anderen was den
Übergang der teils konvektiven Regenfälle ganz im Süden in den Dauerregen
angeht. Hier ist aber noch etwas Luft, der meiste Regen fällt dort
wahrscheinlich am Donnerstag und in der Nacht zum Freitag; entsprechend böte
sich dieser Zeitraum auch für die Warnungen an, die markant bleiben können. Die
Ensembles stützen inzwischen die Dauerregenlage an den Alpen. Über die Ausgabe
der Warnungen kann nachmittags oder abends entschieden werden. Der markante
Bereich kann, was die Mengen angeht, nach oben ausgereizt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner