DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-07-2020 16:30
SXEU31 DWAV 101800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.07.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Westwetterlage, anfangs schwere Gewitter im Südosten, nach Trogdurchgang am
Samstag von Westen Hochdruckeinfluss

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... herrscht eine stärker mäandrierende Westwetterlage vor. Über dem
Nordwesten Deutschland liegt dabei ein ausgeprägter Mid-Level-Jet, der durch
einen von Frankreich nach Deutschland hereinziehenden Trog in SW - NO- Richtung
gekippt wird. Deutschland überquert dabei eine Luftmassengrenze, die mehrere
Wellen über Norddeutschland bzw. über dem Baltikum gebildet hat. Die
Tiefdruckgebiete beinhalten die Reste des tropischen Sturms "EDUARD", der
allerdings nicht an den Jet koppeln konnte und eine stärkere Entwicklung
verhindert wurde. Die Luftmassengrenze ist thermisch gesehen zwar relativ stark
(3°C auf 850 hPa stehen im Nordwesten 19 °C im Südosten gegenüber), ist aber
weitestgehend relativ inaktiv, da, die Kaltluft bodennah flach einfließt und in
der Höhe trockene Luft bis etwa 700 hPa absinkt. Dadurch stabilisiert sich die
Schichtung an der Kaltfront. Aktiviert wurde sie nur im Nordosten Deutschlands.
Vorderseitig der Front hat sich in unteren Schichten ein Warmjet ausgebildet,
der von der Absinkinversion in Frontnähe gedeckelt wird. Dies führtr zu einer
Windzunahme, sodass auch abseits von Schauern Böen über 60 km/h aufgetreten
sind. Entsprechende Windwarnungen laufen.

Auf der warmen Seite der Luftmassengrenze ist feuchte und labile Subtropikluft
in den Südosten und Oste Deutschlands eingeflossen. Die 12-UTC-Soundings zeigen
CAPE-Werte von bis zu 1000 J/kg, die im Südosten Bayerns sich noch höher sind.
Im Nordosten haben sich unter guten Scherungsbedingungen (DLS ~ 30 m/s) einige
flache Gewitterzellen gebildet, die einen länger rotierenden Aufwindbereich
hatten. Diese sind allerdings bereits ostwärts abgezogen. Restpotenzial besteht
dort noch für die Lausisitz.
Im Süden Bayerns sind die Scherungsbedingungen nicht ganz so gut. Dafür ist mehr
CAPE vorhanden. Zunächst haben sich an einer Konvergenz, die die Vorderseite der
präfrontalen Windböen markiert erste Zellen gebildet, die rasch Ostwärts zogen
und sich mehrmals teilten. An der Konvergenz wurden bisher meistens kräftige
isolierte zellen beobachten, die aktuell zunhemnd clustern.
Ein 2. Hotspot entwickelte sich aus den Alpen heraus und soll als MCS über das
Alpenvorland nach Niederbayern ziehen. Dieser MCS kollidiert mit den neuen
Zellen an der Konvergenz. Hauptgefahr geht von mehrstündigen heftigen
Starkregen aus. Auch wenn die C-D2-12z-ENS den Starkregen etwas zurückgenommen
haben, gehen die meisten Modelle noch von noch von verbreiteteren Unwettern aus.
Deshalb wurde für diese Regionen relativ kurzfristig eine Vorabinformtion
geschaltet

In der Nacht kommt die Kaltfront Südostwärts voran und wird an den Alpen
eingebremst, wird aber auf der Trogvorderseite etwas aktiviert. Die Gewitter
gehen dadurch in stratiformen Regen über, der bis in den Samstagvormittag
andauert. Je nach Modell kommen zu den MCS-Niederschlägen nochmals 20 bis 40 mm
hinzu. Derzeitige Strategie ist, die Niederschläge getrennt von dem MCS-Regen
(das größtenteils mit Unwetter bewarnt wird), als Dauerregen in Ocker zu führen,
und bei stärkerer konvektiver Durchsetzung höchstens lokal auf Unwetter
hochzustufen, da die Intensität im Vergleich doch deutlich nachlässt.

Ansonsten lassen postfrontale Schauer allmählich nach und die Bewölkung lockert
größtenteils stärker auf, ehe gegen morgen kräftigere Schauer von der Nordsee in
den Nordwesten ziehen.


Samstag ... liegt dann der Trog über Mitteleuropa. Dabei ist besonders in den
Norden kühle Polarluft mit 850hPa-Temperaturen um 5 °C eingeflossen. Vorwiegend
in der Nordosthälfte bilden sich in der Höhenkaltluft (500 hPa-Temperatur ~ -20
°C) zahlreiche Schauer. Bei MU-CAPE-Werten von ~ 400 J/kg sind auch einzelne
elektrische Schauer zu erwarten.

Auf den Südwesten Deutschlands breitet sich von Westen her ein Höhenkeil aus,
sodass dort das Absinken überwiegt, und somit ein freundlicher Tag zu erwarten
ist.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Trog weiter nach Osten, gleichzeitig
nähert sich ein Rücken von den Britischen Inseln an. Er stützt ein Bodenhoch mit
Zentrum über dem Ärmelkanal, dessen Keil den Druck über Deutschland weiter
steigen lässt. Somit wird die Nacht vielfach klar. Die Temperaturen fallen in
weiten Teilen Deutschlands in den einstelligen Bereich. In ungünstig gelegenen
Mittelgebirgstälern lässt sich Bodenfrost nicht ausschließen! SuperHD liefert
dafür entsprechende Signale.

Sonntag ... zieht der Trog ostwärts ab, während der Höhenkeil unter Abflachung
seiner Amplitude auf Deutschland übergreift. Mit ihm bildet das Bodenhoch einen
Rücken über Norddeutschland. Absinken und schwache WLA dominieren. Nur im
Nordosten herrscht anfangs noch Trogeinfluss.
Dort bilden sich Quellwolken, die sich an einer Absinkinversion auf etwa 700 hPa
ausbreiten. Einzelne Schauer sind nicht ausgeschlossen.


Montag ... ändert sich an der Gesamtsituation wenig. Es herrscht eine
antizyklonale Westlage vor. In der Höhe liegt die Keilachse nun über
Deutschland, während das Bodenhoch eine Brücke über Norddeutschland bildet. Die
eingeflossene Polarluft erwärmt sich unter Absinken und schwacher WLA weiter,
sodass im Süden wieder 10 °C auf 850 hPa erreicht werden. Allerdings entwickelt
sich über dem Atlantik stromabwärts ein neuer Trog, der Richtung Westeuropa
vorstößt und dessen Hebungsfeld in der Nacht zum Dienstag bereits wieder auf den
Nordwesten übergreift.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sind sich weitestgehend einig.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Christian Herold