DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-08-2016 09:00
SXEU31 DWAV 020800
S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 02.08.2016 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Wz (West zyklonal)

Heute verbreitet Regen, aber nur im westl. Bergland teils warnwürdig. An der
Ostsee vereinzelte Gewitter möglich. In höheren Lagen auffrischender, auf SW
drehender Wind.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... reicht die leicht mäandrierende Frontalzone vom mittleren
Nordatlantik kommend bis zum nahen Osteuropa, wo sie nach Norden hin abbiegt.
Eingelagerte, nach Osten durchziehende Tröge und Keile sorgen bei uns für einen
wechselhaften Wettercharakter, das gesamte Strömungsmuster kann dem
Großwetterlagentypus Wz (west zyklonal) zugeordnet werden.
Am heutigen Dienstag überquert ein Trog unseren Raum langsam ostwärts, dem in
der kommenden Nacht ein flacher Rücken nachfolgt. Wichtiger als das scheint aber
die Tatsache zu sein, dass quasi über den gesamten Zeitraum hinweg WLA wirksam
ist. Sie kündigt die Annäherung einer Warmfront an, die zu einem nordwestlich
von Irland positionierten Tief gehört und bis Mittwoch früh einen Großteil der
Nordhälfte nach Osten überquert haben soll. Vor allem in der Mitte und im Westen
wird dabei reichlich Hebung generiert, so dass es zu teils länger andauernden
und im westlichen Mittelgebirgsraum mit orografischer Unterstützung (Stau)
regionsweise auch etwas intensiveren Regenfällen kommt, weswegen für Teile des
Bergischen und des Siegerlandes bereits eine zunächst bis Mittwochmittag
andauernde markante Dauerregenwarnung (um 30 mm) herausgeben wurde. Ansonsten
kommen in 24 Stunden 5 bis 15 mm, hier und da auch mal rund 20 mm Regen
zusammen.
Am südlichen (Richtung Alpen) und nördlichen (Küste plus angrenzendes
Binnenland) Randbereich fällt summa summarum am wenigsten Regen, im äußersten
Norden zeigt sich heute sogar hin und wieder die Sonne. Dafür ist es nicht
ausgeschlossen, dass es insbesondere an der Ostseeküste mit Trogpassage zu
Schauern, vereinzelt sogar kurzen Gewittern kommt. Temperaturmäßig kommen wir
auf gerade mal 17/18°C bei Dauerregen im westlichen Bergland und bis zu 25°C im
südöstlichen Bayern.
Anzusprechen wäre noch der südwestliche Wind, der mit Annäherung der Warmfront
im Tagesverlauf etwas zulegt, was bei stabiler Schichtung aber eigentlich nur im
höheren Bergland Wirkung zeigt. In exponierten Kamm- und Gipfellagen muss dann
mit Böen der Stärke 7 bis 8 Bft gerechnet werden, was warntechnisch häufig der
Einzelfallentscheidung unterliegt. In der Nacht zum Mittwoch sind dann sogar
einzelne Sturmböen 9 Bft möglich.

Mittwoch... wandert der immer flacher werdende Höhenrücken zügig über
Deutschland hinweg. Dahinter dreht die Höhenströmung etwas zurück auf SW, weil
sich über UK/Irland sowie dem nahen Ostatlantik ein neuer, zunächst recht breit
angelegter Trog etabliert.
Das o.e. Bodentief zieht langsam weiter nach Osten, passiert dabei die Hebriden
und erreicht bis zum Tagesende Schottland. Die Warmfront überquert bis Mittag
den NO des Vorhersageraums, womit auch das Maximum der WLA nordostwärts abzieht.
Zur Mittagszeit befindet sich der größte Teil unseres Landes in einem breiten
Warmsektor, in dem von SW her warme, nach Süden hin sogar sehr warme Meeresluft
von der Biscaya her advehiert wird. Der Norden und Nordwesten kommt dann
allerdings schon in den Bereich bzw. auf die Rückseite der stark zur
Wellenbildung neigenden Kaltfront, die sich von der Nordsee und den Niederlanden
her langsam landeinwärts vorarbeitet, ohne dabei aber allzu große Raumgewinne
verzeichnen zu können.
Wettertechnisch zieht der letzte, von der Warmfront generierte Regen rasch nach
Nordosten ab. An der wellenden Kaltfront bzw. im präfrontalen Bereich kommt es
aber zu weiteren, teils schauerartig verstärkten Regenfällen, die etwa einen 300
bis 400 km breiten, von West (besonders NRW plus nördliches RP) nach Ost
(besonders BB und Sachsen) zonal verlaufenden Streifen abdecken. Die Mengen, die
dabei in 12 Stunden zusammenkommen sollen, sind aus warntechnischer Perspektive
unkritisch. Allerdings wird von einigen Modellen für den Westen noch mal ein
zweites Maximum (Stau plus Welle) von bis zu 20 mm simuliert, so dass
möglicherweise über eine Verlängerung der laufenden Dauerregenwarnung
nachgedacht werden muss. Hier gilt es, die kommenden Modellläufe abzuwarten.
Ansonsten gilt es zu konstatieren, dass sich im äußersten N und NW in der
postfrontal einfließenden erwärmten subpolaren Meereskaltluft einzelne Schauer
und auch kurze Gewitter entwickeln können, die bei flotter südwestliche
Grundströmung mit Böen 7 bis 8 Bft einhergehen können. Apropros flotte
Grundströmung, auch abseits der genannten Schauer/Gewitter ist der SW-Wind
zumindest an der See sowie im Bergland so unterwegs, dass es in Böen die Stärke
7 Bft, in exponierten Kamm- und Gipfellagen 8 bis 9 Bft, auf dem Brocken
vielleicht sogar die 10 Bft (MOS-Mix) erreicht.
Den meisten Sonnenschein wird es am Mittwoch im Süden, sprich in den südlichen
Landesteilen von Bayern und BW, geben, wo der Warmsektor am antizyklonalsten
aufgestellt ist. Dort wird es mit 25 bis 29°C, am Hochrhein sowie im südlichen
Oberrheingraben lokal 30°C, auch am wärmsten, während sonst meist 20 bis 25°C
auf der Karte stehen.

In der Nacht zum Donnerstag kommt die weiterhin schleifende bzw. Wellen
schlagende Kaltfront nur marginal südostwärts voran. In ihrem Bereich kommt es
zu weiteren Regenfällen, die aber nach den einschlägigen und vom Bearbeiter
begutachteten Modellen übereinstimmend schwächer werden sollen und somit keine
Warnrelevanz mehr besitzen. Im Küstenbereich entwickeln sich weitere Schauer
oder Gewitter mit Böen 7 bis 8 Bft, auf dem Brocken und dem Fichtelberg bleibt
es stürmisch. Nach Süden hin bildet sich lokal flacher Nebel.

Donnerstag... amplifiziert sich der Höhentrog über Westeuropa bei gleichzeitiger
Verlagerung nach Osten. Am Abend reicht seine positiv geneigte Achse (500 hPa,
ICON) etwa von der östlichen Biscaya über England bis zur Nordsee. Vorderseitig
dreht die Höhenströmung über Deutschland noch etwas zurück, wobei sie ziemlich
glatt konturiert bleibt. Das Bodentief zieht weiter von Schottland zur Nordsee,
wobei es beginnt sich aufzufüllen. Die zugehörige Kaltfront beschäftigt uns auch
am Donnerstag noch, zumal sich ihre Verlagerungstendenz nach Südosten hin
aufgrund ihrer strömungsparallelen Exposition weiterhin arg in Grenzen hält. Am
Abend verläuft sie diagonal über Deutschland etwa vom Saarland bis hoch in den
Berliner Raum, wobei freilich die üblichen Toleranzen einer 60-stündigen
Prognose zu berücksichtigen sind.
Fakt ist, dass im S und SO präfrontal potenziell instabil geschichtete
Subtropikluft angesaugt wird, in der tagsüber auch etwas ML-CAPE generiert wird.
Meist bleiben die Werte nach C-EU zwar unter 500 J/kg, im südöstlichen Bayern,
wo es am längsten einstrahlt, reicht es aber gebietsweise zu mehr als 1000 J/kg.
Hinzu kommt leichter Druckfall im SO, aus dem eine flache Rinne resultiert, in
der es zu einer Windkonvergenz (SW vs. O-SO) kommen soll. Damit steigt am
Nachmittag und zum Abend hin die Gewitterwahrscheinlichkeit im S und SO an,
wobei neben der genannten Windkonvergenz auch die Orografie sowie das Erreichen
der Auslösetemperatur (um 30°C) als auslösende Faktoren dazukommen. Bei PPWs um
oder über 30°C können die Gewitter mit Starkregen, teils aber auch mit Hagel
einhergehen. Wie groß der Hagel tatsächlich ausfällt, hängt nicht zuletzt davon
ab, wieviel CAPE tagsüber generiert werden kann. Sollte C-EU mit seiner Prognose
richtig liegen, wäre großkörniger Hagel nur vereinzelt zu erwarten; allerdings
sollte man sich diesbezüglich noch nicht zu sicher sein.
Ein besonderes Augenmerk liegt auf der Windentwicklung in Verbindung mit den
Gewittern. Zwar halten sich die Höhenwinde in Grenzen, die Prognosetemps zeigen
im SO aber vielfach eine inverse V-Struktur in der trockenen unteren
Troposphäre, was die Bildung von Downbursts begünstigt. So sollte man sich nicht
wundern, wenn die Gewitter in Einzelfällen von schweren Sturmböen 10 Bft,
vielleicht sogar orkanartigen Böen 11 Bft begleitet werden.
Im Frontbereich selbst kommt es weiterhin zu schauerartigen Regenfällen, in die
auch mal ein Gewitter eingelagert sein kann. In der in den N und NW
einfließenden postfrontalen subpolaren Meeresluft setzt eine Stabilisierung der
Schichtung ein, so dass sich konvektive Umlagerungen tagsüber eher zurückhalten
werden und es vielerorts sogar trocken bleibt. Auf den Bergen sowie an der
Nordsee weht weiterhin ein frischer, in Böen starker bis stürmischer SW- bis
W-Wind. Die Höchsttemperatur liegt bei rund 20°C an der Nordsee, wo der Wind von
der See kommt und örtlich knapp über 30°C im Südosten.

Ein kurzes Wort noch zur Nacht auf Freitag: Mit Annäherung des Troges wird die
Kaltfront weiter nach SO gedrückt, wobei es zu einer hebungsintensiven
Interaktion zwischen der Trogvorderseite und der Front kommen wird. Alle Modelle
simulieren eine deutliche Intensivierung der Regenfälle im Frontbereich sowie
knapp rückseitig (Ana-Charakter), auch wenn es hinsichtlich der genauen
Positionierung und Quantifizierung des Regens noch Differenzen gibt.
Gebietsweise ist aber durchaus Stark-/Dauerregen bis in den Unwetterbereich
denkbar.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die großräumigen Basisfelder werden von den ortüblichen Modellen ziemlich
ähnlich gerechnet. Dass es bei der Detailentwicklung - in diesem Fall
insbesondere hinsichtlich der Niederschläge - Unterschiede gibt, ist normal und
wurde im Haupttext auch angerissen. Vieles wird von der genauen Positionierung
der wellenden Kaltfront abhängen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann