DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-07-2020 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 10.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
TrM
Kaltfrontdurchgang mit teils kräftigen Gewittern im Osten und Süden, lokal
Unwetter nicht ausgeschlossen. Nachfolgend an den Alpen und am Alpenrand
Dauerregen bis Samstagabend. Danach zunehmender Hochdruckeinfluss.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... kommt wieder ein wenig Spannung in die Wetterküche, wenn ein Trog im
Zusammenspiel mit dem Bodentief ex-EDOUARD für zum Teil ausgeprägte
Wettererscheinungen bis zum Samstag sorgen werden.
In der Ausgangslage zeigt sich dabei ein Trog mit positiver Neigung über den
Britischen Inseln. Ihm vorgelagert ist ex-EDOUARD mit Zentrum über dem Emsland.
Im Tagesverlauf läuft ein vom Atlantik kommender Randtrog in den Trog hinein und
regeneriert diesen, wobei der Trog unter Verkürzung seiner Wellenlänge bis zur
Bretagne amplifiziert. Das beschert ihm ein schärferes Aussehen und eine leicht
diffluente Vorderseite, auf der einige Hebungsimpulse auszumachen sind.
Ex-EDOUARD zieht im Zuge dessen bis zum Abend über Norddeutschland hinweg in die
östliche Ostsee und vertieft sich noch von einem Kerndruck aktuell von 1008 hPa
je nach Modell auf 1006 bis 1004 hPa. Die Zugbahn wird von den Modellen recht
einheitlich prognostiziert, sodass der Kern heute Abend nur maximal etwa 50 bis
100 km auseinanderliegt. Mit dem Tief überquert auch der Wellenscheitel
Norddeutschland, in seinem Bereich ist der meiste Regen zu erwarten. Die
Regenmengen betragen in Norddeutschland bis zum Abend 12-stündig zwischen 1 und
10 l/qm, lokal bis zu 15 l/qm. Größere Ausreißer bieten die Modelle nicht.
Die Kaltfront des Tiefs, die derzeit direkt vor Deutschland ante portas steht,
erreicht bis zum Abend eine Linie Pfalz - Bergstraße - Thüringer Wald - Lausitz.
Da sie massiv von KLA überlaufen wird, hält sich ihre Wetteraktivität arg in
Grenzen, mehr als ein paar Tropfen Regen werden an ihr nicht simuliert.
Postfrontal kann es am Nachmittag im Nordwesten zu leichten Schauern kommen,
limitiertes ML-CAPE bis etwa 100 J/Kg lässt Gewitter höchstens ganz vereinzelt
zu.
Anders sieht es im präfrontal aus. Bereits in den Frühstunden haben sich etwa
vom Sauerland bis zum Harz kaum hochreichende Schauer ("Elevated convection")
gebildet, die nun nach Osten ziehen. Sie bergen zwar im Prinzip das Potenzial
für einzelne Gewitter (COSMO-D2 mit (zu) vielen Hinweisen), laufen aber in die
vormittägliche Depression hinein. Für mehr als vereinzelte Blitz reicht es dann
wohl nicht.
Am Nachmittag bildet sich über Sachsen immer noch präfrontal ein neuer
Konvektionsschwerpunkt aus, der mit den jüngsten Läufen aber weiter nach Osten
gerechnet wurde. ML-CAPE bis 1000 J/kg und PPW's bis zu 35 mm können teils
kräftige Gewitter begünstigen, wobei Starkregen, kleiner Hagel und stürmische
Böen denkbar sind. Hohe DLS und LLS lassen organisierte Gewitter zu, SRH lässt
aber zu wünschen übrig. Bereits in den Nachmittagsstunden verabschieden sich die
Gewitter aber schon nach Osten und vielfach dichte Bewölkung aktuell lässt kaum
diabatische Erwärmung zu. Ob es noch für Unwetter (hauptsächlich Starkregen)
langt, muss dem Nowcasting überlassen werden.
Ebenfalls am Nachmittag lebt auch die Schauer- und Gewittertätigkeit aus den
Alpen heraus auf, sodass vor allem in einem Bereich zwischen dem Bodensee und
dem Bayerischen Wald sowie südöstlich davon ähnlich starke Gewitter wie in Osten
auftreten. Allerdings ist das Unwetterpotenzial etwas höher. Die Labilität ist
stärker ausgeprägt als in Sachsen, ML-CAPE und PPW's sind ähnlich. Die Scherung
dagegen ist geringer. Insbesondere beim Starkregen schlagen die Modelle an, was
wohl an einer geringeren Zuggeschwindigkeit der Zellen als im Osten liegt, da
die Höhenströmung im Süden schwächer ausgeprägt ist. Sollten organisierte
Gewitter vorkommen, was bei DLS bis 11 m/s und LLS von 10 bis 15 m/s und einem
inversem V (trockenene Grundschicht) nicht unmöglich erscheint, sind Sturmböen
oder sogar schwere Sturmböen sowie Hagel mit Korngrößen um 2 cm nicht
ausgeschlossen (Unwetter).
Neben den Niederschlägen frischt der Wind im Vorfeld, zum Teil aber auch entlang
der Kaltfront auf. Vorübergehend werden also starke Böen aus West bis Südwest
bis ins Tiefland simuliert, auf den Bergen stürmische Böen und exponiert
Sturmböen.
Postfrontal dreht der Wind auf Nordwest, wobei nur an der Nordsee oder im
Zusammenhang mit Schauern noch einzelne starke Böen mit von der Partie sind.
Die Temperaturen erreichen postfrontal 15 bis 22 Grad in der Nordwesthälfte,
davor noch einmal 25 bis 30, in Südostbayern 29 bis 33 Grad.

In der Nacht zum Samstag schwenkt der Trog nach Deutschland, wobei seine
Achsneigung langsam in Richtung neutral kippt. Ex-EDOUARD wird ins westliche
Lettland geführt und verstärkt sich noch bis 1000 bis 1002 hPa (immer noch
günstige Trogvorderseite). Die Kaltfront dringt mit weiterhin nur leichten
Regenfällen bis zum Morgen bis zur Donau vor. Präfrontal halten die Gewitter
zunächst an, wobei diese dann aber mehr und mehr in schauerartigen Regen
übergehen. Denkbar ist auch, dass sich mehrere Gewitter in den Abendstunden
verbinden, eventuell sogar als MCS. Darüber hinaus verschmilzen mit Ankunft der
Kaltfront die beiden Regengebiete miteinander. Staueffekte und eine sich durch
einen nach Süddeutschland vorschiebenden Keil einstellende Gegenstromlage
(Bodenströmung Nord bis Nordost, Höhe Nordwest) sowie dynamische Unterstützung
durch die Annäherung des Troges lassen die Niederschläge bis Samstagnachmittag
oder - abend anhalten.
Die Regenmengen liegen dabei von Freitagabend bis Samstagabend im Süden bei 5
bis 20 l/qm, direkt am Alpenrand bei 30 bis 50 l/qm in 24 Stunden. GFS kommt auf
bis zu 60 l/qm, hat mittlerweile aber zurückgerechnet (gestern wurden noch 110
l/qm prognostiziert). Ein recht großer Teil dürfte davon anfangs noch konvektiv
fallen und kann mit dem Nowcasting durch Gewitterwarnungen abgefangen werden.
Insofern ist das Erreichen von Unwetterschwellen durch stratiformen Regen nur
gering wahrscheinlich, weshalb sich markante Dauerregenwarnungen ab den
Abendstunden anbieten.
In den anderen Landesteilen bleibt es mit Übergreifen eines Azorenhochkeils
postfrontal bei einigen Auflockerungen meist trocken, allenfalls an der Küste
bringt der Trog schwache Schauer (1 bis 3 l/qm).
Der Wind flaut ab dem Abend ebenfalls rasch ab, an der Ostsee gibt es aber noch
einzelne starke Böen Bft 7 aus West.
Die Temperaturen sinken auf 14 bis 5 Grad, im Südosten auf 16 bis 8 Grad.

Samstag... wandert der Trog nur langsam nach Osten weiter, abends liegt seine
Achse auf einer Linie Südschweden - Ost-Deutschland - Schweiz. Ex-EDOUARD wird
dann bereits in Nordwestrussland ankommen, die Kaltfront noch an den Alpen
stauen und sich dort auflösen.
So fällt zunächst noch südlich der Donau Regen, der sich bis abends mehr und
mehr zu den Alpen zurückzieht. Dabei simulieren einige Modelle am Nachmittag
noch einmal ein Aufflackern von Gewittern, weil im äußersten Süden noch ein
wenig Labilität und etwas Energie vorhanden sind. Die PPW's sind mit bis zu 22
mm nicht mehr so hoch wie am Vortag, zudem fehlt voraussichtlich auch die
diabatische Unterstützung. Dadurch sind allenfalls markante Gewitter denkbar.
Im Norden ziehen mit Trogdurchgang einzelne Schauer oder auch mal ein Gewitter
(etwas ML-CAPE und Labilität) durch, die ein wenig bis ins Binnenland
hineinlaufen, sich dann aber dem zunehmenden Druck gegenübersehen. So bleibt es
in der Landesmitte meist trocken bei zeitweiligem Sonnenschein.
Der Wind frischt an den Schauern zuweilen auf, überschreitet aber keine
Warnschwellen mehr. An der Ostsee ist der Gradient aber noch ausreichend für
starke Böen, auch auf den Alpengipfel gibt es vereinzelt starke, exponiert
stürmische Böen.
Die Höchsttemperaturen liegen in der postfrontal einfließenden frischen
Meeresluft nur noch bei 16 Grad im Norden bis 23 Grad am Oberrhein.

In der Nacht zum Sonntag verlagert sich der Trog weiter nach Osten, gleichzeitig
nähert sich ein Rücken den Britischen Inseln an. Es stützt ein Bodenhoch mit
Zentrum über dem Ärmelkanal, dessen Keil den Druck über Deutschland weiter
steigen lässt. Folglich lockern die Wolken im größeren Stil auf und es bleibt
größtenteils trocken, allenfalls an der See sind noch schwache Schauer möglich.
Dafür bildet sich lokal Nebel, insbesondere dort, wo es bis abends noch geregnet
hat (also vor allem an den Alpen).
Die Tiefsttemperaturen bewegen sich zwischen 13 Grad an der Küste und 4 Grad in
der Eifel.

Sonntag... rückt der Trog ab, dafür wölbt sich der Rücken von den Britischen
Inseln weiter in unsere Richtung auf. Das Bodenhoch bekommt dabei zwei Zentren,
eins über der südwestlichen Nordsee und eins über Wales. Dadurch dominiert der
Hochdruckeinfluss am Sonntag in allen Landesteilen. Viel Sonnenschein ist
vornehmlich im Südwesten zu erwarten, im Nordosten ziehen in nordwestlicher
Strömung in Trognähe gebietsweise noch ein paar mehr Wolken durch. Diese lassen
aber allenfalls an der Ostsee mal einen schwachen Schauer zu.
Der Wind weht schwach bis mäßig aus unterschiedlichen Richtungen.
Die Temperaturen steigen wieder etwas an und erreichen 17 Grad an der See bis 26
Grad am Oberrhein.

In der Nacht zum Montag schwenkt der Rücken allmählich zu uns nach Deutschland,
das östliche Bodenhochzentrum wandert nach Deutschland und ist über eine Brücke
über dem Ärmelkanal mit dem Azorenhoch verbunden.
Damit ist meist nur lockere oder geringe Bewölkung vorherrschend, im äußersten
Nordosten können immer noch etwas dichtere Wolken unterwegs sein. Diese bringen
aber kaum noch Schauer.
Die Temperaturen sinken auf 13 bis 4 Grad.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle sagen die anstehende Wetterlage recht einheitlich vorher, auch bei
den Niederschlagsmengen im Südosten Deutschlands haben sie sich mittlerweile auf
wenige l/qm angenähert. Von daher kann im Warnmanagement ein guter Konsens
erzielt werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Simon Trippler