DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

05-07-2020 07:30
SXEU31 DWAV 050800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 05.07.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Wz
Sonntag und auch am Montag windig, im Norden stürmisch mit schweren Sturmböen an
der Nordsee. Im Norden am Montag einzelne Gewitter mit Sturmböen. Am Dienstag
Zwischenhocheinfluss

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... verstärkt sich die Frontalzone über Europa deutlich. Das zeigt sich
nicht zuletzt an einem für diese Jahreszeit überaus kräftigen Jet in 300 hPa,
der von den Britischen Inseln über die Nordsee bis nach Südskandinavien reicht.
Damit in Verbindung steht ein Höhentrog, dessen Hauptachse bei den Britischen
Inseln zu finden ist. Auf seiner Vorderseite lassen sich mehrere kurzwelligen
Anteile ausmachen. Einer davon zieht bis zum Abend nach Südnorwegen und stützt
damit ein Bodentief, das sich bis zu einem Kerndruck von nahe 980 hPa vertiefen
soll.

Die Warmfront des Tiefs hat uns bereits gestern überquert, sodass Deutschland
heute in seinem breiten Warmsektor liegt. Die vorangegangene Nacht war überaus
mild mit Tropennächten über der Mitte und im Südwesten. Die Kaltfront erreicht
bereits im Laufe des Vormittags den Nordwesten und kommt dann langsam
südostwärts voran. Dieser Prozess geht allerdings unter leichter Wellenbildung
nur sehr zögernd voran. Ehe der Süden erreicht ist, dauert es noch bis
Montagmorgen.

Die Wetteraktivität der Kaltfront hält sich allerdings deutlich in Grenzen. Dies
liegt vor allem daran, dass Sie stark von Kaltluftadvektion überlaufen ist. Das
drückt sich nicht nur in den Advektionsfeldern aus. Schon beim Blick auf das
Wasserdampfbild erkennt man, dass sich in der mittleren und oberen Troposphäre
von Westen bereits trockene Luftmassen herein arbeiten. Dies deutet auf Absinken
hin. Noch deutlich wird dies in den Prognosesoundings. Diese zeigen eine
mitteltroposphärische Inversion, die beim Durchklicken durch die Zeitschritte
von 500 bis 800 hPa absinken soll ... eine klassische Absinkinversion. Die damit
resultierende Stabilität zeigt sich auch in den stabilen Lapse Rates, die
jegliche Konvektion unterbindet. Zwar wird von ICON und CD2 etwas CAPE
simuliert, dies ist aber tatsächlich nur niedertroposphärisch, also unterhalb
der Inversion zu finden (bei deutlich über 0 Grad).

Immerhin kann man die Kaltfront noch gut in einem Maximum im Feld der
spezifischen Feuchte erkennen, aber auch in einer schmalen Feuchtschliere in 700
hPa. Kurzum, die Kaltfront wird recht unauffällig ihren Weg nach Südosten
antreten und dabei hier und da ein klein wenig Regen bringen.

Deutlich interessanter ist da der Wind. Dieser frischt bereits im Laufe des
Vormittags über der Mitte und dem Norden rasch auf. Bei recht ordentlichen
Luftdruckgegensätzen kommt es schon im Warmsektor abgesehen vom Süden häufig zu
Windböen. In anfälligen Leelagen der Mittelgebirge (z.B. Eifel, Weserbergland
oder Harz) muss zudem mit stürmischen Böen gerechnet werden. Mit Annäherung der
Kaltfront erreicht der Wind in den Mittags- und Nachmittagsstunden seinen
Höhepunkt. Die Modelle zeigen einen Low Level Jet am Unterrand der Inversion bei
knapp unter 900 hPa mit bis zu 45 kn.
Klar, im Warmsektor wird der Wind durch die stabile Schichtung nicht komplett
herunter gemischt. An der See oder im höheren Bergland sind damit aber durchaus
Sturmböen zu erwarten.

Auf den nordfriesischen Inseln sind durchaus auch schwere Sturmböen zu erwarten.
Das liegt zum einen an der auflandigen Windkomponente und zum anderen daran,
dass der 925 hPa Wind nochmal etwas stärker ist.

Mit der Kaltfront findet zumindest unterhalb der Absinkinversion eine gewisse
Labilisierung statt (siehe auch niedertroposphärisches CAPE). Damit ist durchaus
denkbar, dass ein Teil des Höhenwindes auch bis zum Boden runtergemischt wird.
Allerdings ist die Windrichtung (SW) mehr oder weniger parallel zur Front
ausgerichtet, sodass eine größere Schubkomponente fehlt. Zumindest stürmische
Böen sind im Westen und Norden mit Kaltfrontpassage durchaus wahrscheinlich.

Je weiter man nach Südosten kommt, nimmt die Gefahr dann langsam ab, was nicht
nur an der Abschwächung des LL-Jets liegt, sondern auch daran, dass die
Kaltfront erst sehr spät am Abend bzw. erst in den N8stunden ankommt.

In der Nacht auf den Montag nimmt der Wind damit insgesamt deutlich ab. In einem
Streifen im Bereich der Kaltfront sind noch Windböen denkbar. Sonst zieht sich
der warnwürdige Wind in den Nachtstunden zu den Küsten und in das höhere
Bergland zurück. Dort sind weiterhin stürmische Böen und exponiert Sturmböen zu
erwarten.

Im weiteren Verlauf der Nacht beginnt von Westen her der Haupttrog auf
Nordwestdeutschland überzugreifen. Damit legt auch am Boden der
Luftdruckgradient im Nordwesten wieder zu. Gleichsam findet mit der
übergreifenden Höhenkaltluft eine deutliche Labilisierung statt, was sich in
zunehmenden Lapse Rates zeigt. Im Zuge dessen kommt in der zweiten N8hälfte im
Nordseeküstenumfeld die Schauer- und Gewitteraktivität in Gang. Mit den
Gewittern können durchaus wieder Sturmböen auftreten.

Präfrontal steht in der Südosthälfte erneut eine milde Nacht an mit Minima, die
in den Ballungszentren nur wenig unter 20 Grad liegen. Postfrontal sinken die
Tiefstwerte hingen auf 14 bis 8 Grad.

Montag... überquert die Achse des Haupttroges Deutschland. Die Höhenkaltluft und
damit auch die Labilisierung greift bis zu den mittleren Landesteilen aus.
Direkt über der Mitte liegt allerdings ein Band mit sehr geringen Werten an
spezifischer Feuchte, sodass dort die Schauertätigkeit stark gedämpft sein
sollte. Demnach konzentriert sich die Hauptschauertätigkeit auf die Regionen im
Nordwesten sowie Norden (bis Sauer-Siegerland und Harz). Vor allem im
erweiterten Küstenumfeld können dann auch einzelne kurze Kaltluftgewitter
auftreten.

Starkregen dürfte eigentlich kein größeres Problem sein, wenngleich denkbar ist,
dass wiederholte Schauer/Gewitter auf den Nordseeinseln und in
Schleswig-Holstein die Schwelle lokal reißen könnten. Bei 925 hPa Winden bis 35
kn sind stürmische Böen bei Gewittern oder stärkeren Schauer zu erwarten.

Davon abgesehen ist eine Grundwarnung vor Windböen vom Norden, ausgreifend bis
in die mittleren Landesteile denkbar. In den Küstenregionen inkl. des
schleswig-holsteinischen Binnenlandes ist wohl eine Grundwarnung vor stürmischen
Böen notwendig. An der Ostsee sind in exponierten Lagen bis in den Nachmittag
hinein Sturmböen zu erwarten.

Bleibt nun noch ein paar Worte über den Süden zu verlieren. Bis zum Mittag
erreicht die Kaltfront den Alpenrand. Mit Kaltfrontpassage kann es einzelne
Windböen geben. In höheren Lagen treten stürmische Böen, auf exponierten
Berggipfeln auch Sturmböen auf.

Am Boden ist die Kaltfront schon von einem Hochkeil überdeckt, sodass sich
zunächst die Wetterwirksamkeit in Grenzen hält. Mit dem Übergreifen des Troges
wird die Kaltfront nachfolgend ab den Nachmittagsstunden aktiviert und zudem
stellt sich vorübergehend eine gewisse Gegenstromlage ein. Als Folge nimmt die
Niederschlagsaktivität deutlich zu. Bis in die Nacht anhaltend kann es am
Bayerischen Alpenrand und insbesondere im Berchtesgadener Land länger anhaltend
regnen.
Warnschwellen werden dabei aber wohl nicht erreicht. Die Hauptaktivität wird
stattdessen über Österreich berechnet. Zum Morgen zieht der Regen dann
südostwärts ab.

Im Rest des Landes befindet man sich in den N8stunden trogrückseitig in einer
nordwestlichen Höhenströmung, wobei die Luftmasse von Westen her immer weiter
stabilisiert. Folglich fallen die Schauer vielerorts rasch in sich zusammen.
Einzig an den Küsten kann es im Verlaufe der Nacht noch zumeist schwache Schauer
geben.

Vor allem eingangs der Nacht sind im Küstenumfeld noch Windböen und stürmische
Böen zu erwarten, an der Ostsee auch noch bis in die zweite N8hälfte hinein. An
der Nordsee dürfte der Wind dann in der zweiten Hälfte der Nacht nicht mehr
warnwürdig sein.

Die Tiefsttemperaturen liegen abgesehen vom Norden und Osten und abseits der
Ballungszentren häufig unter 10 Grad, in der Eifel gehen sie gar bis 4 Grad
zurück.


Dienstag... liegt Deutschland in der Höhe weiterhin in einer leicht
nordwestlichen Höhenströmung mit allerdings deutlich stabileren Luftmassen, als
noch Vortags. Am Boden macht sich abgesehen vom Norden Zwischenhocheinfluss
bemerkbar. Vor allem im Südwesten dürfte es damit auch längere Zeit sonnig sein.
Die Höchstwerte bewegen sich in den freundlichen Gebieten zwischen 20 und 24
Grad. Warnungen werden nicht erwartet.

Im Norden befindet man sich näher an der Frontalzone, sodass dort das
Wettergeschehen eher zyklonal geprägt ist. Gerade nach Nordwesten zeigt sich die
Sonne eher selten. Die Höhenströmung zonalisiert im Tagesverlauf zusehend und am
Nachmittag macht sich bereits ein Kurzwellentrog bei den Britischen Inseln
bemerkbar. Damit in Verbindung steht ein kleines Randtief, dessen Zentrum am
Abend ebenfalls über Großbritannien zu finden ist. Warmluftadvektion auf seiner
Vorderseite sorgt für mehrschichtige Bewölkung und nachfolgend aufkommende
Niederschläge im Nordwesten.

Auf den Inseln von Nord- und Ostsee treten Windböen auf. Die Höchstwerte bewegen
sich im Norden allgemein unterhalb der 20 Grad Marke.

In der Nacht auf Mittwoch greifen Kurzwellentrog und Randtief auf Deutschland
über. Damit breiten sich Niederschläge über der gesamten Nordhälfte aus, ohne
dass dabei Warnschwellen überschritten werden. Gerade im Nordseeküstenumfeld
kann es aber durchaus auch kräftiger regnen.

Im Süden dominiert hingegen weiter Hochdruckeinfluss. Bei nahezu sternenklarem
Himmel fallen die Tiefstwerte vielfach unter die 10 Grad Marke.

Warnungen sind in den N8stunden nicht mehr zu erwarten, wenn man mal von ein
paar Windböen an exponierten Abschnitten der Ostseeküste absieht.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen im Kurzfristbereich eine gute Übereinstimmung. Es lassen sich
keine größeren und prognoserelevanten Unterschiede ausmachen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer