DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-07-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 02.07.2020 um 10.30 UTC



Nach Kaltfrontdurchgang kühler und Stabilisierung. Im Wochenverlauf allmählich
wieder wärmer, dabei im Norden leicht wechselhaft.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 09.07.2020


Die am Sonntag beginnende Mittelfrist steht im Zeichen eines Langwellentrogs,
der über dem Nordostatlantik liegt und sich zunächst von Grönland über die
Nordsee und dem Nordmeer bis nach Skandinavien erstreckt. Am Boden ist er mit
einem Tiefdruckkomplex mit Schwerpunkt über Skandinavien verbunden. Dieses
wiederum lässt die Frontalwelle samt Kaltfront von Nordwesten her auf
Deutschland übergreifen, sodass die zunächst warme Luft mit T850 hPa von 9 bis
15 Grad postfrontal durch frischere Meeresluft mit T850 hPa von 3 bis 10 Grad
ersetzt wird. Die die Kaltfront überlaufende KLA hemmt dabei die
Wetteraktivität.

Ab Dienstag, wenn sich der Langwellentrog in seiner Gesamtheit leicht ostwärts
verlagert, ist durch das Vorschieben eines Keils des Azorenhochs allmählich
steigender Druck bei uns zu erwarten. Die Kaltfront des nach Nord-Skandinavien
weiterziehenden Tiefs verabschiedet sich bald aus Deutschland. Im Norden ist
allerdings ein leicht zyklonaler Touch zu verzeichnen, der vor allem auf der
Nähe zum Trog beruht. Die T850 hPa pendeln sich bei 1 Grad im Norden und 10 Grad
im Süden ein.

Bis zum Donnerstag kommt die 10 Grad-Isotherme in 850 hPa wieder bis in die
Mitte des Landes voran. Ein zu den Britischen Inseln ziehender Rücken, der den
Langwellentrog nach Osten abdrängt, verstärkt den Hochdruckeinfluss noch.
Gleichzeitig begibt sich ein Höhentief westlich der Britischen Inseln in
Stellung, um die Ausläufers seines mit ihm verbundenen Bodentiefs an fast
gleicher Stelle nach Kontinentaleuropa zu bringen.

In der erweiterten Mittelfrist zieht das Höhentief nach England weiter, sodass
auf der Vorderseite des zugehörigen Bodentiefs von Süden oder Südwesten warme
bis heiße Mittelmeerluft einströmt und die T850 hPa auf 10 Grad im Nordosten und
bis zu 19 Grad im Südwesten steigen. Die Kaltfront des Tiefs erreicht
Deutschland aber erst zum Modellvorhersageende (Sonntag, 12.7, 0 UTC). Die zuvor
sehr warme Luftmasse wird mit Annäherung zunehmend feucht, sodass sich das
Konvektionspotenzial präfrontal erhöht. Dabei drohen angesichts der
Eigenschaften der Luftmasse dann auch kräftige Gewitter.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bis zum Dienstag ist die Konsistenz der heutigen 0 UTC-Lauf zu seinen beiden
gestrigen Vorläufen noch ganz passabel, auch wenn es im Ablauf von Randtrögen um
den Langwellentrog bereits zu Unterschieden kommt. Dabei fällt vor allem ein 6-
bis 12-stündige Verzug des Kaltfrontdurchgangs am Sonntag und Montag in den
beiden jüngsten Läufen auf.
Ab Mittwoch werden die Differenzen rasch größer. Der gestrige 0 UTC-Lauf ließ
den Trog schneller nach Osten abwandern und brachte einen flachen Rücken ins
Spiel. Nachfolgend hätte ein Höhentief über der Nordsee dort ein Bodentief
etabliert, dass vor allem im Norden für Tiefdruckeinfluss gesorgt hätte, während
nach Süden hin der Hochdruckeinfluss überwogen hätte. Dabei wären die T850 hPa
deutlicher angestiegen, da sich eine Südwestströmung ausgebildet hätte.
Der gestrige 12 UTC-Lauf hingegen verkürzte die Wellenlänge des Troges, der am
Donnerstag schon nach Osten abgezogen wäre, womit es unter dem Einfluss eines
kräftigen Rückens zu Druckanstieg gekommen wäre. In der erweiterten Mittelfrist
hätte ein neues Höhentief über der Nordsee die Kaltfront eines Tiefs nach
Deutschland gebracht, sodass der Hochdruckeinfluss nur vorübergehender Natur
gewesen wäre.
Im neuesten Lauf dagegen ist der Trog am Mittwoch und Donnerstag zwar breiter
angelegt, allerdings ist seine Amplitude auch geringer. Der sich über den
Britischen Inseln aufwölbende Rücken kann somit ein Hoch über Mitteleuropa
aufbauen, das nachfolgend mit dem sich nach Osten verlagernden Rücken allmählich
zum Baltikum zieht. Das wie im 12 UTC-Lauf vorhandene Höhentief wird in der
erweiterten Mittelfrist nun westlicher gerechnet, sodass die warme Luft mit dem
neuesten Lauf etwas länger bleiben soll.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


ICON lässt aus dem Langwellentrog ab Dienstag ein Höhentief abspalten, das ins
zentrale Mittelmeer zieht. Das Trogresiduum schwenkt nur langsam nach Osten
durch, sodass der nachfolgende Rücken ab Mittwoch und das zugehörige Bodenhoch
weiter westlich liegen. Damit bleibt uns die kühlere Luft länger erhalten.
GFS ist bis Mittwoch dem EZMW ähnlich, hat am Donnerstag und Freitag aber keinen
Rücken und sich aufbauenden Hochdruck auf dem Zettel. Vielmehr würden in
nordwestlicher Strömung weitere Tiefausläufer zu uns kommen, wobei es dann auch
4 bis 6 Kelvin kühler bleibt.
GEM folgt größtenteils den Ideen des EZMW.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen des EZMW-Ensembles unterstützen für viele deutsche Städte durch
enge Mediane, in denen jeweils auch Haupt- und Kontrolllauf eingebettet sind,
die Aussagen des deterministischen Laufs. Ab Montag existieren zwar ein paar
wenige Ausreißer, die die Streuungen öffnen, allerdings erschüttern sie nicht
substanziell das Vorhersagekonzept. In der erweiterten Mittelfrist ab kommenden
Freitag geht der Median insbesondere bei der Temperatur in 850 hPa jedoch
schneller zurück als beim Haupt- und Kontrolllauf. Dies könnte als Hinweis für
ein schnelleres Vordringen der Kaltfront des neuen Tiefs verstanden werden.

Die Clusteranalyse zeigt bereits für Sonntag (0 UTC) bis Montag (0 UTC) 6
Cluster an. Unterschiede gibt es vor allem in der Amplitude und Stärke des
Trogs. Die bisher eher schwach ausgeprägte Kaltfront könnte daher noch
dynamische Unterstützung erhalten, sodass das Geschehen am Sonntag und Montag
stärker vonstattengeht als bisher angedacht.
Von Dienstag (0 UTC) bis Donnerstag (0 UTC) werden 3 Cluster gerechnet. Auch
darin werden Unterschiede in der Behandlung des Trogs sichtbar. So ist in C3
beispielweise das Abtropfen ins zentrale Mittelmeer zu sehen, das auch schon
ICON als Lösung hatte. C2 deutet so etwas ebenfalls an, wobei der Abtropfprozess
aber gen Balkan und Schwarzes Meer gerichtet ist.
Zwischen Freitag (0 UTC) und Sonntag (0 UTC) kommt die Clusteranalyse etwas
überraschend mit nur einem Cluster aus. Dabei greift von Westen her das
Höhentief, hier eher als Trog simuliert, auf uns über.

FAZIT: Der Kaltfrontdurchgang am Sonntag und Montag ist sicher, wenn auch der
zeitliche Ablauf und die Stärke noch eingetütet werden müssen. Bisher sieht es
deutlich nicht nach einer Unwetterlage aus. Danach stabilisiert sich das Wetter
den meisten Modellen zufolge insbesondere nach Süden hin, ab Wochenmitte geht es
auch wieder mit den Temperaturen aufwärts. Zum übernächsten Wochenende könnte es
bei zunehmender Gewittergefahr sogar warm bis heiß werden, darüber ist aber noch
nicht das letzte Wort gesprochen worden.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


EFI gibt am Sonntag und Montag Hinweise auf überdurchschnittlich viel Wind in
der Nordhälfte. Das wird von COSMO-LEPS durch hohe Wahrscheinlichkeiten für
starke, an der Küste und auf Kuppen der nördlichen Mittelgebirge auch für
stürmische Böen bestätigt.

Beim Niederschlag werden von EFI keine Signale gegeben, dennoch könnte es am
Dienstag es an den Alpen mit geringer Wahrscheinlichkeit durch Staueffekte zu
gewittrigen Stark- oder Dauerregen kommen.

Außerdem treten am Sonntag und Montag hauptsächlich im Norden und im äußersten
Süden einzelne Gewitter auf, die stellenweise die Gefahr von Starkregen bergen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-ENS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler