DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

30-06-2020 08:30
SXEU31 DWAV 300800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 30.06.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Wz
Heute an der See und in Hochlagen Böen Bft 8, auf exponeirten Bergen Bft 9.
Am Mittwoch vor allem in einem Streifen von der Eifel bis nach Brandenburg
örtlich markante Gewitter, vereinzelt auch unwetterartige Gewitter. Im Süden nur
isolierte Gewitterentwicklungen. Auch hier Unwetter nicht ausgeschlossen.
Am Donnerstag im Süden und Südosten noch Gewitter mit Unwettergefahr. Im Norden
einzelne markante Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... Deutschland liegt auf der Südseite eines hochreichenden Tiefs vor
der Südwestspitze Norwegens in einer westlichen, bodennah in einer leicht
südwestlichen Strömung, mit der mäßig warme Atlantikluft zu uns geführt wird,
die nach Norden hin in der unteren Troposphäre leicht labil geschichtet ist.
Oberhalb von 700 bis 650 hPa entwickelt sich durch zufuhr wärmerer Luft eine
Sperrschicht, so dass allenfalls schwache Schauer auftreten. Allerdings kann es
auch aus mittelhoher Bewölkung im äußersten Norden etwas Regen geben. Während es
im Norden wegen der verringerten Einstrahlung, aber auch wegen der etwas
kühleren Luft (Temperatur in 850 hPa anfangs um 5 Grad) mit 19 bis 22 Grad nur
mäßig warm ist, werden in der Mitte immerhin 23 bis 24 Grad und ganz im Süden
örtlich 25 bis 26 Grad erreicht.
Der Gradient ist im Norden kräftig ausgeprägt, so dass an der See stürmische
Böen und ansonsten im Norden im Tagesverlauf exponiert einige steife Windböen
auftreten können. Auf exponierten Bergen sind Böen Bft 8 bis 9, auf dem Brocken
auch Bft 10 angesagt.
In der Nacht zum Mittwoch nähert sich von Westen eine Frontalwelle, die über
England bis morgen früh zur südwestlichen Nordsee zieht. Auf ihrer Vorderseite
setzt Warmluftadvektion ein, so dass die 10-Grad-Isotherme zum Nordrand der
Mittelgebirge geführt wird. Damit zieht etwa nördlich des Main mehrschichtige
Bewölkung auf, aus der von Westen her es zu regnen anfängt. Dabei werden von den
Modellen in Teilen NRWs 7 bis 15 mm Regen und ansonsten meist nur 0,5 bis 6 mm
innerhalb von 12 Stunden berechnet, wobei es nach Osten hin erst in den
Frühstunden zu regnen anfängt.
Dabei bleibt es an der Küste windig mit steifen Böen, vor allem an der Ostsee
auch mit stürmischen Böen.

Mittwoch... zieht die Frontalwelle an der Nordseeküste und über
Schleswig-Holstein zur westlichen Ostsee, wobei sie keine abgeschlossene
Kernisobare besitzt. Die Kaltfront der Frontalwelle greift dabei auf
Nordwestdeutschland über und erreicht um 18 UTC etwa eine Linie Eifel-Berliner
Raum. Dabei strömt im Warmsektor der Frontalwelle vorübergehend sehr warme und
schwüle Luft vor allem in die Mitte und in den Süden Deutschlands, wobei die
15-Grad-Isotherme etwa die Main-Linie erreicht und die 10 Grad den Nordosten.
Südlich der Front entwickelt sich in der feuchten Luftmasse Cape zwischen 200
und 500, südlich der Donau zwischen 600 und 1000, örtlich gar bis 1500 J/Kg. Der
Wassergehalt PPW der Troposphäre steigt dabei meist auf 30 bis 37 mm. Während im
Süden die Scherung meist nur gering ist, entwickelt sich in Frontnähe kräftige
Scherung über 20 m/s (0 bis 6 km) und 12 bis 15 m/s zwischen 0 und 1 km. Mit der
frontalen Querzirkulation können sich im Frontbereich im Tagesverlauf lokale
Gewitter entwickeln. Der Hebungsantrieb von der Höhe ist noch gering, da die
Strömung recht glatt verläuft. Wegen der trockenen unteren Troposphäre und wegen
des fehlenden Hebungsantriebes werden südlich der Front nur ganz vereinzelt
bevorzugt über den Gebirgen Gewitter ausgelöst. Modellseits gibt es Signale am
ehesten über dem Schwarzwald und im Raum Alb. Vor allem die frontalen Gewitter
entwickeln sich kräftig und mitunter linienhaft mit der Gefahr von Unwettern
durch schwere Sturmböen und heftigem Starkregen sowie durch Hagel. Ganz im Süden
ist wegen der erhöhten Labilität die Wahrscheinlichkeit für Großhagel erhöht,
aber auch heftiger Starkregen und schwere Sturmböen sind ein Thema (Temps mit
inversem V-Profil).
Die Temperaturen sind in der Mitte und im Süden sommerlich mit 25 bis 30 Grad
und im Norden und in weiten Teilen NRWs sind postfrontal nur 20 bis 24 Grad
angesagt. Abseits der Gewitter sind an exponierten Küstenabschnitten einzelne
7er Böen nicht ausgeschlossen.
Abends verlagert sich der Gewitterschwerpunkt mit der Front weiter zur Mitte und
in die Gebiete südlich von Berlin mit weiter andauernder Unwettergefahr. In der
2. Nachthälfte könnte dann mit leicht zunehmender Zyklonalität in der Höhe die
Gewitteraktivität im Südosten zunehmen (eventuell zieht auch ein Gewittercluster
aus dem westalpinen Bereich in die Gebiete südlich der Donau, wie es Euro4
andeutet. Insgesamt bleibt die Gefahr markanter Gewitter und einzelner schwerer
Gewitter erhalten, da sich der Bereich mit erhöhter Scherung nach Süddeutschland
verlagert und im Frontbereich sowie weiter südlich die feuchtlabile Luft hält.
An der Ostsee muss derweil mit einzelnen steifen Windböen gerechnet werden,
während sonst abseits der Gewitter der Wind meist nur schwach daherkommt.

Donnerstag... Der Trog des nunmehr über dem südlichen Nordmeer liegenden
Haupt-Zentraltiefs greift von Westen her auf Deutschland über und erreicht mit
seiner Achse um 18 UTC den Nordosten, die Mitte und den Süden Deutschlands,
wobei er dort nur noch schwach ausgeprägt ist. Auf seiner Vorderseite verlagert
sich die Kaltfront von Nordbaden und Sachsen bis zum Abend nach Südostbayern.
Südöstlich der Front baut sich abermals CapeML auf mit Werten zwischen 500 und
knapp 1000 J/Kg und hier kann sich die Luft nochmal auf 25 bis 26 Grad erwärmen.
Auch die PPWs bleiben noch bei 30 bis 37 mm, während die Scherung nach Südosten
hin nicht ganz so groß ist wie in der Gewitterzone am Vortag. Abermals
entwickeln sich an der Front und weiter südöstlich weitere teils kräftige
Gewitter mit Unwetterpotential. Die Modelle liefern immerhin meist 5 bis 15 mm
Regen innerhalb von 12 Stunden über Tag. Die Wahrscheinlichkeiten für mehr als
25 mm sind nach IFS- und ICON-EPS ganz im Südosten nur marginal erhöht und auch
CosmoLEPS zeigt kaum Unwettersignale beim Regen. Der Höhenwind deutet mit rund
10 kt in 850 hPa allenfalls auf 8er bis 9er Böen hin.
Der Regen zieht sich im Laufe des späteren Abends in die Alpen zurück.
Auch im Trogbereich im Norden sind in höhenkalter Luft (in 500 hPa um -18 Grad)
einzelne Kaltluftgewitter, teils mit Starkregen möglich. Hier ist die
Unwettergefahr dank geringerer PPW-Werte (um 25 mm) nicht besonders groß.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der o. beschriebene Höhentrog ist bei GFS und IFS langsamer als bei ICON (die
Achse liegt Donnerstagabend erst über Frankreich). Entsprechend simulieren bis
18 UTC GFS und IFS im Norden kaum Gewitter.

Was die Unwettergefahr am Mittwoch angeht so zeigt CD2-EPS die stärksten Signale
im äußersten Norden der Mittelgebirge und weiter nördlich. Dauerregensignale
gibt es hier besonders vom Niederrhein bis ins Rothaargebirge mit bis zu 35
Prozent.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Olaf Pels Leusden