DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

28-06-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.06.2020 um 10.30 UTC



Zeit- und gebietsweise starke, zur Wochenmitte teils auch schwere Gewitter. Im
Norden meist "nur" mäßig, in der Südhälfte an manchen Tagen sommerlich warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 05.07.2020


Mittwoch ... dreht die Höhenströmung in 500 hPa von einer westlichen Richtung
auf Südwest, wobei in diesem Niveau zunächst eine leicht antizyklonale Krümmung
des Isohypsenfeldes über Mitteleuropa festzustellen ist. Damit im Zusammenhang
steht ein atlantischer Langwellentrog, der bereits im Laufe der Nacht zum
Mittwoch vom Nordatlantik her die Britischen Inseln erreicht und sich leicht
amplifiziert. Zum Mittagstermin des Mittwochs verläuft die Trogachse etwa von
Schottland in die Irische See. Am Boden übernimmt ein mäßig starkes Tief
(Kernisobare 1005 hPa) über Großbritannien und Irland das Kommando, wobei für
Mitteleuropa daraus teils kräftige WLA resultiert, die sich aber in den
nördlichsten Regionen Deutschlands nicht ganz durchsetzen kann (T 850 hPa im
Süden 16 bis 17 Grad vs. 7 bis 8 Grad an den Küsten zur Nord- und Ostsee). Die
darin eingebettete Warmfront sorgt außerdem in der Nordhälfte für viele Wolken
und stellenweise etwas Regen, der sich am Nachmittag im Nordwesten deutlich und
teils schauerartig verstärkt. Die aus mehreren flachen Kurzwellentrögen
generierte Hebung sorgt außerdem dafür, dass sich im Verlauf des Nachmittags von
Westen her sowie eventuell später aus den Alpen heraus starke Gewitter mit
Starkregen, Sturmböen und Hagel bilden können. Unwetter sind dabei örtlich nicht
ausgeschlossen. Bei den Tageshöchstwerten ergeben sich im Südwesten und Süden
örtlich 30 Grad, während an der Nordseeküste die Marke von 20 Grad nicht
überschritten wird. Der Wind ist vor allem an der See mit starken, vereinzelt
auch stürmischen Böen aus westlichen Richtungen bemerkbar. In der Nacht zum
Donnerstag verlagert sich das Bodentief, angetrieben durch den leicht nach Osten
schwenkenden Langwellentrog, in Richtung deutsche Nordseeküste und die daran
angebundene Kaltfront erreicht die westlichen Regionen des Landes. Damit steigt
in der Nacht zum Donnerstag die Schauer- und Gewitterwahrscheinlichkeit nochmals
deutlich an, wobei Unwetter aus heutiger Sicht durchaus wahrscheinlich sind.
Ausgangs der Nacht erreichen diese schließlich den äußersten Osten und Südosten
des Landes.

Donnerstag ... verläuft die angesprochene Kaltfront diagonal von der Oder bis
zum Hochrhein über Deutschland hinweg. In diesem Steifen sowie vor allem
präfrontal kommt es am Vormittag noch zu Schauern und Gewittern, die weiterhin
stark ausfallen können. Am Nachmittag wird schließlich die wärmste und labilste
Luftmasse aus dem Südosten verdrängt und frischere Meeresluft flutet auch die
Südosthälfte. Dieser Ablauf paust sich natürlich auch auf die Tageshöchstwerte
durch, die im Norden um oder knapp über 20 Grad pendeln und nun auch im Südosten
etwas von der 30-Grad-Marke entfernt sind. Im Laufe der Nacht zum Freitag
passiert der aus dem vorher erwähnten langwellentrog herausgelaufene
Kurzwellentrog Deutschland nach Osten, nachfolgend stellt sich bodennah von
Südwesten her ein schwacher Rücken ein. Die Niederschläge klingen daher in den
meisten Regionen ab und die Wolken lockern etwas auf.

Freitag ... passiert ein weiterer Trog, allerdings mit etwas längerer
Wellenlänge als der vorhergehende, Mitteleuropa von West nach Ost. Dieser ist
besonders in 500 hPa deutlich zu erkennen, wobei in tieferen Niveaus die
Antizyklonalität deutlich zunimmt. Bodennah ist weiterhin der Rücken des
Azorenhochs wetterwirksam. In der mäßig warmen Luftmasse maritimen Ursprungs
sind damit einzelne Schauer möglich (das eine oder andere Gewitter ist auch
nicht ausgeschlossen), die sich vor allem auf das Bergland konzentrieren werden
(orographische Auslösung). Ein Sommertag ist in der Fläche nun nicht mehr zu
erwarten, nur noch im Südwesten geht es da und dort über 25 Grad hinauf. In der
Nacht zum Samstag klingen die Schauer relativ schnell ab und die Wolken lockern
deutlich auf.

Samstag ... nähert sich bereits aus Nordwesten ein neuer Langwellentrog an,
womit die Strömung über Mitteleuropa neuerlich auf Südwest dreht. Erneut kommt
es zu einer mäßigen Warmluftadvektion, die vor allem die Mitte und die
Südosthälfte betrifft. Dem Nordwesten nähert sich bereits die Kaltfront eines
Tiefs über der nördlichen Nordsee an und bringt dort Schauer sowie später auch
länger anhaltenden Regen. Die diagonale Zweiteilung zeigt sich auch bei der
Sonnenscheindauer und den Temperaturen: Während in der Südosthälfte die
Kombination Sonnenschein und sommerliche Temperaturen vorliegen, ist es im Rest
des Landes zunehmend stark bewölkt und mit knapp über 20 Grad maximal "nur"
warm. In der Nacht zum Sonntag erreicht die Kaltfront die mittleren Regionen und
bringt dort Gewitter und schauerartig verstärkten Regen. Außen vor bleibt
zunächst der Südosten, außerdem klingt der Regen im äußersten Nordwesten schon
wieder ab und die Wolken lockern etwas auf.

Sonntag ... erreicht die Kaltfront im Tagesverlauf den Alpenrand sowie
Niederbayern. Abseits der noch durch diese beeinflussten Regionen des Südostens
stellt sich ein Trogsituation ein (Trogachse Norwegen-Nordwestdeutschland) mit
einzelnen Schauern, aber durchaus auch längeren sonnigen Abschnitten. Die
Temperaturen gehen dabei im Vergleich zum Vortag nochmals um ein paar Grad
zurück. In der Nacht zum Montag verstärkt sich bodennah wieder der Rücken des
Azorenhochs und die Niederschläge klingen meist ab.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuell vorliegende EZMW-Lauf setzt den Trend der Vorläufe weitgehend fort.
Die Strömung dreht am Beginn des Mittelfristzeitraums zunächst auf Südwest, in
der Nacht zum sowie am Donnerstag tagsüber folgt ein markanter
Kaltfrontdurchgang mit stärkeren Gewittern. Anschließend stellt sich eine
westliche und mäßig warme Strömungssituation ein, die in den Durchgang einer
neuerlichen atlantischen Kaltfront am Wochenende mündet. Auch bei dieser ergeben
sich im Vergleich zu den Vorläufen nur geringe zeitliche Diskrepanzen. Die
Marschrichtung scheint damit klar zu sein.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Zu Beginn des Mittelfristzeitraums am Mittwoch sind sich die Modelle bezüglich
der synoptischen Grundkonstellation recht einig. Auch die Passage der Kaltfront
in der Nacht zum Donnerstag ist durch große Übereinstimmung gekennzeichnet.
Anschließend ergeben sich gewisse Abweichungen bei den über Mitteleuropa
hinweggeführten kurzwelligen Troganteilen, die sich vor allem hinsichtlich
Sonnenscheindauer und Schauerwahrscheinlichkeit niederschlagen können. Die
Kaltfront am kommenden Wochenende steht aber wieder in großer Übereinstimmung,
wenngleich der Trog bei ICON über Dänemark doch einem deutlichen Abtropfprozess
unterworfen ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS:
Die Rauchfahnen für repräsentative Regionen in Deutschland stützen im
Wesentlichen die deterministischen Aussagen. Fast über den gesamten
mittelfristigen Vorhersagezeitraum verläuft beispielweise die
Luftmassentemperatur 850 hPa mit einem nur geringen Spread. Dabei zeigt sich in
allen Regionen, im Süden jedoch am deutlichsten, die kräftige WLA zum Mittwoch.
Anschließend folgt der Kaltfrontdurchgang, der im Norden luftmassenbezogen am
besten ausgeprägt sein wird. Anschließend stellen sich mäßig warme Tage ein,
wobei da und dort ein Schauer nicht ausgeschlossen werden kann. Ab dem Sonntag
steigen die Unsicherheiten schließlich deutlich an.

CLUSTER:
+120h ... 168h: Es liegt nur ein Cluster vor, das "positive NAO" signalisiert.
Die Strömungssituation zum Ende der Woche dürfte damit klar westgeprägt sein,
wobei der Sonntag im Hinblick auf die divergierenden Ensembles noch mit
deutlicher Vorsicht betrachtet werden muss.

+192h ... 240h: Diese Unsicherheiten setzen sich schließlich in der erweiterten
Mittelfrist fort. Die Clusteranzahl erhöht sich auf 5, wobei kein
Schwerpunktscluster erkennbar ist. Noch am ehesten wahrscheinlich kann eventuell
Cluster 2 angesehen werden, das 14 Member sowie Haupt- und Kontrolllauf
beinhaltet. Das würde weiterhin auf eine nördliche Westlage hindeuten, wobei
allerdings erwähnt werden muss, dass die anderen Cluster auf ein "Blocking"
hindeuten (jedoch mit variabler Lage).
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Im Laufe des Mittwochs in der Westhälfte sowie später auch am Alpenrand teils
starke Gewitter (mit Starkregen, Sturmböen und Hagel), im Laufe der Nacht zum
Donnerstag auf weite Teile Deutschlands ausweitend. Unwetter lokal
wahrscheinlich. Am Donnerstag vor allem in der Südosthälfte weitere Gewitter mit
ähnlich Begleiterscheinungen. Am Samstag und in der Nacht zum Sonntag im
Nordwesten, am Sonntag in den anderen Landesteilen einzelne starke Gewitter
möglich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det. und MOSMIX
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri