DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-06-2020 08:01
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 28.06.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Übergang zu W z

Im Osten und Süden teils unwetterartige Gewitter; nachfolgend im äußersten Süden
bis Montagmittag Dauerregen.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegen wir unter der Südostflanke eines Langwellentroges über
Westeuropa. Dessen Drehzentrum befindet sich quasistationär bei Schottland, der
Trog an sich weitet seinen Einfluss aber nach Osten aus und greift auf
Frankreich, Nordwestdeutschland und Südskandinavien über. Die Kaltfront des
zugehörigen Bodentiefdruckgebietes hat aktuell schon den Nordwesten und
äußersten Westen überquert und kommt leicht schleifend bis zum Abend auf eine
Linie Oder/Neiße-Bodenseeraum voran. Dahinter gelangt frischere Meeresluft nach
Deutschland, die auch stabiler geschichtet ist.

Präfrontal bleibt heute im Osten, der östlichen Mitte und im Süden die
schwülwarme und instabile Luftmasse noch wetterbestimmend und es entwickeln sich
teils heftige, lokal unwetterartige Gewitter. Bei hohem Wassergehalt (bis 40 mm)
etwas zunehmender Scherung kann sich ML Cape bis über 1000 J/kg aufbauen. Neben
heftigen Starkregen (um 30 mm/Stunde) sind auch größerer Hagel und Sturmböen mit
zu berücksichtigen. Bei organisierten Strukturen kann es für schwere Sturmböen
reichen. Zuvor sind insbesondere ganz im Südosten längere Auflockerungen
möglich, so dass die Temperatur auf 25 bis 31 Grad steigt.

In der rückseitig einfließenden kühleren Luft sollte die Labilität für Gewitter
nicht mehr ausreichen. Zwar greift gegen Abend ein kurzwelliger Troganteil auf
die nordseenahen Gebiete über. Aber allenfalls an der Küste sind kurze Gewitter
vorstellbar.
In der postfrontalen Luftmasse liegen die Maxima zwischen 19 und 24 Grad.

In der Nacht zum Montag schwenkt dieser Kurzwellentrog nach Südnorwegen, wogegen
der Haupttrog über Frankreich verbleibt. Somit ergibt sich weiter eine
südwestliche Strömung. Allerdings nimmt mit dem Herausschwenken des
Sekundärtroges die frontsenkrechte Windkomponente zu, so dass die Kaltfront auch
den Südosten überquert und schließlich abzieht.
Dabei wird die feuchtlabile Luftmasse zunächst an die Alpen gedrückt, so dass
dort wie auch über dem Bayerischen Wald in der ersten Nachthälfte Gewitter mit
teils unwetterartigem Starkregen zu erwarten sind, bzw. die anfänglichen
Gewitter in Starkregen übergehen.
Daraus kann an den Alpen oder etwas nach Norden abgesetzt davon in Teilen des
Vorlandes auch Dauerregen werden, der erst im Verlauf des Montags nachlässt.
Hier würde sich das 12-std. Kriterium anbieten, wobei es teilweise Signale für
unwetterartige Regenmengen an die 50 mm in 12 Stunden gibt; von Montag 00 bis 12
UTC.
Ansonsten setzt Wetterberuhigung ein. Nebel kann sich im Süden und in Teilen der
Mitte bilden, nach Norden hin ist hierzu der Gradient zu kräftig.
In Nordseenähe zeichnet sich, bedingt durch den nahen Trog, eine gewisse
Schauertätigkeit ab. Auch kurze Gewitter sind nicht ganz ausgeschlossen.
Ausgangs der Nacht frischt außerdem an der Nordsee der Wind auf und dürfte
warnrelevant werden. Mit Annäherung des Haupttroges erfassen zum Morgen Schauer
oder schauerartige Regenfälle den Westen.

Montag... verlagert sich der nunmehr relativ markante Haupttrog über Deutschland
hinweg ostwärts, während das Zentraltief nur wenig in die nördliche Nordsee
vorankommt. Dieser Trog ist von Kaltluftadvektion überlaufen, da aber der Trog
recht kräftig ausgeprägt ist, dürfte die positive Vorticityadvektion die Wirkung
der Kaltluftadvektion kompensieren, so dass mit Passage des Troges Schauer oder
kurze Gewitter zustande kommen. In Verbindung mit kräftigeren Schauern oder
kurzen Gewittern können stürmische Böen nicht ausgeschlossen werden, stärkere
Entwicklungen sind der nicht sonderlich feuchten und lediglich bis ca. 550 hPa
instabilen Luftmasse nicht zu erwarten.

Die im Alpenraum schleifende Kaltfront lässt die Niederschläge ganz im Süden und
vor allem am Alpenrand zunächst andauern. Ab den Mittagsstunden lassen die
Niederschläge dann aber von Westen her nach.
Ansonsten stellt sich in der einfließenden subpolaren und im Norden und
Nordwesten auch recht trockenen Luftmasse leicht windiges und - abgesehen von
den schon beschriebenen Schauern - weitgehend trockenes Rückseitenwetter ein. Im
Nordwesten, Westen und in Teilen der Mitte können Windböen bis Bft 7 auftreten,
an der Nordsee (vor allem an der Nordfriesischen Küste) sowie auf exponierten
Gipfeln der nördlichen und westlichen Mittelgebirge sind stürmische Böen zu
erwarten.
Auch ansonsten frischt der Wind zwar aus West bis Südwest auf, wird aber
wahrscheinlich nicht warnrelevant. Aufgrund guter Durchmischung sind abgesehen
vom Südosten sind größere Auflockerungen und dort wo die trockenste Luft liegt,
im Norden und Westen auch längere Aufheiterungen, vorstellbar. Mit allgemein 19
bis 25 Grad wird es nicht mehr so warm wie bisher.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich das Zentraltief unter beginnender
Auffüllung vor die Südküste Norwegens. An dessen Südflanke ergibt sich eine
zyklonale Westströmung bei uns. Bedingt durch die höhere Zyklonalität ganz im
Norden
zeichnet sich im Küstenbereich rege Schauertätigkeit ab. Auch kurze Gewitter
können nicht ausgeschlossen werden. Zudem frischt der Südwest- bis Westwind auf,
so dass in Küstennähe und in freien Lagen Nordwestdeutschlands Windböen und an
der Küste stürmische Böen auftreten können, an der Nordsee eventuell auch
Sturmböen Bft 9.
In den anderen Gebieten bleibt es meist niederschlagsfrei. Leichter Gradient
dürfte die Nebelbildung unterbinden.

Dienstag... etabliert sich der Trog nebst Tiefdruckkomplex über Skandinavien.
Dies lässt die im Norden zyklonale und nach Süden hin relativ glatte westliche
Strömung andauern, wobei der Druckgradient sich etwas verschärft.
Abgesehen vom Süden kommen auch gestützt durch den Tagesgang in weiten Teilen
Deutschlands Windböen auf. In freien Lagen des Norden der Mitte sind stürmische
Böen; auf höheren Berggipfeln und an der See Sturmböen nicht ausgeschlossen.
Zum Abend hin flaut der Wind im Binnenland ab und ist dann, abgesehen von
Berglagen, nicht mehr warnrelevant. In Küstennähe sind aber weiterhin Wind- und
stürmische Böen, an der See auch Böen bis Sturmstärke zu erwarten.

Im Norden dauert das Schauerwetter an und in Küstennähe sind kurze Gewitter
möglich, die ebenfalls mit Böen bis Sturmstärke einhergehen können. Ansonsten
herrscht zunächst wechselnd bewölktes Rückseitenwetter mit größeren
Auflockerungen aufgrund der Kaltluftadvektion.
Ein Randtief erreicht unterdessen die Seegebiete vor Irland und vor dessen
Warmfront über Frankreich kommt von Westen Warmluftadvektion auf. Damit
stabilisiert zunächst mal die Schichtung von Westen her wieder, später kommen
leichte Regenfälle auf, abseits jeglicher Warnrelevanz.

Auflockerungen und zum Teil auch längere sonnige Abschnitte zeichnen sich am
ehesten im Lee der zentralen und östlichen Mittelgebirge sowie im Süden und
Südosten ab. In diesen Gebieten bewegen sich die Temperaturen zwischen 22 und 26
Grad, wogegen sonst 17 bis 23 Grad zu erwarten sind.

In der Nacht zum Mittwoch kommt das Randtief, ebenso wie der zugehörige Trog
nach Osten voran und die Strömung dreht davor bei uns wieder auf Westsüdwest
zurück. Damit breitet sich in die Südhälfte wieder wärmere Luft aus, deren
nördliche Begrenzung von der Warmfront markiert wird, die sich ausgehend vom
Tief über der Irischen See nach Deutschland vorstreckt. Über der Mitte fällt
gebietsweise Regen, im Norden sind es zunächst eher Schauer. Nach Süden
überwiegt antizyklonaler Einfluss der schwachen Hochdruckzone im Alpenbereich
mit aufgelockerter Bewölkung und lokalem Nebel.
Der Gradient fächert auf und der Wind lässt nach. An der See und auf den Gipfeln
der Mittelgebirge halten warnrelevante Böen auch über die Nacht hinweg an,
exponiert an der See stürmische Böen, auf den Gipfeln Sturmböen.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die synoptische Entwicklung wird recht ähnlich simuliert. Unterschiede ergeben
sich bei den konvektiven Entwicklungen und bei den Dauerniederschlägen ganz im
Süden. Die Ensembles haben den Dauerregen betreffend den Alpenrand im Visier,
die deterministischen Modelle (z.B. ICON, GFS) etwas abgesetzt das Alpenvorland.
Markante Warnungen sollen meist reichen, die Hinweise für WU sind zwar
vorhanden, aber räumlich sehr begrenzt. Mit entsprechenden Warnungen kann
mindestens bis zum Abend (12z Läufe) gewartet werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner