DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

27-06-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 27.06.2020 um 10.30 UTC



Wechselhaft mit zeitweiligen Niederschlägen. Vor allem am Donnerstag kräftige
Gewitter, lokal Unwetter. Meist warm, mitunter auch sommerlich warm.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 04.07.2020


Mit dem heutigen Siebenschläfertag und den nun folgenden Tagen bis Anfang Juli
können wie in vielen Jahren zuvor die Weichen gestellt werden für das Wetter
dieses Sommers. Glaubt man den Vorhersagen des jüngsten EZMW-Laufs, so dürfte
uns ein "Schaukelsommer" bevorstehen mit einzelnen oder ein paar warmem bis
sommerlich warmen Tagen unter Hochdruckeinfluss, die bald wieder abgelöst werden
durch Tage mit Tiefdruckeinfluss samt schauerartigen Niederschlägen und
Gewittern sowie anschließender Abkühlung. Längere Phasen mit Hochdruckeinfluss
wären demzufolge die Ausnahme, wobei die Trockenheit dann auch nicht so stark
ausfallen würde wie in den beiden vergangenen Jahren.

Zum Beginn der Mittelfrist am kommenden Dienstag zeigt sich der troposphärische
Polarwirbel mal wieder völlig zerfleddert, mit diversen weit aufragenden Rücken
oder hohen Geopotenzialanomalien beispielsweise über Grönland oder über
Ostrussland. Dazwischen sind einige Höhentiefkomplexe auszumachen, für uns
relevant ist der über dem Nordostatlantik liegende und bis weit in das Nordmeer
reichende. In diesem sind mehrere Drehzentren eingebettet, wobei das über dem
Nordmeer und das über der Nordsee liegende für interessant sind, zusammen bilden
sie einen Langwellentrog ab. Dieser wiederum ist mit einem Tief mit Zentrum über
Finnland verbunden, dessen Ausläufer Deutschland bereits überquert haben und
dabei von Westen frischere Meeresluft mit T850 hPa von 5 bis 10 Grad mitgebracht
haben.

Am Mittwoch schwenkt das Höhentief über der Nordsee (Nr. 1) zügig nach Osten
durch, sodass sich zunächst ein flacher Rücken über uns legt. Dieser wird
allerdings von WLA unterlaufen und im Zusammenspiel mit einem weiteren kleinen
Höhentief (Nr. 2) bei Irland findet die Warmfront des zum Höhentief Nr. 2
zugehörigen Bodentiefs an ähnlicher Stelle den Weg in die Mitte Deutschlands.
Damit verlagert sich die 10-Grad-Isotherme in 850 hPa wieder bis in den Norden
Deutschlands, im Süden werden sogar über 15 Grad erreicht.

Am Donnerstag zieht das kleine Höhentief Nr. 2 von Irland in die Nordsee und
schleppt das nun zu ihm achsensenkrechte Bodentief, das somit kaum noch
Entwicklungschancen hat, mit dorthin. Die mit einiger Wetteraktivität verbundene
Kaltfront erfasst von Westen Deutschland, zum Tagesende hin sinken die T850 hPa
im Westen bereits auf 6 bis 10 Grad.

Am Freitag wandert Höhentief Nr. 2 mit dem Bodentief zum Bottnischen Meerbusen
ab, erneut wird ein flacher Rücken wirksam. Das Bodentief hat neuerlich einen
Schwall frischer Meeresluft aus dem Westen für uns parat, was die T850 schon
wieder auf 6 bis 10 Grad sinken lässt.

Am Samstag kommt ein weiteres Höhentief (Nr. 3), das von Schottland in die
Nordsee zieht, ins Spiel. Es schickt ebenfalls ein Bodentief ins Rennen, dessen
Ausläufer den Nordwesten von Deutschland erfassen. Zuvor konnte mit
südwestlicher Strömung abermals warme bis sehr warme Luft mit T850 zwischen 9
und 16 Grad einfließen.

In der erweiterten Mittelfrist ab Sonntag führen Höhentief Nr. 3 und zughöriges
Bodentief das Spiel ihrer Vorgänger fort und verlagern sich retrograd ostwärts.
Die Strömung dreht folglich auf Nordwest, womit die T850 hPa wieder auf 5 bis 10
Grad zurückgehen. Danach bekommen wir es neuerlich mit einem flachen Rücken zu
tun und die Strömung dreht auf Südwest. Die T850 hPa erreichen erneut 10 bis 16
Grad. Nahe Schottland lauert aber auch schon Höhentief Nr. 4 ...
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Am grundlegenden Prozedere der nächsten Tage lässt auch der heutige 0 UTC-Lauf
des EZMW keine großen Zweifel aufkommen. Naturgemäße kleine Unterschiede sind in
der zeitlich-räumlichen Variabilität der eher kleinskaligen synoptischen Gebilde
zu vermerken, die aber keine allzu großen Auswirkungen auf die Vorhersage haben.
Höhentief Nr. 3 fällt mit dem heutigen 0 UTC-Lauf allerdings deutlich schwächer
aus als in den beiden gestrigen Läufen. Der nachfolgende Rücken (erweiterte
Mittelfrist) wird deshalb ebenfalls viel flacher prognostiziert, vom gestern
angedachten Blocking ist nicht mehr viel über geblieben. Das macht den Weg frei
für Höhentief Nr. 4, das die Vorläufe vorerst viel weiter westlich nahe Grönland
beließen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


GFS und ICON zeigen keine neuen Szenarien auf. ICON hängt im Verlauf der Woche
jedoch um etwa 12 Stunden hinter dem EZMW zurück. GFS berechnet den ab Samstag
über den Nordostatlantik simulierten Rücken dagegen kräftiger als das EZMW.
NAVGEM und GEM liegen ebenfalls auf Linie des EZMW, in der erweiterten
Mittelfrist ab Sonntag wird beim GEM Höhentief Nr. 4 aber wesentlich stärker
berechnet, was eine deutlichere Abkühlung zur Folge hätte.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die T850 hPa-Rauchfahnen des EZMW-Ensemble spiegeln in vielen deutschen Städten
das Auf und Ab der Temperatur wider. Dabei ist die Streuung bis Donnerstag eng
gebündelt, danach öffnet sie sich. Haupt- und Kontrolllauf folgen ab Freitag
aber meist dem Median und damit der Mehrheit der Modelle. Bei den Geopot500
hPa-Rauchfahnen sind die Streuungen ebenfalls bis Donnerstag eng beieinander. Ab
Freitag öffnen sie sich deutlich, ab Sonntag wird es fast schon vogelwild.
Auffällig ist jedoch eine Bifurkation der Mediane, bei dem neben dem absinkenden
Geopotenzial mit Haupt- und Kontrolllauf ein weiterer, bei hohem Geopotenzial
angesiedelter Zweig zu sehen ist. Von daher könnte in der erweiterten
Mittelfrist der Rücken doch noch eine größere Bedeutung erlangen.

Bei der Clusteranalyse wird für Donnerstag (0 UTC) bis Samstag (0 UTC) nur ein
Cluster ausgegeben (Typ positive NAO, was das fehlende Blocking untermauert).
Von Sonntag (0 UTC) bis Dienstag (0 UTC) werden dann satte 6 Cluster analysiert,
die sich zum Teil gravierend unterscheiden und die die oben bereits gefundenen
Unsicherheiten bestätigen.

FAZIT: Es steht ein wechselhafter Witterungsabschnitt an, bei dem Phasen mit
Hochdruckeinfluss und steigenden Temperaturen bis in den sommerlichen Bereich
rasch wieder von Tiefdruckgebieten und nachfolgend einströmender kühlerer Luft
abgelöst werden. Was ab nächstem Wochenende passiert, ist unklar. Zur
Disposition stehen eine Fortdauer des Wetters der kommenden Woche oder aber ein
Durchsetzen des Hochdruckeinflusses bei steigenden Temperaturen. Die Tendenz
geht allerdings eher zu erster Variante.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WIND:
EFI weist am Dienstag mit Werten bis 0,9 hohe Signale für überdurchschnittlich
starken Wind vor allem für den Norden und Teile der Mitte auf. Dies wird durch
hohe Wahrscheinlichkeiten für starke Böen Bft 7 von COSMO-LEPS und EZWM-EPS
bestätigt, zudem gibt es geringe bzw. an der Küste hohe Wahrscheinlichkeiten für
stürmische Böen Bft 8. Am Mittwoch ist EFI im Norden erneut mit Signalen
ausgestattet, die erneut von COSMO-LEPS und EZWM-EPS unterstützt werden. Dann
kommen stürmische Böen aber hauptsächlich nur an den Küsten vor, im angrenzenden
Binnenland sind die Wahrscheinlichkeiten dagegen nur sehr gering.

GEWITTER:
Am Mittwoch treten im Süden vereinzelt meist markante Gewitter auf. Am
Donnerstag kommt es verbreitet zu teils kräftige Gewittern, insbesondere im
Osten und im Südosten besteht dabei lokal Unwetterpotenzial.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOSMIX, EZMW, EZMW-EPS
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Simon Trippler