DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-06-2020 07:30
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 22.06.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: Mittelding zwischen HFa (Hoch Fennoskandien antizyklonal) und HM (Hoch
Mitteleuropa)

UTZ und das Ei - die Geschichte von einem Hoch und einem kleinen Höhentief.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 24 UTC
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Montag... startet eine neue Woche, die - dass kann man schon an dieser frühen
Stelle konstatieren - wohl um Einiges unspektakulärer abläuft als die
vergangene, zumindest mal bis Freitag. Die fies-feuchte Luftmasse mit ihrer
teils extremen Starkregen- und Gewitterneigung ist mittlerweile abgedrängt,
stattdessen wird jetzt ein Hochdruckgebiet über Mitteleuropa Platz nehmen, dass
keinen Bock auf Stress hat, sich aber eines "Ei´s erwehren muss. Doch der Reihe
nach.
Zunächst geht der erste Blick mal weit raus auf den Atlantik, wo sich
südwestlich von Island ein hochreichendes Zentraltief eingenistet hat, das den
Namen QUIOLA trägt und immerhin einen Kerndruck von etwas unter 980 hPa auf die
Platte bringt. Wie es sich für steuernde Zentraltiefs gehört, ist die Mobilität
der guten QUIOLA erheblich eingeschränkt, sprich, sie verändert ihren Platz nur
wenig und kann sich somit dem europäischen Kontinent nur marginal nähern. Es
gibt aber noch einen zweiten Grund für die mangelnde Progression. Bedingt durch
permanentes Verfrachten warmer Luftmassen nach Norden (WLA) auf der der
Vorderseite des Tiefs hat sich ein erster zaghafter Höhenrücken gebildet, der
heute früh von Südwest- bis nach Mitteleuropa reicht, wo er Fühlung zu einem
Höhenhoch über Fennoskandien aufgenommen hat. Derweil kommt es auch über
Westeuropa zu Potenzialgewinn, so dass dort ein zweiter Rücken aufgebaut wird,
der sich mehr und mehr intensiviert. Am Ende des Tages steht ein veritabler
Rücken zu Buche, dessen Achse (500 hPa) von Tunesien über Frankreich und die
Nordsee bis hoch nach Nordskandinavien reicht. Interessant und auch wichtig in
diesem Zusammenhang, dass zwischen den Divergenzachsen der beiden Höhenrücken
eine Sollbruchstelle in Form eines scharfen Randtrogs vorliegt, der heute Morgen
von der Nordsee bis nach Deutschland reicht, wo er zunehmend flacher wird.
Dieser Randtrog wird im Laufe des Tages über dem Skagerrak abtropfen und bis
Mitternacht als Kaltlufttropfen (KLT) vor die polnische Ostseeküste ziehen - das
"Ei" ist geboren, auch wenn weniger oval als vielmehr orbikular konturiert ist.
Was genau mit dem "Ei" passiert, dazu später mehr.
Im Bodendruckfeld rückt für uns immer stärker ein Hochdruckgebiet in den
Blickpunkt des Geschehens, das seinen Schwerpunkt mit etwas über 1025 hPa heute
über Westeuropa parkt. UTZ heißt das gute Stück, auf dessen Ostflanke heute eine
schlappe Okklusion über den Vorhersageraum ostwärts schwenkt, hinter der man mit
etwas guten Willen sogar noch eine Konvergenz finden kann - zumindest ist das
dem Nachtdienst in seiner letzten Analyse gelungen. Wie auch immer, "Okkl" und
Konvergenz werden verschmelzen und die Zusammenarbeit mit dem o.e. Randtrog
verschlechtert sich quasi minütlich, so dass der anfänglich im Westen, aber auch
im Süden gebietsweise noch auftretende Regen immer mehr abebbt. Rückseitig der
Okklusion gelangt ein Schwall mäßig warmer Atlantikluft insbesondere in den
Norden und Westen des Landes, in der die 850-hPa-Temperatur auf 8 bis 6°C
zurückgeht. Einsetzendes Absinken drückt nicht nur die Inversion auf 750 bis 800
hPa, es lässt gerade im Westen und Nordwesten, später auch nach Osten
ausgreifend, zunehmend die Sonne zum Zuge kommen.
Im Süden und Südosten bleibt die Luft etwas wärmer (T850 10/11°C) aber auch
feuchter. Außerdem greift das Absinken noch nicht so richtig, was die Inversion
auf 650 bis 600 hPa belässt. Damit ist die leicht labil geschichtete
Grundschicht vertikal mächtig genug, um mit Hilfe des Tagesgangs den einen oder
anderen Schauer zu generieren, was von ICON übrigens am wenigsten propagiert
wird.
Der Wind spielt heute keine prominente Rolle, auch wenn er im Osten und
Nordosten aus Nordwesten kommend mitunter mal etwas aufhorchen lässt. Für
Warnungen wird es nicht reichen. Die Temperatur erreicht Höchstwerte zwischen 20
und 26°C, im höheren Bergland sowie an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind
etwas weniger.

In der Nacht zum Dienstag steigt der Luftdruck soweit an, dass wir zum Frühstück
das Zentrum von UTZ mit etwas über 1025 hPa bei uns, genauer über der
Nordhälfte, begrüßen dürfen. Die Wolken vom Tage lösen sich größtenteils auf,
einzig Richtung Alpen, wo es etwas staut, halten sich dichtere Wolken, aus denen
es hin und wieder auch noch mal etwas regnen kann. Dort, wo es aufklart und noch
etwas Restfeuchte vorhanden ist, können sich ein paar flache Nebelfelder bilden.
Ach ja, und frisch wird´s in einigen Regionen; in der Norddeutschen Tiefebene
sowie im Mittelgebirgsraum geht es runter in den einstelligen Bereich, in der
Eifel stellenweise bis zu 4°C.

Dienstag... verbleiben wir auf der Vorderseite des mittlerweile monumentalen
Höhenrückens, der von Nordwestafrika über Westeuropa bis hoch nach Skandinavien
reicht. Auf seiner Ostabdachung wird das abgetropfte kleine Höhentief, der KLT,
nicht weit von der Grenze über Polen süd-südostwärts in Richtung Slowakei
gesteuert. So wie es aktuell aussieht, verbleibt der vom KLT verursachte
Niederschlag auf polnischer Seite, so dass es bei uns unweit von Oder und Neiße
nur für einige Wolkenfelder reicht. Allerdings sind Höhentiefs dieser Kategorie
mitunter störrisch und unberechenbar, was zumindest im Hinterkopf abgelegt
werden sollte.
Ansonsten hat UTZ mit seinem breiten Rücken aber alles unter Kontrolle.
Andauerndes Absinken drückt die Inversion weiter nach unten und sorgt für eine
Abtrocknung respektive Erwärmung der Luftmasse. So steigt die 850-hPa-Temperatur
bis zum Abend auf 11 bis 14°C, lediglich im Osten, in der Peripherie des KLTs,
bleibt es mit 8 bis 10°C kühler. In 2m Höhe bedeutet das unter dem Strich
Tageshöchstwerte von 21 bis 26°C im Norden und Osten der Republik und 24 bis
29°C sonst. Dazu scheint verbreitet die Sonne, auch wenn sich vorübergehend mal
ein paar flache, an den Alpen auch etwas molligere Quellungen bilden.

In der Nacht zum Mittwoch passiert wenig bis nix. Unter andauerndem
Hochdruckeinfluss haben Wolken kaum eine Chance, einzig ganz im Osten und
Südosten könnte es für ein paar Exemplare reichen, wenn der KLT mitspielt. Bei
Tiefstwerten zwischen 16 und 7°C kann man noch ohne Weiteres die
Schlafzimmerfenster zum Lüften öffnen.

Mittwoch... folgt der KLT einer Einladung des ungarischen Ministerpräsidenten
Viktor Orbán, einzig GFS lässt das Höhentief diplomatische Beziehungen zu
Österreich aufnehmen. Für wen sich das Tief schlussendlich entscheidet, ist
aufgrund seiner ureigenen Eigenwilligkeit schwer vorherzusagen. Für unseren
Raum, konkret für den (äußersten) Südosten ist es freilich von kollateraler
Bedeutung, in welche Richtung es genau geht, entscheidet sich doch dadurch das
dortige Mittwochswetter. So ist von sonnig bis locker bewölkt über (zeitweise)
wolkig bis stark bewölkt bis hin zu einzelnen Schauern oder etwas Regen (vor
allem zwischen Erzgebirge und dem Bayerischen Wald) noch alles drin. Super HD
bietet in Oberbayern gar ein Gewitter an.
Je weiter wir nach Westen kommen, desto weniger stellt sich die Frage nach
potenziellen Wolken. Der Rücken, der im Tagesverlauf über der nördlichen Ostsee
Abspaltungstendenzen erkennen lässt, sorgt in Zusammenarbeit mit dem emsigen UTZ
(den es schwerpunktmäßig ebenfalls in Richtung Ostsee zieht) für einen
blankgeputzten oder nur locker bewölkten Himmel. Dabei dürfte den Rhein entlang
sowie westlich davon die 30°C-Marke fallen oder zumindest "angeknabbert" werden,
während es im Südosten teilweise nicht mal für einen Sommertag (also Tmax unter
25°C) reicht. Der Wind dreht auf Nordost bis Ost, hält sich aber abgesehen von
etwas Sonnenböigkeit weiterhin vornehm zurück.

In der Nacht zum Donnerstag tut sich weiterhin nicht viel: im Südosten einige
Wolken, vielleicht ein zwei Schauer, sonst gering bewölkt oder klar. Tiefstwerte
17 bis 9°C.

Modellvergleich und -einschätzung
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Der Kurs passt, wenn man mal von der üblichen Karrierevarianz des Höhentiefs
absieht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann