DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

20-06-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 20.06.2020 um 10.30 UTC



Sommerlich warm bis heiß, in den meisten Regionen durchgehend trocken. In den
östlichsten Gebieten zeitlich beschränkt etwas Regen/Schauer möglich. Zum
Wochenende leicht ansteigende Gewitterwahrscheinlichkeit.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 27.06.2020


Dienstag ... überdeckt ein umfangreicher Höhenrücken große Teile Südwesteuropas
und reicht teilweise bis in die südlichen skandinavischen Gebiete. Allerdings
weist dieser Rücken eine doch beträchtliche Schwachstelle auf: Auf dessen
Nordostflanke zieht jenes Höhentief, das sich am Montag aus der Frontalzone über
der Nordsee löste, von der polnischen Ostseeküste langsam in Richtung Süden. Im
Bodendruckfeld dominiert dagegen der Einfluss eines umfassenden Hochs mit
Schwerpunkt über der niederländischen Nordseeküste, sodass auf das Höhentief
auch der Ausdruck "Kaltlufttropfen" (KLT) zutreffend ist. Die Auswirkungen des
KLT zeigen sich vor allem hinsichtlich von etwas stärkerer Bewölkung in den
östlichsten Landesteilen, Niederschlag ist nach dem aktuellen Modelllauf von
EZMW nicht simuliert. Außerdem kommt nun von Südwesten her kräftige WLA in
Gange, im Tagesverlauf steigt die Temperatur in 850 hPa an der westlichen
Landesgrenze auf mehr als 13 Grad - Höchstwerte knapp an die 30 Grad sind daher
mit Sonnenunterstützung wahrscheinlich. Im Osten setzt sich die Warmluft noch
nicht in dem Maße durch, allerdings ist auch dort in vielen Regionen ein
Sommertag in Reichweite - natürlich abhängig von der genauen Zugbahn des KLT. In
der Nacht zum Mittwoch verlagert sich dieser weiter in Richtung Slowakei und
verliert damit an Einfluss auf den Nordosten Deutschlands. Von der Lausitz bis
zum östlichen Alpenrand zeigen sich aber etwas mehr Wolken, sonst bleibt der
Himmel meist klar. Niederschläge werden auch während der Nacht nicht erwartet.
Durch die recht trockene Luft ist außerdem noch eine gute nächtliche Auskühlung
möglich, sodass die Tiefstwerte in fast allen Regionen unter 15 Grad zu liegen
kommen.

Mittwoch ... wird die Verlagerung des KLT nach Süden erstmal gestoppt bzw. stark
verlangsamt. Dieser positioniert sich über der Grenzregion zwischen Österreich,
Slowakei sowie Ungarn und sorgt daher in den östlichen Gebieten Deutschlands für
dichtere Wolken und auch etwas Regen oder einzelne Schauer. Der
südwesteuropäische Höhenrücken reicht nun mit seiner Achse über den Norden
Deutschlands hinweg bis zur östlichen Ostsee, damit einhergehend verstärkt sich
die WLA weiter. Der Mittwoch dürfte daher der erste Tag einer Hitzewelle werden,
wenn im Westen regional die Marke von 30 Grad überschritten wird. Die
Einschätzung der Abkühlung in der Vornacht hat auch für die Nacht zum Donnerstag
ihre Gültigkeit, mehr als 15 Grad Tiefstwert sind nur in den westlichen Regionen
wahrscheinlich. Der Wind spielt weiterhin keine große Rolle und ist an der
Nordostflanke des sich nun nach Nordeuropa verlagernden Bodenhochs schwach bis
mäßig aus nordöstlichen Richtungen.

Donnerstag ... wird der Nordteil des Höhenrückens durch das Höhentief über dem
östlichen Mitteleuropa abgeschnürt. Am Boden liegen zunehmend schwachgradientige
Bedingungen vor, wobei die vorherrschende Luftmasse weiterhin ein sommerliches
bis hochsommerliches Niveau aufweist. Eine Achse des Höhentiefs reicht vom
österreichischen Donauraum bis in die zentralen Mittelgebirge Deutschlands.
Diese könnte im Tagesverlauf für Hebungsantriebe sorgen und in den zentralen und
östlichen Mittelgebirgen einzelne Schauer/Gewitter verursachen. In den
allermeisten Regionen bleibt es dagegen trocken bei einem Wechsel zwischen viel
Sonne und ein paar Quellwolken. Im Südosten sowie an der See bleiben die
Höchstwerte unter 30 Grad, in den anderen Gebieten steht erneut ein heißer Tag
ins Haus. In der Nacht zum Freitag klingen die eventuellen Schauer
tagesgangbedingt rasch ab. Damit verläuft die Nacht meist klar mit Tiefstwerten
zwischen 18 und 12 Grad.

Freitag und Samstag ... wird die Wetterlage weiterhin bestimmt durch das
abgeschnürte Höhenhoch über den Baltischen Staaten, dem KLT über dem östlichen
Österreich und dem westlichen Ungarn, einem mäßig amplifizierten Höhenrücken
über Frankreich und einem vom Ostatlantik langsam über Großbritannien hinweg in
Richtung Nordsee schwenkenden Langwellentroges. Damit steht wieder viel Sonne in
Aussicht, allerdings werden die Quellwolken im Nordwesten sowie im Südosten
etwas größer als am Vortag. Je nach genauer Ausprägung der Hebungsantriebe sind
im Nordwesten sowie in den ostbayerischen Mittelgebirgen und am östlichen
Alpenrand einzelne starke Gewitter möglich. In den Nächten fallen diese rasch in
sich zusammen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits in der gestrigen Vorabinformation Mittelfrist wurde auf die unsichere
Entwicklung und Zugbahn eines Höhentiefs bzw. Kaltluftropfens über dem östlichen
Mitteleuropa hingewiesen. Der aktuelle Lauf schließt sich in wesentlichen Zügen
den Vorläufen an, jedoch wird die Zugbahn nun leicht westlicher und in der
Intensität etwas schwächer simuliert. Ab Montag zieht dieses von der westlichen
Ostsee über Polen nach Tschechien und erreicht am Mittwoch den Grenzraum
zwischen Österreich, Slowakei und Ungarn. Die Auswirkungen dieses Vorgangs
betreffen Deutschland daher nach Lesart des EZMW nur peripher (vor allem durch
dichtere Bewölkung in den östlichen Landesteilen). Im großen Rest des Landes
stellt sich hoher Luftdruck mit einer einhergehenden trockenen Witterung ein und
die Temperaturen steigen bundesweit.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die wesentlichen synoptischen Grundzüge werden von ICON und GFS ähnlich zu EZMW
simuliert. Erwartungsgemäß ist aber die Positionierung und die Zugbahn des KLT
noch ziemlichen Unterschieden unterworfen. ICON propagiert eine westlichere
Zugbahn - das würde am Dienstag in den östlichen Regionen für leichte bis mäßige
Niederschläge sorgen. GFS weist dagegen einen deutlichen zeitlichen Verzug auf -
dabei würde der KLT zum Mittagstermin des Dienstags erst die polnische
Ostseeküste erreichen. Auch die weitere Entwicklung ist noch einigen Unschärfen
unterworfen, beispielsweise stoppt GFS die Südwärtsverlagerung des KLT über dem
tschechischen Gebiet. Die genannten und vor allem für die östlichen Regionen
relevanten Unsicherheiten sollen aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass in
weiten Teilen Deutschlands ziemlich sicher ein hochsommerlicher und trockener
Witterungsabschnitt bevorsteht.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


ENSEMBLES:
Die Rauchfahnen für repräsentative Orte in Deutschland stützen im Wesentlichen
die deterministischen Aussagen. Ab Dienstag zeigt sich überall ein Anstieg der
Luftmassentemperatur, die in den Folgetagen in einem Niveau von etwa 12 bis 14
Grad in 850 hPa verbleibt. Im Osten setzt sich diese Erwärmung leicht
zeitverzögert durch. Die Niederschlagssignale zeigen ein ähnliches Bild: von der
Nordsee und Dänemark bis zum Hochrhein und den westlichen Alpenrand bleibt es
trocken, während in den östlichen Regionen ein gewisses "Rauschen" des
Niederschlags-EPS vorliegt. Ab Freitag nehmen die Unsicherheiten etwas zu: zum
einen steigt von Nordwesten her die Wahrscheinlichkeit für einzelne Schauer und
Gewitter, zum anderen sind diese im Alpenraum sowie im Südosten auch nicht
ausgeschlossen.

CLUSTER:
+120h ... +168h: Es liegt ein Cluster vor, das zum Strömungsmuster "Blocking"
gezählt wird. Der umfangreiche Rücken über weiten Teilen Europas wird auch den
Zeitraum von Donnerstag bis Samstag bestimmen. Unsicherheiten bestehen jedoch
weiterhin in der Entwicklung und Zugbahn des KLT. Am Samstag ergibt sich ein
Abtropfen des atlantischen Troges, sodass ein Übergreifen des Langwellentroges
auf Festlandseuropa möglich wird.

+192h ... +240h: Nun werden zwei - komplett unterschiedliche - Cluster
analysiert. Eines (19 Member) geht weiterhin von einer blockierenden Situation
aus (Höhenrücken Mittel- und Nordeuropa), das andere Cluster (32 Member) lässt
die Strömung deutlich zonalisieren ("Positive NAO"). Diese nördliche Westlage
würde vor allem für den Norden eine etwas zyklonalere Situation bedeuten.
Wesentliche belastbare Aussagen sind jedoch für die erweiterte Mittelfrist noch
nicht möglich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


WÄRMEBELASTUNG:
Ab Mittwoch regional starke Wärmebelastung. Am Donnerstag liegt für den
Nordwesten ein erhöhter EFI von +0.5 bis +0.8 vor. Am Freitag weitet sich dieses
Signal etwas südostwärts aus.

GEWITTER:
Am Donnerstag im östlichen Mittelgebirgsraum einzelne starke Gewitter nicht
ausgeschlossen. Am Freitag und Samstag im Nordwesten sowie im äußersten Südosten
einzelne starke Gewitter gering wahrscheinlich.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det. und EZMW-prob., MOSMIX
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri