DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-06-2020 17:01
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Montag, den 15.06.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In Südostbayern Dauerregen, sonst einzelne kräftige Gewitter, vor allem mit
Starkregen. Unwetter nicht ausgeschlossen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 12 UTC
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Aktuell ... ist die Strömung blockiert durch einen weit im Norden liegenden
Höhenkeil, der von der Norwegischen See über Skandinavien bis nach Russland
reicht. Südlich daran schließt sich eine Zone mit niedrigerem Geopotential an,
die auch Mitteleuropa überdeckt und in die mehrere, mehr oder weniger kleine
Höhentiefs eingelagert sind.
Das für uns Maßgebliche befindet sich am Westausgang des Ärmelkanals und bewegt
sich zögernd Richtung Frankreich. Ein Weiteres über der Ostsee kommt zögernd
nach Schweden voran, das Nächste über der Adria kommt fast gar nicht von der
Stelle. Daraus resultiert bei uns eine schwache südöstliche Höhenströmung, außer
im Nordosten, wo am Rand des Ostseetiefs eher eine nordwestliche Höhenströmung
zu finden ist.
Am Boden sieht die Lage, wie schon in der mittleren und höheren Troposphäre sehr
schwachgradientig aus und wir haben eine flache Tiefdruckrinne diagonal über
Deutschland, die trocken-warme Luft über dem Norden und Osten, von etwas
kühlerer und feuchter Luft weiter südwestlich trennt.
Die Rinne füllt sich langsam weiter auf und kommt derweil geringfügig nach
Südwesten voran. Sie dürfte Dienstag früh etwa von Sachsen bis ins südliche
Niedersachsen reichen. Der Niederschlagsschwerpunkt liegt an ihrer
Südwestflanke, wo durch Aufgleiten der wärmeren Luft (bodennah Westnordwestwind
- darüber SE Wind) ein skaliges Regengebiet generiert wird. Von Bayern bis NRW
kommt es zu schauerartigen Regenfällen, wobei die anfangs gebietsweise
vorhandene Starkregengefahr (PPW der beteiligten Luftmassen um 30 mm) nachlässt.

Die länger anhaltenden, teilweise durch Stau verstärkten Regenfälle in Südbayern
dauern aber an. Hier fallen in 12 Stunden weitere 10 bis 20 mm Regen,
entsprechend bleiben die dort laufenden Dauerregenwarnungen in Kraft.
Ganz im Südwesten und Westen ist die Schichtung leicht instabil. Dort sind
einzelne Schauer möglich, während es im Nordosten und Norden in der trockenen
Luftmasse teilweise gering bewölkt und trocken bleibt.
Die anfangs am warmen Niederschlagsrand auftretenden, lokal kräftigen
Starkregenschauer dürften nachts nachlassen, so dass auch hier Entspannung
angesagt ist.

Dienstag ... dehnt das Tief über Westeuropa seinen Einfluss zu uns hin aus und
an seiner Vorderseite laufen kurzwellige Troganteile nach Norden ab.
Unterdessen ist im Bodendruckfeld nicht viel zu erkennen über Mitteleuropa,
erst, wenn man die Auflösung hochdreht, zeichnet sich wieder eine flache Rinne
über Deutschland ab.
An ihrer "kalten" Seite kommt es nach wie vor zu Aufgleiten und Regenfällen, die
aber nachlassen und auch das anfangs kompakte Wolkenband bekommt im Tagesverlauf
ein paar Lücken. Dieser Streifen dürfte weiterhin von Bayern aus nach Nordwesten
Richtung NRW zeigen.
Gerade dort, wo die Dauerregenwarnungen laufen, lassen die Regenfälle aber nach,
da die Staukomponente nachlässt und später sogar leicht föhnige Tendenzen
erkennbar sind. Die Warnungen dort können auslaufen.
Im Übergangsbereich zur wärmeren Luft im Nordosten wird wieder ML-CAPE
generiert, was eine geringe Gewitterwahrscheinlichkeit zur Folge hat. Etwas
dagegen spricht allerdings der Umstand, dass von Nordosten trockene Luft in
diesen Bereich eingesteuert wird, was die Gewitterbereitschaft dann doch etwas
limitieren könnte.
Im Westen und Südwesten steigt die Gewitterneigung dagegen an. Mit zeitweiligen
Auflockerungen wird Cape bis 600 J/kg (ICON) generiert.
Potentielle Zellen könnte den Prognosesoundings zufolge bis 8 km hochgehen und
ein (schwacher) Trigger steht in Form des Kurzwellentroges auch bereit. Die
Gewitter sollten bei PPW bis 30 mm vor allem mit Starkregen (meist markant)
einhergehen, aber auch stürmische Böen und kleiner Hagel sind nicht
ausgeschlossen. Unwetterartige Entwicklungen sind dennoch nicht ganz
ausgeschlossen.

Der Norden und Osten bleibt in trockener Luft trocken und freundlich, auch wenn
ausgehend vom Höhentief über Schweden einige Wolken von der Ostsee her
hereindriften. Die Temperatur steigt im Nordosten abseits der Küsten auf 23 bis
27°C, sonst auf 16 bis 24°C.

In der Nacht zum Mittwoch ändert sich wenig an den Strömungsverhältnissen.
Regen, Schauer und Gewitter lassen nach, kommen im Westen und Süden sowie in der
Mitte aber nicht ganz zum Erliegen. Dort, wo die Grundschicht feucht ist und es
für längere Zeit aufklart, bildet sich Nebel.

Mittwoch ... kommt das Höhentief über Frankreich weiter nur sehr zögernd nach
Osten voran. Wir verbleiben auf der Vorderseite unter einer schwachen, leicht
zyklonalen südöstlichen Höhenströmung, in der allerdings wieder ein schwacher
Trog nach Norden bis Nordwesten ausgreift.

Damit kann sich die mäßig warme und feuchte Luftmasse aus dem Süden und der
Mitte (T850 um 10°C) wieder etwas in den Nordwesten vorarbeitet. Die Chancen auf
Wolkenlücken steigen, was den Energieinput durch Einstrahlung und somit die
Labilität der Luftmasse erhöht. Da die Luft feucht ist (PPW meist 25 bis 30 mm,
spez. Grundschichtfeuchte um 10 g/kg), wird auch entsprechend ML-CAPE induziert,
gebietsweise steigen die Werte auf 500 bis 900 J/kg.
Zunächst durch Tagesgang und Orografie, dann mit leichter Trogunterstützung
kommen konvektive Umlagerungen in Form von Schauern und Gewittern in Gang, die
vor allem im Südwesten nachmittags und abends auch kräftiger sein können. Hier
bildet sich auch eine Tiefdruckrinne, die langsam nordwärts wandert und die
maximale Gewitteraktivität gleichsam mitnimmt. Auf ihrer Südflanke strömt
stabilere Luft ein, was die Gewitter auch in nicht-gewittrigen Starkregen
übergehen lässt.
Ansonsten bewegen sich die Zellen meist nur langsam, womit Starkregen
der prioritär zu beachtende Begleitparameter sein sollte. Dabei nimmt die lokale
Unwettergefahr zu.
Der Norden und Nordosten sind weiter außen vor. Dort setzt sich der
osteuropäische Rücken stärker in Szene und sorgt bei flauen Luftdruckgegensätzen
für viel Sonnenschein und Temperaturen bis zu 28°C.
Dem hinken die Temperaturen in den anderen Regionen mit Maxima von 18 bis 25°C
ganz schön hinter her.

In der Nacht zum Donnerstag wandert die Tiefdruckrinne langsam nach Norden,
während sich der Trog über dem Alpenraum und Süddeutschland nach Osten ausdehnt.
An der Südflanke der Rinne stellt sich wieder eine Gegenstromlage ein, die mit
dem Aufgleiten der feuchtwarmen Luft von Südosten her über der Mitte und dem
Süden verbreitet Regenfälle auslöst, wobei auch ein gewisses Starkregenpotential
vorhanden ist. Die Gewitterwahrscheinlichkeit im Bereich der Rinne nimmt dabei
aber ab.
Der Norden bleibt davon noch verschont und hier geht die Nacht teils gering
bewölkt und ruhig über die Bühne. Auch im Südwesten lockert es wahrscheinlich im
Laufe der Nacht wieder auf mit dem ein oder anderen Nebelfeld.

Donnerstag ... verlagert sich die Tiefdruckrinne nach Norddeutschland. In ihrem
Bereich ist die Luft am labilsten und es bilden sich im Tagesverlauf Schauer und
teils kräftige Gewitter. Bei steigendem Wassergehalt sind die Gewitter vor allem
mit teils unwetterartigem Starkregen verbunden, Hagel und Sturmböen sind
ebenfalls mit dabei, dürften die Unwetterschwellen aber eher nicht oder
zumindest selten reißen.
An der Südflanke der Rinne fällt verbreitet Regen, eventuell ebenfalls mit
lokalem, aber dann mehrstündigem und nicht-gewittrigem Starkregen.
Der äußerste Norden bleibt mit Auflockerungen außen vor und weitegehend trocken
und ebenso im Süden sind abseits der Aufgleitvorgänge wieder vermehrt
freundliche Abschnitte möglich. Nur ganz im Süden sowie im Südwesten macht sich
die Trognähe mit instabiler Schichtung und einzelnen Schauern und Gewittern
bemerkbar. Bei limitiertem Wassergehalt ist die Unwettergefahr dort gering, aber
auch nicht gleich null.
Die Lage der Rinne und damit die "Wetterzonen" sind noch recht unsicher.


Modellvergleich und -einschätzung
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Während im synoptischen Scale die Unterschiede gering sind, gibt es nach wie vor
Schwierigkeiten die Niederschlagsschwerpunkte zu lokalisieren. Das Warngeschehen
bleibt Nowcasinggeprägt.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner