DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

10-06-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 10.06.2020 um 10.30 UTC



Sommerlich warm und gewittrig, vor allem am Wochenende Unwettergefahr durch
Starkregen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Mittwoch, den 17.06.2020


Der gesamte mittelfristige Zeitraum ist von einer blockierenden Großwetterlage
geprägt, wobei das Geopotentialmaximum sich im Verlauf der Tage von Skandinavien
aus ostwärts verlagert. Mitteleuropa liegt dabei zumindest teilweise unter
zyklonalem Einfluss, wobei die genaue Lage von Trögen und Höhentiefs nur schwer
prognostizierbar ist.
Nach Lesart des IFS beginnt der Mittelfristzeitraum am Samstag mit dem oben
erwähnten Höhenhoch, das auch am Boden eine umfangreiche Hochdruckzone über
Skandinavien und Nordrussland stützt. Diese ist mit einem weiteren weit nördlich
liegenden Hoch über dem Atlantik verbunden, so dass die eigentliche Frontalzone
weit im Norden von Labrador über Grönland nach Spitzbergen verläuft. Zwei
abgetropfte Höhentiefs flankieren den östlichen unseres Landes liegenden Rücken
und liegen über dem Ärmelkanal und der Türkei. Insbesondere ersteres paust sich
auch deutlich ins Bodendruckfeld durch, so das über der Bretagne auch ein
Bodentief zu finden ist. Von diesem ausgehend erstreckt sich eine Zone generell
recht niedrigen Luftdrucks bis in den Osten Europas. Auch Deutschland liegt in
deren Bereich, wobei das Druckminimum über dem Süden des Landes liegt, so dass
meist östlicher Wind weht. Mit diesem Wind ist eine sehr warme Luftmasse zu uns
gelangt, in der in 850 hPa meist zwischen 12 und 15 Grad gemessen werden. Vor
allem im Nordosten ist die Luft auch sehr feucht, später gelangt auch in den
Südwesten feuchte Luft. In diesen Regionen werden sich Gewitter bilden,
ausgelöst durch die Orographie, lokale Konvergenzzonen und im Südwesten auch
durch etwas PVA an der Vorderseite des westlichen Höhentiefs. Zwar sind die
dynamischen Bedingungen nicht die besten, aufgrund geringer Zuggeschwindigkeit
besteht aber erhebliches Starkregenpotenzial.
Am Sonntag verlagert sich das westliche Höhentief etwas nach Nordwesten, von ihm
spaltet sich aber ein kleiner Kaltlufttropfen ab, der über die Poebene ostwärts
eiert. Das Bodentief schwächt sich ebenso ab, über Deutschland verbleibt eine
Rinne mit einer erheblichen Feuchteanreicherung, die sich dann von Nordwest nach
Südost erstrecken soll. Dort ist dann auch wieder ein Maximum an
Gewittertätigkeit zu erwarten (je nach Einstrahlung vielleicht auch eher
konvektiv durchsetzter Starkregen). Auch am Alpenrand kann es Starkregen geben,
weil sich hier das südliche Höhentief auswirkt.
Am Montag gliedert sich das westliche Höhentief einem westlich von Island
vorstoßenden Trog an. Gleichzeitig bildet sich eine breitere Brücke über
Deutschland, die das Höhenhoch mit hohem Potential über Nordafrika verbindet.
Die Rinne über unserem Land füllt sich etwas auf, damit wird die Druckverteilung
immer flacher. Die Gewittertätigkeit sollte sich etwas abschwächen, im Bereich
der weiter über uns liegenden Konvergenz aber nicht ganz aufhören. Auch am
Dienstag ändert sich an dieser Konstellation nicht viel.
Der Mittwoch bringt ebenso nicht viel Änderung: Über dem Nordwesten Europas
liegt weiter ein Trog, südlich und östlich unseres Höhentiefs bzw.
Kaltlufttropfen. Das hohe Geopotential verlagert sich nach Nordrussland, auch
über Deutschland befindet sich ein relatives Geopotentialmaximum. Bodennah
etabliert sich zunehmend eine Hochdruckzone, die sich vom Azorenhoch über den
Nordwesten Europas bis nach Nordrussland erstreckt. Über unserem Land ist die
Druckverteilung sehr flach. Trotz leichten Absinkens trocknet die Luftmasse
nicht wirklich ab, so dass uns die Sumpfgewitterlage weiter erhalten bleibt.
Auch in die erweiterte Mittelfrist hinein sieht es nicht nach einer
durchgreifenden Änderung aus. Erst zum Samstag lässt IFS allmählich einen
Hochdruckkeil von Westen übergreifen und von Nordwesten sickert dann etwas
kühlere und trockenere Luft ein, so dass die Gewitterei zum Erliegen kommen
könnte.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz des aktuellen IFS-Laufs mit seinen beiden Vorgängerläufen ist bis
Montag über Mitteleuropa ausgezeichnet. Lediglich bei uns nicht beeinflussenden
Höhentiefs gibt es Unterschiede. Zum Dienstag und Mittwoch sind die beiden
letzten Läufe weiterhin sehr ähnlich. Der gestrige 00-UTC-Lauf zeigt dagegen
eine etwas antizyklonalere Situation und vorübergehend sogar mal ein Bodenhoch
über Norddeutschland.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Montag zeigen alle vorliegenden Modelle eine hohe Übereinstimmung, nur
ICON hat ein abweichendes Szenario: Der am Sonntag südlich unseres Landes
ostwärts ziehende Kaltlufttropfen bleibt mit dem westlichen Höhentief verbunden
und sorgt an der Nordflanke für kräftige Hebung, so dass sich ein kräftiges Tief
entwickelt, das in der Nacht zum Montag und am Montag über Deutschland westwärts
ziehen soll. Somit könnte es zu recht ausgedehnten Starkregenfällen kommen.
Danach laufen aber alle Szenarien auseinander: Während ICON und GFS dann ein
Blocking nordwestlich unseres Landes zeigen, geht UKMO in eine ähnliche Richtung
wie IFS mit einem Trog in dieser Region und dem Höhenhoch viel weiter östlich.
NAVGEM und noch mehr GEM tendieren in Richtung einer zunehmend westlichen Lage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen für die Mitte Deutschlands (Erfurt) zeigen bei der Temperatur
nur eine geringe Streuung und von Samstag bis Mittwoch einen leichten Rückgang
von 14 auf 12 Grad in 850 hPa. Das Potenzial erreicht sein Maximum am Montag,
beim Geopotential ist auch die Unsicherheit etwas größer. Niederschlagssignale
finden sich an allen Tagen mit Schwerpunkt am Sonntag. Die Rauchfahnen des GFS
zeigen einen etwas markanteren Rückgang bei der Temperatur (von 15 auf 11 Grad)
und eine sehr ähnliche Entwicklung beim Geopotential. Niederschlag zeigt GFS
reichlich, das scheint aber eher ein GFS-spezifischer Bias zu sein. Interessant
ist auf jeden Fall, dass beide Ensemblesysteme keine große Umstellung der
Großwetterlage andeuten und keine großen Unsicherheiten bei den gezeigten
Parametern vorliegen.
Die Clusteranalyse des IFS zeigt im Mittelfristzeitraum (Montag, 00 UTC bis
Mittwoch, 00 UTC) drei Cluster, die zwar leichte Unterschiede zeigen, aber
letztendlich alle das starke Blocking im skandinavischen Raum widerspiegeln.
Interessant ist die erweiterte Mittelfrist: Es ist weiterhin nur ein Cluster zu
finden. Dieser zeigt weiterhin das Blocking über Skandinavien und ein lokales
Geopotenzialminimum über Mitteleuropa. Aber jetzt kommt's: Auch im Folgezeitraum
(Tage 11 bis 15, 21. bis 25.Juni) gibt es nur 1 Cluster. Dieses zeigt den
Schwerpunkt des Blockings etwas weiter südlich.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt vor allem am Sonntag in einem Streifen von Ostfriesland bis zum
Vogtland ein Signal für Regen. Der EFI für CAPE zeigt am Samstag über
Norddeutschland ein deutliches Signal. Ein schwaches Signal ist dann sogar im
CAPE-Shear-Produkt zu finden.

Das IFS-EPS zeigt hohe Wahrscheinlichkeiten für hohe CAPE-Werte am Samstag im
Norden Deutschlands, am Sonntag dann niedriger und etwas nach Süden verschoben.
In den Folgetagen wird weiterhin viel CAPE simuliert, wenn auch etwas weniger
als am Samstag und dann zunehmend mit Schwerpunkt Richtung Süden. Signale für
Begleiterscheinungen von Gewittern (Böen, Starkrege) sind bisher nur ganz
schwach simuliert. Cosmo-LEPS zeigt am Sonntag und Montag etwas stärkere Signale
für Starkregen in verschiedenen Regionen. Ein Schwerpunkt wird am Samstag und
Sonntag in den Alpen und später im Alpenvorland simuliert.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-EZMW, EZMW-EPS. ICON wird ab Sonntag nicht verwendet wegen
Außenseiterlösung.
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Peter Hartmann