DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

09-06-2020 07:30
SXEU31 DWAV 090800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 09.06.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL NEz
Heute im Westen Gewitter mit Starkregen. Am Mittwoch und Donnerstag vor allem im
Süden steigendes Gewitterpotential vor allem mit Starkregen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
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Dienstag... befindet sich ein Höhentief über dem südlichen Frankreich und
verlagert sich allmählich Richtung Golf von Genua. Auf seine Vorderseite wird am
Boden Zyklogenese über Süd- und Südosteuropa initiiert. Aufgrund dieser
Konstellation ergibt sich eine nordöstliche Strömung in der unteren Troposphäre
mit Winddrehung auf Süd bis Südwest darüber. Dies lässt sich gut in den
Morgenaufstiegen im Süden des Landes sehen.
Daraus resultieren eine Rechtsdrehung des Windes mit der Höhe, Warmluftadvektion
und schlussendlich Aufgleitprozesse. Das Ergebnis kann man dem aktuellen
Radarbild und den Wettermeldungen entnehmen. So regnet es länger anhaltend über
großen Teilen des Südens von Deutschland.

Mit Verschiebung des Höhentiefzentrums und des vorderseitig befindlichen
Bodentiefs, arbeiten sich die Aufgleitprozesse im Tagesverlauf weiter nach
Norden vor, sodass zunehmen auch die mittleren Landesteile erfasst werden. Zwar
regnet es zum Teil langanhaltend, Warnschwellen werden damit aber wohl nicht
erreicht oder gar überschritten. Dies liegt vor allem auch an der Anströmung in
der unteren bis mittleren Troposphäre. Bestimmt man da den mittleren Windvektor
ergibt sich eine östliche Anströmungsrichtung. Dementsprechend sind vor allem
die Oststaulage vom Bayerischen Wald und Fichtelgebirge betroffen, sodass sich
markante Niederschlagssummen im 12 bzw. 24h Zeitraum nur auf der tschechischen
Seite ergeben.

Im Nordwesten des Landes sind ebenfalls dichte Wolken unterwegs. Blickt man auf
die Morgenaufstiege, so handelt es sich um Stratusbewölkung am Unterrand einer
Inversion in 700 hPa Höhe. Diese dichte Wolkendecke wird sich tagesgangbedingt
lichten und zum Nachmittag zum Teil komplett auflösen.

Zwischen dem Geschehen im Süden und den dichten Wolken im Nordwesten zeigt sich
ein sonniger Streifen. In diesem ist die Luftmasse leicht labil geschichtet. Das
erkennt man vor allem am Aufstieg von Idar-Oberstein mit einer nahezu
trockenadiabatischen Temperaturabnahme in der unteren Troposphäre, allerdings
nur bis etwa 700 hPa hinauf. Bei knapp 4 km schließt sich sogar eine schwache
Inversion an. Dieser Umstand erklärt auch, warum die Lapse Rates zwischen 2 und
4 km eher neutral vorhergesagt werden. Trotzdem kann mit diesem Profil natürlich
etwas CAPE generiert werden, sodass sich vor allem in dem sonnigen Streifen etwa
von der Eifel und nördliche des Saarlands über das südliche und östliche NRW bis
nach Südniedersachsen und den Nordwestzipfel von Hessen etwa ab den
Mittagsstunden Schauer und Gewitter bilden können. Allerdings sind diese wie
angedeutet nicht sehr hochreichend. Die Obergrenze liegt bei etwa 5 bis 6
Kilometern und damit zwischen -10 und -20 Grad. Dementsprechend sind zwar
Gewitter zu erwarten, wohl aber nur vereinzelt. Die Winde in 500 hPa sind mit
etwa 10 kn nur schwach. Gleichzeitig liegen die ppw-Werte knapp oberhalb von 20
mm. Folglich ist neben kleinkörnigem Hagel durchaus auch Starkregen möglich
(siehe auch CD2-EPS). Man sollte aber wohl mit markantem Starkregen auskommen,
wenn nicht alle ungünstigen Dinge zusammenkommen.

Im Nordosten ist es länger anhaltend sonnig. Dort, wie auch im Sonnenstreifen
steigen die Maxima leicht über 20 Grad. Bei Dauerregen im Süden werden zum Teil
nur 14 Grad erwartet.

In der Nacht auf Mittwoch fallen die Schauer und Gewitter im Westen
tagesgangbedingt rasch in sich zusammen. Gleichzeitig arbeitet sich das skalige
Niederschlagsgebiet zu den mittleren Landesteilen vor. Im Süden hört es dann
vielerorts auf zu regnen. Allerdings schieben sich labilere Luftmasse über die
Alpen in den Voralpenbereich. Dementsprechend werden in Alpennähe einige Schauer
vorhergesagt. Nicht ausgeschlossen, dass dann auch mal ein kurzes Gewitter dabei
ist. Ansonsten können sich im Süden gebietsweise dichte Nebelfelder bilden.


Mittwoch... verschiebt sich das Höhentief weiter Richtung Norditalien und
schwächt sich dabei ab. Mit dieser Konstellation verlagert sich auch das
Bodentief etwas nach Norden. Die Winddrehung im Vertikalprofil (Rechtsdrehung)
ist weiter vorhanden, sodass es vor allem über den zentralen Landesteilen und im
Südosten weitere Niederschläge gibt. Allerdings weisen die verschiedenen Modelle
eine große Bandbreite an Lösungen auf, wo sich der Schwerpunkt der Niederschläge
befinden wird. GFS hat den Schwerpunkt eher über der östlichen Mitte, während
die Niederschläge vom ECMWF weiter östlich und südlich liegen und weniger
ergiebig ausfallen. Noch weniger Niederschlag bringt das ICON Modell.

Gleichzeitig wird von allen Modellen ein zweiter Schwerpunkt in Alpennähe
angedeutet. Bei zunehmenden Lapse Rates sind die Niederschläge dort vor allem
konvektiv geprägt. Auch diesbezüglich ist sehr unsicher wie weit die Konvektion
nordwärts ausgreift. Während ICON nur an den Alpen Schauer und einzelne Gewitter
vorhersagt, lässt EZ die Konvektion bis zum Nordschwarzwald und zur Donau
ausgreifen. Begleiterscheinung dürfte vor allem der Starkregen sein, der bei
moderater Zuggeschwindigkeit aber wohl im markanten Bereich liegen sollte.

Zu guter Letzt sei noch EURO4 angeführt. Dieses Modell konzentriert skaligen
Dauerregen auf den Südosten. Über der Mitte ist hingegen nichts zu finden und
die Gewitter liegen über den zentralen Alpen.

Wenn man alles zusammennimmt, ist als noch recht unsicher, wo die
Niederschlagsschwerpunkte am morgigen Mittwoch liegen und wie verbreitet
Konvektion zu erwarten ist.

Was sich mit einiger Sicherheit sagen lässt ist, dass es im Nordosten und dort
vor allem an der Ostsee länger sonnig wird. Mit Sonne werden im Nordosten auch
bis 22 Grad erwartet, während in den grauen Gebieten oft nur 16 Grad erreicht
werden.

In der Nacht auf Donnerstag setzen sich die Unsicherheiten fort. Das
wahrscheinlichste Szenario ist, das es von der Lausitz bis zu den
Nordfriesischen Inseln einen Streifen mit Aufgleiterscheinungen und skaligen
Niederschläge gibt. Südlich daran schließen sich konvektive Niederschläge an.
Diese konzentrieren sich vor allem auf die Mittelgebirge. Südlich der Donau gibt
es ebenfalls weiter Schauer und auch kurze Gewitter. Gerade EZ ist diesbezüglich
ziemlich aggressiv und simuliert im 6h-Zeitraum im Berchtesgadener Land sogar
Mengen bis in den markanten Bereich. Gleichzeitig wird von ICON und GFS dort
kaum Niederschlag simuliert. GFS hat dagegen einen Schwerpunkt vom Allgäu bis
zur Alb.

Es bleibt also noch abzuwarten, wie die Niederschlagsverteilung tatsächlich
ausfällt. Mit einzelnen Gewitterwarnungen muss aber gerechnet werden, die in
Alpennähe durchaus auch markant ausfallen können. Das ganze bei schwachwindigen
Verhältnissen.

Donnerstag... zieht das ursprünglich für uns wetterbestimmende Höhentief in
Richtung Balkan weiter, während sich über der Biskaya mittlerweile ein sehr
kräftiges neues Höhentief entwickelt. Damit ergibt sich eine südöstliche
Höhenströmung, die in mittleren Troposphärenniveaus auf Ost dreht. Am Boden
entwickelt sich allmählich eine zonal orientierte Tiefdruckrinne, dessen Achse
etwa über dem Alpenraum verläuft und sich ganz langsam nordwärts verschiebt.

Die Aufgleitprozesse haben sich mittlerweile in den Norden und Nordosten
verlagert. Anfangs ist auch noch der Osten von länger anhaltenden Niederschlägen
betroffen. In der zweiten Tageshälfte konzentrieren sich die Niederschläge dann
aber auf den Nordosten und teils auch auf den Norden. Es gibt weiter größere
Modellunterschiede. Nimmt man allein den Nachmittag, so setzt GFS den
Schwerpunkt bei den Ostfriesischen Inseln, während EZ eher den Nordosten im
Fokus hat. ICON simuliert hingegen gar keinen Regen, während im gestrigen 6z
Lauf von ICON im Nordosten noch markante Niederschlagssummen prognostiziert
wurden.

Aus Südosten verstärkt sich die Zufuhr labiler Luftmassen in den Süden und die
Mitte. Damit werden zum Teil auch MLCAPE-Werte im Bereich um 500 J/kg
vorhergesagt und die Prognoseaufstiege schauen hochreichend labil aus. Es fehlt
allerdings am Trigger, sodass sich die Schauer und Gewitter vor allem auf das
Bergland konzentrieren dürften und wahrscheinlicher werden, je weiter man sich
im Süden befindet.

Es ist noch etwas unsicher ob davon auch die direkten Alpen betroffen sind, da
durch die Südkomponente etwas Föhn in Gang kommt, wie man vor allem an den
niedrigeren Werten an spezifischer Feuchte sieht.

Die Zuggeschwindigkeiten sind moderat, die Scherung ist gering. Die entstehende
Konvektion dürfte daher pulsierenden Charakter haben und vor allem den
Starkregen als Begleiterscheinung haben.

Die Höchstwerte legen schon etwas zu mit in der Spitze bis 24 Grad am Oberrhein,
aber nur knapp 20 Grad bei Regen im Norden.

In der Nacht auf Freitag gibt es im Norden und Nordosten noch skalige
Niederschläge und dichte Wolkenfelder. Den Tagesgang geschuldet dürfte die
Konvektion am späten Abend bereits rasch nachlassen. Nachfolgend lockert die
Wolkendecke vielfach auf und es bildet sich bei schwachwindigen Verhältnissen
gebietsweise Nebel.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die bestehenden Unsicherheiten wurden bereits im Haupttext angesprochen. Es gibt
noch große Diskrepanzen bezüglich der Niederschlagsschwerpunkte und dem
Ausgreifen von Konvektion am Mittwoch, in der Nacht auf Donnerstag und am
Donnerstag selbst. Durch die große Schwankungsbreite lässt ich auch nicht sagen,
welches Modell eher zu bevorzugen ist. ICON erscheint durch seine enorme
Sprunghaftigkeit aber wenig glaubwürdig.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer