DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-06-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 08.06.2020 um 10.30 UTC



Am Freitag Umstellung der Großwetterlage. Zum Wochenende von Osten feucht warme
Luftmassen mit steigendem Gewitter und Unwetterpotential durch Starkregen über
der Mitte, teils auch über dem Süden. Bis in die erweiterte Mittelfrist
fortsetzend.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 15.06.2020


Am Donnerstag befindet sich ein kräftiges Höhentief mit Zentrum über der
Bretagne. Ein zweites schwächeres Zentrum liegt über der Adria. Damit ergibt
sich über Deutschland eine südöstliche Höhenströmung.
Während die Strömung nach Süden durch die Lage zwischen den beiden Höhentiefs
leicht antizyklonal verläuft, ist sich nach Norden eher zyklonal geprägt.
Je weiter man nach Osten und Nordosten schaut, desto eher wird man von den
Ausläufern eines Randtiefs über Nordwestpolen beeinflusst. Auch wenn die genaue
Lage und Stärke der Niederschläge im Modellvergleich noch größeren
Unsicherheiten unterliegt, muss vor allem in der ersten Tageshälfte nach
Nordosten mit zeitweiligen Regenfällen gerechnet werden. Auch ein kurzes
Gewitter ist nicht ganz ausgeschlossen.
Über den zentralen Landesteilen und im süddeutschen Bergland besteht ein
latentes Schauerrisiko.

Am Freitag verschiebt sich das nochmal kräftigere Höhentief nur wenig nach
Westen. Das zweite Höhentief kann sich aber von der Adria zum Balkan verlagern.
Damit wird die beiden Druckgebilde allmählich voneinander getrennt und die
Höhenströmung dazwischen bekommt einen deutlich stärkeren antizyklonalen Verlauf
über Deutschland.
Die Höhenströmung dreht auf östliche Richtungen, sodass die über Osteuropa
lagernde Warmluft westwärts geführt wird und die 850 hPa und damit auch 2m
Temperaturen über Deutschland deutlich ansteigen.
Am ehesten stärker bewölkt ist es noch in Richtung Norden, wo der antizyklonale
Charakter nicht ganz zum Tragen kommt.

Am Samstag bleibt die Höhenströmung durch ein umfangreiches Höhenhoch über
Nordeuropa weiter blockiert. Das westeuropäische Höhentief hat sich in einen
Dipol aufgeteilt, wobei das östliche Zentrum bei Irland zu finden ist.
Deutschland befindet sich zwischen den Stühlen. Zum einen streckt das
nordeuropäische Höhenhoch seine Fühler bis nach Deutschland aus. Andererseits
kann die diffluente Vorderseite des westeuropäischen Höhentiefs ebenfalls seinen
Einfluss über Deutschland geltend machen. Durch die südliche Komponente der
Höhenströmung kann sich nördlich des Alpenhauptkamms eine Leetief ausbilden,
dass sich im weiteren Verlauf rinnenartig bis nach NRW und BeNeLux erstreckt.
Für das Wetter ist das wahrscheinlichste Szenario, dass es ein
tagesgangbedingtes Aufleben der Schauer- und Gewittertätigkeit geben wird.
Schwerpunkt dabei vor allem die Rinne und zum anderen südlich davon durch die
Orographie und lokale Konvergenzen getriggert. Bei recht hohen ppw-Werten (um 35
mm) und nur geringer Scherung besteht vor allem Starkregengefahr bis in den
Unwetterbereich. Nördlich der Tiefdruckrinne schaut es eher trocken aus.
Die Maxima sind hochsommerlich.

Am Sonntag und Montag verlagert sich das Höhenhoch mit seinem Zentrum etwa in
Richtung Deutschland. Am Boden bleibt eine flache Druckverteilung mit lokalen
Konvergenzen bestehen. Die Hauptkonvergenz lässt sich zonal orientiert über der
Mitte finden, sodass dort auch der Schwerpunkt der Gewittertätigkeit zu erwarten
ist. Diese Zone verschiebt sich am Montag im Vergleich zum Sonntag etwas nach
Süden. Die Unwettergefahr durch Starkregen nimmt nochmal zu. Zum einen bleiben
die ppw-Werte mit 35 bis lokal 40 mm hoch, zum anderen nimmt die Höhenströmung
weiter ab. Im Süden ist die Konvektion stärker an die Orographie gebunden. Nach
Norden kann man von dem Höhenhoch und trockeneren Luftmassen profitieren

In der erweiterten Mittelfrist ändert sich an der Potentialverteilung nur wenig.
Tiefem Geopotential über Westeuropa und dem nahen Ostatlantik sowie in Richtung
Westrussland und dem Schwarzen Meer, steht ein weit nach Norden reichender
Höhenkeil über Mitteleuropa entgegen. Dieser wird im Laufe der kommenden Woche
über dem Nordmeer abgeschnürt. Damit dürfte sich der zyklonale Einfluss über
Deutschland verstärken und der Bodendruck weiter fallen. Die Druck- und
Potentialgegensätze bleiben über Deutschland gering. Bei hochsommerlichen
Temperaturniveau bleibt die stark zu Schauern und Gewittern neigende Luftmasse
erhalten und es besteht weiter erhöhtes Unwetterpotential durch lokalen
Starkregen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die grundlegende Potentialverteilung wird von den verschiedenen Modellläufen
zunächst recht ähnlich berechnet. Allerdings ergeben sich durchaus Unterschiede
im Detail. Dies gilt vor allem bezüglich der Frage, ob der antizyklonale oder
zyklonale Einfluss überwiegt (Freitag).

Die sich entwickelnde Tiefdruckrinne zum Wochenende vom Südosten bis nach NRW
wird von allen Läufen gezeigt.

Zu Beginn der kommenden Woche zeigte der gestrige 12 UTC Lauf eine recht
antizyklonale Variante mit dem Zentrum des Höhenhochs über Nordostdeutschland.
Im neuesten Lauf wird das Höhenhoch weiter in Richtung Osteuropa vorhergesagt,
sodass eher der zylonale Einfluss dominieren würde, allerdings in anderer
Ausprägung, als nach dem gestrigen 00 UTC Lauf.

Der sich verstärkende zyklonale Einfluss in der erweiterten Mittelfrist wurde
auch von den Vorläufen angedeutet.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Beim Vergleich der verschiedenen Globalmodelle lassen sich zu Beginn der
Mittelfrist keine signifikanten Unterscheide finden. Allerdings ist die
Höhenströmung beim GFS etwas stärker zyklonal geprägt.

Zum Wochenende zeigt GFS ebenfalls die Entwicklung einer Tiefdruckrinne. Beim
ICON ist die Höhenströmung hingegen viel stärkere antizyklonal geprägt und eine
Tiefdruckrinne kann sich nur in Alpennähe bilden. Damit steht die deutsche
Modellkette aber recht einsam da, da auch UKMO und GEM die Rinnenvariante über
der Mitte stützen.

Zur neuen Woche nehmen die Unsicherheiten allgemein zu. ICON fährt weiterhin
seine antizyklonale Variante. GFS ist dem ECMWF ähnlicher, zeigt aber eine
andere Positionierung des westeuropäischen Höhentiefs. Sein Einfluss soll auf
Deutschland weniger stark sein. Stattdessen wird ein kräftigeres osteuropäisches
Höhenhoch gezeigt.
Wie auch immer die Konstellation der Druckgebilde in der Höhe ist, so zeigt doch
auch GFS am Boden weiterhin eine leicht zyklonale Strömung und ein Fortsetzen
der zu Gewittern neigenden Großwetterlage.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von Offenbach zeigen zu Beginn der Mittelfrist einen recht
einheitlich Verlauf. Haupt- und Kontrolllauf liegen eng beieinander und
verlaufen im Bereich des Median aller Läufe. Es lässt sich klar der
Geopotentialanstieg und gleichzeitig deutliche Temperatursprung in 850 hPa
erkennen.
Das Geopotential in 500 hPa und die Temperatur in 850 hPa verbleiben auf hohem
Niveau, wobei die Schwankungsbreite beginnend ab dem Wochenende zunimmt. Dies
resultiert wohl vor allem aus den Unsicherheiten der Lage der Höhentiefs und
deren Einfluss auf Mitteleuropa.
Beim Niederschlag lässt sich klar ein Minimum zum Freitag erkennen, sowie ein
klares Aufleben am Wochenende und großen Unterschieden zur Beginn der neuen
Woche.

Das Clustering zeigt im Zeitraum +120 bis +168 h (Sa00 bis Mo00) ganze vier
Lösungen. Alle Lösungen zeigen die positive Geopotentialanomalie über
Nordeuropa. Je nach Cluster kann sich diese mehr oder weniger stark auf Europa
auswirken. Grundlegend sind sich die Cluster aber recht ähnlich.
Im Zeitraum +192 bis +240h (Di00 bis Do00) gibt es zwei Lösungen. Für
Mitteleuropa unterscheiden sich die beiden Cluster nur wenig. Beide zeigen die
positive Geopotentialanomalie weiterhin über Nordeuropa. Unterschiede gibt es
dann im genauen Isohypsenverlauf und die Stärker des Einflusses des
westeuropäischen Höhentiefs auf Deutschland.

Das Ensemble des GFS bietet keine grundlegend andere Aussage. Temperatursprung
und Niederschlagsminimum sind ebenfalls für den Freitag einheitlich angedacht.
Der Spread nimmt dann zu Beginn der kommenden Woche zu. Dabei verläuft der
Hauptlauf mit einer Temperaturabnahme zunehmend am Unterrand des nahezu
gleichbleibenden Mittels aller Läufe.
Gleich ist dem GFS, dass Einiges an konvektiv geprägtem Niederschlag bis in die
erweiterte Mittelfrist zu erwarten ist.

FAZIT: Die grundlegende Entwicklung ist klar. Ab Freitag werden deutlich wärmere
Luftmassen aus Osten advehiert, die aufgrund deutlich steigender Feuchte
zunehmen gewitteranfällig wird und Unwetterpotential birgt. In weiterer Folge
gibt es immer mal wieder Verschiebungen im Geopotentialfeld, die eine
detaillierte Prognose nicht möglich machen. Klar ist aber, dass sich die
gewittrige Sumpflage insgesamt weiter fortsetzt.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Zu Beginn der Mittelfrist voraussichtlich keine markanten Wettergefahren.

Am Wochenende steigendes Gewitterpotential. Vornehmlich im Bereich der
Tiefdruckrinne über der breiten Mitte, teils vor allem orographisch getriggert
aber auch im Süden. Dabei steigendes Unwetterpotential durch Starkregen. Der
Norden ist hingegen eher außen vor.

Auch im weiteren Verlauf bis in die erweiterte Mittelfrist erhöhtes Gewitter-,
Starkregen- und in diesem Zusammenhang auch Unwetterpotential.
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Basis für Mittelfristvorhersage
ECWMF, ECMWF-EPS, MOS-EZ
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer