DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

06-06-2020 17:30
SXEU31 DWAV 061800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 06.06.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
In der Nacht meist abklingende Gewitter und abflauender Wind. Ausgangs der Nacht
in der Deutschen Bucht vermehrt wieder starke Böen, am Sonntag auf den Norden
ausweitend. Im Nordwesten dann auch wieder einzelne Gewitter.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... ist die mittel- und nordeuropäische Wetterlage geprägt durch einen
umfangreichen Langwellentrog, der die Gebiete von Großbritannien bis zur
nördlichen Ostsee überdeckt. Darin eingelagert befinden sich zwei abgeschlossene
Höhentiefs, die zum Termin 18UTC zum einen über der Nordsee, zum anderen über
dem südlichen Skandinavien positioniert sind (dipolartige Struktur). Diese
korrespondieren mit zwei entsprechenden Bodentiefs, wobei das südliche Tief im
Laufe der ersten Nachthälfte die Küstenregionen der Niederlande erreicht.

Zunächst kommt es im Bereich der noch vorhandenen höhenkalten Luft im Nordwesten
zu einzelnen Schauern, vereinzelt auch noch zu Gewittern, diese klingen aber
eingangs der Nacht tagesgangbedingt mit abnehmender Einstrahlung meistens ab
(außerdem gehen ML- und MU-Cape zurück und die CIN-Werte steigen deutlich an),
zudem sickert vorrübergehend etwas trockenere Luft ein. Ein weiterer Fokus liegt
auf den noch an eine Bodenkonvergenz (verläuft aktuell vom nördlichen
Baden-Württemberg bis nach Brandenburg) gebundenen schauerartigen
Niederschlägen, die ab und zu auch mit dem einen oder anderen Gewitter in
Verbindung stand. Diese geht nun sukzessive über in die Luftmassengrenze über
dem Süden Deutschlands, die die erwärmte Meeresluft subpolaren Ursprungs von der
deutlich wärmeren Mittelmeerluft im Südosten Bayerns trennt. Auf deren warmen
Seite (gut zu erkennen an der äquivalentpotentiellen Temperatur) bildeten sich
am Nachmittag einzelne starke Gewitter, die weiterhin mit Starkregen,
stürmischen Böen und kleinem Hagel einhergehen können. Diese Gewitter begleiten
uns noch in die Nacht hinein, bis die Kombination aus abnehmendem Tagesgang und
zunehmender Stabilisierung (Lapse-rate -0,6K/100m) die Wahrscheinlichkeit für
Gewitter sinken lässt. Damit resultiert für die Nacht die Kombination aus den
daraus verbleibenden schauerartig verstärkten Regenfällen und der sich nur sehr
langsam in den Südosten Bayerns verlagernden und damit schleifenden
Luftmassengrenze (die Warmluft wird dort nicht ganz ausgeräumt).

In der Nacht zum Sonntag greift auf den Nordwesten zudem der vorhin erwähnte
südliche Teil des dipolartigen Höhentiefs über. Bei der Position des Bodentiefs
ergeben sich ausgangs der Nacht aber noch deutliche Diskrepanzen: Während ICON
die Lage in der Deutschen Bucht favorisiert, simulieren ICON und GFS den Kern
etwas weiter südwestlicher. Dies paust sich unmittelbar auf die Windentwicklung
im Nordwesten durch. ICON simuliert erste starke Böen an der Nordsee sowie im
westlichen Niedersachsen ausgangs der Nacht, während EZMW diese bisher nicht im
Programm hat. Bezüglich der bestehenden Dauerregenwarnungen im Schwarzwald
bleibt zu sagen, dass diese voraussichtlich auslaufen können. Zum einen
beschränkt sich der Regen durch die etwas nach Südosten vorankommende
Luftmassengrenze auf den Südschwarzwald, zum anderen sind dort bisher deutlich
geringere Mengen zusammenkommen als im nördlichen Teil. Zwischen der wellenden
Front und der im Nordwesten aufziehenden Bewölkung des übergreifenden Tiefs
verläuft die Nacht oft klar und trocken.

Sonntag ... verliert der Höhentrog über Nordwesteuropa zunehmend die dipolartige
Struktur und greift unter leichter Amplifizierung weiter auf den Nordwesten des
Bundesgebiets über, die Ostverlagerung wird aber durch den weiterhin
blockierenden Höhenrücken über Osteuropa stark eingeschränkt. Das Bodentief
füllt sich etwas auf und geht in eine etwas breitere Tiefdruckrinne über der
Nordsee und Dänemark über. Die weiterhin präsente höhenkalte Luft (T 500 hPa -22
bis -25 Grad) und ein besonders in 850 hPa ausgeprägter Randtrog sorgen im
Nordwesten für eine im Tagesverlauf auflebende Schauertätigkeit. Auch das eine
oder andere Gewitter (die Luftmasse labilisiert etwas, Prognosesoundings lassen
eine vertikale Mächtigkeit bis etwa 500 hPa zu), das aufgrund der Höhenströmung
auch mit stürmischen Böen einhergehen kann, ist dabei zu erwarten. Der Wind
frischt im Norden außerdem auch gradientbedingt etwas auf, starke Böen sind
möglich, an den Küsten stürmische Böen gering wahrscheinlich.

Der Südosten befindet sich hingegen weiterhin im Übergangsbereich zwischen der
warmfeuchten Mittelmeer- und der frischen Nordseeluft. Trogvorderseitige Hebung
und eine leichte Gegenstromlage sorgen dabei für Niederschlagsprozesse, die
gebietsweise länger anhalten können. Einzelne eingelagerte Gewitter sind nicht
völlig ausgeschlossen, aber aufgrund der doch recht stabilen Schichtung
unwahrscheinlich. In der Nacht zum Montag erreicht die kühlere Luft schließlich
auch den östlichen Alpenrand und der Regen beschränkt noch auf den Südosten
Bayerns. Die Frage nach eventuellem Dauerregen lässt sich so beantworten, dass
aktuell sowohl die Deterministik, als auch die Probabilistik nur lokal die
Überschreitung von 12- oder 24-stündigen Warnschwellen zulässt. In einem breiten
Streifen vom Saarland bis nach Brandenburg verläuft der Tag dagegen meist
trocken und durch kompensatorischen Absinken zeitweise auch sonnig. Der Gradient
fächert auch im Norden etwas aus, sodass der Wind weitestgehend abflaut.

Montag ... verläuft die Achse des nun recht schmal konturierten Troges von
Dänemark über Nordwestdeutschland bis zum französischen Zentralmassiv. Außerdem
ist ein weiterer Abtropfprozess im Gange, der bis zum Abend über Frankreich
seinen Abschluss findet. Die unmittelbar achsenvorderseitige Zone stellt auch
jene Bereiche dar, die aufgrund der Labilitätsparamter, der immer noch vorhanden
höhenkalten Luft und der induzierten Hebung am ehesten noch für Konvektion
geeignet ist. Bodennah steigt der Druck besonders in den östlichen Regionen
etwas an, sodass der Tag dort eine Mischung aus Sonne und Wolken bringt. Im
Südosten verläuft dagegen oft trüb mit Aufgleitniederschlägen des Tiefs über dem
Golf von Genua. In der Nacht zum Dienstag nehmen diese im Süden etwas breiteren
Raum ein und erreichen nach ICON die Mainlinie (EZMW und GFS belassen den
Niederschlagsschwerpunkt südlich der Donau). Ursächlich dafür sind in ICON
markante kurzwellige Anteile, die an der Trogvorderseite über die Alpen nach
Norden gesteuert werden. Im Norden und den mittleren Regionen bildet sich
dagegen eine schwache Hochdruckbrücke aus, sodass die Nacht meist trocken und
teils mit längeren klaren Abschnitten verläuft.

Dienstag ... verstärkt sich diese Brückensituation im Norden etwas (Keil des
Azorenhochs), während sich die Lage des westeuropäischen Haupttroges nur
marginal ändert. Das darin eingelagert Cut-Off-Höhentief verlagert sich von
Ostfrankreich leicht westlich, dies reicht aber nicht aus, um die weiterhin
vorhanden Hebungsvorgänge in Süddeutschland zu unterbinden. Weiterhin kommt es
dort auch aufgrund der Gegenstromlage zu leichten bis mäßigen Regenfällen, die
je nach Modelle auch in die Mitte ausgreifen können und auch in der Nacht zum
Mittwoch anhalten. Setzt man auf ICON, sind stellenweise auch Überschreitungen
von längeren Dauerregen-Warnschwellen nicht gänzlich ausgeschlossen. Im Norden
bleibt es dagegen trocken und zeitweise zeigt sich auch die Sonne.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Unterschiede der Modelle wurden im Text angesprochen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Mag.rer.nat. Florian Bilgeri