DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

04-06-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.06.2020 um 10.30 UTC



Wechselhaft und kühl, im Süden gebietsweise mit länger anhaltenden Regenfällen.
Allerdings deutlich erhöhte Unsicherheiten.
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Synoptische Entwicklung bis zum Donnerstag, den 11.06.2020


Sonntag ... verläuft ein recht schmal konturierter Langwellentrog mit seiner
Achse von Finnland und Skandinavien über Benelux bis in den Norden Frankreichs.
Dieser ist auch thermisch gut ausgeprägt, immerhin sinken die Temperaturen in
500 hPa teilweise auf Werte unter -22 bis -25 Grad. Begrenzt wird dieser von
einem umfassenden Rücken auf dem nördlichen Ostatlantik und einem weiteren
Rücken, der vom Schwarzen Meer und der Kaukasus-Region bis in das
weißrussische-russische Grenzgebiet reicht. Eingebettet darin ist eine
langgezogene Luftmassengrenze, die an Tiefs über Nordeuropa angebunden ist. Die
Kaltfront erreicht dabei im Tagesverlauf die Alpen und kommt dort aufgrund einer
Genuazyklogenese ins Schleifen bzw. weist diese teilweise rückläufige Tendenzen
auf. Vorderseitig des Troges wird zudem Hebung generiert, sodass es vor allem in
der Südosthälfte Deutschlands zu längere Niederschlägen kommen kann. Dabei ist
die Luftmasse dort noch warm-maritim geprägt mit Werten über +8 Grad in 850 hPa.
Die Witterung im Nordwesten ist dagegen durch den Trog und die Höhenkaltluft
sowie durch ein kleinräumiges Bodentief über der Nordsee bestimmt mit im
Tagesverlauf aufziehenden Schauern und eventuell einzelnen starken Gewittern.
Die Tageshöchstwerte verbleiben bei diesen Rahmenbedingungen unter der
20-Grad-Marke. In der Nacht zum Montag ist beim erwähnten Langwellentrog kaum
eine Verlagerung erkennbar. Diese quasistationäre Großwetterlage führt dazu,
dass nach Lesart des EZMW die Regenfälle in den Regionen südlich der Donau
anhalten werden. Sonst geht die Schauerwahrscheinlichkeit etwas zurück. Die
kühlere Nordseeluft erreicht dabei zunehmend auch die süddeutschen Gebiete,
daher kann die Schneefallgrenze in den Alpen durchaus etwas unter 2000 m sinken.
Sowohl tagsüber, als auch in der Nacht sind an der Nordsee einzelne starke Böen
möglich, sonst bleibt es wahrscheinlich bei schwachem bis mäßigem Wind.

Montag ... ändert sich an der geschilderten synoptischen Grundkonstellation nur
wenig. Weiterhin wetterbestimmend ist der meridional über West- und Mitteleuropa
verlaufende Langwellentrog. Auch auf der Bodendruckkarte weist das Tief über
Oberitalien keine wesentliche Verlagerungstendenz auf. In Richtung Alpen und
Südostbayern sind daher weitere Regenfälle wahrscheinlich. Außerdem setzt im
Tagesverlauf beim Langwellentrog ein langsamer Abtropfprozess ein, sodass auch
der Norden wieder zunehmend auf die Vorderseite rutscht. In Verbindung mit
weiterhin vorhandener höhenkalter Luft nimmt die Schauer- und Gewittertätigkeit
im Westen wieder zu. Die Temperatur macht bei der eingeflossenen kühlen
Meeresluft keine großen Sprünge, die Maximalwerte reichen von 15 bis 19 Grad. In
der Nacht zum Dienstag bildet sich über dem zentralen Alpenraum sowie den
Regionen Oberitaliens ein eigenständiges Höhentief aus, das aber weiterhin in
den Langwellentrog eingebunden bleibt (im Gegensatz zu den Ergebnissen der
Vorläufe mit einem fast komplett abgetropften Höhentief über dem Nordosten
Frankreichs). Damit ergibt sich eine erneute Verstärkung der Niederschläge im
Süden Baden-Württembergs und Bayerns (Gegenstromlage bzw. Aufgleitprozesse).
Sonst bleibt es bei dichter Bewölkung und einzelnen Schauern, aber kaum
warnrelevanten Parametern.

Dienstag und in der Nacht zum Mittwoch ... verweilt das Höhentief aufgrund der
blockierenden Rücken über dem Atlantik und dem fernen Osteuropa quasistationär
über dem Alpenraum. Während es in der Südhälfte damit zu weiteren Regenfällen
kommt, bildet sich von England über Norddeutschland bis nach Weißrussland eine
schwache Hochdruckbrücke aus. Daraus resultiert für die nördlichen Regionen eine
Mischung aus vielen Wolken und etwas Sonne, meist trockenen Verhältnissen und
Höchstwerte, die die Marke von 20 Grad nicht erreichen können.

Mittwoch und in der Nacht zum Donnerstag ... ist das synoptische Grundmuster
weiterhin durch den nun recht schmal konturierten Trog, dessen Achse von
Norwegen bis nach Oberitalien reicht, geprägt. Außerdem erreicht eine erste
Warmfront eines nordatlantischen Tiefs den norddeutschen Raum. Damit sind die
beiden möglichen Niederschlagsprozesse schon beschrieben: der weiterhin aus der
Gegenstromlage resultierende Regen im Süden und der stratiforme Warmfrontregen,
der in der Nacht Nordwestdeutschland erreicht. An der Luftmasse ändert sich
zunächst kaum etwas, diese ist für die Jahreszeit mit Werten um +5 Grad in 850
hPa weiterhin zu kühl.

Donnerstag und in der Nacht zum Freitag ... baut sich der Rücken vom Ostatlantik
weiterhin in Richtung nördliches Mitteleuropa auf. Das Höhentief wird in den
Mittelmeerraum abgedrängt und verliert damit langsam an Einfluss auf
Süddeutschland. Zuvor kann es aber dort noch zu einer regen Schauertätigkeit
kommen. Im Norden überwiegt dagegen das sich ebenfalls vom Atlantik ausweitende
Bodenhoch und sorgt dort für trockene Verhältnisse, etwas ansteigenden
Temperaturen und zeitweiligen Sonnenschein.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der mittelfristige Vorhersagezeitraum ist gekennzeichnet durch den sich
amplifizierenden Trog über Westeuropa, der zu Beginn der neuen Woche einem
Abtropfprozess unterliegt. Dieses Abtropfen macht die Prognosen ziemlich
volatil, denn die genaue Position des abgetropften Tiefs wird von Lauf zu Lauf
unterschiedlich gerechnet. Im aktuell vorliegenden 00Z-Lauf wird das Abtropfen
etwas später simuliert, findet aber keinen vollständigen Abschluss. Damit
verläuft der Trog am Dienstag meridional, anstatt der eigenständigen Höhentiefs
über Frankreich und Benelux aus den Vorläufen. Anschließend positioniert sich
das Höhentief über dem Alpenraum. Unmittelbare Auswirkungen hat dies auf die
möglichen Niederschläge, die sich nun auf die Südhälfte fokussieren. Außerdem
ist die Luftmasse deutlich kühler als in den Vorläufen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Bis zum Ende des Kurzfristzeitraums sind die Modellergebnisse noch ziemlich
kongruent. Mit dem Beginn der Mittelfrist laufen diese aber zunehmend
auseinander. Bei ICON ist der Trog zum Wochenbeginn etwas westlicher gerechnet
und steht in Verbindung mit einem Bodentief bei Großbritannien. GFS folgt bis zu
diesem Zeitpunkt den EZMW-Ergebnissen mit ein paar Abstrichen. Ab Dienstag sind
die Unterschiede dann deutlich zu erkennen. Während bei EZMW das Höhentief nach
Oberitalien abtropft, bleibt dieses bei GFS etwas westlicher. ICON simuliert den
Trog ebenfalls westlicher und lässt den Abtropfprozess nicht vollziehen.
Unmittelbare Auswirkungen hat dies natürlich auf die Niederschlagsprognose: ICON
simuliert für die Westhälfte deutliche konvektive Signale und hat den Regen im
Süden nicht so prominent im Plan. Zusammengefasst stehen also noch einige
Fragezeichen im Raum, allerdings kann man zumindest sagen, dass das
Temperaturniveau kommende Woche leicht unterdurchschnittlich sein wird.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS:
Die Rauchfahnen für verschiedene Orte in Deutschland zeigen bis zur Mitte der
nächsten Woche keine wesentliche Streuung bei der Luftmassentemperatur. Die
Wahrscheinlichkeit für einen etwas unterkühlten Wochenstart ist daher ziemlich
hoch. Dabei steigt das Geopotential im Norden und der Mitte sukzessive an,
während es im Süden beim etwas tieferen Niveau bleibt. Diese Unterschiede pausen
sich auch auf die Niederschläge durch, die in der Mitte und im Norden des Landes
bei steigendem Luftdruck nur zeit- und stellenweise zu erwarten sind, während es
im Süden deutlich feuchter werden könnte. Ein Bruch bei der Streuung der
Ensemblemember erfolgt ab Mittwoch: der Haupt- und Kontrolllauf stellen meist
die kältesten Lösungen dar, während das Ensemblemittel deutliche
Warmluftadvektion erwarten ließe. Das letzte Wort für das Wetter in der zweiten
Wochenhälfte ist also noch nicht gesprochen.

CLUSTER:
+120h ... +168h: zwei Cluster liegen vor, die annähernd eine gleichverteilte
Anzahl von Membern aufweisen. Haupt- und Kontrolllauf befinden sich dabei in C1,
das wie auch C2 ein Blocking darstellt.
+192h ... +240h: das Bild wird etwas differenzierter, da in diesem Zeitraum 5
Cluster zusammengefasst wurden. C1 weist dabei mit 20 Membern mit Abstand die
größte Population auf, wobei aber der Hauptlauf in C4 mit 6 Membern und der
Kontrolllauf in C5 mit ebenfalls 6 Membern zu finden ist. C1, C2 und C4
propagieren dabei ein weiter anhaltendes Blocking, während die andern leicht zu
negativem NAO tendieren.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:
Am Sonntag und Montag sind im Westen und Nordwesten einzelne starke Gewitter mit
stürmischen Böen und kleinem Hagel gering wahrscheinlich (nach ICON und GFS,
EZMW ist etwas zurückhaltender). Am Mittwoch bleibt ICON bei Gewittern ähnlicher
Stärke in diesen Regionen, die simulierte Lage des EZMW stützt diesen Ablauf
aber nicht.

DAUERREGEN:
Die entscheidende Frage in den nächsten Tagen wird sein, ob EZMW bei der nun
simulierten Lage mit länger anhaltenden Regenfällen südlich der Donau bleibt.
Aus aktueller Sicht sind dort am Sonntag und Montag mehr als 30 l/qm in 24
Stunden oder mehr als 40 l/qm in 48 Stunden gering wahrscheinlich. Am Dienstag
und Mittwoch steht eine eventuelle Fortsetzung der Dauerregensituation im Süden
Bayerns und Baden-Württembergs ins Haus, dabei sind weitere 20 bis 30 l/qm in 48
Stunden gering wahrscheinlich. Zusammengefasst ist damit nicht auszuschließen,
dass stellenweise auch unwetterartige Mengen zusammenkommen.

Analog zur erwähnten Streuung der Ensembles sind auch die Wahrscheinlichkeiten
für die Überschreitung von Warnschwellen zunächst gering (für mehr als 40 l/qm
in 48 Stunden stellenweise um 10%).
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det. und EZMW-prob. / aufgrund der Unsicherheiten für T primär MOSMIX
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri