DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

04-06-2020 07:30
SXEU31 DWAV 040800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 04.06.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
T M

Heute kräftige Gewitter, teils mit Starkregen, Unwetter dadurch nicht
ausgeschlossen. Auch an den Folgetagen wechselhaft, aber recht kühl mit teils
kräftigen Schauern und Gewittern.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Donnerstag... hat sich über Mitteleuropa Tiefdruckeinfluss mit feuchten
Luftmassen etabliert. In der Höhe erstreckt sich zwar noch ein Keil vom
Alpenraum in den Süden und Osten Deutschlands, er wird aber flankiert von einem
Trog über der Nordsee bis nach Frankreich und einem Höhentief über Osteuropa.
Der Trog über Frankreich kommt dabei langsam ostwärts voran und auf seiner
Vorderseite liegt ein sich intensivierendes Bodentief, dessen Zentrum zum Abend
über Schleswig-Holstein liegen dürfte. Die davon ausgehende Tiefdruckrinne
reicht bis nach Frankreich und macht mit der eingebetteten Kaltfront Boden nach
Osten hin gut.

In weiten Landesteilen ist die Luftmasse labil geschichtet und es kann sich im
Tagesverlauf wieder ML Cape aufbauen bis 700 J/kg. Die dann auftretenden
Gewitter sind wegen der PPW-Werte bis 30 mm vor allem von Starkregen begleitet.
Trotz der etwas zunehmenden Höhenströmung ist Starkregen bis WU nicht
ausgeschlossen. Dies betrifft nicht nur die kurzzeitigen Ereignisse.
Deutliche Hinweise auf mehrstündigen Starkregen für den Nachmittag und Abend
sind nahe dem Tiefkern über Schleswig-Holstein und Teilen Niedersachsens
vorhanden.
Neben dem Starkregen kann es in den Gewittern Windböen bzw. stürmische Böen
geben. Allerdings ist die Luftmasse auch in der Grenzschicht nun feuchter,
sodass die Gefahr heftiger Windentwicklungen geringer ist.
Die hochreichende Scherung nimmt etwas zu, überlappt aber nur bedingt mit den
Aktivitätszentren der Gewitter. Am besten ist diese Überlappung vom Südwesten
bis in die östliche Mitte gegeben. Dort sind organisierte Strukturen und
eventuell größerer Hagel möglich. Die kräftigsten Entwicklungen sind dabei nach
Osten hin möglich, wo die Einstrahlung noch etwas hilft, sonst geht der Tag ja
eher wolkenreich über die Bühne.

Regionen in denen Gewitter wenig wahrscheinlich sind, beschränken sich zum Einen
auf den Nordosten, wo noch aus Osten trockene Luftmassen einströmen, siehe hier
auch die spez. Feuchte am Nachmittag, bzw. zum Anderen im Westen und Nordwesten
wo die Luftmasse rückseitig der Kaltfront stabilisiert bei abnehmender Feuchte.
Mit dem sich verstärkenden Tief sind dann zu guter Letzt auch noch aus dem
Gradienten heraus Windböen möglich. Zunächst im Tagesverlauf an der Ostsee,
exponiert sind dort auch Bft 8 nicht ausgeschlossen. Ähnliches gilt für die
Nordseeküste, allerdings eher abends und nachts, wenn das Tief über Dänemark zur
Nordsee weiterzieht.

In der Nacht auf Freitag zieht das Tief weiter nach Nordwesten und die
zugehörige Kaltfront über den Osten ab, und schleift nach Südosten hin. Der
nachfolgende Höhentrog erfasst unterdessen den Westen Deutschlands.
Damit verlagern sich die schauerartig verstärkten, teils gewitterig durchsetzten
Regenfälle in den Osten des Landes. Weiterhin ist dabei kurzzeitig, aber auch
mehrstündig Starkregen möglich.
Auch im Südosten und dort vor allem im Alpenstau kann es langanhaltend regnen,
was vor allem einer sich postfrontal entwickelnden Gegenstromlage geschuldet
ist. In Staulagen sind warnrelevante (markanter Stark- oder Dauerregen)
Regenfälle nicht ausgeschlossen.
Im Rest des Landes lassen die Schauer oder schauerartigen Regenfälle nach, bevor
im weiteren Verlauf mit dem Trog im Nordwesten und Westen neue Schauer
aufziehen.
Postfrontal wird es recht frisch mit Werten bis 4 Grad in der Eifel. Der Wind
weht vor allem an der Nordsee zeitweise stark böig.

Freitag... befindet sich Deutschland unter Trogeinfluss, wobei das Drehzentrum
des Höhentiefs nahezu ortsfest über der Nordsee liegt, der von da nach Südosten
gerichtete Höhentrog schwenkt langsam über uns nach Osten bis Nordosten. Auch
das Bodentief hat seinen Schwerpunkt über der Nordsee, allerdings nähert sich
über Benelux ein Randtrog in den man mit etwas guten Willen auch ein
Frontensystem sehen kann, welches uns dann von Westen her erfasst.

Zunächst ziehen aber mal die Reste der nächtlichen Niederschläge ostwärts ab,
vor allem im Südosten halten die Regenfälle noch etwas länger an. Schon im
Vormittagsverlauf kommen dann von Westen her wieder vermehrt schauerartige
Regenfälle auf. Der konvektive Anteil wird im Tagesverlauf natürlich größer und
es sind dann auch eingelagerte Gewitter mit von der Partie.
Die ppw-Werte sind mit bis 20 mm noch recht hoch, sodass lokal markanter
Starkregen nicht ausgeschlossen werden kann. Daneben zeigen die Höhenwinde auch
das Potential für die eine oder andere stürmische Böe (W850 bis 40 kn).

Auch sonst weht der Wind bei dem gut ausgeprägten Gradienten lebhaft mit
einzelnen Windböen vor allem über der Mitte und dem Süden sowie an der Nordsee,
dort auch mit einzelnen stürmischen Böen.
Nach Nordosten ist es in die Nachmittagsstunden weitgehend trocken.

In der Nacht auf Samstag überquert die Trogachse auch den Nordosten und richtet
sich damit zonal aus. Damit gelangt der gesamte Vorhersageraum unter
Trogeinfluss.
Die Folge sind schauerartig verstärkte und sich ostwärts verlagernde
Niederschläge, wobei nach Norden im Bereich der Trogachse einzelne Gewitter
eingelagert sind. Wo genau der Schwerpunkt der Regenfälle zu finden ist,
schwankt von Modell zu Modell und Lauf zu Lauf und lässt sich somit nicht genau
sagen.
Während das Frontensystem zunächst thermisch gesehen nicht schön definiert war,
bildet sich die über dem Süden im Laufe der Nacht schleifende Kaltfront in den
Temperaturfeldern besser ab. Dort regnet es dann auch teils länger anhaltend mit
dem Potential, dass in Staulagen (Schwarzwald) warnrelevante Niederschlagsmengen
zusammenkommen können.
Am ehesten trocken bleibt es in Richtung bayerischen Alpenrand und Lausitz. Auch
von Westen lassen die Niederschläge im Laufe der Nacht wieder nach.

Samstag... hat sich das kräftige Höhentief über der südlichen Nordsee
festgesetzt. Deutschland liegt auf seiner Südflanke in einer westlichen
Strömung, die im Tagesverlauf vor einem Randtrog wieder leicht nach Südwest
rückdreht. Dabei gelangt frische, instabil geschichtete Meeresluft nach
Deutschland.
Die Kaltfront liegt immer noch schleifend über dem äußersten Süden und kommt
vorübergehend mit der etwas nach Südwest gedrehten Strömung nach Norden voran um
dann letztlich abends und in der Nacht zum Sonntag über die Alpen abzuziehen.

Dementsprechend regnet es südlich des Mains zunächst teils länger anhaltend. Im
großen Rest des Landes gibt es einen wechselhaften Tag mit wiederholten
Schauern. Vor allem nach Norden und Nordwesten zu ist es längere Zeit stark
bewölkt. Dort sind mit der Höhenkaltluft einzelne Gewitter möglich.
Auf der Südflanke des Höhentiefs lassen sich kurzwellige Anteile ausmachen. In
Verbindung mit diesen wird sich die konvektive Aktivität bündeln.
Da der Gradient wieder zunimmt, das Tiefzentrum im Bodendruckfeld verschiebt
sich in die Deutsche Bucht, ist auch der westliche bis südwestliche Wind lebhaft
unterwegs (auch abseits der Konvektion) mit Windböen und einzelnen stürmischen
Böen im Tiefland und Sturmböen auf den Bergen.
In kräftigen Schauern oder kurzen Gewittern sind mit dem Höhenwind ebenfalls
markante Böen möglich.
Dazu liegen die Höchstwerte alles andere als im sommerlichen Bereich. Einzig in
Richtung Berchtesgadener Land dürfte noch die 20 Gradmarke geknackt werden.
Sonst liegt man nur zwischen 14 und 18 Grad, im Nordwesten auch noch etwas
darunter.
In der Nacht zum Sonntag regnet es im Südosten längere Zeit, da sich postfrontal
eine Gegenstromlage hält. Im Norden kommt es bei kräftigem Südwest- bis Westwind
zu Schauern und einzelnen Gewittern, während das Tiefzentrum über Dänemark zum
Kattegat ziehen soll, jedenfalls ist das die ICON Lösung. Im großen Rest des
Landes beruhigt sich das Wetter und sowohl die Schauer, als auch der Wind lassen
nach.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder recht ähnlich, hier nehmen die
Unterschiede erst zum Sonntag zu, wenn ICON das Tief zum Kattegat ziehen lässt
und die anderen Modelle das so nicht mitmachen wollen. Die Verteilung und
Intensität der konvektiven Niederschläge bleibt unsicher. Auch in Sachen der
schleifenden Kaltfront über dem Süden ist das letzte Wort nicht gesprochen, hier
bleibt fraglich, inwieweit Warnschwellen überschritten werden.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner