DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-06-2020 16:30
SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 03.06.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Am Donnerstag wieder markante Gewitter, vereinzelt auch Unwetter. Ab Freitag
Übergang in eine Troglage mit schauerartig verstärkten Niederschlägen und
Kaltluftgewittern. Dazu windig, in Konvektion und auf den Bergen stürmisch.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland auf der diffluenten Vorderseite eines sich
nach Westfrankreich amplifizierenden Troges. Über Deutschland hat sich im
Tagesverlauf ein Bodentief entwickelt in das mehrere Konvergenzen eingelagert
sind und dessen Zentrum sich etwa über dem Emsland befindet.

In der hochreichend labilen Luftschicht haben sich zahlreiche Gewitter
entwickelt, die vor allem von Starkregen begleitet sind. Die ppw-Werte sind
insgesamt nicht sehr hoch, sodass die meisten Entwicklungen sich im markanten
Bereich abspielen. Wenn die Orographie mithilft, haben aber die Entwicklungen
gezeigt, dass bei feststehenden Zellen oder einem größeren Zellkomplex auch die
Unwetterschwelle lokal überschritten werden kann.

Beim Blick auf die Bodenwinde fällt zudem eine ausgeprägte und ortsfeste
Konvergenzzone ins Auge. Diese geht etwa vom Harz aus über das östliche
Niedersachsen/westliche Sachsen-Anhalt bis zur Nordsee (zwischen Bremen und
Hamburg). In diesem Bereich simulierte das COSMO-D2 EPS über mehrere Modelläufe
hinweg außerordentlich hohe Wahrscheinlichkeiten (60-80 %) für unwetterartige
Niederschlagsmengen über 35 mm in 6h. Für Mengen über 60 mm liegen die
Wahrscheinlichkeiten immerhin noch bei bis zu 35 %. Dies sind schon ziemlich
hohe Wahrscheinlichkeiten, die man sonst eher nicht so häufig sieht.

Aufgrund der Persistenz der konvergenten Luftströmung erscheint dies auch
plausibel. So zeigen auch die Radarbilder immer wieder neu anbauende
Gewitterzellen über ähnlichen Regionen.

In den Abend und Nachtstunden verbleibt das Bodentief zwischen Emsland und
Nordsee. Tagesgangbedingt lassen die Schauer und Gewitter zwar nach, kommen aber
aufgrund von lokalen Konvergenzen und damit Hebungsimpulsen nicht vollends zum
Erliegen. Immerhin Unwetter sollte es dann aber eher nicht mehr geben.

Mit der Entwicklung über Frankreich (nach Süden vorankommender Haupttrog)
ergeben sich vorderseitig Hebungsimpulse. Zudem findet sich im Bodenfeld eine
gut ausgeprägte konvergente Strömung von Ostfrankreich ausgreifend bis nach
Mitteldeutschland. Die Modelle simulieren in Verbindung mit dieser Konstellation
ein schauerartige und gewittrig durchsetztes Niederschlagsgebiet, dass ab etwa
Mitternacht vom Südwesten kommend bis zu den mittleren Landesteilen ausgreift.
Damit kann es in einigen Regionen auch längere Zeit regnen. Zudem gibt es
Signale, dass hier und da auch zu markantem Starkregen kommt. Dies ist vor allem
auch der Tatsache geschuldet, dass feuchtere Luftmassen von Frankreich kommend
nach Deutschland ausgreifen und damit auch die ppw-Werte langsam auf Werte um 30
mm ansteigen.

An der Nordsee kann es ein paar Windböen geben. In höheren Berglagen im Süden
sind zudem einige stürmische Böen möglich.

Donnerstag ... verlagert sich der markante Trog über Frankreich ganz allmählich
ostwärts. Auf seiner Vorderseite liegt ein sich intensivierendes Bodentief,
dessen Zentrum am Nachmittag im Hamburger Raum zu finden ist. Die sich südlich
anschließende Bodentiefdruckrinne erstreckt sich bis nach Norditalien. Darin
eingelagert ist eine gut ausgeprägte Bodenkonvergenz. Den Theta-E Werten und
T850 hPa Temperaturen folgend kann man diese als Kaltfront definieren, die im
Tagesverlauf langsam ostwärts vorankommt.

Die Warmfront des Bodentiefs liegt über Ostdeutschland. Der äußerste Nordosten
befindet sich noch vorderseitig der Warmfront. Dort liegen der spezifischen
Feuchte folgend auch noch sehr trockne Luftmassen. Entsprechend sind dort keine
Gewitter zu erwarten.

Auch im Nordwesten sind Gewitter unwahrscheinlich. Die Region vom Niederrhein
bis zum Emsland ist postfrontal und damit rückseitig der Bodenkonvergenz
gelegen. Die spezifischen Feuchtewerte gehen dort zurück und die Luftmasse
stabilisiert.

Die letzte Region mit einer nur geringen Gewitterwahrscheinlichkeit befindet
sich im Südosten Deutschlands. Dort sind ebenfalls eher trockene Luftmassen
aktiv. Die recht hohen Lapse Rates nördlich des Alpenhauptkamms sprechen dafür,
dass dort etwas Föhn aktiv ist, was die Gewitterwahrscheinlichkeit stark dämpft

Im großen Rest des Landes muss im labilen Warmsektor im Tagesverlauf immer
wieder mit Gewittern gerechnet werden. Die Gewitter sind bei den mittlerweile
höheren ppw-Werten vor allem von Starkregen begleitet. Die Höhenströmung nimmt
zwar im Vergleich zum Vortag etwas zu, dafür erreichen die ppw-Werte aber bis 30
mm. Entsprechend können Starkregenereignisse lokal auch wieder im
Unwetterbereich auftreten.

Am stärksten sind die Signale für (länger anhaltenden) Starkregen in der zweiten
Tageshälfte im Bereich des Tiefkerns (Okklusion) von Schleswig-Holstein über den
Hamburger Raum bis ins östliche Niedersachen und nach Sachsen-Anhalt. Dort sind
beim sechsstündigen Kriterium markante Starkniederschläge recht wahrscheinlich.
Je nachdem, wo die Konvergenzzone exakt liegt, muss auch mit unwetterartigen
Entwicklungen gerechnet werden.
Bei der Durchschau der verschiedenen Lokalmodelle ergeben sich diesbezüglich
noch kleinere Unsicherheiten bezüglich der genauen Lage.

Neben dem Starkregen kann es auch Windböen und stürmische Böen geben. Allerdings
zeigt sich nicht mehr so ein schöner trockener Fuß, wie noch heute, sodass das
Potential für markante Böen gedämpft ist.

Die hochreichende Scherung nimmt etwas zu, überlappt aber nur bedingt mit den
Aktivitätszentren der Gewitter. Am besten ist diese Überlappung noch im
Südwesten im Bereich der Kaltfront gegeben. Dort ist dann auch mal größerer
Hagel möglich.

In der Nacht auf Freitag verlagert sich die Kaltfront in den Osten des Landes
und nachfolgende greift der Höhentrog auf den Westen Deutschlands über.

Damit verlagern sich auch die zunehmend verclusterten schauerartig verstärkten
und gewitterig durchsetzten Niederschlag in den Osten des Landes. Im COSMO-LEPS
zeigen sich geringe Signale für markanten Dauerregen, diese sind aber nicht
sonderlich erdrückend.

Auch im Südosten und dort vor allem im Alpenstau kann es langanhaltend regnen,
was vor allem einer sich vorübergehend entwickelnden Gegenstromlage geschuldet
ist. Auch damit kann in Staulagen das Überschreiten von Warnkriterien nicht
vollends ausgeschlossen werden.

Im Rest des Landes ziehen die Niederschläge ostwärts ab und erst Richtung
Morgen, kann es im Nordwesten mit dem Höhentrog neue Schauer geben.

Postfrontal wird es bereits wieder recht frisch mit Werten bis 3 Grad in der
Eifel. Der Wind weht vor allem an der Nordsee zeitweise stark böig.

Freitag ... befindet sich Deutschland unter Trogeinfluss, wobei das Drehzentrum
des eigenständigen Höhentiefs nahezu ortsfest über der Nordsee liegt.

In der ersten Tageshälfte ziehen zunächst noch die Reste der nächtlichen
Niederschläge ostwärts ab, vor allem im Südosten halten die langsam
nachlassenden Regenfällen noch bis zum frühen Nachmittag. Etwa ab den
Mittagsstunden bilden sich über der Westhälfte vermehrt Schauer und kurze
Kaltluftgewitter, die bis zum Abend etwa bis zur Mitte ausgreifen.

Die ppw-Werte sind mit bis 20 mm noch recht hoch, sodass trotz guter
Zuggeschwindigkeiten lokal markanter Starkregen nicht ausgeschlossen werden
kann. Daneben zeigen die Höhenwinde auch das Potential für die eine oder andere
stürmische Böe (W850 bis 40 kn).

Auch sonst weht der Wind bei dem gut ausgeprägten Gradienten recht lebhaft mit
einzelnen Windböen.

Nach Osten ist es in den Nachmittagsstunden weitgehend trocken.

In der Nacht auf Samstag verschiebt sich die Trogachse vom Westen in den
Nordosten und richtet sich damit zonal aus. Damit gelangt jetzt nahezu der
gesamte Vorhersageraum unter Trogeinfluss.

Die Folge sind immer wieder schauerartige verstärkte und sich ostwärts
verlagernde Niederschläge, wobei nach Norden im Bereich der Trogachse auch
einzelne Gewitter eingelagert sind. Wo genau der Schwerpunkt der Regenfälle zu
finden ist, schwankt von Modell zu Modell und lässt sich noch nicht genau
definieren.

Folgt man der Lösung des ICON findet sich am Boden auch noch eine Kaltfront, die
sich ostwärts verlagert und an die der Großteil des Niederschlags gekoppelt ist.


Am ehesten trocken bleibt es in Richtung bayerischen Alpenrand und Lausitz. Auch
von Westen lassen die Niederschläge im Laufe der Nacht nach.

Samstag ... hat sich das eigenständige und recht kräftige Höhentief mit zonaler
Achsenlage zwischen den Britischen Inseln über die Nordsee bis nach Südschweden
festgesetzt. Deutschland liegt vornehmlich auf seiner Südflanke in einer
westlichen Strömung.

Die Kaltfront im ICON-Modell hat Deutschland ostwärts verlassen, richtet sich
aber im Süden zunehmend zonal aus und kommt kaum noch südwärts voran.

Dementsprechend regnet es südlich der Donau auch noch länger anhaltend. Im
großen Rest des Landes gibt es einen wechselhaften Tag mit einem Wechsel aus
Sonne und Wolken und wiederholt Schauern. Vor allem nach Norden ist es auch
längeren Zeit dicht bewölkt. Dort sind mit der stärkeren Höhenkaltluft auch
einzelne Gewitter möglich.
Auf der Südflanke des Höhentief lassen sich kurzwellige Anteile ausmachen. In
Verbindung mit diesen wird sich die konvektive Aktivität bündeln.

Auch der westliche Wind ist sehr lebhaft unterwegs mit Windböen in Tiefland und
Sturmböen auf den Bergen. In kräftigeren Schauern oder kurzen Gewittern sind mit
dem Höhenwind ebenfalls markante Böen möglich.

Dazu liegen die Höchstwerte alles andere als im sommerlichen Bereich. Einzig in
Richtung Berchtesgadener Land dürfte noch die 20 Gradmarke geknackt werden.
Sonst liegt man nur zwischen 14 und 18 Grad, im Nordwesten auch noch etwas
darunter.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die prinzipielle Entwicklung im Kurzfristbereich wird einheitlich simuliert. Vor
allem in der Nacht auf Samstag und am Samstag selbst zeigen sich aber noch
größere Unterschiede in Bezug auf die Verteilung der schauerartig verstärkten
Niederschläge, die sich an der genauen Lage der Trogachse konzentrieren und auf
kurzwellige Anteile am Samstag konzentriert sind. Wo diese exakt liegen lässt
sich naturgemäß noch nicht sagen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer