DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-05-2020 17:01
SXEU31 DWAV 281800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 28.05.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin Hochdruckrandlage; im Westen und Nordwesten oft sonnig und warm, sonst
mehr Wolken und maximal mäßig warm. Im Hochschwarzwald zeitweise Böen Bft 8 bis
9, sonst keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... erstreckt sich ein breit angelegter Höhenrücken über die Britischen
Inseln hinweg nordnordostwärts bis ins Nordmeer, ein weiterer Höhenkeil ist über
die mittlere Nordsee zur südlichen Ostsee gerichtet. Rücken und Keil stützen
nach wie vor ein umfangreiches Hochdruckgebiet über der Nordsee mit einem
Bodenhochkeil, der von der Deutschen Bucht quer über das Vorhersagegebiet hinweg
südostwärts bis nach Bayern reicht.
Trotz dieser antizyklonalen Umgebung gestaltet sich der Wetterablauf in
Deutschland nicht störungsfrei. Schuld daran ist in erster Linie ein
Kaltlufttropfen (KLT) über Böhmen, der sich im Laufe der Nacht südsüdwestwärts
über Oberbayern und Nordtirol nach Südtirol verlagert (in 500 hPa). Innerhalb
der labil geschichteten Luftmasse in seinem Einflussbereich (-22 bis -26 Grad in
500 hPa) haben sich von der Lausitz bis nach Südbayern Schauer und auch einzelne
Gewitter entwickelt, die im Laufe der Nacht mit Stabilisierung der Grundschicht
und mit Abzug des KLT wieder abklingen. Lediglich im Alpenraum - dort ist eine
schwache Staukomponente wirksam - fällt bis in die Frühstunden noch gebietsweise
etwas Regen. Ein weiterer kurzwelliger Randtrog zieht von der südlichen Nordsee
über Benelux nach Zentralfrankreich, beeinflusst das Wetter hierzulande aber
höchstens in Form lockerer hoher/mittelhoher Wolkenfelder über dem Westen des
Landes.
Während es im Südosten auch nach Abzug des KLT noch bewölkt bleibt, zeigt sich
der Himmel ansonsten in weiten Teilen des Landes gering bewölkt, teils auch
klar. Im Einflussbereich der eingeströmten, ehemals maritimen Polarluft (T850
hPa um 2 Grad) kühlt es wieder deutlich ab auf etwa 9 bis 1 Grad, in ungünstigen
Lagen gibt es Bodenfrost, in den typischen Kältelöchern eventuell auch Frost in
2 m Höhe.
Da sich der ins Vorhersagegebiet gerichtete Hochkeil noch etwas verstärkt,
verschärft sich der Druckgradient im Südwesten des Landes und der Wind frischt
aus Ost bis Nordost auf. Das macht sich zwar nicht innerhalb der stabilen
Grundschicht bemerkbar, aber oberhalb davon und vor allem im Hochschwarzwald
kann es steife bis stürmische Böen (Bft 7 bis 8), bei lokalen Low Level Jets
eventuell auch Sturmböen (Bft 9) geben.

Freitag ... zieht der KLT weiter nach Mittelitalien und wird vom
Höhentiefkomplex über Osteuropa (Drehzentrum über der Nordukraine) wieder
"eingefangen". Das Höhentief selbst weitet seinen Einfluss zögerlich etwas nach
Westen aus und an dessen Nordwestflanke wird ein flacher kurzwelliger Troganteil
von Norden her zum Abend hin nach Norddeutschland geführt. Dieser ist zwar in
den Advektionsfeldern (PVA, IPV) schwach auszumachen, erweist sich allerdings
aufgrund kompensierender KLA als nicht wetterwirksam. Insgesamt nimmt das
Geopotenzialfeld über Mitteleuropa dadurch aber eine leicht zyklonale Kontur an,
der Höhenrücken weiter westnordwestlich wird etwas abgedrängt.
Auch das korrespondierende Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt dadurch ein
wenig nach Norden, Richtung Norwegische See. Im Vorhersagegebiet setzt leichter
Druckfall ein, der dorthin gerichtete Hochkeil bleibt aber erhalten und somit
auch der Gradient vor allem im Südwesten scharf ausgeprägt. Mit der
tagesgangbedingten Durchmischung der Grundschicht nimmt der Wind auf den Gipfeln
des Schwarzwaldes etwas ab, in den Niederungen dagegen zu. Von Oberschwaben über
den Bodensee bis ins Schweizer Mittelland, aber auch südlich des Schwarzwaldes
kann es auch in den Niederungen einzelne steife Böen (Bft 7) aus Ost bis Nordost
geben ("Bise"), auf exponierten Gipfeln des Südschwarzwaldes sind stürmische
Böen (Bft 8) möglich.
Die höhenkälteste Luftmasse befindet sich nach wie vor im Südosten des Landes
(um -20 Grad in 500 hPa, eventuell etwas darunter), mit der "Aufheizung" im
Tagesgang (Diabasie) labilisiert die Luftmasse dort bis in etwa 600 hPa oder
knapp darüber. Dynamischer Hebungsantrieb ist so gut wie keiner mehr vorhanden,
dennoch könnte es mit Unterstützung durch die Orographie für einzelne Schauer,
ausgehend von den ostbayerischen Mittelgebirgen bzw. den Alpen, reichen. Zwar
wird auch etwas Cape (100 bis 300 J/kg) simuliert, ob das alles für Gewitter
reicht, ist aber fraglich (C-D2 hat noch einige wenige auf der Agenda).
Im übrigen Land dominiert Hochdruckeinfluss mit lockeren Quellwolken, die sich
an der Absinkinversion (zwischen 700 hPa im Osten und 950 hPa im Nordwesten)
etwas ausbreiten können. Vor allem im Westen und Nordwesten bleibt es
gebietsweise auch wolkenlos. Bei beständiger schwacher KLA kann sich die
Luftmasse niedertroposphärisch nur allmählich erwärmen, im Westen etwas stärker
als im Osten (T850 hPa abends zwischen 2 Grad an der Oder und 7 Grad im
Südwesten). Damit erreichen die Temperaturen Höchstwerte zwischen 17 und 22
Grad, am Rhein, im Westmünsterland und im südlichen Emsland (Lingen) bis 24
Grad. In den östlichen bzw. ostbayerischen Mittelgebirgen, am Alpenrand sowie
bei auflandigem Wind an den Küsten werden kaum 15 Grad erreicht.

In der Nacht zum Samstag ändert sich an der Konstellation der
Geopotenzialgebilde nur wenig. Das osteuropäische Höhentief kommt insgesamt
etwas nach Westen voran. Der flache Randtrog über Nordwestdeutschland verlagert
sich nach Süden und bleibt weiterhin nahezu wirkungslos. Ein weiterer Randtrog
an der Nordflanke des Höhentiefs erreicht morgens das Baltikum und den Osten
Polens, von dort aus driften eventuell schon einige lockere Wolkenfelder in die
Osthälfte Deutschlands. Zwischen beiden Systemen wölbt sich ein flacher
Höhenrücken über Nordwestdeutschland auf.
Somit verläuft die Nacht ruhig; an den Nordrändern des Erzgebirges und vor allem
der Alpen halten sich noch Wolkenfelder, im übrigen Land ist es meist nur gering
bewölkt, im Westen/Nordwesten auch wolkenlos. Der scharfe Gradient im Südwesten
bleibt aufrecht, mit Abkopplung der Grundschicht beschränken sich warnrelvante
Böen aber wohl lediglich auf wenige Schwarzwaldgipfel (Bft 8 bis 9 aus Ost bis
Nordost). Auch an der Luftmasse ändert sich nur wenig (T850 sinkt bis um 06 UTC
auf 0 Grad in der Lausitz und +5 Grad im Westen), so dass erneut Tiefstwerte
zwischen 9 und 1 Grad zu erwarten sind mit Bodenfrost in ungünstigen Lagen.

Samstag ... nimmt das Höhentief über Osteuropa eine elliptische Form an und
weitet sich Richtung Ostalpenraum aus; abends simuliert ICON-EU zwei
Drehzentren: Über Nordungarn und über der Ukraine. Von Polen her greift am
Nachmittag der oben erwähnte kurzwellige Randtrog auf den Nordosten des
Vorhersagegebietes über, wobei der dynamisch induzierte Hebungsantrieb auf
dessen Vorderseite nach wie vor durch schwache KLA kompensiert wird, so dass er
kaum Wetterwirksamkeit aufweist. Allerdings gelangt damit vor allem in den Osten
und Südosten des Landes eine etwas höhenkältere Luftmasse, die 500
hPa-Temperatur sinkt auf -20 bis -22 Grad. Dadurch wird die Luftmasse im
Tagesgang erneut zunehmend labilisiert, allerdings nimmt die
niedertroposphärisch ins Vorhersagegebiet advehierte Luftmasse mehr und mehr
kontinentalen Charakter an, trocknet also weiter ab. Somit reicht es erneut
allerhöchstens ganz vereinzelt für kurze Schauer, am ehesten wohl an den Alpen
sowie in den ostbayerischen bzw. östlichen Mittelgebirgen. Wie üblich bei
solchen Lagen, simuliert das GFS eine zu hohe Grenzschichtfeuchte und
entsprechend auch eine deutlich verbreitetere Schauertätigkeit als IFS und
ICON-EU.
Das Bodenhoch verlagert seinen Schwerpunkt allmählich nach Mittelskandinavien.
Mit Annäherung des Höhentiefs setzt sich der leichte Druckfall im
Vorhersagegebiet weiter fort, allerdings bleibt nach wie vor ein Höhenkeil nach
Nordwestdeutschland gerichtet; am Druckgradienten ändert sich nur wenig, im
Südwesten fächert er sogar etwas auf. Mit weiterer Austrocknung der Grundschicht
und der tagesgangbedingten Labilisierung der niederen Troposphäre sowie der
damit einhergehenden turbulenten Durchmischung frischt der Wind im Tagesverlauf
nun auch in der Mitte und im Norden etwas stärker aus Ost bis Nordost auf, für
warnrelevante Böen reicht es aber voraussichtlich höchstens in windexponierten
Lagen.
Auf der Rückseite des Randtroges setzt zum Abend hin von Osten her verstärkt WLA
im Osten des Landes ein. Dort zieht dann von Polen her höhere und mittelhohe
Bewölkung auf.
Ansonsten wechseln sich Sonne, lockere Quellwolken und ein paar hohe/mittelhohe
Wolkenfelder ab, am meisten Sonne gibt es erneut im Westen und Nordwesten. Nach
wie vor wird von Nordosten her recht kühle Festlandsluft nach Deutschland
advehiert, trotz kräftiger Einstrahlung kommt die 850 hPa-Temperatur auch im
Westen/Südwesten nicht über 6 Grad hinaus, während sie nach Osten zu bei +2 Grad
verharrt. Somit liegen die Höchstwerte zwischen 17 und 22 Grad, entlang des
Rheins können 24 Grad erreicht werden, in den östlichen Mittelgebirgen und am
Alpenrand sowie bei auflandigem Wind an den Küsten dagegen nur knapp 15 Grad.

In der Nacht zum Sonntag überquert der Randtrog das Vorhersagegebiet weiterhin
ohne Wetterwirksamkeit westwärts. Rückseitig setzt allerdings von Osten her
verstärkt WLA ein, so vor allem über der Osthälfte und dem Südosten dass
dichtere, mehrschichtige Bewölkung aufzieht, während es im Westen noch oft
gering bewölkt bleibt. Eventuell setzt in der Lausitz ausgangs der Nacht
leichter Regen ein, ansonsten bleibt es aber noch trocken.
Somit verläuft die Nacht erneut warntechnisch ruhig. Der Wind nimmt in den
Niederungen ab, mit Abkopplung der Grundschicht in einigen Höhenlagen dagegen
wieder zu, ob er irgendwo Warnrelevanz aufweist, ist aber noch trocken. Mit der
zunehmenden Bewölkung kann es vor allem nach Osten zu nicht mehr so stark
auskühlen, Bodenfrost ist vielleicht noch am ehesten im zentralen und westlichen
Mittelgebirgsraum denkbar.

Sonntag ... verliert das Höhentief seine Dipolstruktur und verlagert sein
Drehzentrum allmählich nach Rumänien. Davon ausgehend reicht ein Trog über den
Alpenraum hinweg west-, weiter westlich nordwestwärts bis nach Nordfrankreich
und dem Ärmelkanal und kommt im Tagesverlauf zögernd nach Süden voran. Aus dem
von den Britischen Inseln bis nach Skandinavien reichenden Höhenrücken hat sich
inzwischen eine eigenständige Höhenantizyklone über Skandinavien abgeschnürt,
die sich etwas nach Süden, Richtung Mitteleuropa, ausweitet, so dass sich eine
High over Low-Konstellation ergibt. Daraus resultiert über dem Vorhersagegebiet
eine leicht antizyklonal gekrümmte, etwas auffächernde ostnordöstliche
Höhenströmung. Der Schichtdickengewinn über Mitteleuropa, der zu dieser
zunehmend antizyklonalen Kontur führt, ist zurückzuführen auf recht markante
mitteltroposphärische WLA, die insbesondere den Südosten Deutschlands
beeinflusst. Im Bodenfeld setzt dadurch im Osten und Südosten des Landes
Druckfall ein, während vom quasistationären Hochdruckgebiet über Skandinavien
weiterhin ein Hochkeil zur Deutschen Bucht gerichtet bleibt. Somit kann sich der
Gradient vor allem in der Osthälfte verschärfen und der Wind frischt dort aus
Ost bis Nordost auf. Für warnrelevante Böen reicht es aber voraussichtlich nur
auf den Erzgebirgsgipfeln (Bft 8), vielleicht noch im äußersten Nordosten (Bft
7).
Mit der WLA ziehen über weite Teile des Landes hohe und mittelhohe Wolkenfelder
hinweg, durch die im Westen und Norden aber meist die Sonne scheinen kann.
Stärker bewölkt und gebietsweise (vor allem an den Nordrändern der Mittelgebirge
und der Alpen) auch bedeckt bleibt es von der Lausitz bis zum Bodensee und
südöstlich davon. Im Erzgebirge, vor allem im Südosten Bayerns fällt auch
zeitweise Regen (bis knapp über 5 mm in 12 Stunden nach ICON-EU in Niederbayern,
GFS und IFS (von 00 UTC) simulieren insgesamt etwas geringere Niederschläge).
Niedertroposphärisch beginnt sich die WLA im Nordosten/Osten bereits bemerkbar
zu machen, der aktuelle Lauf des ICON-EU simuliert bis 18 UTC 850
hPa-Temperaturen zwischen 5 Grad im Westen und 9, knapp 10 Grad im Nordosten.
Inwieweit sich das bereits bodennah dort durchschlägt, bleibt abzuwarten. Dort,
wo die Sonne sich länger zeigt, kann man den Pfingstsonntagnachmittag wohl bei
halbwegs angenehmen 18 bis 23 Grad verbringen, in den Regionen mit viel
Bewölkung und auch an Küstenabschnitten mit auflandigem Wind werden dagegen nur
14 bis 18 Grad erreicht.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Differenzen, in erster Linie bzgl. eventueller
leichter konvektiver Niederschlagstätigkeit, wurden im Text besprochen und sind
nicht warnrelevant.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff