DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

23-05-2020 07:01
SXEU31 DWAV 230800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 23.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
SW a, Übergang zu NW a
Heute ganz im Südosten Gewitter mit teils schweren Sturmböen, mit geringer
Wahrscheinlichkeit Unwetter. Auch Starkregen (6-std.) nicht ganz ausgeschlossen.
Am Sonntag im Norden und Nordosten wiederholt Schauer, auch kurze Gewitter,
dabei Gefahr stürmischer Böen. In der Nacht zum Montag an der Küste und in
höheren Berglagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge weiterhin
stürmische Böen, am Montag im östlichen Bergland andauernd.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... liegt Deutschland an der Vorderseite eines Troges, der vom nahen
Ostatlantik kommend rasch auf Westeuropa übergreift und bis zum Abend bereits
Ostfrankreich und die Benelux-Staaten erreicht. Die vorderseitig liegende
Kaltfront, die aktuell die Mitte Deutschland überquert hat, gelangt ins
Schleifen. Trogvorderseitige Hebung, die aus positiver Vorticityadvektion
resultiert, aktiviert diese Front, wodurch sich von Südwesten her die
Niederschläge verstärken. Eine Überschreitung warnrelevanter Schwellenwerte
zeichnet sich weder durch Dauerregen noch infolge von (6-std.) Starkregen ab.
Dennoch können einzelne eingelagerte Gewitter nicht ganz ausgeschlossen werden.
Ganz im Süden und Südosten, etwa von der Donau aus südwärts bis hin zum
Bayerischen Wald, erfolgt präfrontal ein Einschub feuchtlabiler Luft. Mit Hilfe
der Orografie und o.g. Hebung können dort zum Teil heftige Gewitter ausgelöst
werden. Der Gehalt an niederschlagbarem Wasser steigt auf 30 bis 35 mm, CAPE auf
mehr als 500 J/kg, auch Scherung (sowohl niedertroposphärisch als auch
hochreichend) ist vorhanden. Aufgrund des kräftigen Oberwindes (bis 50 kt im 700
hPa-Niveau) können schwere Sturmböen nicht ausgeschlossen werden. Die Scherung
kann als Indiz für organisiertere konvektive Umlagerungen gesehen werden. Die
Frage ist allerdings, ob aufgrund der vorherrschenden starken Bewölkung dieses
Szenario in Gang kommt. Zudem ist, wenn der Tagesgang seine volle Wirkung
entfalten würde, die Kaltfront an den Alpen und eine rasche Stabilisierung macht
der Konvektion den Garaus. Sturmböen sind aber vor allem am Alpenrand mit
Passage der Druckwelle auch abseits von Gewittern vorstellbar.
Im Nordwesten und im Norden wird im Tagesverlauf der sich nähernde Trog
wetterwirksam. Dort können sich Schauer und einzelne kurze (Kaltluft)Gewitter
entwickeln, die an der Küste mit Windböen bis Bft 7 einhergehen können. Weiter
im Binnenland sind Windböen wahrscheinlich auf freie Lagen beschränkt.
Allerdings sind in diesen Gebieten die Chancen für Auflockerungen am größten.
Die Tageshöchsttemperaturen erreichen 15 bis 20, im Bergland Werte um 13 Grad.
Ganz im Südosten sind bei entsprechender Einstrahlung noch einmal Maxima bis 24
Grad möglich.
In der Nacht zum Sonntag überquert der Trog rasch das Vorhersagegebiet.
Nachfolgend stellt sich eine zyklonale nordwestliche Strömung ein.
Kaltluftadvektion lässt, ausgehend von einem kräftigen Hoch über der Biskaya,
einen Keil nach Süddeutschland übergreifen. Zwischen diesem Keil und einem
Tiefdruckkomplex über der Norwegischen See bleibt ein kräftiger Gradient
bestehen, so dass an der See Windböen und in den Hochlagen der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge stürmische Böen auftreten können.

Sonntag... greift auf die Britischen Inseln ein Keil über, der durch weit nach
Norden ausgreifende Warmluftadvektion gestützt wird. Da sich der
Tiefdruckkomplex und damit auch der Trog, der über der Norwegischen See und
Skandinavien liegt, kaum nach Osten bewegt, verkürzt sich die Wellenlänge und
die nordwestliche zyklonale Strömung wird steiler. In diese Strömung wird
Warmluftadvektion eingesteuert, die durch eine schwache Warmfrontwelle bedingt
ist. Mit dieser kommen im Norden und Osten bis in den Mittelgebirgsraum hinein
Niederschläge auf, die leicht konvektiv durchsetzt sind. Dies ist durch den
nahen, über Osteuropa liegenden Trog bedingt, der durch einen von Nord-Nordwest
hereinlaufenden Kurzwellentrog genährt wird. Aufgrund der Labilität können im
Nordosten und Osten einzelne kurze Gewitter (Typ Kaltluftgewitter) nicht ganz
ausgeschlossen werden. Zudem bleibt der Gradient in diesen Gebieten recht
kräftig, so dass mit tagesgangsbedingter Unterstützung Windböen, in freien
Lagen, an der See und im Bergland auch stürmische Böen auftreten.
Im Westen und Süden hält sich antizyklonaler Einfluss. Dort bleibt es weitgehend
niederschlagsfrei, aber im Bergland lebt auch dort der Wind auf und kann
warnrelevant werden. In tieferen Lagen bleibt es vergleichsweise schwachwindig.
In Süddeutschland sind Auflockerungen am wahrscheinlichsten. In diesen Gebieten
werden 17 bis 20 Grad erreicht, wogegen im Norden und in der Mitte je nach
Bewölkung nur 14 bis 18 Grad zu erwarten sind.
In der Nacht zum Montag rückt der Keil in die Nordsee vor, was die weiterhin
leicht zyklonale Strömung nahezu auf Nord drehen lässt. Daher sind im Osten
weitere Niederschläge zu erwarten, in den Staulagen der östlichen Mittelgebirge
und am östlichen Alpenrand sind bis 10 mm innerhalb von 12 Stunden möglich.
Während im Binnenland der Wind weitgehend abflaut, sind an der Küste sowie in
den Hochlagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge weiterhin Wind- und
auch stürmische Böen zu erwarten. Im Südwesten und ganz im Westen kann es
dagegen aufklaren.

Montag... schwenkt der Keil nach Norwegen, was über Mitteleuropa eine nahezu
nördliche Strömung zur Folge hat. Gestützt durch diesen Keil ergibt sich über
Skandinavien Druckanstieg, wodurch eine Brücke zustande kommt, die von dem Hoch
über den Britischen Inseln nach Lappland gerichtet ist. Zwischen dieser Brücke
und tiefem Luftdruck über Osteuropa stellt sich auch in Bodennähe eine
nord-nordwestliche Windkomponente ein. Aufgrund der nach wie vor vorhandenen
leichten Zyklonalität sind im Osten, bevorzugt in den Staulagen der östlichen
Mittelgebirge und an den Alpen, weitere Niederschläge zu erwarten, die jedoch
fernab von jeglicher Warnrelevanz sind.
Im Tagesverlauf lebt der Wind im Norden, Osten und in Teilen der Mitte erneut
auf. Gebietsweise reicht es für Windböen (wobei deren Wahrscheinlichkeit
geringer ist als am Sonntag), in den Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und
östlichen Mittelgebirge können stürmische Böen nicht ganz ausgeschlossen werden.
Im Westen und zumeist auch in Süddeutschland ist es vergleichsweise windschwach.
In diesen Gebieten lässt Absinken, was durch die Nähe zur o.g. Hochbrücke
bedingt ist, die Wolken auflockern. Südlich der westlichen Mittelgebirge sind
auch längere sonnige Abschnitte vorstellbar, wodurch dann
Tageshöchsttemperaturen um oder etwas über 20 Grad möglich sind. Ansonsten sind
13 bis 18 Grad zu erwarten.
In der Nacht zum Dienstag rückt der Keil mit seinem nördlichen Teil etwas nach
Osten vor, wogegen dessen südlicher Abschnitt weiterhin über den Britischen
Inseln zu finden ist. Das korrespondierende kräftige Bodenhoch weitet sich,
gestützt durch diesen Keil, nach Nordwestdeutschland aus. Insgesamt flacht der
Gradient jedoch ab, was die Luftmasse zur Ruhe kommen lässt. Geringe
Niederschläge treten noch im Stau des Erzgebirges und an den Alpen auf. Sonst
bleibt es niederschlagsfrei und verbreitet klart es auf. Landesweit sind daher
einstellige Temperaturminima zu erwarten.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Anhand der synoptischen Basisfelder lassen sich keine prognoserelevanten
Unterschiede ableiten.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann