DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-05-2020 07:30
SXEU31 DWAV 200800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 20.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNF a Übergang zu SW a

Am Freitag geringe Gewitterneigung.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... liegen wir unter der Vorderseite eines Höhenrückens mit Achse von
Portugal über die Nordsee bis ins Nordmeer in einer nordwestlichen Strömung. Der
Rücken kräftigt sich noch, kommt aber nur langsam nach Osten voran. Der
Schwerpunkt des Bodenhochs verlagert sich nach Nordeuropa, woraus sich insgesamt
eine große Hochdruckzone ergibt, die vom Nordmeer über Skandinavien bis nach
Mitteleuropa reicht. Bei geringen Druckunterschieden ergeben sich bodennah über
Deutschland schwache nördliche oder umlaufende Winde. Dabei gelangt eine meist
etwas kühlere und feuchtere Luftmasse als zuletzt nach Deutschland. Von der
gestrigen Kaltfront ist nicht mehr viel zu sehen. Übriggeblieben ist ein
Streifen mit starker, aber nicht sehr hochreichender Bewölkung (750/700 hPa
Obergrenze), der sich diagonal vom Nordwesten in den Südosten erstreckt. Auch
die Temperaturen in 850 hPa zeigen noch die unterschiedlich temperierten
Luftmassen an. Im Südwesten liegen diese bei 10 bis 11 Grad, ganz im Nordosten
nur bei knapp über 0 °C.

Trotz überlagertem Absinken dauert es etwas, bis die feuchte Luft und die
Bewölkung der ehemaligen Kaltfront abgetrocknet ist. In diesem Bereich startet
der Tag teils hochnebelartig oder stark bewölkt. Die Bewölkung lockert mit
turbulenter Durchmischung zwar auf, aus der feuchten Grundschicht kommt aber
flache Konvektion in Gang, die an der Absinkinversion bei ca. 700 hPa
breitläuft.
Ab und zu kommt es zu ein paar Schauern oder etwas Regen, angesichts der
geringen vertikalen Mächtigkeit der Bewölkung und der entsprechend warmen
Obergrenze sind die Regenmengen marginal.

Sonnenscheinreich zeigen sich der Nordosten und der Südwesten. Während im
Südwesten sommerliche Temperaturen herrschen mit Maxima um 25 Grad, bleibt es im
Nordosten frischer mit 15 bis 21 Grad. Ob in dem wolkigen Streifen dazwischen
die Mos-Werte von 19 bis 23 Grad geschafft werden, bleibt abzuwarten.
Warnwürdiges Wetter gibt es jedenfalls nirgends.

In der Nacht zum Donnerstag erreicht die Rückenachse Benelux und Norwegen, der
Hochschwerpunkt wandert nach Polen ab. Die Reste der Luftmassengrenze in Form
von Feuchte und mehr und mehr auflockernder Bewölkung kommen nach Nordosten
voran, sodass dort teils wolkiger Himmel zu finden ist. Ansonsten verläuft die
Nacht unter Absinken gering bewölkt oder klar. Die Luft kühlt dabei auf 12 bis 5
Grad, Richtung Lausitz bis auf 4 Grad ab. Während im Nordwesten wieder das ein
oder andere Nebelfeld auftritt, kann es ganz im Osten, je nach Bewölkung
vereinzelt zu Bodenfrost reichen (Vorpommern, östliches Brandenburg).


Donnerstag... erreicht der Rücken mit seiner Achse Nordwestdeutschland. Ein
Kurzwellentrog läuft unterdessen aus dem ostatlantischen Höhentiefkomplex bis
zur Nordsee ab, wird aber von kräftiger Warmluftadvektion auf der Vorderseite
des
nachfolgenden Haupttroges zugeschüttet und verliert somit rasch an Kontur. In
den Feldern der Vorticityadvektion und der IPV ist er aber auch am Abend und
nachts auf Westdeutschland übergreifend noch gut zu erkennen.
Der Luftdruck beginnt dabei schon von Westen her zu fallen und das Hoch zieht
sich etwas nach Norden und ins östliche Mitteleuropa zurück. Dadurch dreht der
Wind bodennah auf östliche Richtungen. Trotz einer gewissen Böigkeit tagsüber,
sind Warnschwellen nicht in Gefahr.
In den Westen und Nordwesten beginnt feuchtere Luft einzusickern, die auch
leicht instabil geschichtet ist. ICON und Cosmo D2 zeigen mangels Feuchte und
markanter Deckelung keine Konvektion, obwohl durch die positive
Vorticityadvektion leichte Hebung im Westen ausgelöst wird. IFS und GFS haben
schwache Niederschlagssignale im Programm und Super HD simulierte im 18 z Lauf
abends ausgehend von der Eifel im Westen Gewitter, die im neuesten Lauf wieder
verschwunden sind. So darf man davon ausgehen, dass Gewitter im Westen
vielleicht nicht restlos ausgeschlossen sind, aber sehr unwahrscheinlich.
Im Nordosten halten sich zunächst dichte Wolken durch die als "Warmfront" nach
Nordosten abziehende Luftmassengrenze, später bilden sich dort einige
Quellwolken.
Von diesen "Schönheitsfehlern" abgesehen, präsentiert sich der Tag freundlich,
häufig auch sonnig. Das Südwest-Nordost-Gefälle der Temperatur bleibt erhalten,
durch die niedertroposphärische WLA, die auch den Nordosten und Osten erfasst,
aber auf höherem Niveau als an den Vortagen. Die Höchstwerte liegen zwischen 17
bis 21 Grad ganz im Nordosten und ca. 28 Grad am Rhein und an seinen
Nebenflüssen.

In der Nacht zum Freitag tut sich der Höhenrücken nach wie vor schwer, nach
Osten durchzuschwenken, da er durch einen Trog über Osteuropa blockiert wird. Im
Bodendruckfeld liegt eine langgestreckte meridionale Hochdruckzone vom Balkan
bis ins Weiße Meer.
Durch Warmluftadvektion, die den Rücken überläuft, ziehen hohe und mittelhohe
Wolken auf, wettertechnisch tut sich aber nicht viel.
Es besteht ein deutliches Temperaturgefälle zwischen West und Ost. Während im
Westen die Minima örtlich nicht viel unter 15 Grad liegen, werden im Südosten
stellenweise 5 Grad erreicht. Die Gefahr von Bodenfrost ist auch ganz im
Osten/Südosten nur noch gering.


Freitag... greift der Haupttrog bis auf die Nordsee aus, der Höhenkeil wird
dadurch etwas weiter nach Osten gedrückt, so dass der Westen allmählich auf die
Trogvorderseite gerät. Das Bodenhoch verlagert sich weiter nach Osten und
bereits ab dem späten Vormittag soll eine Windkonvergenz auf den Westen
Deutschlands übergreifen, die bis zum Abend eine Linie Elbmündung-westlicher
Alpenrand erreicht. Westlich dieser dreht der Wind auf Südwest bis West. Östlich
davon verstärkt sich dagegen im Norden der Gradient noch etwas, so dass es vor
allem an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste zu steifen Böen kommen könnte.

Langsam kommt die warme Luftmasse jetzt auch Richtung Nordosten voran, während
in den Westen feuchtere Luft einsickert. Immer mehr hohe und später mittelhohe
Bewölkung dämpft dort die Einstrahlung, so dass nicht viel CAPE aufgebaut werden
kann. Zudem sorgt die Warmluftadvektion für eine warme mittlere Troposphäre, so
dass ab etwa 600 hPa die Schichtung zunehmend isotherm wird, bzw. teils sogar
Inversionen simuliert werden.
Einzelne Gewitterentwicklungen sollten trotzdem nicht ausgeschlossen werden.
Nach aktuellem Stand dürfte es an der Konvergenz und dahinter eher trocken
bleiben. Am ehesten könnten orographisch ausgelöste Gewitter über dem südlichen
Bergland auftreten, wo die niedertroposphärisch wärmste Luft liegt.

Am Abend soll dann von Westen das Hebungsgebiet des Troges mit sehr feuchter
Luft übergreifen. Nach Lesart der meisten Modelle kommt dann im Westen und
Nordwesten zum Nachmittag und Abend aber eher schauerartiger Regen auf, als das
großartig Gewitter eingelagert sind.
Das Temperaturniveau steigt vor allem im Osten deutlich an, ansonsten ist dies
von den Bewölkungsverhältnissen abhängig. Im Südwesten könnte aber durchaus die
30-Grad-Marke in Reichweite kommen.

In der Nacht zum Samstag zieht die dem Trog vorgelagerte Kaltfront im Norden
zügig ostwärts durch, während sie nach Südwesten schleifend zurückhängt. Mit
Passage der Tiefausläufer fällt schauerartiger Regen, eventuell anfangs
vereinzelt gewittrig, ansonsten ist der Himmel im Süden noch längere Zeit
aufgelockert und auch postfrontal lockert es von der Nordsee und Benelux her
wieder auf.
An den Küsten und im Bergland reicht es für einzelne steife Böen bei auf
westliche Richtungen drehendem Wind.


Modellvergleich und -einschätzung
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Mit der aufkommenden Gewitterneigung nehmen die Modellunterschiede in
Detailfragen zu, obwohl großräumig nur geringe Diskrepanzen zu finden sind. So
werden am Freitag von externen hochauflösenden Modellen (z.B. Super HD) stärkere
Gewittersignale angeboten, als ICON oder IFS diese im Programm haben. Aus den im
Text beschriebenen Gründen wird aktuell von eher geringer Gewitterbereitschaft
ausgegangen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner