DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

19-05-2020 17:30
SXEU31 DWAV 191800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.05.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Unter Hochdruckeinfluss ruhiges Wetter. Kommende Nacht im Nordwesten örtlich
Nebel möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... baut sich über dem westlichen Europa mehr und mehr ein Höhenrücken
auf, während über Finnland und dem östlichen Mitteleuropa ein Trog immer weiter
nach Süden ausgreift. Zudem befindet sich über Italien ein Höhentief. Bodennah
erstreckt sich eine flache Hochdruckzone bogenförmig vom Azorenhoch über die
Britischen Inseln bis nach Island. Dagegen befindet sich über dem nordöstlichen
Europa tiefer Luftdruck. Damit herrscht über Deutschland überwiegend schwacher
bis mäßiger Wind aus Nord bis Nordwest. Mit dieser Strömung ist eine über
Deutschland kaum wetteraktive Kaltfront über den Nordosten Deutschland
geschwenkt und legt sich nachfolgend zunehmend parallel in die Nordwestströmung.
Die Front ist am besten noch durch das Gebiet starker Bewölkung auszumachen,
eine markante Bodenfront fehlt aber. In 850 hPa gibt es aber durchaus einen
Unterschied zwischen dem Nordosten (um 2 Grad) und dem Süden Deutschlands (10
Grad). Dort herrscht vor allem nach Osten hin leichte Labilität, was zur
Auslösung von Schauern im Bereich des Bayerischen Waldes geführt hat.

In der Nacht zum Mittwoch sorgt ein Tief westlich von Island für kräftige
Warmluftadvektion im nordwesteuropäischen Raum, so dass der Rücken westlich
unseres Landes immer weiter nach Norden reicht. Im Gegenzug kommt die Austrogung
über Ostmittel- und Osteuropa weiter nach Süden voran und nimmt Kontakt zu dem
italienischen Höhentief auf. Die bodennahe Hochdruckzone weitet sich noch etwas
nach Deutschland aus, der Schwerpunkt verbleibt aber noch westlich unseres
Landes, so dass der Wind schwach aus nördlichen Richtungen weht. Dies hat über
dem ganzen Land noch einen leichten Rückgang der Temperatur (in 850 hPa um etwa
2 Grad) zur Folge. Die bei uns eingedrungene Kaltfront dürfte zunehmend weniger
analysierbar sein, da sie unter Hochdruckeinfluss immer unschärfer wird. Ein
Maximum an Feuchte, ergo an Bewölkung, verbleibt über unserem Land, bekommt aber
eine zunehmend zonalere Ausrichtung und erstreckt sich am frühen Morgen dann
schräg vom Nordwesten zum Südosten. Betrachtet man die Prognosetemps vom Morgen,
dann fällt vor allem in den unteren Schichten bis etwa 700 hPa (im Süden etwas
höher reichend) eine sehr feuchte Schicht auf, so dass es sich vielfach im
Stratocumulusbewölkung handeln dürfte. Eintrag sehr feuchter bodennaher Luft von
Nordsee her könnte im Nordwesten auch für Nebel sorgen. Niederschlag sollte aus
der Bewölkung kaum fallen. Bis zum Morgen klar bleibt der Himmel über dem
Südwesten des Landes, die Auflockerungszonen über dem Nordosten dehnen sich in
der Nacht ebenso etwas nach Südwesten aus. Dort wird die Nacht mit Tiefstwerten
um 5 Grad am kühlsten, Bodenfrost sollte abgesehen von sehr ungünstigen Lagen
kein Thema sein.

Am Mittwoch ... weitet sich der Höhenrücken weiter Richtung Nordmeer aus.
Deutschland verbleibt an seiner östlichen Flanke in einer nordwestlichen
Höhenströmung, die nach Nordosten hin immer noch recht kräftig ist und
antizyklonal konturiert. Unter Absinken kommt auch das Hoch noch etwas nach
Nordosten voran und verlagert seinen Schwerpunkt in den Norden unseres Landes,
so dass der Wind meist Richtung Nordost dreht. Bei schwachem Gradienten weht er
aber allgemein schwach. Somit wird über Deutschland die leichte Advektion
kühlerer Luft durch Strahlung überkompensiert, so dass netto wieder eine
Temperaturzunahme zu erwarten ist. Deutlich vermindert ist die Einstrahlung nach
wie vor in dem schon in der Nacht beschrieben Streifen mit erhöhter Feuchte, der
seine Lage kaum ändert. Hier herrscht weiterhin viel Stratocumulus- oder
Altocumulusbewölkung. Regen sollte daraus nicht fallen. Das Temperaturniveau
erreicht dort meist um 20 Grad. Im Südwesten scheint dagegen meist die Sonne und
treibt die Temperatur auf Werte um 25 Grad. Auch in der trockeneren und kühleren
Luftmasse im Nordosten scheint vielfach die Sonne, dort werden aber - wie im
ganzen Norden - meist nur 15 bis 20 Grad erreicht, bei auflandigem Wind (der bei
Nord ja an vielen Küstenabschnitten auftritt) bleibt es in unmittelbarer
Küstennähe noch etwas kühler (Wassertemperatur zwischen 10 Grad bei Rügen und 14
Grad in der Deutschen Bucht).

In der Nacht zum Donnerstag kommt das gesamte Trog-Rücken-System unter weiterer
Vergrößerung der Amplitude langsam weiter nach Osten voran. Bodennah dominiert
weiter eine Hochdruckzone, die sich bogenförmig von den Azoren über Mitteleuropa
bis nach Spitzbergen erstreckt. Sie bildet einen zunehmend deutlicher
definierten Schwerpunkt über der Skandinavischen Halbinsel aus. Der Gradient und
damit auch der meist um Nordost wehende Wind bleibt schwach. Mit der langsamen
Ostwärtsverlagerung der Drucksysteme in der Höhe soll auch die etwas feuchtere
Luftmasse etwas nach Osten vorankommen, so dass sich die dichtere Bewölkung in
der Nacht in den Nordosten verlagert, während von Südwesten die klaren Gebiete
bis in die Mitte, den Nordwesten und den Süden vorankommen. Ganz im Nordosten
kann aber bei noch längerer klarer Nacht in der recht kühlen Luftmasse bei
Tiefstwerten etwas unter 5 Grad örtlicher Frost in Bodennähe nicht ganz
ausgeschlossen werden. Ansonsten sorgen die Bewölkung bzw. die wärmere Luftmasse
für eine mildere Nacht mit Tiefstwerten meist zwischen 10 und 5 Grad.

Am Donnerstag ... erreicht die Achse des Höhenkeils Benelux und Südnorwegen,
auch das Bodenhoch verlagert sich noch ein wenig nach Osten. Bei weiterhin
schwachem Gradient weht nach wieder nur leichter Wind meist um Nordost. An der
Temperaturverteilung ändert sich nur wenig. Im Nordosten hält sich die kühle
Luftmasse, so dass über dem Kap Arkona in 850 hPa auch am Abend erst 2 Grad
erreicht werden, im Südwesten sind es dann schon 12 Grad. Damit verstärkt sich
der Temperaturgegensatz sogar noch etwas. Bodennah kommt es zu einer Abtrocknung
der Luftmasse, allerdings liegt oberhalb einer bis 800 hPa gut sich
durchmischenden Grenzschicht nach wie vor eine Inversion, so dass es in diesem
Höhenniveau in dem mittlerweile über dem Nordosten liegenden Streifen zu einer
Wolkendecke kommt, wenn auch mit wesentlich mehr Lücken als am Vortag und
wahrscheinlich auch starker Auflösungstendenz zum Abend hin. Im übrigen Land ist
die Quellbewölkung wesentlich lockerer und es scheint lange die Sonne. Damit
werden im Westen und Südwesten sommerliche 25 bis örtlich 29 Grad erreicht, nach
Nordosten hin weniger. Unter 20 Grad bleibt die Temperatur aber nur noch ganz im
Norden und Nordosten bzw. bei auflandigem Wind.

In der Nacht zum Freitag zieht ein sehr starkes Tief durch das Seegebiet
nordwestlich von Irland, was zu einem Trogvorstoß Richtung Irland führt und bis
zur Nordsee hin den Druck fallen lässt. Nachdem das Hoch seine Lage kaum
verändert, verstärkt sich der Gradient über dem Nordwesten Deutschlands und der
Südostwind frischt dort auf. Ansonsten bleibt es meist schwachwindig. Während
die Bewölkung im Nordwesten sich endgültig auflösen sollte, sorgt starke
Warmluftadvektion im Westen für den Aufzug neuer hoher Wolkenfelder. Zu warnen
gibt es in der Nacht nichts, es bleibt mild mit Tiefstwerten zwischen 14 Grad am
Niederrhein und 4 Grad im östlichen Bergland.

Am Freitag ... greift der Trog bis auf die Nordsee über, der Höhenkeil wird nach
Osten gedrückt, so dass unser Land allmählich auf die Vorderseite gerät. Auch
das Bodenhoch verlagert sich weiter nach Osten und bereits ab dem späten
Vormittag soll eine Windkonvergenz auf den Westen Deutschlands übergreifen.
Diese soll bis zum Abend bis zu einer Linie Elbmündung-Bayerisch-Schwaben
vorankommen. Westlich dieser dreht der Wind auf Südwest bis West. Östlich davon
verstärkt sich dagegen im Norden der Gradient noch etwas, so dass es vor allem
an der Schleswig-Holsteinischen Ostseeküste zu steifen Böen kommen dürfte.
Langsam kommt die warme Luftmasse jetzt auch Richtung Nordosten voran, während
in den Westen immer feuchtere Luft einsickert. Immer mehr hohe und später
mittelhohe Bewölkung dämpft dort aber die Einstrahlung, so dass nicht so
wahnsinnig viel CAPE aufgebaut werden kann. Zudem sorgt die starke
Warmluftadvektion für eine warme mittlere Troposphäre, so dass ab etwa 600 hPa
die Schichtung zunehmend isotherm wird, bzw. teils sogar Inversionen simuliert
werden. Einzelne Gewitterentwicklungen sollen trotzdem heute noch nicht
ausgeschlossen werden. Nach aktuellem Stand dürfte es aber an der durchziehenden
Konvergenz eher trocken bleiben. Am ehesten könnten orographisch ausgelöste
Gewitter über dem südlichen Bergland auftreten, wo die niedertroposphärisch
wärmste Luft liegt. Am Abend soll dann von Westen das Hebungsgebiet des Troges
übergreifen, zusammen mit sehr feuchter Luft. Dies dürfte aber der aktuellen
Prognose dann eher stratiform geprägte Regenfälle zur Folge haben, wie von ICON
prognostiziert, oder vielleicht schauerartige Regenfälle. Im Vergleich zum
Vortag dürfte das Temperaturniveau vor allem im Osten noch spürbar ansteigen,
Richtung Westen ist dies von der dichte der hohen und mittelhohen Bewölkung
abhängig. Im Südwesten könnte aber durchaus die 30-Grad-Marke in Reichweite
kommen.


Modellvergleich und -einschätzung
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Im Wesentlichen simulieren die vorliegenden Modelle die synoptische Lage
ähnlich. Am Freitag gibt es noch leichte Timingunterschiede bezüglich des
Übergreifens der Regenfälle auf den Nordwesten. Auch bleibt abzuwarten, ob sich
an der genauen Prognose der Schichtung noch was ändert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann