DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

19-05-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 19.05.2020 um 10.30 UTC



Am Freitag, teils auch noch am Samstag sommerlich warm, anschließend
Kaltfrontdurchgang mit teils starken Gewittern, am Samstag im Südosten Unwetter
durch schwere Gewitter möglich. Danach wieder zunehmender Hochdruckeinfluss mit
sukzessive ansteigenden Temperaturen.
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Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 26.05.2020


Freitag ... wölbt sich ein Rücken von Südwesteuropa bis ins südliche
Skandinavien auf. Dessen Achse verläuft dabei von Südfrankreich über die
Benelux-Staaten bis ins südliche Norwegen. Der Rücken wird dabei von zwei
Langwellentrögen begrenzt, wobei der eine Osteuropa überdeckt und der andere
sich über dem Ostatlantik befindet. Damit kommt es in Deutschland zu einer
kräftigen Warmluftadvektion, die ihr Maximum im Südwesten des Landes erreicht
mit bis zu 14 Grad in 850 hPa. Im Nordosten steigen die Werte nicht so stark an
und verbleiben entlang der Oder bei etwa 4 Grad. Im Zusammenspiel mit der
kräftigen Einstrahlung ist entlang des Rheins durchaus die eine oder andere "30"
möglich, an der Ostsee steigt die Temperatur dagegen nur wenig über die
20-Grad-Marke. Allerdings darf nicht unter den Tisch fallen, dass sich dem
Westen Deutschlands die Kaltfront eines Tiefs zwischen Island und Schottland
annähert. Damit kann der Nachmittag in der Westhälfte bereits wolkig verlaufen,
zum Abend sind an der nordwestlichen Landesgrenze auch Schauer und teils starke
Gewitter möglich. In der Nacht zum Samstag verlagert sich die Achse des Rückens
in die östlichen Landesteile, die Kaltfront greift nun auf den Nordwesten
Deutschlands über. Die dabei postfrontal in den äußersten Nordwesten advehierte
Luftmasse kann als "erwärmte Meeresluft subpolaren Ursprungs" klassifiziert
werden (T 850 hPa zwischen 3 und 5 Grad). Somit weiten sich die Schauer,
Gewitter sowie teils auch schauerartiger Regen in der zweiten Nachthälfte etwa
bis zur Mitte Deutschlands aus. Es sei bereits an dieser Stelle erwähnt, dass
ICON von dieser Lösung etwas abweicht und die Front auch in den Südwesten
vorankommen lässt.

Samstag ... wird auf der Vorderseite des Troges besonders in den Südosten des
Landes feuchtwarme Mittelmeerluft geführt (T 850 hPa weiterhin um 15 Grad),
sonst strömt postfrontal die frische Meeresluft heran. Entlang der diagonal vom
Südwesten in den Nordosten verlaufenden Front kommt es zu schauerartigen
Niederschlägen, präfrontal sind im Südosten teils starke Gewitter mit
Starkregen, Sturmböen und Hagel möglich. Außerdem ergibt sich ein deutlicher
Temperaturgradient mit sommerlichen Temperaturen im Chiemgau und Höchstwerten
unter 20 Grad an der Nordsee. In der Nacht zum Sonntag legt sich die Kaltfront
an die Alpen und kommt dort etwas ins Schleifen. Längere schauerartige
Niederschläge sind möglich, wobei in der zweiten Nachthälfte nur noch direkt an
den Alpen etwas Regen fällt. Den Norden des Bundegebiets passiert der sich etwas
abflachende Trog, wobei die Schauerwahrscheinlichkeit eher gering sein sollte.

Sonntag ... streckt bereits das mit seinem Schwerpunkt über der Bretagne
befindliche Bodenhoch die Fühler in Richtung Mitteleuropa aus. Die eingeflossene
frische Meeresluft gelangt daher relativ schnell unter Hochdruckeinfluss, wobei
aber in 500 hPa vor allem im Nordosten noch Einflüsse des nach Osteuropa
abziehenden Troges vorherrschen. In Verbindung mit etwas höhenkälterer Luft sind
daher dort einzelne Schauer möglich. Sonst verläuft der Tag bei einem Wechsel
von Sonne und Wolken meist trocken, wobei auch direkt an den Alpen der eine oder
andere Schauer nicht ganz ausgeschlossen ist. In der Nacht zum Montag
positioniert sich das Bodenhoch direkt über Mitteleuropa, der neue Rücken wölbt
sich von Südwesteuropa in Richtung Benelux auf. Signifikante Wettervorgänge sind
daher nicht zu erwarten.

Montag und Dienstag ... bleiben aus heutiger Sicht weiterhin deutlich
antizyklonal geprägt. Der vorhin erwähnte Rücken amplifiziert etwas und nimmt
aufgrund des Abtropfprozesses des Troges über Osteuropa Kontakt mit dem
mächtigen Rücken über Russland auf. Diese schwache Brückensituation bleibt
zunächst erhalten, bevor sie in der erweiterten Mittelfrist wieder abgebaut
wird. Die Warmluftadvektion verstärkt sich von Montag zum Dienstag deutlich,
sodass Dienstagnachmittag wieder sommerliche Werte in Aussicht stehen. Nach
warnrelevantem Wetter schaut es aus aktueller Sicht also nicht aus.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Die Konsistenz der letzten EZMW-Läufe wird als gut bewertet. Zu Beginn des
mittelfristigen Vorhersagezeitraums am Freitag werden sowohl die
Strömungsverhältnisse in der mittleren Troposphäre, als auch die frontalen
Strukturen am Boden fast übereinstimmend simuliert. Blickt man auf die
Kleinigkeiten, ergeben sich in weiterer Folge bei der auf Deutschland
übergreifenden Kaltfront leichte Unterschiede auf der Zeitachse. Der aktuellste
Lauf rechnet diese nun wieder ganz wenig später als der gestrige 12UTC-Lauf.
Dies setzt sich auch am Samstag fort, sodass sich Südostbayern auch tagsüber
noch in der feuchtwarmen Mittelmeerluft. Besonders im Hinblick auf die mögliche
Gewitteraktivität ist dies relevant. In den übrigen Landesteilen hat diese
zeitliche Unschärfe keine besondere Bewandtnis, denn an der postfrontal
einströmenden kühleren Luft ändert sich nicht viel. Zum Beginn der neuen Woche
steigen die Unterschiede etwas an, da sowohl die genaue Position des Bodenhochs,
als auch die Ausprägung des sich aufwölbenden Rückens noch leicht variiert.
Allerdings wird sich an dem zunehmenden antizyklonalen Muster kaum mehr etwas
verändern.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Die markantesten Unterschiede zwischen den wichtigsten Globalmodellen ergeben
sich bei der Ausprägung und dem genauen Timing der Kaltfront am Freitag und
Samstag. ICON lässt diese bereits im Laufe der Nacht zum Samstag fast den
Südosten des Landes erreichen. Damit wäre die Advektion von feuchtwarmer
Mittelmeerluft in diesen Bereich am Samstag obsolet. Statt über sommerliche
Temperaturwerte müsste man stattdessen über schauerartigen Regen diskutieren.
GFS nimmt dabei eine Zwischenposition zwischen EZMW und ICON ein, daher kann
über eine mögliche Gewitterlage am Samstag im Südosten Bayerns noch kein
eindeutiges Urteil gesprochen werden - wenngleich die Tendenzen eher für eine
entsprechende Gewittersituation sprechen. Beim sich anschließend einstellenden
Hochdruckeinfluss sind sich die Modelle wieder recht einig, allerdings ist der
Rücken bei GFS deutlich massiver, bei ICON um einiges schwächer gerechnet als
bei EZMW. Außerdem belässt ICON den abtropfenden Troganteil etwas westlichen als
EZMW, was etwas geringere Temperaturen bedeuten würde.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


EPS:
Die Rauchfahnen für verschiedene, repräsentative Orte in Deutschland stützen
zunächst im Wesentlichen die deterministischen Aussagen des aktuellen
EZMW-Laufs. Allerdings zeigen sich die Unschärfen auf der Zeitachse, die bei
einer möglichen Gewitteraktivität am Samstag im Südosten des Landes aber von
entscheidender Bedeutung sind. Am Kaltfrontdurchgang selbst bestehen aber keine
Zweifel mehr, das Minimum der Luftmassentemperatur wird bei etwa 3 Grad in 850
hPa liegen. Mit der Kaltfront geht kurzzeitiger Niederschlag einher, der aber
meist eine kurze Geschichte sein wird. Nur an den Alpen können die Mengen
aufgrund der schleifenden Front etwas höher sein. Ab der neuen Woche geht die
Temperaturkurve wieder nach oben und steigendes Geopotential sorgt neuerlich für
einen meist trockenen Witterungsabschnitt.

CLUSTER:
+120h ... +168h: Es liegen 4 Cluster vor, die alle zwischen 10 und 15 Member
aufweisen. Der Haupt- und Kontrolllauf befindet sich in C3 mit 11 Member. Allen
Cluster ist gemeinsam, dass zum ersten Zeitschritt "Positive NAO" dargestellt
wird, zu den beiden anderen "Euro-Atlantic-Blocking". Für Mitteleuropa zeigt
sich eindeutig, dass die Wetterlage durch den sich von Südwesteuropa
aufwölbenden Rücken geprägt sein wird. Die genaue Überganszone zum
(abtropfenden) Trog über Osteuropa unterliegt aber noch gewissen Unschärfen,
sodass auch die genaue Temperierung der Luftmasse im Detail noch unklar ist.
Jedenfalls steuern wird aber auf antizyklonalen Einfluss zu.

+192h ... +240h: Es wird nur ein Cluster simuliert, das "Atlantic Ridge"
darstellt. In der erweiterten Mittelfrist zonalisiert die Strömung über dem
Kontinent etwas und ein Trog schwenkt über den Norden Europas hinweg. Der
Vorstoß wieder etwas kühlerer Luft scheint also nicht ausgeschlossen.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


GEWITTER:

Am Freitagnachmittag und in der Nacht zum Samstag im Nordwesten einzelne starke
Gewitter mit Starkregen, Sturmböen und Hagel möglich. Am Samstag im Südosten
ebenfalls starke Gewitter mit ähnlichen Begleiterscheinungen wahrscheinlich,
Unwetter durch schwere Gewitter dabei gering wahrscheinlich. Außerdem ist im
Bereich der Kaltfront auch ungewittriger Starkregen (6-stündig) nicht
ausgeschlossen.
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Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW-det/EZMW-prob/MOS-EZ (ICON wird beim Timing der Kaltfront verworfen)
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VBZ Offenbach / Mag.rer.nat. Florian Bilgeri