DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

18-05-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Montag, den 18.05.2020 um 10.30 UTC



Zum Feiertag meist freundlich und teils sommerlich warm. Am Samstag markanter
Kaltfrontdurchgang, danach wieder rasche Wetterberuhigung, aber nur zögernde
Erwärmung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Montag, den 25.05.2020


Ein kurzer, durchaus sommerlich geprägter Witterungsabschnitt wird in der Nacht
zum und am Samstag mit einem knackigen Kaltfrontdurchgang wieder beendet - so
lässt sich die Wetterentwicklung im Mittelfristzeitraum in aller Kürze
zusammenfassen.
Nun die Entwicklung im Detail:
Am Donnerstag befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines Höhenrückens,
der sich von Südwesteuropa über das westliche Mitteleuropa und die Nordsee
nordwärts bis ins Nordmeer erstreckt. Der Rücken wird gestützt durch kräftige
WLA vorderseitig eines sich regenerierenden Langwellentroges über dem mittleren
Nordatlantik. An dessen Südflanke verlagert sich ein markanter kurzwelliger
Randtrog bis Freitagmittag ins Seegebiet westlich von Schottland, so dass die
Rückenachse vor allem mit ihrem Nordteil etwas nach Osten verdrängt wird.
Der Höhenrücken stützt wiederum eine Hochdruckzone im Bodenfeld, die sich -
ausgehend von einem Hochdruckgebiet über Skandinavien - südwestwärts bis nach
Mittel- und Südwesteuropa erstreckt und auch dem Vorhersagegebiet einen
freundlichen und vor allem im Westen und Süden (T850 hPa dort 9 bis 13 Grad)
auch warmen Feiertag beschert. In den Nordosten gelangen vom Baltikum und der
Ostsee her noch etwas kühlere Luftmassen (4 bis 8 Grad in 850 hPa). Die
Nordwesthälfte wird von einer ersten Warmfront gestreift, im Warmsektor gelangen
potenziell instabile Luftmassen dorthin, ob es für einzelne Schauer oder
Gewitter reicht, ist aber noch fraglich.
Am Freitag kommt der Höhentrog über dem Nordatlantik ostwärts voran und erreicht
bis Samstag, 00 UTC die Britischen Inseln. Der vorgelagerte Höhenrücken verliert
an Wellenlänge und schwenkt mit seiner Achse nach Mitteleuropa bzw.
Mittelskandinavien. Ein mit dem Trog korrespondierendes kräftiges Bodentief
zieht vom nahen Ostatlantik bis Samstag, 00 UTC ins Seegebiet nördlich von
Schottland. Dessen Warmfront greift im Tagesverlauf mit dichten Wolkenfeldern
und zeitweiligen Regenfällen auf den Westen und Norden Deutschlands über, die
Kaltfront erreicht in der Nacht zum Samstag den Nordwesten. Im Warmsektor
gelangt noch einmal ein Schwall Subtropikluft vor allem in den Süden und in die
Mitte des Landes. Mit der Kaltfront greifen dann schauerartige, teils gewittrige
Regenfälle nachts auf den Nordwesten des Landes über.
Am Samstag wird der Höhenrücken nach Osteuropa abgedrängt und die Achse des
Höhentroges greift von den Britischen Inseln her in der Nacht zum Sonntag auf
Mitteleuropa über.
Die Kaltfront überquert bis Samstagabend mit schauerartigen, teils gewittrigen
Regenfällen das gesamte Vorhersagegebiet, wird durch Wellenbildung aber
eventuell kurzzeitig zurückgehalten, so dass präfrontal im Südosten des Landes
bei Einbeziehung potenziell instabiler Luftmassen subtropischen Ursprungs (T850
hPa zwischen 11 und 13 Grad) eine markante Gewitterlage nicht ausgeschlossen
ist.
Postfrontal folgt ein Schwall maritimer Polarluft (T850 hPa nur noch 1 bis 4
Grad), dabei schiebt sich der Keil eines sich über der Biskaya verstärkenden
Hochdruckgebiets in der Nacht zum Sonntag von Westen her nach Mitteleuropa.
Somit klingen die Niederschläge nach Abzug der Kaltfront rasch ab und die Wolken
lockern auf; bei länger klarem Himmel kann in ungünstigen Lagen Bodenfrost nicht
ausgeschlossen werden.
Am Sonntag verlagert sich der Schwerpunkt des Hochs von der der Biskaya
allmählich nach Südengland, am Montag weiter zur südlichen Nordsee. An dessen
Nordostflanke gelangen in den Norden und Osten des Landes von Nordwesten her
recht kühle bis mäßig warme und teils auch wolkenreiche Luftmassen,
Niederschläge fallen aber kaum und zwischendurch zeigt sich ab und zu auch die
Sonne. Der Süden und Westen bleiben dagegen - südlich der Divergenzachse des
Hochs gelegen - im Einflussbereich recht trockener Luft, dort scheint häufig die
Sonne. Die 850 hPa-Temperatur steigt dort bis Montagmittag auf 4 bis 8 Grad,
während sie im Nordosten bei 3 Grad verharrt.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt der Schwerpunkt hohen Luftdrucks nach
Lesart des IFS eher über den Britischen Inseln, wird dort Mitte der Woche sogar
regeneriert, so dass an dessen Ostflanke zwar relativ trockene, aber nur mäßig
warme Luftmassen von Nordwesten her nach Mitteleuropa gelangen.

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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Bereits am Freitag beginnen der aktuelle Lauf und die beiden gestrigen Läufe zu
divergieren. Ein kräftiger Höhentrog über Osteuropa blockiert zu Beginn der
Mittelfrist im aktuellen IFS-Lauf den auf Mitteleuropa übergreifenden
Höhenrücken, so dass dessen Achse erst in der Nacht zum Samstag Mitteleuropa
ostwärts überquert. Während das in den beiden Vorläufen bereits am Freitag der
Fall war. Entsprechend greift auch die Kaltfront erst Samstagfrüh auf den
Nordwesten über, während sie nach Lesart des gestrigen 00 UTC-Laufes dann
bereits die Alpen erreichte.
Die Differenzen setzen sich am Sonntag fort: Im aktuellen Lauf überquert der
Höhentrog überquert bis Sonntagmittag das Vorhersagegebiet rasch ostwärts,
gefolgt von einem Höhenrücken, der bis Sonntagabend bereits auf die Nordsee
übergreift. Beide gestrigen IFS-Läufe hatten dagegen für den Sonntag eine
Regenerierung des Höhentroges über Mitteleuropa auf der Agenda. Von einer
raschen Wetterberuhigung also keine Spur, kühles und sehr wechselhaftes
Schauerwetter stünde nach beiden Varianten für den Sonntag auf der Agenda.
Zu Wochenbeginn ließ der gestrige 00 UTC-Lauf den Höhentrog nur langsam über
Mitteleuropa nach Süden ziehen, während dessen Achse im gestrigen 12 UTC-Lauf
allmählich nach Osteuropa vorankam. Nach Lesart beider Varianten wäre auch der
Montag noch unbeständig und kühl mit einzelnen Schauern verlaufen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Am Donnerstag unterscheiden sich alle vorliegenden Modelle nicht signifikant.
Unterschiede ergeben sich aber im Detail: Vorderseitig des sich Mitteleuropa
annähernden Höhenrückens wird ein flacher Kurzwellentrog am Donnerstagabend und
in der Nacht zum Freitag über Westdeutschland hinweg südostwärts geführt. Der
erweist sich allerdings nach Lesart der meisten Modelle als kaum wetterwirksam
(ein paar Wolkenfelder, ein kurzes Gewitter in erster Linie im Bergland nicht
ausgeschlossen. Lediglich GFS simuliert im Westen und in der Mitte verbreitet
Schauer und Gewitter, hat diesen Trog auch etwas markanter im Programm, neigt
aber generell auch zu einer Übertreibung konvektiver Niederschlagssignale.
Die Frontpassage am Freitag/Samstag betreffend, werden die Unterschiede
allerdings substanzieller. Während GFS und GEM der IFS-Variante ähneln, lässt
ICON - mangels Blockade durch einen Höhentrog über Osteuropa - den Höhenrücken
deutlich rascher über Mitteleuropa hinweg ostwärts ziehen. Infolgedessen greift
ein vorlaufender Höhenrücken bereits in der Nacht zum Samstag auf die Nordsee
über und das Frontensystem, respektive die Kaltfront, kommen deutlich schneller
voran als in den übrigen Modellen. Bereits Samstagfrüh erreicht diese nach
Lesart des ICON die mittleren Landesteile, wird dort allerdings durch eine
Wellenentwicklung vorderseitig eines markanten Kurzwellentroges zurückgehalten.
Dadurch nähert sich die ICON-Variante aber wieder den Versionen der anderen
Globalmodellen an, denn bis zum späteren Samstagabend wird auch der äußerste
Südosten Deutschlands von der Kaltfront passiert.
Nach Abzug des Höhentroges setzt sich dann nach Lesart aller Modelle rasch
wieder Wetterberuhigung und Hochdruckeinfluss durch. Dabei fällt dieses Mal
allerdings das GFS etwas aus dem Rahmen: Es lässt als einziges vorliegendes
Modell die Achse des Höhenrückens am Montag auf Mitteleuropa übergreifen, so
dass sich der Schwerpunkt des Bodenhochs bis Montagmittag nach
Nordostdeutschland verlagert und somit von Nordosten her trockene und wolkenarme
Luftmassen ins Vorhersagegebiet gelangen. Alle anderen Modelle simulieren die
Rückenachse eher über Westeuropa bzw. über dem westlichen Mitteleuropa und der
Nordsee. Der Schwerpunkt des Bodenhochs befindet sich dann eher westlich bzw.
nordwestlich des Vorhersagegebietes und an der Ostflanke des Hochs gelangen
zeitweise etwas wolkenreichere Luftmassen vor allem in den Norden und Osten des
Landes. Bezgl. Der Temperaturen in 850 hPa unterscheiden sich die Modelle
dagegen nur wenig, GFS hat insgesamt um 1 bis 3 K höhere Werte auf der Agenda.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die drei Cluster zu Beginn des Mittelfristzeitraumes (T+72 bis 96 h)
unterscheiden sich für Mitteleuropa kaum. Alle haben den zunächst noch
blockierenden, von Südwest- über das westliche Mitteleuropa bis zum Nordmeer
reichenden Höhenrücken auf der Agenda, der von Westen her mit Übergreifen der
Frontalzone vom Nordatlantik auf die Britischen Inseln aber allmählich abgebaut
wird.
Im Zeitraum T+120 bis 168 h verteilen sich die 49 Ensemblemitglieder, Haupt- und
Kontrolllauf ebenfalls auf drei Cluster (jeweils 21, 18 und 12 Member, Haupt-
und Kontrolllauf in Cluster 2). Der blockierende Höhenrücken wird nach Osten
abgedrängt und nach Lesart von Cluster 1 und 2 passiert der sich abschwächende
Höhentrog rasch Mitteleuropa ostwärts. Nach dessen Passage baut sich zu
Wochenbeginn über Westeuropa wieder ein markanter Höhenrücken auf, der sich
Richtung Nordsee bzw. westliches Mitteleuropa ausweitet. Dieses Szenario ähnelt
sehr dem Hauptlauf.
Nach Lesart des Cluster 3 kann sich der Höhentrog hingegen eine Zeitlang über
Mittel- und Nordosteuropa "einnisten", der sich ebenfalls aufbauende markante
Höhenrücken bleibt mit seiner Achse vorerst sogar noch westlich der Britischen
Inseln; eine Variante, die wiederum den gestrigen IFS-Hauptläufen ähnelt.
Die erweiterte Mittelfrist (T+192 bis 240 h) hat ebenfalls drei Cluster auf der
Agenda (jeweils 19, 19 und 13 Member, Hauptlauf in Cluster 1, Kontrolllauf in
Cluster 2). Alle drei Cluster zeigen zunächst ein markantes Blocking über
West-/Südwesteuropa, wobei sich die Achse des Höhenrückens meist von
Südwesteuropa über die Britischen Inseln oder die Nordsee bis ins Nordmeer bzw.
nach Skandinavien erstreckt und sich allmählich etwas nach Osten verlagert (vor
allem nach Cluster 1 und 2 können zum Ende hin schwache Tröge zumindest wieder
auf die Britischen Inseln übergreifen). Somit dürfte in der erweiterten
Mittelfrist über Mitteleuropa überwiegend Hochdruckwetter dominieren, wobei sich
eine allmähliche Verlagerung des Schwerpunkts hohen Luftdruckes nach Ost- oder
Nordeuropa andeutet und damit eventuell wärmere Luftmassen den Weg nach
Mitteleuropa finden könnten.

Die Rauchfahnen für verschiedene Gitterpunkte im Vorhersagegebiet stützen die
vom Hauptlauf simulierte Entwicklung und auch die Clusteranalysen. Der markante
Temperaturrückgang mit Kaltfrontpassage in der Nacht zum und am Samstag
vollzieht sich in einem relativ engen Spread und alle Member haben auch mehr
oder weniger deutliche Niederschlagssignale auf der Agenda, allerdings keine
exorbitant hohen Mengen.
Danach "erholt sich" die Temperatur zu Beginn übernächster Woche nur langsam,
das Gros der Member bewegt sich am Montag für einen etwa in der Mitte
Deutschlands gelegenen Gitterpunkt zwischen 2 und 6 Grad. Einige "Ausreißer"
peilen am Dienstag/Mittwoch allerdings auch Werte deutlich über 10 Grad an.

Fazit:
Der markante Kaltfrontdurchgang in der Nacht zum und am Samstag scheint
gesichert, wobei es im Detail durchaus noch Unsicherheiten gibt, z.B. was eine
eventuelle markante Gewitterlage (bis hin zu Unwetter) am Samstag in
Süddeutschland angeht. Zumindest sollte es nahezu überall Niederschläge geben.
Danach deutet sich - im Gegensatz zur gestrigen Prognose - nach allen
vorliegenden Modellen eine rasche Wetterberuhigung und zum Leidwesen einiger
Landwirte erneut ein längerer trockener Witterungsabschnitt an. Hochsommerliche
Temperaturen stehen aber vorerst wohl nicht ins Haus. Im Gegenteil: Bei
ungünstiger Ausrichtung des Höhenrückens können vor allem in den Norden und
Osten von Nordwesten her vordringende, nur mäßig warme und zeitweise auch
wolkenreiche Luftmassen dem ein oder anderen die "Sommerlaune" durchaus
vermiesen. GFS fährt im 00 UTC-Lauf dabei noch die günstigste Variante, aber
auch danach dürfte es zu Beginn kommender Woche lediglich im Südwesten für einen
Sommertag reichen.

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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI zeigt keine Signale für außergewöhnliche Wettererscheinungen.

Im Vorfeld der Kaltfront deutet sich für einige Regionen Deutschlands eine
markante Gewitterlage an. Am Freitag und in der Nacht zum Samstag könnte das im
Norden und Westen sowie in der Mitte des Landes der Fall sein. Als
Begleiterscheinungen eventueller Gewitter kommen Starkregen, kleinkörniger Hagel
und Sturmböen in Frage. Die Wahrscheinlichkeit für Unwetter ist aus heutiger
Modellsicht dort aber nur sehr gering.
Größer ist sie dagegen am Samstag - vor allem nachmittags und abends - in
Süddeutschland, vor allem, wenn es im Vorfeld der Kaltfront noch zu einem
Einschub potenziell instabiler Luftmassen subtropischen Ursprungs kommen sollte.
Am ehesten könnte das im Süden und Südosten Bayerns der Fall sein.
Mit Kaltfrontpassage und unmittelbar postfrontal steigen vor allem im
Nordwesten, in erster Linie im Nordseeumfeld, die Wahrscheinlichkeit für
stürmische Böen (Bft 8).
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Basis für Mittelfristvorhersage
IFS, IFS-EPS, MOSMIX
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Jens Winninghoff