DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

13-05-2020 18:01
SXEU31 DWAV 131800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 13.05.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Süden teils länger anhaltender Regen, Dauerregen gering wahrscheinlich, in
den Hochlagen der Alpen sowie teilweise im Schwarzwald und im Küstenumfeld
steife bis stürmische Böen, exponiert Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... ist Deutschland aus Wettersicht dreigeteilt.
Das Wetter im Norden wird von einem Höhentiefkomplex über Nord- und
Nordosteuropa geprägt, der bodennah mit einer großräumigen Tiefdruckzone
einhergeht. Ausgehend vom südlichen Drehzentrum des Höhentiefkomplexes über der
nördlichen Ostsee erstreckt sich ein Kurzwellentrog von Südschweden und Dänemark
hinweg bis nach Nordostfrankreich und schwenkt bis Donnerstagmorgen über den
Norden und die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts. Am Boden korreliert der Trog
mit einem kleinräumigen und schwach ausgeprägten Tief mit Kern über Mecklenburg.
Die zugehörige Kaltfront nimmt dabei in der niedertroposphärischen Nordströmung
auf der Westflanke der Tiefdruckzone über Skandinavien und dem Nordmeer Fahrt
nach Süden auf.

In der Mitte des Landes gelangt der Höhentrog sowie auch die zum Bodentief über
Nordostdeutschland gehörenden Kaltfront in der unteren Troposphäre unter
antizyklonale Strömungsverhältnisse. Ausgehend vom Meeresgebiet westlich der
Britischen Inseln kann sich bodennah hoher Luftdruck über die Nordsee bis in die
Mitte und den Osten des Landes ausdehnen, der die dynamischen Hebungsprozesse
des Troges sowie der Front bodennah dämpft. Konvektion ist meist erst oberhalb
von 800 hPa simuliert und reicht in der Höhe bis zu einer markanten Inversion in
etwa 650 hPa, oberhalb welcher sehr trockene Luft einsickert. Nachfolgend sollte
der Trog samt Kaltfront in der Mitte des Landes überwiegend nur mit dichteren
Wolken und weniger mit Niederschlägen einhergehen. Allenfalls im Nordosten
bleibt die Schichtung im Trogbereich auch über die Nacht hinweg potentiell
instabil, sodass dort die Schauertätigkeit anhält und örtlich mit einzelnen
steifen Böen in Verbindung steht. Die Gewitterwahrscheinlichkeit ist dabei als
gering anzusehen. Bei insgesamt zunehmend absinkender Luft sorgt längeres
Aufklaren für sinkende Temperaturen teils bis in den Frostbereich. Am Boden
tritt im Norden und Nordwesten verbreitet Frost auf.

Teile Süddeutschlands sowie die südliche Mitte des Landes liegen zwischen dem
Höhentiefkomplex über Nord- und Nordosteuropa sowie einem Höhenrücken über dem
zentralen und östlichen Mittelmeerraum zudem in einer konfluenten Höhenströmung,
die zusätzlich Absinken generiert und etwa zwischen Main und Donau gebietsweise
Wolkenauflockerungen zulassen. Südlich an diesen Bereich angrenzend ist weiter
eine Tiefdruckrinne aktiv, die vom Meeresgebiet westlich der Iberischen
Halbinsel bis nach Tschechien reicht und dabei über mehrere Kerne verfügt.
Sowohl dynamische Hebungsprozesse im Bereich der Tiefdruckrinne, als auch
Aufgleitprozesse feuchtwarmer Subtropikluft, die vorderseitig der Tiefs über dem
Alpenraum nordwärts geführt wird, sorgen schließlich im Süden Deutschlands noch
für länger anhaltende und teils konvektiv durchsetzte Niederschläge, die sich
allerdings langsam Richtung Alpenraum zurückziehen. Dabei gibt es vom ICON-EPS
bei Wahrscheinlichkeiten bis 10% geringe Hinweise für das Erreichen der
Dauerregenschwelle von 30 l/qm/24h.

Donnerstag ... liegen der Norden und Osten Deutschlands weiter im
Einflussbereich des Höhentiefkomplexes über Nord- und Nordosteuropa, wobei die
Trogachse das Land ostwärts verlässt. Aufgrund fehlender kurzwelliger Anteile
sowie durch Absinkprozesse aufgrund von KLA lässt die Schaueraktivität nach bzw.
klingt völlig ab. Allenfalls am Erzgebirge sind auch staubedingt noch etwas
länger leichte Niederschläge im Programm. Ansonsten driften von der Nordsee her
höchsten einige flache, aber harmlose Wolkenfelder ins Land. In der Nacht zum
Freitag sorgt längeres Aufklaren schließlich gebietsweise für Luftfrost und
verbreitet für Bodenfrost.
Da sich in der Höhe zwischen dem Höhenhoch über dem Nordostatlantik und dem
Rücken über dem Mittelmeerraum eine Brücke hohen Geopotentials ausbildet, kann
sich auf der Nordflanke der Achse bodennah der hohe Luftdruck kräftigen und
weiter nach Osten bis nach Osteuropa vordringen. Dabei wird auch die
Tiefdruckrinne nach Süden geschoben, sodass sie zunehmend an Einfluss auf das
Wetter in Deutschland verliert. Demnach soll es bevorzugt nur noch im Südosten
Bayerns noch Aufgleitniederschläge geben. Durch die absinkende, sehr trockene
Luft aus höheren Luftschichten sowie die antizyklonalen, bodennahen
Strömungsverhältnisse wird zudem der über der südlichen Mitte liegenden
Kaltfront die Wetteraktivität genommen. Die Hebungsprozesse, die sich allenfalls
im Höhenbereich zwischen 800 und 650 hPa geringfügig auswirken, gehen dabei
meist nur mit dichteren Wolken einher und weniger mit Niederschlägen. Der Wind
spielt insgesamt eine untergeordnete Rolle. Neben geringen Hinweisen für
einzelne warnwürdige Böen Bft 7 an der Nordsee bei auflandigem Wind, gibt es
auch im Südwesten noch Signale für entsprechende Windspitzen. Im Hochschwarzwald
sowie auf den Alpengipfeln sind auch einige stürmische Böen nicht
ausgeschlossen. Je nach genauer Lage der kleinräumigen Tiefs über dem Alpenraum
bzw. Norditalien ist auch eine schwache Bise im Bereich des Möglichen.

Freitag ... werden ein kleinräumiges Höhentief samt korrelierendem Bodentief,
welche sich am Vortag vom hochreichenden Tiefkomplex über der Iberischen
Halbinsel lösten und im Verlauf mit der Höhenströmung nordöstwärts wanderten,
vom Haupttrog des Höhentiefkomplexes über Nord- und Nordosteuropa im Bereich der
Schweiz eingefangen und als Randtrog weiter nach Osten geführt. Mit diesem
Prozess wird auch die Tiefdruckrinne, die am Freitag von der Iberischen
Halbinsel bis nach Osteuropa reicht, regeneriert und die trogvorderseitige
Luftmassengrenze unter Intensivierung über die Alpen wieder etwas weiter nach
Norden geschoben. Als Folge muss zunächst vom Hochrhein bis zum Bayerischen Wald
mit länger anhaltenden, teils konvektiv verstärkten Regenfällen gerechnet
werden. Nach Abzug des Troges sowie rückseitig des korrelierenden Bodentiefs
werden diese wieder zurück zu den Alpen gedrängt. Dabei gibt es sowohl vom
C-Leps als auch vom ICON-EPS vom Bayerischen Wald bis zum östlichen Alpenrand
bei Wahrscheinlichkeiten bis 15% geringe Hinweise für 12-stündigen Dauerregen
über 25 l/qm.
Der angesprochene Haupttrog des Höhentiefkomplexes über Nord- und Nordosteuropa,
dessen Achse von der Ostsee südostwärts über Deutschland hinweg verläuft,
bestimmt auch das Wetter im Norden und Nordosten des Landes. Durchschwenkende
kurzwellige Anteile sowie insgesamt hochreichend zyklonale Strömungsverhältnisse
generieren Hebung, sodass unterhalb einer Absinkinversion in etwa 700 bis 800
hPa leicht labil geschichtete Meeresluft vordringt, zu Quellwolken und
schließlich gebietsweise zu kurzen Schauern führt. Diese können dabei mit
steifen Böen bis 60 km/h (Bft 7) einhergehen.
Im Rest des Landes dominiert weiter der Höhenrücken über dem Ostatlantik, der am
Boden mit einem ausgeprägten Hochdruckgebiet in Verbindung steht, welcher sich
ausgehend vom Meeresgebiet westlich der Britischen Inseln ostwärts über die
Mitte Deutschlands bis nach Südpolen erstreckt. Zusammen mit der absinkenden,
sehr trockenen Luft in der Höhe wird in einem Streifen über die Mitte hinweg
nahezu sämtliche Konvektion unterbunden, sodass die Sonne dort länger scheinen
kann.

Samstag ... dominiert weiter tiefes Geopotential über Skandinavien und dem
Nordmeer. Das zugehörige Tiefdruckgebiet ist mit hochreichender Kaltluft
angefüllt, die wie die Tage zuvor auch den Norden Deutschlands streift
(850-hPa-Temperatur dort ~ -1 °C). Flankiert wird dieses Tiefdruckgebiet im
Norden vom Polarhoch, dessen Achse sich Richtung Grönland schiebt. Dieser Rücken
baut in der Höhe nachfolgend eine Verbindung zu dem zum Azorenhoch
korrelierenden Rücken auf, der sich über dem Atlantik nordostwärts ausbreitet.
Deutschland befindet sich dabei in einer westlichen bis nordwestlichen,
überwiegend zyklonal geprägten Höhenströmung. Während über den äußersten Norden
wiederholt kurzwellige Anteile hinwegsteuern und zusammen mit bodennahem
Tiefdruckeinfluss das Wetter unbeständig und zu Schauern neigend gestalten,
profitiert der Rest des Landes vom Ausläufer des Azorenhochs, der sich weiterhin
vom Atlantik über die Mitte und den Süden des Landes ostwärts erstreckt und
durch Absinken trockener Luft den Wolken kaum eine Chance lässt. Die
Luftmassengrenze zur deutlich wärmeren subtropischen Luft liegt am
Alpenhauptkamm. Gestützt durch die Hebung am linken Jetausgang an der
Nordostflanke des Troges, breiten sich von dort aus Niederschläge auf
Süddeutschland aus.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die großskaligen synoptischen Entwicklungen und Prozesse werden von ICON, IFS
und GFS vergleichbar simuliert. Selbst das kleinräumige, über die gesamte
Troposphäre erkennbare Tief, das sich am Donnerstag über Spanien löst und bis
Freitagabend an den Haupttrog ankoppelt bzw. bodennah die Tiefdruckrinne
regeneriert, wird sehr ähnlich prognostiziert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Lars Kirchhübel