DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

12-05-2020 17:01
SXEU31 DWAV 121800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.05.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Weiterhin "Trograndlage"; im Norden einzelne Schauer, im Süden vorübergehend
regnerisch, dazwischen freundlich. Kühl, in den Nächten örtlich Frost.
Voraussichtlich keine markanten Wettererscheinungen.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich Deutschland weiterhin im Einflussbereich eines
umfangreichen Langwellentroges über Nordeuropa unterhalb einer leicht
diffluenten westnordwestlichen Höhenströmung. Mit Überströmung des Norwegischen
Küstengebirges wurde über Südschweden ein Sekundärtrog generiert, der sich im
Laufe der Nacht zur mittleren Ostsee verlagert. Dessen Trogachse streift von der
Nordsee und Jütland her auch den Norden und Nordosten des Vorhersagegebietes.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief zieht im Laufe der Nacht ebenfalls
zur mittleren Ostsee und beginnt sich mit achsensenkrechter Exposition zum
Drehzentrum des Troges allmählich aufzufüllen. Von ihm aus reicht ein flacher
Bodentrog Richtung Westsüdwest, dieser schwenkt bis Mittwochfrüh nach
Norddeutschland.
Somit klingen die Schauer an den Küsten und im angrenzenden Binnenland bzw. im
Nordosten im Laufe der Nacht nur zögernd bzw. vorübergehend ab, mit Übergreifen
der Tiefdruckrinne lebt die Schauertätigkeit in der zweiten Nachthälfte an den
Küsten und in Schleswig-Holstein wieder auf. Vereinzelte kurze Graupelgewitter
können nicht ausgeschlossen werden, die Wahrscheinlichkeit dafür ist aber vor
allem nachts sehr gering.
Der anfangs noch lebhafte West- bis Nordwestwind nimmt sowohl tagesgangbedingt
als auch aufgrund des mit Übergreifen der Rinne auffächernden Gradienten ab und
spielt etwa ab Mitternacht warntechnisch (außer in der Nähe eventueller
Gewitter) keine Rolle mehr.
Die Mitte und anfangs auch der Süden des Landes bleiben dagegen noch im
Einflussbereich einer Hochdruckbrücke. Diese erstreckt sich - ausgehend von
einer kräftigen und hochreichenden Antizyklone mit Schwerpunkt südlich von
Island über weite Teile der Britischen Inseln und Mitteleuropa bis nach Rumänien
bzw. zur Ukraine. Die Achse dieser allerdings bereits "schwächelnden" Brücke
verläuft in etwa über die Mitte Deutschlands hinweg ostwärts. Im Laufe der Nacht
wird sie weiter abgebaut, einerseits mit der Trogpassage von Norden her,
andererseits aber auch von Südwesten her. Ursache dafür ist ein aus einem in
etwa über der Iberischen Halbinseln liegenden Höhentiefkomplex herauslaufender
Kurzwellentrog, der morgens Südwestfrankreich erreicht und auf dessen
Vorderseite bis nach Süddeutschland reichend mitteltroposphärisch WLA einsetzt.
Dynamisch noch zusätzlich gestützt durch etwas PVA, kann sich eine
Tiefdruckrinne von Südfrankreich nordostwärts bis in den Alpenraum ausweiten und
somit setzt auch in Süddeutschland Druckfall ein. Dadurch verstärkt sich dort
die östliche Bodenströmung und es kommt in Kombination mit der westlichen
Höhenströmung eine Gegenstromlage in Gang. Die über die Nordalpen verlaufende
Luftmassengrenze, die die nach Deutschland eingeflossene Polarluft (T 850 hPa
zwischen -4 Grad im Norden und 0 Grad an der Donau) von deutlich wärmerer Luft
weiter südlich trennt, wird dadurch wieder aktiviert, so dass an deren
Nordflanke Aufgleitniederschläge einsetzen, die sich morgens in etwa bis zur
Donau und zum Südschwarzwald ausweiten. Mit steigender Temperatur in der
niederen und mittleren Troposphäre dürfte die Phase warntechnisch keine Rolle
mehr spielen und auch die Mengen bleiben mit wenigen mm gering.
In den mittleren Landesteilen bleibt es dagegen überwiegend aufgelockert bis
gering bewölkt. Vor allem dort muss erneut verbreitet mit Frost in Bodennähe und
in ungünstigen Lagen auch mit Luftfrost gerechnet werden.

Mittwoch ... schwenkt ein weiterer kurzwelliger Randtrog bis zum Abend über die
Nordsee hinweg südwärts nach Nordwestdeutschland. Der Kurzwellentrog über
Südwestfrankreich kommt nach Nordosten voran, befindet sich abends über
Nordfrankreich und wird vom Randtrog quasi "eingefangen". Die Höhenströmung über
dem Vorhersagegebiet dreht somit auf Westsüdwest. Zum Abend hin sind zwei
PVA-Maxima auszumachen: Einerseits über BeNeLux und Nordwestdeutschland,
andererseits über Nordostfrankreich.
Die Hochdruckbrücke wird somit endgültig abgebaut, allerdings setzt rückseitig
des Randtroges über den Britischen Inseln und der Nordsee aufgrund von KLA
wieder Druckanstieg ein und bis zum Abend kann sich ein Hochkeil wieder bis zur
Deutschen Bucht ausweiten. Die flache Tiefdruckrinne über Norddeutschland
schwenkt noch etwas südwärts, füllt sich aber ebenfalls auf. Mit ihr kommen auch
die Schauer (die meisten an der Nordflanke der Rinne) etwas nach Süden voran, in
etwa bis zum Niederrhein bzw. bis nach Nordbrandenburg. Mit dem Tagesgang, aber
auch mit dem sich ein wenig verstärkenden dynamischen Hebungsantrieb (IPV- und
PVA-Maxima in den Abendstunden) intensivieren sie sich eventuell etwas bzw.
treten verbreiteter auf. Die Labilität reicht bis etwa 600 hPa (im Nordosten)
bzw. 650 hPa (im Westen), so dass kurze Graupelgewitter nicht ausgeschlossen
sind, aber wohl eher die Ausnahme bleiben dürften. Mit Annäherung des Hochkeiles
setzen sich am Nachmittag und Abend im Nordseeumfeld und wohl auch an der Ostsee
wieder rasch trockenere Luftmassen durch (PPW-Werte 5 bis 8 mm, im Bereich der
Schauer dagegen 11 bis 15 mm), so dass sich dort dann wieder häufig die Sonne
durchsetzt und es keine Schauer mehr geben dürfte. Allerdings frischt der Wind
dann wieder aus Nord auf, für warnrelevante Böen dürfte das aber selbst an der
Nordsee nicht reichen.
Mit der Rückdrehung der Höhenströmung kommt die von Zentralfrankreich über die
Nordalpen hinweg nach Osten verlaufende Luftmassengrenze etwas weiter nach
Norden voran. Während die Temperatur in 850 hPa im Nordwesten mit Annäherung des
Randtroges etwas absinkt (Mitte und Norden zwischen 0 und -4 Grad), steigt sie
im Süden dagegen an (zwischen 6 Grad an den Alpen und 2 Grad an der Donau). Die
Gegenstromlage verstärkt sich noch etwas, da vor allem bodennah der Gradient
zunimmt (mit Übergreifen des Hochkeils auf die Deutsche Bucht), zudem kommt zum
Abend hin von Südwesten her auch mehr und mehr dynamische Hebung ins Spiel (das
oben angesprochene PVA-Maximum). Dadurch können sich die Niederschläge
intensivieren und kommen auch weiter nach Norden, etwa bis zu einer Linie
Nordbaden - Fichtelgebirge, voran. Die höchsten Mengen werden dabei mit 5 bis
nahe 15 mm in 12 Stunden in einem Streifen entlang bzw. knapp nördlich der Donau
simuliert.
Die dichten Wolken kommen in etwa bis zum Main voran. Somit sind längere sonnige
Abschnitte neben dem Küstenbereich am ehesten noch von der Eifel bzw. dem
Saarland ostwärts bis zur Oberlausitz zu erwarten, dort bleibt es auch trocken.
Die Temperatur macht angesichts der Luftmasse weiterhin keine großen Sprünge. An
den Küsten sowie m Dauerregen in Süddeutschland werden grade mal Werte zwischen
8 und 12 Grad erreicht (eventuell lockern die Wolken direkt an den Alpen etwas
auf, dann sind dort auch 15 Grad drin), aber auch sonst bleibt es mit 11 bis 15,
im Rhein-Main-Gebiet vielleicht 16 Grad recht frisch.

In der Nacht zum Donnerstag schwenkt der kurzwellige Randtrog über den Norden
und die Mitte Deutschlands hinweg südostwärts. Die Schauer auf dessen
Vorderseite kommen somit ebenfalls noch etwas nach Südosten voran, schwächen
sich aber insgesamt wieder ab. Trogrückseitig weitet sich von der Nordsee her
der Bodenhochkeil nach West- und Norddeutschland aus, dort bleibt es trocken und
der Himmel klart gebietsweise auf, wobei eventuell von der Nordsee her einige
SC-Felder, die sich an der Absinkinversion in etwa 800 hPa ausbreiten, noch
etwas landeinwärts ziehen. Die niedertroposphärische KLA verstärkt sich noch
etwas, in 850 hPa sinkt die Temperatur auf -6 Grad im Nordseeumfeld und -2 Grad
im zentralen Mittelgebirgsraum. Bei gering bewölktem Himmel muss somit recht
verbreitet mit Frost in Bodennähe gerechnet werden, in windgeschützten Ecken
kann es auch leichten Luftfrost geben.
Die Luftmassengrenze über Süddeutschland kann auf der Vorderseite des Troges vor
allem nach Osten zu vorübergehend noch etwas weiter nach Norden vorankommen, so
dass die Niederschläge eventuell auch Nordbayern und das Erzgebirge erfassen
(nach dem aktuellsten ICON-EU-Lauf allerdings nicht mehr). Dorthin sickert
niedertroposphärisch von Norden her allerdings schon wieder etwas kältere Luft
(um -2 Grad in 850 hPa), so dass in den Erzgebirgskammlagen auch einige
Schneeflocken nicht ausgeschlossen sind. Die höchsten Mengen werden nach wie vor
etwa entlang und knapp nördlich der Donau simuliert. 24-stündig ergeben sich
dort 15 bis 25 mm (ICON-EU eher weniger), EURO4 hat auch über 30 mm auf der
Agenda, womit dann das Dauerregenkriterium erreicht wäre.

Donnerstag ... schwenkt der Kurzwellentrog rasch weiter nach Osteuropa und es
stellt sich über dem Vorhersagegebiet an der Südwestflanke des Langwellentroges
über Nordeuropa (Drehzentrum abends über dem Nordmeer) eine recht glatte
nordwestliche Höhenströmung ein. Diese ist noch leicht zyklonal konturiert,
allerdings sind keine Kurzwellentröge mehr auszumachen.
Der blockierende Höhenrücken über Nordwesteuropa bzw. über dem nahen Ostatlantik
wird etwas nach Süden abgedrängt, das korrespondierende Bodenhoch verlagert
seinen Schwerpunkt ins Seegebiet westnordwestlich Irlands. Von ihm ausgehend
reicht ein Hochkeil bis nach Norddeutschland, der sich noch etwas weiter nach
Osten ausweitet. Die Divergenzachse verläuft abends vom Emsland bis zur Lausitz.
Dabei kann sich unterhalb der Absinkinversion (in 850 hPa im Nordwesten und 750
hPa im Osten) flache Quellbewölkung ausbilden, für Schauer dürfte es aber nicht
mehr reichen und vor allem im Ostseeumfeld, die vom Skandenlee profitieren,
scheint auch überwiegend die Sonne.
Mit Abzug des Troges und dem Ausweiten des Hochkeils wird die Luftmassengrenze
wieder nach Süden abgedrängt und die Regenfälle in Süddeutschland klingen im
Tagesverlauf von Nordwesten her rasch ab. Lediglich in Südostbayern fallen bis
zum Abend noch wenige mm. Der Wind frischt im Tagesverlauf vor allem in den
mittleren Landesteilen und im Südwesten aus Nordost auf, für warnrelevante Böen
dürfte es aber nicht reichen.
Nach wie vor kann sich die Luftmasse nur zögernd erwärmen (T 850 hPa am Abend
zwischen -4 Grad im Nordwesten und +3 Grad an den Alpen). Somit werden nach wie
vor nur Höchstwerte zwischen 9 Grad unter den dichten Wolken im Süden und 17
Grad mit Sonne gebietsweise am Rhein erreicht.

In der Nacht zum Freitag verlagert sich aus dem Höhentrogkomplex über
Südwesteuropa erneut ein Höhentief nach Südostfrankreich. Auf dessen Vorderseite
setzt über dem Alpenraum und Süddeutschland verstärkt WLA ein. Diese wird vor
allem im Laufe der zweiten Nachthälfte zunehmend gestützt durch PVA. Von Westen
her beginnt somit der Druck in den Nordalpen wieder zu fallen und die sich
dorthin zurückgezogene Luftmassengrenze wird aktiviert.
An Lage und Ausrichtung der über die Norddeutsche Tiefebene hinweg nach Osten
reichenden Hochdruckbrücke ändert sich dagegen nur wenig, so dass sich der
Gradient über Süddeutschland verschärft und vor allem in den Mittelgebirgen der
Wind aus Ost bis Nordost auffrischt. In den Kamm- und Gipfellagen einiger
Mittelgebirge reicht es eventuell für stürmische Böen oder Sturmböen (Bft 8 bis
9), zusätzlich können auch Low Level Jets lokal eng begrenzt warnrelevante Böen
generieren.
Die Gegenstromlage verstärkt sich wieder, Hebung und Aufgleiten führen dazu,
dass sich die Wolken nördlich der Luftmassengrenze über Süddeutschland erneut
verdichten und an den Alpen bzw. im Alpenvorland bereits leichte Regenfälle
einsetzen (IFS von 00 UTC lässt sie bis Freitagfrüh bereits wieder zur Donau
vorankommen).
In der Mitte und im Norden des Landes ändert sich dagegen nur wenig. Mit einer
sich etwas verstärkenden westnordwestlichen Grundströmung an der Südflanke eines
nach Südschweden schwenkenden Bodentroges werden eventuell etwas dichtere
Sc-Felder an die Küsten von Nord- und Ostsee bzw. ins angrenzende Binnenland
geführt, aus denen es aber kaum regnet. Ansonsten bleibt es aufgelockert bis
gering bewölkt. Vielerorts muss dann mit Frost in Bodennähe, in ungünstigen
Lagen zumindest bei klarem Himmel einmal mehr auch mit leichtem Luftfrost
gerechnet werden.

Freitag ... schwenkt das zunehmend an Kontur verlierende Höhentief von
Ostfrankreich rasch nach Südostdeutschland, wird als flacher Randtrog in den
nordeuropäischen Langwellentrogkomplex (Hauptdrehzentrum weiterhin über dem
Nordmeer) aufgenommen und verlagert sich bis zum Abend rasch nach Tschechien
bzw. Südpolen.
Im Bodenfeld kommt die anfangs noch trogvorderseitig gelegene Luftmassengrenze
am Vormittag vorübergehend wieder etwas nach Norden voran und die Niederschläge
(südlich einer Linie Südschwarzwald-Fichtelgebirge) intensivieren sich, ehe sie
bis zum Abend wieder Richtung Alpen zurückgedrängt wird. Die höchsten Mengen
werden (von allen Modellen übrigens recht unisono) mit 10 bis 20 mm /12 Stunden
in einem mehr oder weniger breiten Streifen vom Bodensee bis zum Oberpfälzer
Wald simuliert.
Die Hochdruckbrücke über der Norddeutschen Tiefebene schwächt sich mit Passage
eines weiteren Bodentroges weiter nördlich (Südskandinavien) vorübergehend ab,
wird aber nachmittags/abends von Westen erneut regeneriert und verlagert ihre
Divergenzachse ein wenig nach Süden. In ihrem Bereich scheint vor allem in den
mittleren Landesteilen neben lockeren Quellwolken (und zeitweiliger
Aufgleitbewölkung von Süden her) häufig die Sonne. In den Norden und Nordosten
des Landes gelangt unterhalb der Absinkinversion in etwa 700 bis 800 hPa leicht
labil geschichtete Meeresluft, innerhalb derer sich Quellwolken bilden, die sich
an der Inversion gebietsweise auch horizontal ausbreiten. Für nennenswerte
Niederschläge reicht es aber nicht und zwischendurch kann sich auch immer wieder
die Sonne zeigen, vor allem an den Küsten.
Am Temperaturniveau ändert sich allgemein nur wenig. Nur sehr zögernd kann sich
die eingeflossene maritime Polarluft niedertroposphärisch erwärmen (t850 hPa am
Abend zwischen -1 Grad im Norden und +3 Grad im Südwesten), entsprechend liegen
die Höchstwerte zwischen 11 und 16 Grad (mit Sonne im Westen und in Brandenburg
vielleicht bis 18 Grad, bei Dauerregen im Alpenvorland teils unter 10 Grad.
Der Wind weht vor allem in Süddeutschland zunächst noch lebhaft aus Ost bis
Nordost mit stürmischen Böen, exponiert Sturmböen in den Kamm- und Gipfellagen
der Mittelgebirge. Im Tagesverlauf flaut er ab. Im Norden lebt er dagegen aus
West bis Nordwest auf, an exponierten Abschnitten der Ostseeküste kann es
vereinzelt steife Böen geben.



Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Kleinere Differenzen gibt es lediglich bzgl. der simulierten
RR-Mengen in Süddeutschland. Einige hochauflösende Modelle (in erster Linie
EURO4) haben im Zeitraum Mittwoch, 00 bis Donnerstag, 00 UTC mehr als 30 mm
innerhalb von 24 Stunden auf der Agenda. Die probabilistischen Verfahren zeigen
aber keine entsprechenden Hinweise.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff