DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

12-05-2020 10:01

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 12.05.2020 um 10.30 UTC



Im Südosten am Freitag durch feucht-labile Luft Gewitter nicht ausgeschlossen.
Sonst überwiegend Hochdruckeinfluss, dabei im Norden mitunter windig und auch
dort ein paar Tropfen. Allmählich ansteigende Temperaturen und Rückgang der
Nachtfrostgefahr.
__________________________________________________________

Synoptische Entwicklung bis zum Dienstag, den 19.05.2020


Am Freitag liegt Deutschland unter einem Langwellentrog in 500 hPa, der sich von
Skandinavien über Deutschland hinweg nach Süden erstreckt. Da der südliche Teil
des Troges von einem markanten Höhentief über der Iberischen Halbinsel geprägt
ist, zeichnet sich innerhalb des Troges von Frankreich bis nach Italien und ins
zentrale Mittelmeer ein relatives Geopotentialmaximum ab. Nördlich dieses
relativen Maximums läuft am Tage das nördliche Trogresiduum von West nach Ost
über Deutschland hinweg, wobei seine südliche Spitze den Süden Deutschlands
überquert. Durch das Trogresiduum und die damit verbundene Vorticityadvektion
wird die weiterhin zwischen Donau und Alpenrand verlaufende Luftmassengrenze
aktiviert. Da dabei von Süden her Warmluft auf die nach Deutschland
eingeflossene Kaltluft aufgleitet, greifen die Wolken nach Norden bis etwa zum
Main aus, Niederschlag fällt aber nur von den Alpen und vom Hochrhein bis nach
Ostbayern - und nur am Tage, nachts lassen die Regenfälle rasch nach. Teilweise
ist der Regen konvektiv durchsetzt, meist aber skalig und länger anhaltend, ohne
dass nach aktuellem Stand Dauerregenschwellen gerissen werden. Etwas Schnee
mischt sich allenfalls in den höchsten Gipfellagen unter den Regen. Im Gegensatz
zum Süden kann der Trog über der Mitte und dem Norden nicht für viel Gewölk
sorgen, allenfalls driften von der See einmal ein paar Wolken ins Binnenland,
die eventuell lokal auch mal ein paar Tropfen bringen. Meist ist es in der Mitte
und dem Norden aber freundlich, da sich in diese Regionen der Keil eines
kräftigen Hochs westlich von Irland schiebt. Damit scheint dort oft die Sonne,
und der weit aufgefächerte Gradient lässt meist nur schwachen bis mäßigen Wind
zu. Ausnahme: An den Küsten und in den Hochlagen des Südens weht der Wind auch
mal kräftiger. Bei 850er Temperaturen, die über der Nordhälfte etwas unter, über
der Südhälfte dagegen etwas über null Grad liegen, erreichen die Höchstwerte
meist 11 bis 18 Grad, im Süden bleiben sie bei andauerndem Regen teils
einstellig, nachts gibt es in geschützten Mittelgebirgslagen bei längerem
Aufklaren leichten Frost, recht verbreitet muss mit Frost in Bodennähe gerechnet
werden.

Am Samstag ändert sich weder im 500er-Geopotential noch im Bodendruckfeld
Wesentliches. Das Höhentief über der Iberischen Halbinsel verlagert sich nur
wenig, über Deutschland zieht erneut ein um das großräumige skandinavischen
Höhentief herumlaufender Trog hinweg. Da der Trog des Vortages bei seinem
Schwenk nach Osteuropa die Luftmassengrenze über dem Süden bis in die Alpen bzw.
südlich der Alpen zurückgedrängt hat, und da in der Folge die Divergenzachse des
Keils etwas nach Süden vorangekommen ist, schafft es der "Samstagstrog" nur am
unmittelbaren Alpenrand für etwas Regen zu sorgen. Dafür können die von Norden
her nach Deutschland hereindriftenden Wolkenfelder jetzt bis zur
Mittelgebirgsschwelle und mitunter auch etwas darüber hinaus nach Süden
ausgreifen. Ebenfalls weiter nach Süden verlagert sich an der Nordflanke des
Bodenkeils eine Zone mit kräftiger ausgeprägtem Gradienten, was in der Folge an
den Küsten für steife Böen Bft 7 sorgt. Wie am Vortag sind im Küstenumfeld
vereinzelte kurze Schauer nicht ausgeschlossen. Die 850er Temperaturen steigen
etwas an, im Norden auf Werte um null Grad, im Süden bis auf 6 Grad, was am
Hochrhein Maxima von 20 Grad möglich erscheinen lässt. Sonst sind es meist 15
bis 19 Grad, An den Küsten bei Böigem Wind um 13 Grad. Die Nacht verläuft im
Norden unter Wolken frostfrei, im Süden gibt es lokal Frost und gebietsweise
Frost in Bodennähe.

Am Sonntag zieht der Trog nach Osten ab, auf seiner Rückseite steigt das
Geopotential wieder etwas an und die nordwestliche Höhenströmung glättet etwas
durch. Das Höhentief über Spanien wandert zögerlich in Richtung westliches
Mittelmeer, eine grundsätzlich Änderung der synoptischen Konstellation ist mit
den beschriebenen Prozessen aber nicht verbunden. Auf der Rückseite des Troges
greift eine Kaltfront auf den Norden über, die bis in die Norddeutsche Tiefebene
ausgreifend etwas Regen bringt und insbesondere über dem Nordosten bei leicht
verschärftem Gradienten auch für steife Böen sorgt. Das Temperaturniveau in 850
hPa ändert sich über dem Norden kaum, über dem Süden steigt es etwas an, so dass
die Höchstwerte zwischen 15 und 22 Grad erwartet werden.

Am Montag und Dienstag liegt Deutschland auf der Rückseite des von Skandinavien
nach Nordwestrussland wandernden hoch reichenden Tiefs. Damit ist über
Deutschland eher tiefes Geopotential wetterbestimmend, die Kaltfront des
Vortages kommt mit schwachen Niederschlägen noch etwas nach Süden bis etwa zur
Donau voran. Insbesondere am Dienstag machen sich im Westen schon wieder
steigendes Geopotential und steigender Luftdruck bemerkbar. Zwar ist im
850er-Niveau keine durchgreifende Änderung des Temperaturniveaus zu beobachten,
dennoch kann sich die Luftmasse zögerlich erwärmen, so dass die Höchstwerte im
Norden meist 15 bis 19 Grad, im Süden dagegen verbreitet über 20 Grad erreichen.


In der erweiterten Mittelfrist bestimmen ein Höhenrücken und das mit ihm
korrespondierende Hoch unser Wetter. Dabei ist es trocken und es kommt von
Westen zu einer nachhaltigen Erwärmung.
__________________________________________________________

Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der aktuelle IFS-Lauf zeigt sich im Vergleich zu seinen Vorläufen als sehr
konsistent.

So lassen sich beispielsweise am Samstag die synoptischen Strukturen des
aktuellen Laufs und seiner Vorläufe noch gut zur Deckung bringen: hoher
Luftdruck südwestlich von England, ebendort ein 500-hPa-Höhenrücken, von
Skandinavien eine Trogstruktur, die den Norden Deutschlands beeinflusst, und
selbst die erhöhte 700er-Feuchte in den Alpen - alles immer im Angebot! Selbst
die Phase der Trogachse variiert kaum zwischen den Modellläufen.

Diese sehr gute Übereinstimmung bleibt auch am Sonntag erhalten.

Erst am Montag laufen die Modelläufe etwas auseinander, weniger in Bezug auf den
hohen Druck und das hohe Geopotential über Westeuropa als mehr bezüglich des
allmählich von Skandinavien nach Nordwestrussland wandernden hoch reichten
Tiefkomplexes. Der damit verbundene Trog läuft laut des aktuellen IFS-Laufs
deutlich langsamer nach Osten ab, als dies die Vorläufe erwartet haben.

Dennoch: Die Konsistenz des aktuellen Laufs und seiner Vorläufe muss als gut bis
sehr gut bezeichnet werden.
__________________________________________________________

Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch im internationalen Vergleich ist die Übereinstimmung der Modelle gut.

Am Freitag haben die betrachteten Modelle (ICON, GFS, IFS, LFPW) alle über dem
nahen Ostatlantik einen Höhenrücken und eine Hochdruckbrücke, die von West nach
Ost über den Norden Deutschlands verläuft, berechnet. Der von West nach Ost über
Mitteleuropa hinwegschwenkende Trog greift bei GFS bis nach Norditalien und
damit etwas weiter nach Süden aus als bei den anderen Modellen. Dabei bietet
ICON insgesamt den flachsten und an wenigsten markanten Trog an, die Tröge von
LFPW und IFS liegen zwischen den genannten Ausreißern, wobei gesagt werden muss,
dass die Phase des Troges bei den Modellen sehr gut übereinstimmt.

Auch am Samstag sind die Ähnlichkeiten der Modelllösungen bemerkenswert. Der
Schwerpunkt des Bodenhochs südwestlich von England ist bei ICON und GFS fast
deckungsgleich, der von IFS angedachte Schwerpunkt liegt etwas weiter westlich,
was an dem in der Region verdrahteten Hoch und dem ebenfalls in allen Modellen
zu findenden Rücken nichts ändert. Auch der "Samstagstrog" wird von allen
Modelle simuliert, er läuft aber bei GFS schneller ab als bei IFS und deutlich
schneller als bei ICON. Dabei ist der GFS-Trog auch merklich flacher gehalten
als der von ICON oder IFS.

Deutlichere Unterschiede finden sich dann am Sonntag. Während GFS eine
Hochdruckbrücke in West-Ost-Richtung über der Norddeutschen Tiefebene andenkt,
errechnen ICON und IFS einen Bodenkeil, der vom Ärmelkanal über Süddeutschland
(IFS) bzw. die südliche Mitte (ICON) nach Südosten weist. Noch deutlicher fallen
die Unterschiede im Geopotentialfeld in 500 hPa aus. Dort stehen dem flachen
Rücken über der Nordsee, den GFS sich wünscht, jeweils ein Rücken bei IFS und
ICON im Bereich von Irland gegenüber. Die letztgenannten Modelle simulieren im
erweiterten Ostseebereich einen Trog, während bei GFS dort schon der o. e.
Rücken wirksam ist.

Im Weiteren finden die Modelle aber wieder zusammen, in der ersten Wochenhälfte
sehen sie alle von Westen zunehmenden Hochdruckeinfluss auf uns zukommen (mit
dann allerdings im Detail deutlicheren Unterschieden).
__________________________________________________________

Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen der EZMW-Ensembles zeigen im Mittelfristzeitraum einen
allmählichen Anstieg der 850er Temperatur und des Geopotentials für die Station
Offenbach. Dabei ist ab Samstag bei beiden Kurven eine deutliche Zunahme der
Streuung zu erkennen. Sowohl bei der 850er-Temperatur als auch bei Geopotential
liegen ab Mitte der kommenden Woche der Haupt- wie auch der Kontrolllauf im
oberen Bereich der Verteilung (beispielsweise am Donnerstag bei T850-Werten um 9
Grad). Dezente Niederschlagssignale im Mittelfristzeitraum ab Freitag sind in
den EZMW-Ensembles erst wieder zu Beginn der kommenden Woche zu erkennen (die o.
e. schwache Kaltfront).

Die GFS-Ensembles stützen von Verlauf die Einschätzung der EZMW-Ensembles.
Allerdings liegt bei letzteren der Hauptlauf ab der Mitte der kommenden Woche
(T850 am Donnerstag um 6 Grad) eher am unteren Rand der Verteilung.

Die EZMW-Ensembles bieten von T+72 h bis T+96 h drei Cluster an, die alle in der
Kategorie "Atlantischer Rücken" liegen. Die Cluster sind in etwa gleich groß,
Haupt- und Kontrolllauf liegen dabei in Cluster 1. Bezüglich der
Geopotentialstruktur zeigen alle Cluster den abgetropften Langwellentrog mit
einem über Deutschland hinwegschwenkenden nördlichen Residuum.

Im Zeitraum T+120 bis T+168 bleibt die Kategorie "Atlantischer Rücken" die
einzige im Angebot, diesmal allerdings verteilt auf nur 2 Cluster, einem mit 36
und einem mit 15 Mitgliedern. Der Haupt- und Kontrolllauf liegen dabei in
Cluster 1, der über die gesamte Zeitspanne betrachtet einen kräftigeren Rücken
über dem nahen Atlantik zeigt als der kleinere Cluster, der zumindest
phasenweise an eine leicht "verformte" Westlage erinnert.

In der erweiterten Mittelfrist bleibt es bei 2 Cluster, der mit 31 Mitgliedern
größere wechselt vorübergehend in die Wetterkategorie "Blocking", der mit 20
Mitgliedern kleinere bewegt sich weiter konsequent in der Kategorie
"Atlantischer Rücken".
_________________________________________________________

Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Der EFI simuliert für Freitag und Samstag im Vergleich zum langjährigen
Klimamittel zu niedrige Temperaturen. Darüber hinaus weist EFI für den Montag im
Norden auf Windböen hin.

Am Freitag liefert COSMO-LEPS gebietsweise sehr geringe Signale (um 10%) für
Windböen im Flachland, exponiert (Küste, Berglagen) liegen die
Wahrscheinlichkeiten dagegen bei bis zu 60%.

Am Samstag zeigt COSMO-LEPS im Norden (Küsten) Wahrscheinlichkeiten von bis zu
80% für Windböen und Wahrscheinlichkeiten um 20% für stürmische Böen, am Sonntag
liegen die entsprechenden Werte im Norden bei bis zu 100% für Windböen und um
40% für stürmische Böen.
________________________________________________________

Basis für Mittelfristvorhersage
EZMW, EZMW-EPS, MOSMIX
________________________________________________________


VBZ Offenbach / Dipl. Met. Martin Jonas