DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

10-05-2020 08:01
SXEU31 DWAV 100800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 10.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNz
Heute Gewitter mit Starkregengefahr, von Nordwesten her windig. Morgen in der
Südhälfte weiterhin Starkregengefahr, von Nordwesten her deutlich kälter, im
Bergland etwas Schnee. In der Nacht zum Dienstag gebietsweise Frost.


Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Am heutigen Sonntag... stehen sich in der oberen Troposphäre ein vom zentralen
Mittelmeer nach Mitteleuropa reichender Rücken und ein nach Skandinavien
schwenkender Langwellentrog gegenüber. Westlich unseres Landes ist es dagegen
umgekehrt: Im Süden, über der Iberischen Halbinsel, liegt ein Höhentief, während
sich westlich Islands eine Höhenantizyklone eingenistet hat. Das Ganze hat auch
am Boden ein Viererdruckfeld zur Folge: Ein kräftiges Hoch bis Island steht
Tiefs über Skandinavien gegenüber, womit arktische Luftmassen in die
Nordseeregion gelangen. Dagegen sorgen ein flaches Tief über Frankreich (mit
nach Deutschland ausgreifender Rinne) und ein ebenso wenig starkes Hoch über dem
Südosten Europas bis nach Süddeutschland hinein für südwestliche Winde. Dies hat
im weiteren Verlauf eine erhebliche Frontogenese über unserem Land zur Folge,
noch dominiert aber die Warmluft mit Werten in 850 hPa zwischen 6 Grad ganz im
Norden und 12 Grad im Süden. Im Bereich der sich immer weiter nach Deutschland
erstreckenden Rinne trennen sich aber sehr feuchte Luft im Süden und der Mitte
des Landes von trockener Luft im Norden, was sich auch schon an der
morgendlichen Bewölkungsverteilung ablesen lässt. Da zudem die Luft über dem
Süden Deutschlands potentiell instabil geschichtet ist und in der Höhe eine
leichte Delle in dem oben erwähnten Höhenrücken über unser Land läuft, kommt es
bereits in den Vormittagsstunden zu schauerartigen Regenfällen im Süden und
Westen des Landes. Die oben erwähnte flache Rinne soll um die Mittagzeit in etwa
eine Linie Niederrhein-Holstein erreichen, am Nachmittag soll aber ein flaches
Druckminimum an ihr nordostwärts laufen, so dass nachfolgend von Westen her die
Rinne nach Süden gedrückt wird. Dies hängt auch damit zusammen, dass die in der
Nordsee südostwärts vorstoßende Kaltluft dort für erheblichen Druckanstieg
sorgt, so dass in der ganzen Nordwesthälfte der Nordwind deutlich auffrischt.
Bis zum Abend dürfte es nordwestlich der Rinne verbreitet steife Böen geben, an
der Nordsee und der westlichen Ostsee auch stürmische Böen oder Sturmböen. Die
Kaltfront selbst erreicht am Abend den Nordwesten des Landes mit leichten
Regenfällen. Im übrigen Land, also südöstlich der Rinne herrschen in der
feuchten Warmluft nur sehr schwache Druckgegensätze. Auch wenn die Schichtung
nicht sehr labil ist, in der sehr feuchten Luftmasse (spezifische Feuchten in
der Grenzschicht teils bei 9 bis 11 g/kg; ppws um 25 l/qm) reicht recht wenig
Einstrahlung um nennenswerte CAPE zu generieren, nämlich regional auch über 500
J/kg. Dies dürfte zum einen im östlichen Mittelgebirgsraum sein, wo die an die
oben erwähnte Delle gebundenen schauerartigen Regenfälle am Nachmittag ankommen.
Des Weiteren scheint sich konvektiver Schwerpunkt im Westen des Landes
aufzubauen, wo besonders feuchte Luft erwartet wird. Im Süden ist dagegen nach
Abzug der aktuellen schauerartigen Regenfälle die Konvektion erst mal gedämpft.
Ganz ruhig und auch sonnig sollte es im Nordosten bleiben. Die zu erwartenden
Gewitter dürften mangels Scherung recht unorganisiert auftreten. Die Hauptgefahr
geht vom Starkregen aus, wo aufgrund recht langsamer Zuggeschwindigkeiten auch
mal die Unwetterschwelle gerissen werden kann. Cosmo-D2 zeigt hierauf zumindest
schwache Hinweise (unter 20 %) im Westen und Osten. Auch Hagel(-Ansammlungen)
sind vorstellbar, der Wind sollte eine untergeordnete Rolle spielen und maximal
in den Bereich der Sturmböen vordringen. Noch zwei Sätze zur Temperatur:
Verbreitet wird es 21 bis 25 Grad warm, im Nordosten und Südwesten teils sogar
etwas darüber. Nur ganz im Nordwesten bleibt es schon kühler.

In der Nacht zum Montag stößt der Trog südwärts bis nach Norddeutschland vor,
seine markante Achse erreicht den Ärmelkanal. Die Bodenkaltfront erreicht bis
zum Morgen eine Linie Eifel-Lausitz. An ihr selbst kommt es nur zu leichten
Regenfällen und rückseitig lockert die Bewölkung auf. Die einfließende Luftmasse
weist in 850 hPa nur noch um -4 Grad auf. Auch bodennah kühlt es ab, bei
längeren Auflockerungen kann es vor allem in Schleswig-Holstein Bodenfrost
geben. Die KLA sorgt von Nordwesten her für kräftigen Druckanstieg, wodurch sich
der stärkste Gradient in den westlichen Mittelgebirgsraum verlagert. Die
Bodenrinne erreicht schon den Süden Deutschlands, womit fast überall der Wind
auf nördliche Richtungen dreht. Im Nordwesten lässt der Wind nach, an sämtlichen
Küstenabschnitten muss aber in der Nacht nach mit steifen Böen, teils auch
stürmischen Böen gerechnet werden. Dagegen frischt der Nordwind im westlichen
Mittelgebirgsraum auf, wo ebenfalls steife Böen erwartet werden, in exponierten
Lagen auch stürmische Böen. Das Gewittergeschehen sollte sich in der Nacht
zunächst abschwächen, mit Annäherung des Troges ist aber im Westen mit einem
Wiederaufleben zu rechnen, allerdings etwas weiter südlich, eher vom Saarland
und der Pfalz aus gesehen ostnordostwärts. Da auch das MU-CAPE nicht überbordend
ist (meist nur um 100 J/kg) dürfte es sich eher um schauerartigen Regen mit
eingelagerten Gewittern handeln. Dennoch, wo noch genügend Feuchte vorhanden
ist, können sowohl die einstündigen als auch die sechsstündigen
Starkregenschwellen überschritten werden. Insbesondere im sechsstündigen
Intervall werden von Cosmo-D2 (03 UTC) auch geringe Wahrscheinlichkeiten für die
Unwetterschwellen angeboten, was aber die absolute Ausnahme sein sollte. Relativ
wenig Niederschlag (oder gar keinen) sollte es im Südosten und teils auch noch
im Osten geben, mitunter kann es im Südosten sogar mal länger klar sein. Mild
bleibt es dort aber auf jeden Fall noch.


Am Montag... kommt der Trog eher nach Osten als nach Süden voran, seine recht
markante Achse schwenkt von Westen nach Deutschland herein. Die Kaltluft dringt
weiter nach Süden vor und erreicht am späten Nachmittag den Südosten. Im ganzen
Land dreht damit der Wind auf nördliche Richtung. Mit dem weiter von Nordwesten
her übergreifenden Hoch bleibt und ein markanter Gradient erhalten, so dass der
Nordwind im Prinzip in der ganzen Nordwesthälfte wieder soweit auffrischt, dass
es zu steifen Böen kommen kann. An der Küste und im zentralen Bergland kann es
zu stürmischen Böen kommen, in exponierten Lagen auch zu Sturmböen. Im Süden
bleibt der Wind generell etwas schwächer. Bedingt durch den vorankommenden Trog
(PVA) werden an der Kaltfront die Niederschläge intensiviert, wobei auch die
frontale Querzirkulation bei der sich thermisch intensivierenden Front eine
große Rolle spielt. Immerhin dringt in 850 hPa die 0-Grad-Isotherme rasch nach
Süden vor und trifft dort auf Werte über 10 Grad, die anfangs noch von Westen
her in die Region gelangen. Zudem stellt sich an den Alpen im Vorfeld der Front
sogar noch eine schwache Föhnsituation ein. Große Teile der Front liegen im
Bereich sehr stabiler Schichtung, da die Kaltluft am Boden vorauseilt. Somit
kommt es zu Regenfällen stratiformer Natur. Im nördlichen Bereich des
Niederschlagsgebiets kann bei Werten um -4 Grad in 850 hPa auch mal die
Schneefallgrenze bis 600 m absinken. Das heißt aber nicht, dass da auch Schnee
liegen bleibt, dafür ist die Vorgeschichte einfach zu warm. In etwa ab 800 bis
1000 m könnte es aber vom Schwarzwald bis zum Erzgebirge mal einige Zentimeter
nassen Neuschnee geben. Wenn die Kaltluft erst mal da ist, lassen aber auch die
Niederschläge bald nach. Am vorderen Rand des Niederschlagsgeschehens ist dieser
noch konvektiv durchsetzt (dort reicht das MU-CAPE noch), was teils zu
Starkregensummen über 20 l/qm führt (siehe Cosmo-D2). Auch die Globalmodelle
bringen auf einem Streifen durchaus mal 12-stündig 20 bis über 30 l/qm, wobei
IFS den Streifen etwas weiter nördlich simuliert als die anderen Modelle. Auch
wenn das 12-stündige Dauerregenkriterium gebietsweise erreicht werden dürfte und
es teils auch über 6 Stunden regnen wird, sind doch Starkregenwarnungen das
Mittel der Wahl: Denn die Regenspitzen werden in erster Linie durch konvektive
Maxima erreicht, die nicht weit im Vorfeld prognostizierbar sind und auch wohl
nur wenige Stunden dauern werden. Cosmo-D2 liefert übrigens auch Hinweise auf
Unwetter, wenn auch mit relativ geringen Wahrscheinlichkeiten. Im äußersten
Südosten kann sich bis zum frühen Nachmittag noch die recht warme Luftmasse
halten, dort kann es auch im Vorfeld der Front noch einmal einzelne Gewitter
geben, wobei sich deren Stärke am heutigen Tag orientieren sollte. Rückseitig
der Front lockern die Wolken im Tagesverlauf auf, ganz im Norden kann es sogar
recht sonnig werden. Die Temperaturen unterscheiden sich stark: Noch einmal über
20 Grad im Südosten, unter den Wolken und im Nordwesten nur 8 bis 13 Grad.

In der Nacht zum Dienstag schwenkt die Achse des Troges rasch nach Osten weiter.
Bodennah erstreckt sich der Hochdruckkeil zunehmend über dem Süden Deutschlands,
so dass der Wind im Norden auf West bis Nordwest dreht. Die Kaltluft erreicht
die Alpen und kommt dann nicht mehr weit nach Süden voran. Auch die Regenfälle
ziehen sich rasch in den Südosten zurück und lassen dann alsbald nach, da der
Trog abgezogen ist und die Kaltfront unter starker KLA liegt. Nur an den Alpen
regnet es noch bis zum Morgen leicht. Im gesamten südlichen und östlichen
Bergland kann es bis etwa 600 m herab schneien, Neuschneeakkumulation bis etwa 5
cm sollte auf Lagen über 800 m beschränkt bleiben. Abgesehen vom äußersten Süden
lockern die Wolken auf, mit der Rückdrehung des Windes gelangt aber wieder
feuchtere Luft und damit auch einige Wolkenfelder in den Norden des Landes. Vor
allem über der Landesmitte kann der Eisheilige Pankratius zuschlagen, denn dort
ist es länger klar und unter dem Hochdruckkeil auch windschwach. Frost bis -2
Grad ist dort möglich, in sehr ungünstigen Lagen auch darunter. Im Norden bleibt
es bei etwas mehr Wind und später auch wieder Wolken etwas milder, aber Frost in
Bodennähe ist auch dort überall möglich. Ganz im Süden bleibt unter den Wolken
der Frost auf Hochlagen beschränkt.

Am Dienstag... schwenkt ein Randtrog in der Nordsee südwärts. In dessen Vorfeld
entsteht im Lee des Skandinavischen Gebirges ein Tiefdruckgebiet. Trotz leichter
Abschwächung des Hochkeils über dem Süden Deutschlands verstärkt sich dadurch
der Gradient über dem Norden, wo der westliche Wind auffrischt und steife Böen
zu erwarten sind. Im Süden ist es dagegen im Bereich des Hochkeils
schwachwindig. Das Tief lenkt auch eine weitere Kaltfront in den Norden
Deutschlands, in deren Bereich viele Wolken und einige Schauer zu erwarten sind.
Ebenso hält sich ganz im Süden noch dichte Bewölkung, Regen sollte dort aber
kaum noch fallen. Im großen Rest des Landes überwiegt dagegen der Sonnenschein
und es bleibt trocken. Kühl bleibt es aber auf jeden Fall mit maximal 15 Grad im
Südwesten.

In der Nacht zum Mittwoch schwenkt der Randtrog über den Norden Deutschlands
hinweg ostwärts. Er überläuft auch die Kaltfront, die nur noch langsam ostwärts
vorankommt. Während es anfangs im Norden noch bewölkt mit Schauern ist, lockern
rückseitig die Wolken etwas auf. Der stärkste Gradient verlagert sich nach
Osten, so dass steife Böen aus westlichen Richtungen vor allem noch an der
Ostsee und Nordfriesland auftreten können, auch einzelne stürmische Böen sind
nicht ausgeschlossen. Die Hebung des Troges greift etwas "hinterherhängend" auch
nach Süden aus, wo die Front wieder zurückkommt und dort wieder stellenweise
schauerartige Regenfälle einsetzen. Windstill und zumindest zeitweise wolkenarm
ist es in den mittleren Landesteilen. Dort besteht wieder Frostgefahr, wenn auch
aus heutiger Sicht die Temperatur etwas höher liegen dürfte als in der Nacht
zuvor.


Modellvergleich und -einschätzung
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In der heutigen schwachgradientigen Lage gibt es durchaus noch einige
Unterschiede bezüglich der Lage der Regengebiete. Euro4 zeigt zum Beispiel recht
kräftige Konvektion bis weit in den Norden. Auch die Zugbahn der
Starkregenmaxima morgen unterliegen noch leichten Unterschieden. So zeigt IFS
die Maxima weiterhin etwa 50 bis 100 km weiter nördlich als die anderen Modelle
und zudem auch recht intensiv. Auch Cosmo-LEPS zeigt die
Starkregenwahrscheinlichkeiten etwas nach Norden verschoben. Letztendlich müssen
wir da einiges dem Nowcasting überlassen.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl.-Met. Peter Hartmann