DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

08-05-2020 10:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 08.05.2020 um 10.30 UTC



Markanter Kaltlufteinbruch. Erst noch starke Gewitter im Süden, dann im Bergland
Schneefälle, im Alpenvorland bis ganz runter. In Hochlagen und an der See
stürmischer Wind. Nachtfrostgefahr. Ab Mitte der Woche Wetterberuhigung, aber
nur zögernd milder.
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Synoptische Entwicklung bis zum Freitag, den 15.05.2020


Am Montag beeinflusst ein Höhentrog Deutschland, dessen Achse von Nordwest nach
Südost wandert. Auf seiner Vorderseite verlagert sich eine Kaltfront von Nord
nach Süd über Deutschland hinweg und erreicht am Nachmittag den Alpenrand.
Dahinter dreht die Strömung in der unteren Troposphäre auf nördliche Richtungen,
sodass Kaltluft polaren Ursprungs sich über ganz Deutschland ergießen kann.
Zudem trocknet die Luftmasse postfrontal ab (Taupunkte sinken unter -5 Grad).
Während es im Süden also grau und länger anhaltend regnerisch ist, arbeiten sich
von Nordwesten im Tagesverlauf sonnige Aufheiterungen langsam südostwärts vor.

Im Alpenvorland sind vor der Kaltfrontpassage noch feuchtlabile Luftmassen
aktiv, sodass dass sich im Tagesverlauf einige, teils auch kräftige Gewitter
entwickeln können.

Schnee ist vor allem in den östlichen Mittelgebirgen ein Thema, allerdings
ziehen die Niederschläge rasch ab, wenn die Kaltluft nachstößt. Vornehmlich im
Erzgebirge ist etwas Neuschnee zu erwarten. In der Nacht auf Dienstag ist von
den Alpen ausgehend bis weit ins Alpenvorland Schnee bis ins Tiefland zu
erwarten.

Am Dienstag befindet sich Deutschland rückseitig des Haupttroges in einer
nordwestlichen Höhenströmung. Darin eingelagert ist ein Kurzwellentrog, der im
Tagesverlauf den Nordwesten erreicht und nachfolgend südostwärts wandert. Damit
wird im Tagesverlauf die Schauertätigkeit in der Nord(ost)hälfte aktiviert An
den Alpen verbleibt die Luftmassengrenze nahezu stationär, was einer Austrogung
bei der Iberischen geschuldet ist. Durch ihre diffluente Trogvorderseite können
im Tagesverlauf die zunächst abgezogenen Niederschläge über den Alpenhauptkamm
wieder etwas nach Norden gedrückt werden.

Am Mittwoch ist in der Höhe weiterhin an Randtrog aktiv, der seine
Wetterwirksamkeit vor allem in der Nordosthälfte entfaltet. Besonders im Norden
und Nordosten muss wiederholt mit Schauern gerechnet werden. Je weiter man sich
im Südosten befindet, desto näher liegt man im Bereich eines schwachen Rückens.
Dieser Rücken befindet sich auf der Vorderseite des Höhentiefs bei der
Iberischen Halbinsel. Vor allem an den Alpen sind ausgehend vom Höhentief auch
noch dichte Wolkenfelder und etwas Regen aktiv.

Am Donnerstag und Freitag zieht sich der osteuropäische Trog immer weiter aus
Deutschland zurück. Am ehesten wird noch der Nordosten davon beeinflusst, wo
auch weiterhin die 0-Grad Isotherme in 850 hPa liegt. Ansonsten verstärkt sich
der Rücken auf der Vorderseite des mehr oder weniger stationären Höhentiefs über
der Iberischen Halbinsel. Damit werden auch langsam wärmere Luftmassen von
Südwesten kommend nach Deutschland gedrückt.

In der erweiterten Mittelfrist kommt der Höhentiefkomplex über Südwesteuropa
nordostwärts voran. Damit wandert zum Wochenende zunächst der Rücken aus
Deutschland ab und nachfolgend greift der ganze Trogkomplex auf Mitteleuropa
über. Am Boden kann sich dann eine breite Tiefdruckzone von Frankreich bis nach
Osteuropa entwickeln. Damit würde es auch eine Zweiteilung über Deutschland mit
kälteren Luftmassen nach Norden und wärmeren nach Süden geben.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Zu Beginn der Mittelfrist besteht zunächst Einigkeit. Zur Mitte der Woche hin,
wird aber immer deutlicher, dass der neueste Lauf des ECMWF den Trogeinfluss
viel länger über Deutschland bestehen lässt, als nach den Vorläufen. Dem 00 und
12 UTC Lauf von gestern folgend hätte der Rücken von Südwesten kommend schon
viel stärker Einfluss auf Deutschland nehmen können.
Dieser Trend setzt sich auch bis zum Ende der Woche fort. Im gestrigen 00 UTC
lag im Nordosten in 850 hPa die 6 Grad Isotherme, während nach dem neuesten Lauf
noch die -2 Grad Isotherme aktiv ist. Auch die bereits prognostizierte
Sommerwärme für den Süden, ist in der Ausprägung im jüngsten Lauf nicht mehr zu
sehen.
Auch darüber hinaus bleibt der Rücken im aktuellen Lauf deutlich flacher, als
noch in den Vorläufen.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch wenn die exakte Schnelligkeit der Kaltfrontpassage noch gewisse
Unsicherheiten zwischen den Modellen aufweist, besteht ansonsten zu Beginn der
Mittelfrist Einigkeit.
Die nachfolgende Trogrückseite wird ebenfalls mit gewissen Unsicherheiten
prognostiziert. So hat das ICON-Modell eine deutlich schärfere Rückseite mit -30
Grad in 500 hPa im Nordosten. Beim EZMWF und GFS ist der Trog breiter mit dem
kurzwelligen Anteil zum Dienstag.
Der markante Randtrog, den das EZMWF im Nordosten zum Mittwoch sieht, wird von
GFS und ICON in der Form nicht gebracht.
Zum Ende der Woche sind die Unterschiede gar nicht so groß. Alle drei Modell
belassen den Nordosten noch unter gewissen Trogeinfluss mit einer 500 hPa
Temperatur im negativen Bereich. Der Rücken würde vor allem den Südwesten
beeinflussen, wobei dieser beim GFS stärker ausgeprägt ist, als bei den anderen
beiden Modellen.
Zum Wochenende unterstützt das GFS den sich verstärkenden Tiefdruckeinfluss,
wenngleich die genaue Ausprägung noch unsicher ist.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen von Offenbach zeigen zu Beginn der Mittelfrist einen einheitlich
und eng gebündelten Verlauf. Nachfolgend nimmt die Streubreite ab Mittwoch dann
deutlich zu. Offensichtlicher wird dies beim Blick auf die Rauchfahnen im
Nordosten (Bsp. Rostock). Die Mehrheit der Member verbleibt dort bis zum Ende
der Woche in Bezug auf die Temperatur in 850 hPa, im negativen Bereich. Es gibt
aber durchaus auch ein paar Member, die einen rascheren Temperaturanstieg
zeigen.
Der Randtrog zum Mittwoch im Nordosten ist mit Blick auf das EPS am Unterrand
der Möglichkeiten. Es gibt durchaus eine starke Bündelung der Member, die diesen
Randtrog gar nicht sehen. Auch der Kontrolllauf zeigt diesen weniger stark
ausgeprägt.
Die Niederschlagsignale nehmen nach Kaltfrontpassage deutlich ab und erst zum
Wochenende wieder zu (allerdings auf niedrigem Niveau). Die Windrichtung wird
vom Ensemble recht einheitlich aus Nordost mit zunehmender Stärke vorhergesagt.
Das spricht dafür, dass tiefer Luftdruck über Südeuropa und hoher über
Nordeuropa angesiedelt ist, wobei sie die Luftmassengegensätze verstärken.

Das Ensemble des GFS zeigt nach dem Kaltlufteinbruch eine allmähliche Erholung
bezüglich Geopotential und Temperatur. Auch eine kurze Sommerphase in der
Südhälfte erscheint weiter möglich. Die Niederschlagssignale verbleiben
insgesamt verhalten

Das Clustering des ECMWF zeigt im Zeitraum +120 bis +168 h (Mi00 bis Fr00) vier
Optionen. Diese sind sich im Prinzip recht ähnlich. Sie unterscheiden sich
bezüglich der Persistenz des Trogeinflusses auf den Nordosten und in Bezug auf
die Frage wie stark der südeuropäische Rücken nach Norden ausgreift.
Im Zeitraum +192 bis +240 h (Sa00 bis Mo 00) werden nur zwei Lösungen angeboten.
Nach der ersten Lösung (inkl. Haupt- und Kontrolllauf, 33 Member) etabliert sich
das Höhentief von Südwesteuropa über Mitteleuropa. Die zweite Lösung (18 Member)
ist deutlich antizyklonaler. Nach vorübergehendem Tiefdruckeinfluss kann sich
wieder ein kräftiger Rücken aufbauen.

FAZIT: Die grobe Linie im Lauf der nächsten Woche scheint klar. Auch wenn die
Ausprägung und Persistenz des Troges in der Nordosthälfte und der Frage wie
stark der Rücken im Südwesten amplifiziert ist, so lässt sich diese Zweiteilung
doch überall finden. Die Tendenz zu stärkerer Tiefdrucktätigkeit zum Wochenende
lässt sich zwar ausmachen, allerdings lassen die großen Unterschiede und
Unsicherheiten eine Prognose noch nicht so richtig zu.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Am Montag zunächst im Süden noch starke Gewitter wahrscheinlich. Dabei
Starkregen, lokale Unwetter nicht gänzlich ausgeschlossen.

Am Nachmittag von höheren in mittlere Lagen sinkende Schneefallgrenze, Schnee
vor allem in den östlichen, später südlichen Mittelgebirgen. Nennenswert am
ehesten im Stau von Erzgebirge (tagsüber) sowie Bayerischen Wald und Alpen
(vornehmlich Nacht auf Dienstag). Nachts im Süden gebietsweise bis in tiefe
Lagen etwas Neuschnee. Mit stürmischen Böen im höheren Bergland dort vor allem
im Südosten Gefahr von Schneeverwehung. Durch Nassschnee in den Staugebieten von
Alpen und Bayerischen Wald Risiko von Schneebruch und Leiterseilschwingungen.
Auch an der See am Montag stürmische Böen wahrscheinlich.

Am Dienstag im Nordosten geringes Gewitterrisiko. Voraussichtlich keine
markanten Wettergefahren.

Im weiteren Verlauf der Mittelfrist voraussichtlich keine markanten
Wettergefahren mehr.

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Basis für Mittelfristvorhersage
ECMWF-EPS, MOS-Mix
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Marcus Beyer