DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-05-2020 08:01
SXEU31 DWAV 030800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 03.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
NW a

Am Montag über der Südhälfte Gewitterneigung, markante Entwicklungen möglich.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 24 UTC
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Sonntag... liegen wir zwischen einem breiten Langwellenrücken über Westeuropa
und einem über Polen abziehenden Trog in einer nordwestlichen Strömung mit der
kühle Meeresluft über die Nordsee nach Deutschland gelangt.
Ein kurzwelliger Rückenanteil zieht heute recht progressiv über Mitteleuropa
nach Südosten und stützt den vorübergehenden Zwischenhocheinfluss, der sich
unter anderem in einer flachen Bodenhochdruckzone abbildet, die vom
Nordostatlantik über West- und Mitteleuropa in den westlichen Mittelmeerraum
reicht.
Bedingt durch leichtes Absinken bildet sich eine schwache Inversion, die meist
zwischen 700 und 600 hPa zu finden sein dürfte. Darunter ist die Grenzschicht
leicht labil geschichtet und vor allem im Norden ist der Feuchteeintrag von der
Nordsee ausreichend, um Schauer oder ein paar Tropfen Regen aus dem
breitlaufenden SC zu generieren.
Nach Osten und Südosten zu, näher an dem abziehenden Trog, ist die
Absinkinversion schwächer, was trotz abnehmender Labilität ebenfalls einige
Schauer möglich erscheinen lässt. Für Gewitter reicht es nicht mehr.
Ganz im Norden, hier bedingt durch das Überströmen der norwegischen Gebirge
sowie im Süden und Südwesten lässt sich die Sonne für längere Zeit sehen.

Der Wind spielt kaum noch eine Rolle, zumindest aus Sicht der Warnungen. Es
kommt aus westlichen Richtungen und erreicht mit geringer Wahrscheinlichkeit an
der Ostsee und in den östlichen Bergen exponiert 7 Bft.

Während im Südwesten die 850-hPa-Temperatur langsam steigt (bis auf 5/6°C),
verharrt sie in den übrigen Regionen bei 0 bis +4°C. Für den Norden und Osten
bedeutet das Höchstwerte von 11 bis 17°C, für den Rest 14 bis 19°C und für den
Oberrheingraben lokal 20°C.

In der Nacht zum Montag gelangen wir auf die Vorderseite eines in die südliche
Nordsee schwenkenden Troges unter eine zusehends diffluente westnordwestliche
Höhenströmung. Warmluft, die auf der Vorderseite eines Tiefs bei den Azoren nach
Norden geführt wird, biegt über Westeuropa nach Osten um und gelangt auch in den
Süden Deutschlands, während an der Ostflanke eines sich kräftigenden Hochs bei
Schottland, über dem nördlichen Mitteleuropa bereits die Zufuhr kälterer
Luftmassen einsetzt.
Bei der sich ergebenden frontogenetischen Lage hat sich über dem Ärmelkanal ein
kleines Tief gebildet, das nach Osten zieht und ausgangs der Nacht die Eifel
ansteuert.
Die Hochdruckzone wird dabei ostwärts abgedrängt und die Warmfront des Tiefs
greift von Westen her mit leichten Regenfällen über.
Trocken bleibt es nach Osten und Norden hin, wo die Wolkendecke nach Abzug
letzter Schauer z.T. für längere Zeit auflockert. Bei schwachem Wind kann es
dort kräftig abkühlen, so dass stellenweise leichter Bodenfrost zu erwarten ist.
Im Westen ist es unter den rasch aufziehenden Wolken recht mild mit Minima wenig
unter 10 Grad.

Montag... greift der Höhentrog von der Nordsee auf Deutschland über, begleitet
von kräftiger Kaltluftadvektion, während davor über Süddeutschland noch Warmluft
herangeführt wird. Durch die KLA kräftigt sich ein Hochkeil - ausgehend vom Hoch
bei Schottland - und streckt seine Fühler in den Nordwesten unseres Landes aus
und es gelangt an seinem Rand recht trockene Polarluft in den äußersten Norden
(T850 am Abend um -3°C). Die 0°C Isotherme in 850 hPa liegt abends über den
nördlichen Mittelgebirgen.
Nennenswerte Konvektion ist im Norden unwahrscheinlich, so dass an den Küsten
sowie im angrenzenden Binnenland neben einigen flachen Quellwolken meist die
Sonne scheint. Dabei frischt der Nordwest- bis Nordwind über der Deutschen Bucht
auf, was den Nordfriesischen Inseln, den Halligen und Helgoland die eine oder
andere steife Böe 7 Bft beschert.

Unterdessen führt der Tiefkomplex bei den Azoren nach wie vor warme und
potenziell instabile Subtropikluft nordostwärts, was in der Folge und mit dem
oben geschriebenen dazu führt, dass sich auch über Deutschland ein
frontogenetisches Strömungsbild ergibt. Abends beträgt der Temperaturgradient in
850 hPa immerhin rund 13 Grad: im äußersten Norden -3°C, an der Grenze zur
Schweiz +10°C.

Der größte Gradient (also die entsprechende Luftmassengrenze) ist über der Mitte
zu finden, wo auch das kleine von Belgien über die Eifel kommende Tief nach
Osten ziehen dürfte.
Auf der kalten Seite der Front kommt es von West nach Ost verlagernd zu
schauerartig verstärktem Regen (die KLA wird auf der diffluenten Trogvorderseite
von PVA überkompensiert, außerdem sind günstige Scherungsbedingungen wirksam
(bis 900 hPa nördliche, darüber westliche Winde).
Über der Südhälfte sind in der wärmeren und feuchten Luftmasse die
Voraussetzungen für konvektive Umlagerungen gegeben. Die Feuchte steigt auf PPWs
von 20 bis 25 mm, die Labilität nimmt zu und es ergeben sich daraus einige 100
J/kg ML-CAPE, die zudem von etwas LLS (teils etwas über 10 m/s) und DLS (teils
um 30 m/s) begleitet werden. Somit sind unter der immer noch diffluenten
Höhenströmung mit Hilfe der Orografie sowie später auch an der südostwärts
schwenkenden Kaltfront einige durchaus organisierte Gewitter (markant) zu
erwarten. Die Modelle simulieren aber noch uneinheitlich, so dass das letzte
Wort, vor allem was den detaillierten Ablauf angeht, noch nicht gesprochen ist.

Während im Norden und bei längerem Regen die 15°C-Marke nicht erreicht wird,
reicht es im übrigen Land für Maxima zwischen 15 und 20°C, im Südwesten mit
etwas Sonnenunterstützung bis zu 22°C.

In der Nacht zum Dienstag verlagert sich der Höhentrog langsam zur Ostsee und
bildet dort ein abgeschlossenes Höhentief mit Kern nahe der südschwedischen
Küste. Das flache Bodentief wird dagegen zügiger vom Druckanstieg Richtung Polen
abgeschoben und durch einen von der Nordsee nach Südosten reichenden Bodenkeil
ersetzt. Auf seiner Ost- bzw. Südflanke setzen sich nördliche Winde durch, die
die Kaltfront des abziehenden Tiefs Richtung Alpen drücken. Damit ziehen sich
anfangs im Osten und Südosten auftretenden, teils gewittrigen Niederschläge an
die Alpen und das südliche Vorland zurück.
In der postfrontal einfließenden Polarluft, in der über dem Norden in 850 ca.
-4°C erwartet werden - lockert die Wolkendecke auf. Bei längerem Aufklaren ist
leichter Luftfrost möglich und gebietsweise leichter Bodenfrost. In Küstennähe
sind in höhenkalter Luft (T500 um oder unter -30°C) einzelne Schauer zu
erwarten. Auch kurze Gewitter wären wohl keine große Überraschung. An und über
der Nordsee sowie an der Ostsee erreicht der Nordwestwind in Böen Stärke 7.

Dienstag... verlagert sich das atlantische Hoch schwerpunktmäßig zur westlichen
Nordsee. Der zugehörige, nach Südosten gerichtete und mitten über Deutschland
verlaufende Keil verstärkt sich noch etwas auf über 1020 hPa am Ende des Tages.
Derweil hat es der korrespondierende Höhenrücken schwer, sich von Westeuropa her
gegen den nur langsam nach Osten weichenden Höhentrog durchzusetzen. Dessen
eingelagertes Drehzentrum zieht südwärts nach Polen.
Trotzdem nehmen die Sonnenanteile in der relativ trockenen Polarluft (T850 um 12
UTC verbreitet -4 bis 0°C) zu, auch wenn sich unterhalb der zwischen 750 und 850
hPa positionierten Absinkinversion Quellungen bilden. Nach Osten und Nordosten
zu ist die Sperrschicht allerdings zu schwach oder gar nicht existent, was die
Bildung einzelner Schauer zulässt und tendenziell auch weniger Sonnenschein
bedeutet.
Eine Sonderstellung in dem Ganzen nehmen der äußerste Süden und Südwesten ein,
wo die Kaltluft gar nicht richtig hinkommt (T850 +2 bis +7°C). Die
Luftmassengrenze liegt quasistationär über den Alpen, und könnte bei
entsprechender Unterstützung durch kurzwellige Tröge oder Wellen wieder
aktiviert werden.
Ob sie das am Dienstag wirklich tut, ist derzeit noch offen. Auf jeden Fall kann
es in Teilen Bayerns und Baden-Württembergs bei starker Bewölkung ab und zu
regnen. Allerdings simulieren die Modelle hier sehr divergent und in den letzten
Läufen wird auch für den äußersten Südwesten einer freundlicheren Variante der
Vorzug gegeben.

Im Osten und Nordosten weht kräftiger Nordwestwind mit Spitzen 6-7 Bft, sonst
spielt der Wind keine große Rolle. Die Temperatur erreicht Höchstwerte von
12/13°C im Nordosten und bis knapp 20°C im Südwesten.

In der Nacht zum Mittwoch gibt es unter Hochdruckeinfluss bei häufig geringer
Bewölkung gebietsweise leichten Frost und Bodenfrost. Etwas Bewölkung und
geringere Frostgefahr ist im Südwesten nahe der Luftmassengrenze zu finden und
ganz im Osten in der Nähe zum Trog über Osteuropa.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Entwicklung am Montag ist unsicher, weil die Modellergebnisse hinsichtlich
Zugbahn und Stärke des Tiefs weiter heterogen ausfallen. Die Gewitter über der
Südhälfte sollten im markanten Rahmen bleiben, eventuell Starkregen, kleiner
Hagel und Sturmböen ...

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner