DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

02-05-2020 09:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.05.2020 um 10.30 UTC



Zunächst recht kühl und weitgehend Hochdruckeinfluss. Ab dem kommenden Freitag
sehr unsichere Entwicklung.
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Synoptische Entwicklung bis zum Samstag, den 09.05.2020


Am Dienstag, dem Beginn des Mittelfristzeitraumes, schwenkt nach IFS ein Trog
mit eingelagertem Höhentief über dem östlichen Mitteleuropa südwärts. Über
Benelux liegt dagegen ein Keil, der einen breiten Rücken über Südeuropa mit
einem Höhenhoch nördlich von Schottland verbindet. Bodennah dominiert ein Hoch
mit Schwerpunkt über der Nordsee, das weite Teile Deutschlands erfasst, weil
sich das Höhentief kaum am Boden abbildet. Während an der Südostflanke des Hochs
kontinentale Kaltluft in weite Teile Deutschlands gelangt, hält sich über dem
Südwesten eine feuchtwarme Luftmasse. Dort sind es in 850 hPa über 6 Grad, im
Nordosten -4 Grad. An der Luftmassengrenze ganz im Südwesten des Landes herrscht
auch viel Bewölkung vor und Hebung durch den Trog löst dort vor allem in der
Nacht zum Mittwoch etwas Regen aus. Ansonsten dominiert meist der bodennahe
Hochdruckeinfluss mit sonnig-kühlem Wetter. Nur ganz im Osten, in der Nähe des
Höhentiefkerns muss bei stärkerer Bewölkung mit Schauern gerechnet werden.
In der Nacht zum Mittwoch herrscht teils Frostgefahr. Der Trog schwenkt am Tage
weiter nach Südosten und bodennah und in der Höhe setzt sich mehr der
Hochdruckeinfluss durch. Nur vom Südwesten bis zu den Alpen kann es weiter etwas
regnen, sonst scheint die Sonne. Mit dem Höhentief verabschiedet sich auch die
Kaltluft und es wird wieder zögernd wärmer, so dass in der Folgenacht die
Frostgefahr verringert ist.
Am Donnerstag bestimmt ein kräftiger Höhenrücken das Wetter, dessen Achse über
Deutschland liegt und der sich nordwestwärts bis Island erstreckt. Bodennah
dominiert eine flache Hochdruckzone über weiten Teilen Mittel-, West- und
Nordeuropas. Es stellt sich sonniges und ruhiges Wetter ein, wobei sich die
Luftmasse weiter erwärmt und am Abend in 850 hPa 5 bis 9 Grad erreicht werden.
Am Freitag schwächt sich der Rücken, wir verbleiben aber unter recht hohem
Potential. Die Bodenhochdruckzone wird immer flacher. Von Westen ziehen in
höheren Schichten einige Wolken auf, ansonsten bleibt es bei dem warmen
Frühsommerwetter.
Am Samstag verstärkt sich der Rücken über unserem Land wieder, weil es
stromaufwärts über der Biskaya zu einer Austrogung kommt. Ins Auge fällt ein
massiver Kaltluftvorstoß nach Skandinavien, an der Ostseite eines starken
Grönlandhochs. Bis uns wird es dagegen trogvorderseitig noch wärmer, es zieht
aber von Westen Bewölkung auf. In der Nacht zum Sonntag erreicht uns dann die
Front eines Tiefs bei den Britischen Inseln mit kräftigen Regenfällen, im
Vorfeld je nach Labilität der bei uns liegenden Luftmasse auch mit potentiell
heftigen Gewittern.
In der erweiterten Mittelfrist schwenkt dann der Trog zu uns und hält sich. Zum
Montag wird dann auch die Kaltluft angezapft. Nach dieser Variante würden die
"Eisheiligen" ihrem Namen alle Ehre machen.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Von Konsistenz ist allenfalls noch am Dienstag zu sprechen. Schon am Mittwoch
gibt es deutliche Unterschiede zwischen dem aktuellen IFS-Lauf und den beiden
Vorgängern. So zeigten sich die Vorgänger am Mittwoch noch zyklonaler und
kälter. Im weiteren Verlauf bis Freitag zeigten die beiden gestrigen Läufe den
Keil insgesamt weiter nach Norden reichend, wobei aufgrund der etwas weiter
westlich liegenden Achse immer noch kältere Luft zu uns geführt wurde. Die
anschließende Erwärmung und den Aufzug der Kaltfront zum Sonntag zeigen alle
Läufe, die gestrigen aber etwas langsamer im Vergleich zu heute. Das Anzapfen
der Kaltluft in der übernächsten Woche zeigt auch nur der heutige 00-UTC-Lauf.
Der gestrige 12-UTC-Lauf bringt die Kaltluft später und weiter westlich, der
00-UTC-Lauf (noch) gar nicht.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Das Südostwärtsschwenken des Troges am kommenden Dienstag/Mittwoch wird von den
verschiedenen Modellen leicht unterschiedlich behandelt. So könnte es vor allem
nach ICON bei uns zyklonaler werden. Markante Unterschiede treten ab Freitag
auf: ICON und GFS zeigen einen kräftigen Rücken westlich unseres Landes, an
dessen Ostseite allmählich arktische Kaltluft in unser Land sickert und erneut
mit Spätfrösten gerechnet werden müsste. IFS lässt dagegen von Südwesten die
Warmluft vordringen und am Sonntag dann von Südwesten den Trog mit erwärmter
maritimer Polarluft. Auch NAVGEM, UKMO und die Kanadier ähneln eher der
IFS-Variante.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Das IFS-Ensemble wird im Zeitraum von Donnerstag bis Samstag auf insgesamt fünf
Cluster verteilt. C1 (16 Mitglieder) zeigt bis Samstag eine insgesamt recht
warme Lösung mit hohem Geopotential. Bei C2 (14 Mitglieder, Kontrolllauf)) rückt
am Samstag die Kaltluft schon näher. C3 und C4 (zusammen 18 Mitglieder und
Hauptlauf) zeigen zum Samstag bereits einen Trogvorstoß von Norden bis in
unseren Raum. Zuletzt bleibt noch C5 (3 Mitglieder): Nach dieser Variante bleibt
das Höhentief über Ostmittel- und Osteuropa bis zum Samstag liegen, während sich
nordwestlich davon eine Geopotentialbrücke bilden würde. Damit würde die kühle
und leicht unbeständige Wetterlage die ganze Woche lang andauern. Es soll noch
erwähnt werden, dass die Zuordnung des Hauptlaufes zu C3 zumindest aus Sicht
unseres Vorhersagebereichs etwas fragwürdig erscheint, allerdings will der
Hauptlauf auch nicht so recht in die Schemata der anderen Cluster passen, zumal
C1 viel antizyklonaler aufgestellt ist. Werfen wir einen Blick in die erweiterte
Mittelfrist: Auffallend ist, dass - bei allen Unsicherheiten - 3 von 5 Clustern
außergewöhnlich hohes Potential im Raum Island und Grönland zeigen, so dass die
Zufuhr von Luftmassen aus polaren Breiten nach Deutschland zumindest zeitweise
möglich ist.
Die Rauchfahne für Erfurt (Mitte Deutschlands) zeigt bei recht großer
Unsicherheit im Laufe der nächsten Woche trockenes Wetter bei hohem Potential
und ansteigender Temperatur. Ab Samstag wird ein extrem großer Bereich von den
Temperaturkurven eingenommen (-6 bis +15 Grad), wobei viele Kurven schon vor dem
Hauptlauf auf tiefere Werte fallen. Auch beim Geopotential gibt es viel
Unsicherheit, die Niederschlagssignale sind insgesamt sehr schwach auch ab
Sonntag.
Ähnlich zeigen sich auch die GFS-Rauchfahnen, allerdings mit fehlenden sehr
warmen Lösungen (kaum über 8 Grad) und dem deutlich früher kälter werdenden
Hauptlauf.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Signifikante Wettererscheinungen stehen im Mittelfristzeitraum zunächst kaum auf
der Karte. Vor allem im Dienstag und eventuell auch noch am Mittwoch dürfte in
Hochlagen des östlichen Berglandes der Nordwest- bis Nordwind stürmisch
auffrischen. In den Nächten zur Wochenmitte besteht in ungünstigen Lagen teils
Frostgefahr.
Nachfolgend kann sich bei Erwärmung im Südwesten allmählich wieder etwas CAPE
aufbauen. Am Freitag sollte kaum noch Absinken wirksam sein, so dass über den
Bergen des Südwestens erste starke Gewitter auftreten können. Am Samstag würde
dann vor allem nach dem IFS-Hauptlauf die Gewittergefahr deutlich steigen und
sich weiter ausdehnen, wobei auch unwetterartige Entwicklungen denkbar sind.
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Basis für Mittelfristvorhersage
MOS-MIX, IFS-EPS; Wir setzen auf das Szenario des Hauptlaufes, da andere
Szenarien auch nicht wirklich wahrscheinlicher erscheinen.
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VBZ Offenbach / Dipl.-Met. Peter Hartmann