DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

02-05-2020 07:30
SXEU31 DWAV 020800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 02.05.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: TrM
Unbeständig und leicht untertemperiert, aber kaum markante Wettererscheinungen.
Vor allem heute, aber auch am Montag Trogpassagen mit Schauern und Gewittern, am
Sonntag vorübergehende Wetterberuhigung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland im Einflussbereich eines breit angelegten,
nur wenig amplifizierenden Troges, der - mit mehreren Drehzentren ausgestattet -
vom Europäischen Nordmeer und dem isländischen Raum über Norwegen und Dänemark
hinweg bis zur Nordsee bzw. bis ins Vorhersagegebiet reicht. Im Tagesverlauf
kommt der ganze Komplex zögernd nach Osten voran, wobei die Hauptachse des
Troges bis zum späteren Abend weite Teile Deutschlands überquert hat. Vor allem
über den mittleren Landesteilen, aber auch ganz im Süden kann dabei auf der
diffluenten Vorderseite aufgrund von PVA dynamische Hebung generiert werden, die
durch Kaltluftadvektion aber teilkompensiert wird.
Das mit dem Trog korrespondierende Bodentief verlagert seinen Schwerpunkt von
der Nordsee über Dänemark hinweg bis zum Abend nach Südschweden, wobei es sich
zögernd auffüllt. Mit dem Vorstoß eines Bodenhochkeils von Frankreich her nach
Südwestdeutschland verschärft sich im Tagesverlauf der Gradient vor allem in der
Mitte und im Süden des Landes. Dazu labilisiert die Luftmasse mit der Advektion
höhenkalter Luftmassen und unterstützt durch den Tagesgang (diabatische
Erwärmung der Grundschicht) im Trogbereich zunehmend, in 500 hPa sinkt die
Temperatur auf etwa -29 Grad in den mittleren Landesteilen, in 850 hPa bewegt
sie sich um 0 Grad. Gradient und im Tagesverlauf zunehmende turbulente
Durchmischung führen vor allem in der Südhälfte zu einem Auffrischen des Windes,
ab dem späten Vormittag/Mittag gibt es dort bis in die mittleren Landesteile
reichend recht verbreitet steife, in freien und windexponierten Lagen auch
stürmische Böen (Bft 7 bis 8) aus West, später West bis Nordwest. Auf einigen
exponierten Gipfeln der süddeutschen Mittelgebirge und der Alpen sind auch
einzelne Sturmböen (Bft 9) nicht ausgeschlossen.
Mit dem Trog bzw. auf dessen Vorderseite haben aktuell bereits recht verbreitete
Schauer auf den Westen und die mittleren Landesteile übergegriffen. Im
Tagesverlauf weiten diese sich weiter nach Nordosten und auch ein wenig nach
Süden aus und sind zunehmend von kurzen Gewittern begleitet (die Luftmasse ist
bis etwa 500 hPa labil geschichtet, zudem werden gebietsweise 50 bis 150 J/kg
ML-Cape simuliert). Auch in den Regionen südlich der Donau lebt die Schauer- und
Gewittertätigkeit nach kurzem vormittäglichen Abklingen wieder auf. Ganz im
Nordwesten und Norden sind zwar aktuell noch einzelne Schauer unterwegs, nach
Trogpassage klingen diese aber im Laufe des Mittags allmählich ab, so dass es
dort am Nachmittag meist trocken bleibt. Auch die Regionen zwischen Main und
Donau sind eher selten betroffen; einerseits wird dort noch am wenigsten Hebung
simuliert, andererseits zeichnet sich die Luftmasse grade in diesen Regionen
nicht durch einen allzu hohen Feuchtegehalt aus (PPW-Werte nur um oder knapp
über 10 mm, Taupunkte knapp über 0 Grad).
Als Begleiterscheinungen der Gewitter kommen am ehesten steife bis stürmische
Böen in Frage. Die Überlappung von hochreichender Scherung (0 bis 6 km 20 bis 30
m/s) und Labilität passt am besten an der Südostflanke des Troges etwa von
Rheinland-Pfalz über Hessen/Nordbaden bis nach Nordbayern, vor allem aber auch
im südlichen Alpenvorland, so dass am ehesten in den Regionen auch mal
organisierte Strukturen möglich sind. Bei zusätzlich noch trockener Grundschicht
kann es dann vielleicht auch mal für eine Sturmböe reichen. Allgemein muss in
kräftigeren Schauern/Gewittern auch mit Graupel und kleinkörnigem Hagel
gerechnet werden.
Die Sonne dürfte sich am häufigsten zwischen Main und Donau sowie in der Lausitz
zeigen, später dann auch häufiger an den Küsten und im Nordwesten. Insgesamt
bleibt es mit Höchstwerten zwischen 11 und 15 Grad, bei längerem Sonnenschein
bis 17 Grad leicht untertemperiert.

In der Nacht zum Sonntag schwenkt der Höhentrog weiter Richtung Polen, ein
weiterer kurzwelliger Anteil zieht von der Nordsee landeinwärts bis in die
mittleren Landesteile, verliert aber deutlich an Kontur und erweist sich nicht
wirklich als wetterwirksam. Trogrückseitig stellt sich eine leicht mäandrierende
nordwestliche Höhenströmung ein, wobei ein flacher Höhenrücken morgens die
Nordsee erreicht.
Das Bodentief zieht nach Nordosten ab und füllt sich noch etwas auf,
vorderseitig des Rückens baut sich über Süddeutschland ein flaches
Hochdruckgebiet auf, so dass der Wind nicht nur tagesgangbedingt rasch abflaut
und warntechnisch im Laufe der Nacht keine Rolle mehr spielen sollte. Die
Schauer klingen abends und in der ersten Nachthälfte von Nordwesten her rasch
ab, lediglich an den Alpen kann es aufgrund leichten Staus noch etwas länger
Niederschläge geben, wobei die Schneefallgrenze auf unter 1500 m sinkt, für eine
nennenswerte Schneedecke reicht es aber nicht. Auch im Küstenbereich kann es
vielleicht noch für einen kurzen Schauer reichen.
Ansonsten lockern die Wolken stärker auf, im Westen und Südwesten ist es teils
gering bewölkt. In der eingeflossenen maritimen Polarluft (um 0 Grad in 850 hPa)
gehen die Temperaturen vor allem dort rasch zurück und in ungünstigen Lagen gibt
es Boden-, in einigen Tälern der westlichen und südwestlichen Mittelgebirge
eventuell auch leichten Luftfrost.

Sonntag... schwenkt der flache Höhenrücken von der Nordsee ins Vorhersagegebiet
und sorgt für eine gewisse Wetterberuhigung. Auch im Bodenfeld stellt das Muster
etwas mehr auf antizyklonal um, dabei reicht eine flache Hochdruckzone ausgehend
von einem umfangreichen Hochdruckgebiet mit Schwerpunkt südlich von Island über
die Britischen Inseln und die Nordsee bis nach Süddeutschland. Nördlich der
Divergenzachse des Hochs bleiben der Norden und Osten Deutschlands im Zustrom
recht feuchter Nordseeluft, wobei die Labilität der Luftmasse nach Osten zu noch
so hochreichend ist, dass es mit diabatischer Erwärmung der Grundschicht für
einzelne kurze Schauer reicht, aber wohl nicht mehr für Gewitter. Im Nordwesten
breiten sich die flachen Quellwolken dagegen an einer in etwa 800 hPa gelegenen
Absinkinversion eher in die Horizontale aus, dort und auch am Nordrand der
Mittelgebirge reicht es somit höchstens für ein paar Tropfen. Im Ostseeumfeld
kann sich dagegen im Lee des Norwegischen Küstengebirges länger die Sonne
durchsetzen. Allerdings lebt dort der Wind im Tagesverlauf noch einmal aus
Nordwest auf, für Böen Bft 7 reicht es aber höchstens an exponierten Abschnitten
der vorpommerschen Küste.
Recht freundlich gestaltet sich der Wetterablauf auch südlich der Divergenzachse
im Südwesten und Westen des Landes, wo neben lockeren Quellwolken häufig die
Sonne scheint. Dort kann sich die Luftmasse niedertroposphärisch auch etwas
erwärmen (um 4 Grad in 850 hPa), während im Nordosten die KLA anhält (0 bis 2
Grad in 850 hPa). Somit liegen die Höchstwerte im Norden und Osten zwischen 12
und 16 Grad, im Süden und Westen dagegen zwischen 14 und 19, am Oberrhein knapp
20 Grad.

In der Nacht zum Montag kommt der flache Rücken rasch nach Polen voran, während
sich über Norwegen und der Nordsee ein weiterer Höhentrog ankündigt. Auf dessen
Vorderseite stellt sich über dem Vorhersagegebiet eine zunehmend diffluent
konturierte westliche Höhenströmung ein. Dabei kann der Trog mit einer von einem
umfangreichen Tief nordöstlich der Azoren bis nach Nordwestfrankreich reichenden
Warmfront interagieren, und zwar in Form eines flachen Wellentiefs, das sich bis
Montagfrüh nach Belgien verlagert. Die Warmfront des Tiefs greift ausgangs der
Nacht auf Südwestdeutschland über, im Vorfeld setzen - induziert bzw. verstärkt
durch WLA - im Westen und Südwesten leichte Regenfälle ein. Die Hochdruckzone
wird dadurch nach Nordosten abgedrängt und schwächt sich zusehends ab, dafür
verstärkt sich ein zur Nordsee gerichteter Keil des sich ins Seegebiet
nordwestlich von Schottlands verlagernden Hochs. Somit dreht die Grundströmung
ganz im Norden mehr auf Nord bis Nordwest und es wird noch etwas kältere Luft
dorthin advehiert (T 850 hPa -4 bis 0 Grad). Zwar dürften die Wolken dort nach
wie vor nur selten stärker auflockern, sollte das aber der Fall sein, kann es
aber durchaus für Bodenfrost in ungünstigen Lagen vielleicht sogar für leichten
Luftfrost reichen.

Montag... nistet sich der Höhentrog über dem nördlichen Mitteleuropa (Skagerrak)
ein. Durch kräftige KLA auf dessen Rückseite verstärkt sich der zur Nordsee
gerichtete Bodenhochkeil und weitet sich nach Nordwestdeutschland aus. An dessen
Ostflanke gelangt recht trockene maritime Polarluft auf direktem Wege nach
Norddeutschland (T850 hPa 0 bis -4 Grad). Zwar ist die Luftmasse leicht labil
geschichtet, allerdings nicht zuletzt auch aufgrund der Abtrocknung im Lee des
Norwegischen Gebirges wohl für hochreichende Konvektion zu trocken (PPW-Werte
unter 10 mm). Somit scheint vor allem an den Küsten und im angrenzenden
Binnenland bei nur flachen Quellwolken und auffrischendem Nordnordwestwind
(entlang der Nordfriesischen Küste mit einzelnen Böen Bft 7) häufig die Sonne,
mit Höchstwerten zwischen 10 und 15 Grad bleibt es aber in der gesamten
Nordhälfte bis in die mittleren Landesteile recht frisch.
Das Bodentief zieht im Tagesverlauf von Belgien kommend über Rheinland-Pfalz und
Südhessen nach Ostbayern. An dessen Nordflanke fällt über den mittleren
Landesteilen schauerartiger Regen, innerhalb der leicht labil geschichteten
Luftmasse kann auch ein kurzes Gewitter nicht ausgeschlossen werden. Größer ist
die Gewitterwahrscheinlichkeit dagegen an dessen Südflanke im Warmsektor bzw.
mit Kaltfrontpassage. Vor allem im Warmsektor ist eine potenziell instabile
Luftmasse subtropischen Ursprungs involviert (T850 hPa 4 bis 9 Grad), wobei
mehrere 100 J/kg ML-Cape simuliert werden. Unterstützt durch dynamischen
Hebungsantrieb auf der diffluenten Trogvorderseite gibt es dort recht verbreitet
Schauer und Gewitter. Dabei sind auch organisierte Strukturen denkbar,
hochreichende Scherung (25 bis 40 m/s 0 bis 6 km) und auch Low Level Shear
(orographisch unterstützt entlang von Schwarzwald, Alb und im Alpenvorland auf
über 10 m/s) lassen diese auf jeden Fall zu, die ICON EU-Hodographen sind im
Alpenvorland sogar leicht gekurvt, was mit dem durch die Orographie
modifizierten Windfeld in der Grundschicht zusammenhängt. Die PPW-Werte steigen
zudem auf über 20 mm. Somit sollten sich die Begleiterscheinungen der Gewitter
weitgehend im markanten Bereich abspielen. Für Details ist es aber aktuell noch
zu früh.
Insgesamt zeigt sich die Sonne in der Mitte und im Süden nur sporadisch.
Allerdings wird es mit Höchstwerten zwischen 15 und 20 Grad, bei etwas Sonne bis
22 Grad deutlich milder als im Norden.

In der Nacht zum Dienstag kommt der Höhentrog nur zögernd nach Südosten voran
und befindet sich mit seinem drehzentrum morgens in etwa über der Südspitze
Schwedens. Der Keil des kräftigen, seinen Schwerpunkt allmählich nach Schottland
verlagernden Hochs weitet sich über West- allmählich nach Süddeutschland aus und
verstärkt sich noch etwas. Somit verschärft sich an der Westflanke eines nach
Südschweden ziehenden Bodentroges vor allem über Nordwestdeutschland der
Gradient noch etwas und die Wahrscheinlichkeit für steife Böen (Bft 7) im
Nordseeumfeld steigt an.
Das Bodentief über Ostbayern zieht weiter nach Polen. Von der Lausitz bis nach
Bayern gibt es anfangs noch schauerartige Regenfälle, die im Laufe der zweiten
Nachthälfte von Nordwesten her nachlassen (in den Erzgebirgskammlagen kann es
mit Abklingen der Niederschläge vielleicht noch ein paar Schneeflocken geben),
an den Alpen dauern sie noch bis in die Frühstunden an, dort sinkt die
Schneefallgrenze dann auf etwa 1400 m.
Mit dem südostwärts ziehenden Trog gelangt der Nordosten des Landes zunehmend in
den Einflussbereich höhenkalter Luftmassen, in 500 hPa sinkt die Temperatur dort
morgens auf -30 bis -34 Grad. Vor allem an den Küsten und vielleicht auch schon
im nordostdeutschen Binnenland führt das zu einem Aufleben der Schauertätigkeit,
kurze Gewitter nicht ausgeschlossen.
Ansonsten lockern die Wolken aber auch mal stärker auf. Mit der verstärkten
Advektion maritimer Polarluft sinkt die 850 hPa-Temperatur im Norden und in der
Mitte auf -6 bis 0 Grad. Somit muss vor allem im Westen und in der Mitte bis in
die Norddeutsche Tiefebene bei aufgelockerter Bewölkung auch mit Luftfrost
gerechnet werden.


Modellvergleich und -einschätzung
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Alle vorliegenden Modelle simulieren im Kurzfristzeitraum eine sehr ähnliche
Wetterentwicklung. Prognose- und warnrelevante Unterschiede sind allerhöchstens
im Detail auszumachen, am ehesten noch, was die Gewittertätigkeit am Montag in
Süddeutschland angeht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Winninghoff