DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

28-04-2020 07:30
SXEU31 DWAV 280800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Dienstag, den 28.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL Ws
Zunehmend unbeständiger Witterungsabschnitt. Gebietsweise teils markante
Gewitter mit Starkregen. Vor allem im Westen und Südwesten zunehmend windig, im
Bergland Sturmböen.

Synoptische Entwicklung bis Donnerstag 24 UTC
--------------------------------------------------------------
Dienstag... findet der Lockdown beim Wetter schrittweise sein Ende. Nachdem über
Wochen kaum Aktivität zu verzeichnen war, stellt sich die Großwetterlage nun
komplett um. Statt Hochdruckdominanz übernehmen zunehmend Tiefdruckgebiete das
Zepter und der heutige Dienstag bildet dabei den Anfang. Schon aktuell lassen
sich auf Radar- und Satellitenbildern die feuchten Luftmassen erkennen, die von
Frankreich kommend langsam auf Deutschland übergreifen. Nennenswerter
Niederschlag derzeit vor allem in Baden-Württemberg.

Die aufkommenden Wolken- und Niederschlagfelder haben ihren Ursprung in der
Tatsache, dass Deutschland zunehmend auf die diffluente Vorderseite eines Troges
über Frankreich gerät. Dieser Trog schwächt sich durch stromaufwärtige
Entwicklungen zwar insgesamt etwas ab, stützt aber eine sich entwickelnde zonal
orientierte Tiefdruckrinne von Nordfrankreich über Deutschland bis zu den
Baltischen Staaten. Schon aktuell lässt sich diese Rinne im Bodenfeld über dem
Westen Deutschlands erkennen. So zeigt sich eine schöne konvergente Strömung im
Windfeld mit einer nördlichen Windkomponente nördlich des Ruhrgebietes und einer
südlichen Komponente südlich davon. In die Bodenkonvergenz eingelagert ist eine
Luftmassengrenze, die kühlere, trockenere und stabilere Luft im Norden trennt
von einer feuchtwarmen Luftmasse südlich davon.

Mit der weiteren Entwicklung der Tiefdruckrinne im Tagesverlauf werden sich von
Westen kommend Niederschläge langsam ostwärts-nordostwärts ausbreiten und
längere Zeit anhalten. Warnschwellen werden dabei aber nicht überschritten. Erst
in der zweiten Nachthälfte ziehen die Niederschläge dann allmählich nordostwärts
aus Deutschland ab.

Nördlich der Luftmassengrenze bleibt es weitgehend trocken, wenn auch recht
kühl. Südlich der Luftmassengrenze befindet man sich hingegen in der
feuchtlabilen Warmluft, sodass schauerartig verstärkte Niederschläge im
Tagesverlauf häufiger werden. Die ppw-Werte steigen im Westen und Süden immerhin
auf Werte um 25 mm. Wenngleich die Feuchtigkeit in den Prognosesoundings recht
hoch ist, mangelt es an einer guten Überlappung mit der Labilität, die weiter
stromabwärts im Osten besser ausgeprägt ist. Damit sind die CAPE-Werte insgesamt
eher verhalten mit lokal wenigen hundert J/kg.
Im Tagesverlauf muss entsprechend nur mit einzelnen Gewittern in der
Südwesthälfte gerechnet werden, die bei moderaten Zuggeschwindigkeiten örtlich
auch mal mit Starkregen einhergehen können. Beim Wind sollten Bft 7 ausreichen,
zumal auch der Organisationsgrad aufgrund der schwachen Dynamik nur schlecht ist
und die Gewitter allgemein nur kurzlebig sind.

Ein Fokus gilt allerdings dem Bayerischen Alpenrand. Mit der südlichen
Anströmungsrichtung in mittleren Troposphärenniveaus kann sich eine leicht
föhnige Komponente einstellen und auf der Alpennordseite bildet sich im
Tagesverlauf ein flaches Leetief. Zum späten Nachmittag wandert dieses
allmählich ostwärts ab und eine Druckanstiegswelle erfasst den Süden Bayerns von
Westen her. Schon ab den Mittagsstunden dürften sich erste Gewitter im Allgäu
bilden, die dann weiter nördlich bis zu Donau ausgreifen. Die Schauer und
Gewitter werden anschließend mit der Druckanstiegswelle weiter nach Osten
gedrückt. Gut möglich, dass in diesem Zuge bei den Gewittern auch mal eine
stürmische Böe gemessen wird.

Rückseitig dreht die Strömung in der unteren Troposphäre und am Boden auf
nördliche Richtungen, sodass die Schauer und Gewitter in länger andauernden
Regen mit Starkregenpotential übergehen. Dies wird auch durch die Tatsache
gestützt, dass die Höhenströmung weiter aus Süd bis Südwest daherkommt und sich
damit eine ordentliche vertikale Windscherung ergibt. Je nach Modell muss ab dem
Abend mit markantem Starkregen ausgreifend bis etwa zum Münchner Raum gerechnet
werden. Bei der deutschen Modellkette verbleibt der warnwürdige Regen allerdings
nur direkt am Alpenrand. Die Mengen sollten sich etwa auf 20 bis 30 l/qm in
einem 6-9 stündigem Zeitraum belaufen. Örtlich Spitzen bis in den
Unwetterbereich lassen sich zwar nicht komplett ausschließen, sind aber nur
örtlich zu erwarten und im Vorfeld nicht warntechnisch erfassbar.

Zu guter Letzt bleiben noch die östlichen Landesteile, die heute noch von einem
Rücken profitieren, dessen Achse über Deutschland liegt und langsam ostwärts
vorankommt. Da der Osten sich noch auf seiner Vorderseite befindet, bleibt es
dort heute noch länger Zeit freundlich und trocken, wobei von Südbrandenburg bis
nach Sachsen Höchstwerte im sommerlichen Bereich erwartet werden. Schauerartige
Niederschläge greifen dort erst ab dem späten Nachmittag und Abend über, fallen
aber nicht mehr sehr ergiebig aus.

Mittwoch... liegt ein Randtief der etwas nordwärts vorangekommenen
Tiefdruckrinne über der südlichen Nordsee. Gestützt wird dieses Randtief durch
einen Kurzwellentrog in der mittleren und oberen Troposphäre. Die Struktur im
Boden- und Höhenfeld ist ziemlich komplex und kurzwellig, sodass eine konkrete
Prognose nur schwer möglich ist. Das wird auch klar, wenn man sich die
Vorhersage von gestern für den Mittwoch anschaut. Da hat es doch einige
Verschiebungen gegeben.

Fest steht, dass die mittlere Troposphäre allgemein labil geschichtet ist, die
bodennahe Feuchtigkeit aber nicht mehr so üppig vertreten ist, wie noch am
Dienstag. Die Werte des CAPE sind aufgrund der inhomogenen Verteilung der beiden
Grundzutaten nur gering, zeigen aber lokale Maxima. Wo diese genau liegen
werden, lässt sich aber aus heutiger Sicht nur schwer prognostizieren. So muss
gebietsweise mit schauerartigen Niederschlägen und einzelnen Gewittern gerechnet
werden. Gewitter sind vornehmlich in den Nachmittagsstunden zu erwarten, wenn
die tagesgangbedingte Erwärmung durchgegriffen hat. So werden in großen
Landesteilen auch sonnige Abschnitte prognostiziert.

Unwahrscheinlich sind Gewitter im Südosten, wo noch skalige Niederschläge aus
der Nacht heraus aktiv sind und nur langsam ostwärts abziehen. Dort ist die
Schichtung eher stabil. Zudem bekommt die Höhenströmung nachfolgend wieder eine
südliche Komponente, sodass damit von den Alpen ein Rückgang der Zutat Feuchte
zu verzeichnen ist. Entsprechend ist das Gewitterrisiko südlich der Donau nur
gering. Zudem bleibt es in diesen Regionen mit Werten um 15 Grad ziemlich kühl.

Eine zweite Region mit geringer Gewitterwahrscheinlichkeit ist der Westen. Dort
machen sich ebenfalls trockenere und stabilere Luftmassen rückseitig der
Trogachse bemerkbar. Bis zum Abend weitet sich die stabilere Region etwa bis zur
Mitte aus, sodass es nachmittags im Westen weitgehend trocken ist. Die
Höchstwerte über der breiten Mitte liegen zwischen 16 und 21 Grad.

Bleibt noch der Norden, der in der bodennahen Rinnenstruktur verleibt. Dort gibt
es zumeist keine Sonne und stattdessen immer mal wieder schauerartige verstärkte
Niederschläge. Entsprechend kühl bleibt es dort mit 10 bis 14 Grad.

Warntechnisch relevant ist vereinzelt noch der Wind. Über der Südhälfte sind die
Luftdruckgegensätze etwas stärker ausgeprägt, sodass insbesondere über der Mitte
gebietsweise einzelne Böen, in exponierten Berglagen auch stürmische Böen
auftreten.

In der Nacht auf Donnerstag zieht der Kurzwellentrog ostwärts ab. Rückseitig
kann sich ein kurzwelliger Rücken durchsetzen, ehe der Westen und Südwesten im
Laufe der zweiten Nachthälfte wieder auf die diffluente Vorderseite eines neuen
Langwellentroges gelangt.

So ziehen die schauerartigen Niederschläge in der ersten Nachthälfte rasch
ostwärts ab und nachfolgend lockert die Wolkendecke gebietsweise stärker auf. Im
Westen verdichten sich die Wolken allerdings rasch wieder und bereits ab
Mitternacht greifen neue Niederschläge über. Diese sind gekoppelt an eine
Okklusion und vornehmlich skaliger Natur. Die Niederschläge weiten sich in der
zweiten Nachthälfte bis zu den mittleren Landesteilen aus. Im Osten und Südosten
bleibt es hingegen bis zum Morgen noch trocken.

Mit der Front frischt zudem der Südwestwind zum Teil böig auf, insbesondere in
Richtung Rheinland-Pfalz. In Hochlagen des Schwarzwaldes sind auch Sturmböen
möglich.

Donnerstag... greift der westeuropäische Trog auf Deutschland über. Der breit
angelegte Trog ist durchsetzt von mehreren kurzwelligen Anteilen, was eine
genaue Prognose zum jetzigen Zeitpunkt nur schwer möglich macht.

Ein kurzwelliger Anteil schwenkt im Tagesverlauf von Südwest nach Nordost über
Deutschland hinweg. Daran gekoppelt ist die Okklusion, die dadurch bis zum
Nachmittag in den Osten und Nordosten gedrückt wird. Mit etwas Labilisierung,
nimmt das einstmals skalige Regengebiet dann zunehmend Schauercharakter an und
auch einzelne Gewitter sind eingelagert. Das Bodendruckfeld nimmt über dem
Norden und Nordwesten Rinnencharakter an, wobei sich die Orientierung zusehends
von meridional auf zonal umstellt. Entsprechend kann es im Norden und Nordosten
nachfolgend in der zweiten Tageshälfte auch längere Zeit regnen.

Postfrontal strömt im Rest des Landes eine sehr labil geschichtete Luftmasse
ein. Allerdings ist diese auch ausgesprochen trocken, wie man gut an den Werten
der spezifischen Feuchte sieht. Dementsprechend gibt es vom Westen und Südwesten
ausgreifend bis zur Mitte kaum noch Niederschläge und wenn dann nur vereinzelte
Schauer im Bergland.

Im Südosten kann es noch längere Zeit regnen. Dies liegt vor allem daran, dass
sich postfrontal am Nachmittag in bodennahen Schichten ein flaches Hoch bildet
und die Strömung eine nördliche Komponente bekommt. Damit ergibt sich eine
gewisse Gegenstromkomponente. Warnwürdige Mengen werden aber aus heutiger Sicht
nicht erwartet. Zumal auch die Schneefallgrenze bei auf unter 5 Grad
zurückgehenden 850 hPa Werten absinkt und ein Teil gebunden wird.

Die Temperatur ist recht verschieden. Während im Nordwesten und im Süden teils
nicht die 15 Grad Marke erreicht wird, steigen die Maxima in der Lausitz vor der
Front auf 20 Grad. Ausgreifend von Westen und Südwesten bis zur Mitte ist der
Wind lebhaft mit starken, in anfälligen Lagen auch stürmischen Böen. Auf
einzelnen Berggipfeln kann es Sturmböen aus West bis Südwest geben.

In der Nacht auf Freitag greift allmählich der Haupttrog auf Deutschland über.
Nachdem es vorübergehend mal längere Zeit auflockert, teils auch nur gering
bewölkt ist, nehmen die Wolkenteile in der zweiten Nachthälfte wieder zu und von
Westen greifen Schauer und vereinzelte kurze Gewitter auf Deutschland über.
Zuvor geht die Temperatur zum Teil auf Werte unter 5 Grad zurück. Nicht
ausgeschlossen, dass lokal auch einmal Bodenfrost aufritt. Vor allem im
Südwesten spielt der Wind weiterhin eine Rolle. Dieser weht zum Teil stark böig,
im Bergland auch mit Sturmböen aus Südwest.

Modellvergleich und -einschätzung
--------------------------------------------------------------
Die grundlegende Entwicklung wird im kurzfristigen Vorhersagebereich gleich
vorhergesagt. Allerdings gibt es am Mittwoch und auch am Donnerstag Unterschiede
in der Detailprognose, sodass eine Prognose wo konvektive Schwerpunkte liegen
nur eingeschränkte möglich ist.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer