DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

25-04-2020 08:01
SXEU31 DWAV 250800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 25.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNa (Hoch Nordmeer antizyklonal)

Kurzfristig nichts Markantes außer andauernde Trockenheit.

Synoptische Entwicklung bis Montag 24 UTC
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Samstag... befindet sich Deutschland zwischen einem mit üppiger Amplitude
ausgestattetem Höhenrücken über dem nahen Ostatlantik und einem LW-Trog über
Nordost- bzw. dem nahen Osteuropa. Bei uns resultiert daraus eine nordwestliche
Höhenströmung, in der ein scharfer KW-Trog soeben den Nordosten des
Vorhersageraums hinter sich gelassen und den Westen Polen erreicht hat. Ihm
folgt im Tagesverlauf noch ein zweites, allerdings deutlich flacheres
Kurzwellenexemplar nach, das uns von Nordwest nach Südost überquert. Viel
ausrichten kann dieser Trog allerdings nicht, weil die Luftmasse, mit der er
zusammenarbeiten muss, alles andere als spendierfreudig in Sachen Regen,
Nieselregen, Schnee oder sonst was ist. Viel zu trocken und stabil ist die
leicht unterkühlte Polarluft (T850 -2 bis +4°C), die mit nord-nordwestlicher
Strömung zwischen einem flachen, von der Nordsee bis zum Nordmeer reichenden
Hoch (immer noch ODILO) und Tiefs nahe der Halbinsel KOLA sowie Belarus (WALLI)
zu uns gelangt. Eine eingebettete Kaltfront hat bereits vergleichsweise
geräuschlos (also ohne nennenswertes Wetter) den Süden erreicht, wo sie kurz vor
den Alpen zum Stehen kommt und der Stecker endgültig gezogen wird (Auflösung).
Damit verbleiben der äußerste Süden und Südwesten in wärmerer, etwas feuchterer
und zudem leicht labil geschichteter Luft, was über den Alpen, im südlichen
Vorland sowie im südlichen BW mehr oder weniger dichte Quellungen und sogar den
einen oder anderen Schauer zulässt (sogar jetzt ist da schon eine durchaus
erfreuliche Aktivität zu erkennen). Substanzielle Mengen sind allerdings nicht
zu erwarten, um möglicherweise aufkommende Hoffnungen an dieser Stelle gleich
mal im Keim zu ersticken.
Abgesetzt von den Alpen respektive dem deutsch-schweizer Grenzbereich schließt
sich ein breiter, bis in den zentralen Mittelgebirgsraum reichender Streifen an,
in dem die Sonne gar nicht oder nur höchst schlampig und uneffektiv an ihrem
Wirken gehindert wird. Mit 17 bis 23°C wird es dabei aber nicht mehr ganz so
warm wie gestern.
Weiter im Norden hat inzwischen verbreitet tiefe SC-Bewölkung den Weg bis in die
Mitte gefunden. Sie ist nur wenige hundert Meter dick, liegt unter einer
zwischen 900 und 850 hPa positionierten Inversion (die allerdings nach Osten hin
höher liegt und dort aufgrund der Nähe zum Höhentrog auch nicht so ausgeprägt
ist), ist nicht komplett geschlossen und reißt von Norden her bereits wieder
auf. Diese Bewölkung wird es schwer haben, ja, es wird sogar unmöglich sein, die
zentrale Mittelgebirgsschwelle zu überqueren. Stattdessen obliegt sie im
Tagesverlauf zunehmenden Erosionsprozessen, die zum Teil auflösend wirken, meist
aber den anfangs noch vorhandenen stratiformen Charakter in ein eher
flach-konvektives Muster mit mehr oder weniger dichten Cumuli verändert. Das
"Mehr" dürfte dabei eindeutig die östlichen Landesteile treffen, wo sich heute
früh und am Vormittag sogar ein paar wenige Tropfen bis zum Erdboden quälen, und
wo auch am Nachmittag - als wolle uns die Atmosphäre verhöhnen - ein
vereinzelter schlaffer Schauer nicht verwundern sollte. Im Westen hingegen
sollte das "Weniger" zutreffen und ganz im Norden (SH, Küste, nördliches NDS)
setzt sich schon vorher mehr und mehr die Sonne durch. Allerdings wird es vom
Norden bis in die Mitte nicht wärmer als 12 bis 18°C, auf einigen Nordseeinseln
(auflandiger Wind) vielleicht sogar noch 1-2 Grad frischer.

In der Nacht zum Sonntag tut sich vergleichsweise wenig an der ohnehin
antriebsschwachen Großwetterlage. Leichter Druckanstieg lässt von Westen her
einen flachen Hochkeil übergreifen, der weiter am Abbau der Bewölkung in der
Nordhälfte arbeitet. Nach Osten und Nordosten hin wird ihm das wohl nicht
vollständig gelingen, wohingegen im Westen die Chancen sehr gut stehen.
Allerdings gibt es zahlreiche Anzeichen der Numerik, dass spätestens ab
Mitternacht neues "tiefes Zeug" von der Nordsee etwas landeinwärts driftet,
wobei einige Modelle sogar Sichteinschränkungen im Bodenniveau, also Nebel
signalisieren (teils advektiv, teils strahlungsbedingt vor Eintreffen der
Bewölkung). Hier sollte man heute Abend noch mal einen gründlichen Abgleich
zwischen den neuesten Prognosen und dem Ist-Zustand über der Nordsee
durchführen.
Dort, wo die Nacht über weite Strecken oder sogar durchweg klar verläuft, kann
sich die Luft gut abkühlen, so dass häufig leichter Frost in Erdbodennähe
auftritt. In einigen Mulden und Tälern der Mittelgebirge, wo sich schön die
Kaltluft sammeln kann, ist sogar leichter Luftfrost möglich. Gleiches gilt für
ungünstige Lagen zwischen Main und Donau. Ganz im Süden bleibt es in der
feuchten Luft milder und gerade Richtung Alpen sind sogar noch vereinzelte
schwache Schauer möglich.

Sonntag... schiebt sich von Westen her ein flacher Rücken bis nach Mitteleuropa
vor, der den o.e. Bodenhochkeil stützt. Das daraus resultierende Absinken sorgt
für eine Abtrocknung von oben, was die Wolkenbildung erschwert bzw. vorhandenen
Wolken den Kampf ansagt. So dürfte die Sonnenscheindauer bezogen auf die Fläche
gegenüber heute wieder zunehmen, auch wenn sich eine Gleichverteilung freilich
nicht einstellen wird.
Da wäre zunächst mal der Norden, wo es schon eine Zeit lang braucht, bis die
tiefe Bewölkung wegerodiert bzw. soweit perforiert ist, dass sich die Sonne
wieder nachhaltiger in Szene setzen kann. Ganz klar ist dabei auch noch nicht,
wie weit dieser Stratus oder Stratocumulus (ST/SC) tatsächlich nach Süden in die
Norddeutsche Tiefebene eindringt und ob dieser nicht vielleicht am Vormittag
sogar ein paar Tränen der Verzweiflung vergießt. Letztlich ist das aber nur von
akademischen Interesse, denn selbst wenn hier und da etwas Nieselregen fallen
sollte, bringen tut das nix.
Darüber hinaus gilt es noch zu erwähnen, dass sich im Osten ein paar flache
Quellungen in der bis etwa 750/700 hPa reichenden Grenzschicht bilden können.
Und auch ganz im Süden - Alpen, südliches Vorland, Grenzbereich zur Schweiz -
bleibt der Status Quo mit einigen dickeren Quellungen und einzelnen Schauern
erhalten. Dabei nimmt die Labilität gegenüber heute noch etwas zu, gleichwohl
sind mögliche Gewitter aufgrund des nach wie vor limitierten Wasserdampfgehalts
der Luftmasse nur wenig wahrscheinlich.
Temperaturmäßig finden sich weite Teile des Landes morgen Nachmittag in einer
von 16 bis 23°C reichenden Spanne wieder, wobei die höchsten Werte
Südwestdeutschland vorbehalten sind. Ganz im Norden, wo die Wolken die Erwärmung
dämpfen, stehen nur 11 bis 16°C auf der Karte mit der Faustregel "je weiter im
Binnenland, desto milder". Nord- und Ostsee sind für die meisten von uns halt
noch nicht badetauglich (in Küstennähe etwa 9 bis 12°C), aber genau von dort
kommt größtenteils der Wind, der sonst morgen im Land aber kein großes Aufsehen
erregt.

In der Nacht zum Montag bleiben die Luftdruckgegensätze gering, der Wind
schwach, die Luft trocken. Anfangs noch vorhandene tiefe Restbewölkung löst sich
mehr und mehr auf. Lediglich der ganz schmale Streifen im äußersten Süden bleibt
seiner Linie treu mit etwas mehr Bewölkung und vereinzelten Schauern. Die
Temperatur sinkt in einigen Mittelgebirgstälern, gebietsweise aber auch im
Norden (z.B. in der Lüneburger Heide) auf 0°C oder etwas darunter. Frost in
Bodennähe bleibt mit Ausnahme des äußersten Südens und Südwesten ziemlich
verbreitet ein zäher Begleiter des Geschehens, die Luft ist einfach zu trocken.


Montag... wandert die Achse des flachen Höhenrückens nach Osten ab, allerdings
kristallisiert sich über Westeuropa eine zweite Achse heraus. Damit bekommt der
gesamte Rücken eine ziemlich breite Geometrie, von der auch Deutschland
"profitiert" in Form einer antizyklonal konturierten westlichen Höhenströmung.
Immerhin bringt sich über dem nahen Ostatlantik zunehmend ein Höhentrog in
Stellung, der nur darauf wartet, auch mitteleuropäische Aktien zu erwerben. Noch
dominieren diesbezüglich bei uns aber noch die Bären, doch die Bullen werden
kommen, versprochen!
Bis es soweit ist, bleibt das Geschehen vor Ort zumindest tagsüber zunächst noch
antizyklonal bestimmt, auch wenn das Bodendruckfeld zusehends auf "Tief" stellt.
Der Luftdruck fällt in ganz Mittel- und Westeuropa, was die Bildung eines
großräumigen, mit mehreren Teilkernen gespickten barischen Sumpfes zur Folge
hat. Über der Nordsee und UK formiert sich darin eine Kaltfront, die aufgrund
von Wellenbildung aber noch keinen Zugriff auf deutsches Territorium bekommt.
Also geht es erst mal so weiter wie gewohnt, heißt, viel Sonnenschein, meist nur
wenige Wolken und vor allem trocken, trocken und noch mal trocken. Selbst ganz
im Süden lässt die Neigung, vielleicht mal ein paar Schauer oder gar Gewitter zu
spendieren, eher etwas nach. Dafür steigt die Temperatur verbreitet auf 20 bis
25°C mit den höchsten Werten im Oberrheingraben. Nur ganz weit im Norden, wo man
der Waterkant näherkommt, wird die 20°C-Marke nicht erreicht.

In der Nacht zum Dienstag wandert die zweite Achse des Rückens ostwärts über den
Vorhersageraum hinweg, was uns nunmehr auf die Vorderseite des leicht
progressiven Troges bringt. In der unteren Troposphäre ist sogar eine kurze
Welle erkennbar, die sich von Westen her annähert. Sie dürfte nicht unerheblich
an der Auslösung synoptisch-skaliger Hebungsprozesse beteiligt sein, die
wiederum für die eigentlich von allen Modellen angezeigten schauerartigen
Regenfälle und einzelnen Gewitter im Westen und Südwesten verantwortlich
zeichnet. Für Details ist es aber noch etwas früh, was nicht zuletzt auch daran
liegt, dass die gehobene Luftmasse erstmal feucht genug sein muss (labil genug
ist sie), um den entsprechenden Niederschlag auch leisten zu können. Zwar wird
die Anfeuchtung durch Einsickern und Advektion von allen Modellen gezeigt, aber
man wird sehen müssen, ob das Timing passt, um eine substanzielle Interaktion
mit dem Trog hinzubekommen.
Was mit ziemlicher Sicherheit in der Nacht noch nicht hinzubekommen ist, den
Norden und Osten mit Niederschlag zu versorgen. Immerhin nimmt die Frostgefahr
ab, so dass nur noch vereinzelt Temperaturen von 0°C oder etwas darunter in
Erdbodennähe auftreten werden.

Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Basisfelder sehr ähnlich. Kleinere Differenzen bei
der Bewölkungsparametrisierung sowie beim Niederschlag gehören zum allgemeinen
Tagesgeschäft, sind bei der Lage für das Warnmanagement aber nur marginal bis
gar nicht von Bedeutung.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann