DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

24-04-2020 07:30
SXEU31 DWAV 240800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 24.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
HNa

Weiterhin insgesamt ruhiges Wetter, tagsüber im Süden frühlingshaft warm, im
Norden kühler. Nachts lokal Frost oder Frost in Bodennähe, im Nordosten in der
Nacht zum Samstag Gewitter. Heute im Norden noch lebhafter Wind, am Wochenende
im äußersten Süden sehr geringe Gewitterwahrscheinlichkeit.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 24 UTC
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Freitag... zeigt sich im Geopotentialfeld in 500 hPa ein schwachgradientiges
Bild. Dabei steht ein abgeschlossenes Höhenhoch über Frankreich, das sich unter
Abschwächung nach Südosten verlagert, tiefem Geopotential über Skandinavien,
Nordwestrussland und dem Nordmeer gegenüber. Zwischen diesen
Geopotentialgebilden wird mit einer nordwestlichen Höhenströmung trockene Luft
nach Mitteleuropa geführt. Auffällig ist dabei ein markanter, mit Höhenkaltluft
gefüllter Kurzwellentrog, der sich von Südnorwegen bis in den Norden Dänemarks
bewegt und der in der Nacht im Nordosten etwas Regen bringen kann. Tagsüber ist
bezüglich ihres Wettereinflusses allerdings ein 850er Trog mit vorlaufendem
Bodentrog interessanter. In diese Trogstruktur ist eine schwache thermische
Drängungszone eingelagert, die wärmere Luft im Süden (T 850 um 10 Grad) von
kühlerer Luft im Norden (T 850 um 4 Grad) trennt. Mit dem Bodentrog, vor allem
aber in dessen Zusammenspiel mit einem Bodenkeil, der sich von der nördlichen
Nordsee bis zum Ostausgang des Ärmelkanals ausweitet und so für ein Anziehen des
Gradienten sorgt, frischt der Nordwestwind im Tagesverlauf von der Nordsee bis
etwa zur Altmark etwas auf. Dort sind einzelne Böen der Stärke 7 nicht
ausgeschlossen, ebenso wie in den Hochlagen der Mittelgebirge sowie an den
Alpen. Dort sorgt der Leitplankeneffekt im Tagesverlauf für einen
vorübergehenden, aber deutlichen Anstieg der Böigkeit des in dieser Region meist
westlichen Windes. Im Bereich des Bodentroges ziehen hier und da ein paar tiefe
und mittelhohe Wolken durch. Laut ICON, IFS oder EUSO4 sollen aus diesen aber
keine Niederschläge fallen. Diesbezüglich ist GFS etwas positiver gestimmt, das
zumindest einige Tropfen Regen im Nordstau des Erzgebirges und entlang von Oder
und Neiße simuliert. An der hydrologischen Gesamtsituation würden aber auch
diese Tropfen, so sie denn fallen sollten, nichts ändern. Letztendlich steht uns
wieder ein sehr sonniger Tag ins Haus mit Höchstwerten von bis zu 27 Grad am
Oberrhein, während es auf den Nordseeinseln nur 12 Grad werden.

In der Nacht zum Samstag greift der 500-hPa-Kurzwellentrog von Norden kommend
auf den Nordosten über und schwenkt bis zum Morgen durch bis etwa zum
Erzgebirge. Die Hebungsantriebe des Troges, insbesondere durch die mit Werten um
-28 Grad sehr niedrigen 500-hPa-Temperaturen, sorgen für kräftige Umlagerungen,
bei denen auch mal ein kurzes Gewitter möglich ist. Damit verbunden ist auch
etwas Regen im Ostseeumfeld, der vereinzelt auch ins Landesinnere, in die
Gebiete zwischen Ostseeküste und Neiße, ausgreift. Da im Vorfeld des Höhentroges
sowohl der niedertroposphärische Trog als auch der Bodentrog weiter nach Süden
vorankommen, der Höhenkeil über der Nordsee sich aber kaum verlagert, zieht der
Gradient etwas auseinander. Damit lässt, natürlich auch im Zusammenspiel mit der
tagesgangbedingt nachlassenden Konvektion, der Wind im Norden und Osten wieder
nach. Somit sind in der Nacht im Norden allenfalls an Nord und Ostsee, darüber
hinaus aber auch in Mitteldeutschland und in der Lausitz mit herannahen des
Troges und Passage der schwachen Front bzw. thermischen Drängungszone, einzelne
Böen der Stärke 7 möglich, auf Mittelgebirgsgipfeln der Mitte und des Südens
auch stürmische Böen Bft 8. Mit der Front und dem trog breitet sich auch
dichteres tiefes und mittelhohes Gewölk bis etwa zur Mainlinie aus. Die Wolken
verhindern allzu starke Ausstrahlung, so dass Frost im Norden kein, in der Mitte
allenfalls in ungünstigen Mittelgebirgslagen ein Thema ist. Im Süden hält sich
immer noch die Warmluft mit 850er Temperaturen von 5 bis 8 Grad, so dass auch
dort, trotz teils wolkenlosem Himmel, Frost ebenfalls kein Thema sein wird. Bei
immerhin spürbarem Wind und in der Folge vorhandener Durchmischung sollte auch
Frost in Bodennähe nur lokal auftreten.


Samstag... zieht der Höhentrog nach Osten ab und in der Folge glättet die
nordwestliche Höhenströmung über dem Nordosten durch. Über Westeuropa bildet
sich ein Höhenrücken aus, der auch in der Nacht zu Sonntag noch dort zu finden
ist, dem man allerdings sicher nicht nachsagen kann, dass er außergewöhnlich
kräftig wäre. Die Geopotentialgegensätze über der Südwesthälfte sind vielmehr
schwach entwickelt, immerhin reicht das vorderseitige Absinken für einen
moderaten Anstieg des Drucks über West- und Mitteleuropa. Damit bildet sich eine
brückenähnliche Hochdruckzone aus, die zum Sonntagmorgen von der Nordsee bis
nach Ungarn reicht. Schwache Druckgradienten sorgten auch nicht für eine
nennenswerte Verlagerung der noch vorhandenen Luftmassengrenzen. In der Folge
bleibt am Alpenrand die relativ warme, feuchte und labile Luft vorhanden (T850
um 10 Grad, im Nordosten dagegen T850 knapp unter null Grad). Im Süden heißt
das, dass einzelne Schauer und Gewitter am Tage zaghaft aus den Alpen heraus auf
das Alpenvorland übergreifen könnten (z.B. laut GFS, IFS oder EURO4, weniger
aber nach ICON oder COSMO-D2). Diese sollten allerdings, so sie überhaupt
entstehen, eine nur verhaltene Intensität entwickeln. COSMO-EU prognostiziert
PPW-Werte von bis zu 15 mm und Lapse-Rates von bis zu -0,7 K/100m. Sucht man
nach CAPE, so wird man nur in der Most-Unstable-Variante bei ICON-EU fündig, die
aber auch nur Werte im mittleren zweistelligen Bereich anbietet (also nicht viel
mehr als Nix). Die übrigen CAPE-Varianten sind bei den übrigen Modellen (z.B.
COSMO-D2, IFS, GFS, ICON) nicht vorhanden, was letztendlich auch an der zwar
vorhandenen, für die Auslöse aber nicht ausreichenden Feuchte liegt. Ergo:
Gewitter im äußersten Süden sind eher unwahrscheinlich. Die Temperaturen
erreichen im Südwesten nochmals bis 23 Grad, im Küstenumfeld, aber auch im Osten
bei troginduzierter kräftiger Bewölkung, nur um 13 Grad. Abgesehen vom Osten und
dem Nordwesten, in den von der Nordsee her ein paar Wolkenfelder hereindriften,
scheint wieder verbreitet die Sonne von einem oft wolkenlosen Himmel.

Sonntag... und in der Nacht zum Montag wird das Druckfeld allmählich umgebaut.
Die Hochdruckzone schwächt sich ab, sie ist zum Abend nur noch in einzelnen
Bruchstücken zu erkennen, zum Montagmorgen ist letztendlich nur noch das
östliche Residuum über der Westukraine erkennbar. Derweil hat sich über der
nördlichen Nordsee ein kleinräumiges und mäßig kräftiges Tief gebildet. Es
bildet den nördlichen Schwerpunkt eines größeren, entfernt an eine in
Nord-Süd-Richtung orientierte Tiefdruckrinne erinnerndes Druckgebildes. Dieser
Eindruck wird von zwei schwächeren Tiefzentren innerhalb des Tiefkomplexes
gestützt, wovon eines über Westfrankreich und eines über den Pyrenäen zu finden
ist. Das Nordseetief verdankt sein Entstehen auch einem Langwellentrog, der von
Norwegen nach Schottland gerichtet ist und auf dessen diffluenter Vorderseite es
über der Nordsee zu Hebungsprozessen kommt. Ein weiterer Langwellentrog ist von
Skandinavien zum Schwarzen Meer gerichtet, woraus sich insgesamt fast zwingend
ergibt, dass Deutschland weiterhin im Einflussbereich eines Höhenrückens zu
finden ist, was für den Tag wie auch die Nacht gilt. Mit der Ausbildung des
Tiefkomplexes westlich von uns bekommt die Strömung wieder einen etwas
südlicheren Touch, ohne dabei kräftig zu werden. Folglich findet auch kein
Luftmassenwechsel statt. Die 850er Temperaturen weisen weiter eine Spanne von 9
bis null Grad auf mit den höchsten Werten im äußersten Süden. Damit bleibt auch
das Schauer- und Gewitterthema im äußersten Süden präsent. Durchgreifende
Unterschiede zu den Überlegungen des Vortages gibt es aber nicht. Es wird kein
CAPE simuliert, die PPW-Werte liegen um 15 mm, und auch die Lapse-Rates sind nur
wenig niedriger (also bezüglich des Gewitterrisikos höher) als am Vortag.
Letztendlich gilt erneut die Aussage, dass Gewitter nicht ausgeschlossen, aber
doch eher unwahrscheinlich sind. Der Sonntag bringt, nomen est omen, erneut viel
Sonne und auch bei den Temperaturen tut sich nix: 13 bis 23 Grad sind angesagt,
und nachts in ungünstigen Mittelgebirgslagen und im Norden lokal etwas Frost.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren die Abläufe sehr ähnlich. Die Unterschiede bezüglich des
Niederschlages heute an der Ostsee und nördlich des Erzgebirges wurden erwähnt,
sie sind aber ohnehin irrelevant, wenn man sich die absoluten Zahlenwerte des
potentiellen Regens anschaut. Die Gewitter im Nordosten in der Nacht zum Samstag
haben auch alle Modelle mehr oder weniger im Auge, und bezüglich der Gewitter im
äußersten Süden morgen und übermorgen ist man sich auch einig: nicht
ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas