DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

22-04-2020 07:01
SXEU31 DWAV 220800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 22.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
Zunächst Hochdruckwetter, nachts teils mit leichtem Frost in Bodennähe. Dazu
heute nochmals stark böiger Ostwind. Trocken und teils höchste Stufe auf dem
Waldbrandgefahrenindex. Nacht zum Samstag im Nordosten etwas Niederschlag
möglich.

Synoptische Entwicklung bis Freitag 24 UTC
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Mittwoch... ist ein weiterer Tag, der unter dem Motto "Sonnenschein von früh bis
spät" zusammengefasst werden kann. Die Radiosondenaufstiege von Mitternacht
lassen es bereits erahnen, dass sich auch heute kaum Wolken am Himmel zeigen
werden: hochreichend trocken mit mehreren Absinkinversionen im mittleren
Troposphärenbereich und das bei niederschlagbarem Wasser von rund 5 mm. Das
kräftige Hochdruckgebiet ODILO mit seinem Zentrum über dem südlichen Norwegen
und der Nordsee lenkt diese sehr trockene Festlandsluft nach Deutschland, in der
bei ungehinderter Sonneneinstrahlung die Temperatur kräftig ansteigen kann. Lag
sie ausgangs der Nacht im Osten teils um den Gefrierpunkt, im Südwesten um 10
Grad, so werden im Nachmittagsverlauf Spitzenwerte von 20 bis 26 Grad erwartet.
Die höchsten Werte treten erneut entlang des Rheins auf. Einzig im Nordosten
wird es mit 14 bis 18 Grad etwas kühler und noch etwas frischer bleibt es bei
auflandigem Wind im Ostseeküstenumfeld mit rund 12 Grad.
Der Ostwind bleibt auch heute ein Thema, denn der Luftdruckgradient zwischen dem
Hoch und dem umfangreichen Mittelmeertief VERA bleibt mit rund 16 hPa
Nordost-Südwestgefälle veritabel. Mit tageszeitlicher Durchmischung treten somit
abgesehen vom Norden und Osten sowie äußersten Südwesten wieder verbreitet
Windböen Bft 7, in exponierten Lagen sowie im Bergland auch wiederholt
stürmische Böen Bft 8 auf. Zum Abend lässt der Wind nicht nur dank Entkopplung
von der Grenzschicht, sondern auch dank eines sich weiter auffächernden
Druckgradienten rasch nach. Trocken bleibt es heute überall, sodass örtlich mit
stärkeren Sichtbehinderungen durch aufgewirbelten Staub gerechnet werden muss.

In der Nacht zum Donnerstag bleibt es klar und trocken. Die Tiefstwerte liegen
im Westen um 7 Grad, im Osten zwischen +4 und +1 Grad. Örtlich tritt im Osten
Luftfrost auf (wohl nicht warnwürdig), allerdings muss abgesehen vom Westen
erneut vielerorts mit leichtem Frost in Bodennähe gerechnet werden. Der schwache
bis mäßige Ostwind frischt besonders im Bergland zeitweise böig auf.


Donnerstag... kommt etwas Bewegung in die festgefahrene Lage, denn ODILO wandert
unter Abschwächung in der Höhe zum Ärmelkanal und niedertroposphärisch gen
Island. Gleichzeitig zieht es VERA vom westlichen ins zentrale Mittelmeer und
daraus resultiert ein erheblicher Abbau des Druckgradienten im Vergleich zu
heute. Der Ostwind frischt zwar im Tagesverlauf erneut etwas auf, warnwürdige
Böen sind jedoch nur örtlich und meist orografisch forciert zu erwarten.
Ansonsten scheint ganztags die Sonne von einem meist wolkenlosen Himmel. Einzig
den Nordosten tangiert eine schwache Kurzwelle, die am Ostrand des Höhenkeils
nach Polen abläuft und für teils ausgedehnte hohe Cirrenfelder sorgt. Trocken
bleibt es überall und das bei Höchstwerten von 20 bis 26 Grad. Mit 16 oder 17
Grad wird es nun auch im Ostseeumfeld dank des nachlassenden bzw. teils
zusammenbrechenden auflandigen Windregimes deutlich wärmer. Alles in allem also
ein ruhiger Wettertag.

In der Nacht zum Freitag wird die oben genannte Kurzwelle zügig nach Polen
abziehen, während nach Mitternacht eine weitere Welle erwartet wird, die von
Dänemark nach Nordostdeutschland zieht. Bedeutet summa summarum verstärkte
Hebung mit teils ausgedehnten Wolkenfeldern über weiten Bereichen Deutschlands.
Klar bleibt es nur im Süden und auch rückseitig der Kurzwelle ist der Himmel
nach Mitternacht im äußersten Norden meist klar. Es bleibt trocken. Die positive
Seite der Bewölkung ist eine gedämpfte nächtliche Abkühlung im Norden und der
Mitte mit meist positiven Werten in 2m und in Bodennähe. Örtlich Luftfrost tritt
nur zwischen dem Bayerischem Wald und Alpenrand auf, Frost in Bodennähe ist
jedoch für den gesamten Süden und teilweise auch für die Mitte weiterhin ein
Thema. Der Wind weht schwach aus West bis Nordwest im Norden und Westen sowie
Südwest im Süden und Osten.

Freitag... fällt das Geopotential über Deutschland weiter und besonders im
Norden und Osten kühlt es in der Höhe auf rund -18 Grad in 500 hPa ab. Nichts
Dramatisches, doch sollte das die tageszeitliche Konvektion etwas stärker
ankurbeln. Aber auch sonst verläuft der Tag dank der südostwärts abziehenden
Kurzwelle und begleitenden Hebung teils mit Sonnenschein, teils mit ausgedehnten
Wolkenfeldern. GFS drückt dank optimistischen numerischen Feuchteinput mal
wieder zahlreiche nachmittägliche Schauer im süddeutschen Bergland aus, das
sollte jedoch bei einer weiterhin sehr trockenen Schicht zwischen 700 und 400
hPa zu viel des Guten sein. Zwar kann abends ein einzelner Schauer am Alpenrand
nicht ausgeschlossen werden, das war es aber auch schon. Sonst bleibt es trocken
und die Höchstwerte verbleiben mit 20 bis 26 Grad im sehr bis ungewöhnlich
milden Bereich, wobei es am Oberrhein am wärmsten wird. Einzig im Norden wird es
mit 15 bis 19 Grad etwas weniger warm, was einer "trockenen Front" geschuldet
ist, die rückseitig der Kurzwelle von der Nordsee landeinwärts nach Süden
gedrückt wird (850 hPa Temperatur sinkt auf +4 bis +3 Grad). Diese Front bzw.
konvergente Struktur dürfte vor allem bei vorhandenen oder noch aufflammenden
Waldbränden von Interesse sein, ist sie doch von einem Windwechsel auf Nordwest,
auffrischendem Wind Bft 6-7 und absinkenden Taupunkten mit einem T-Td
Unterschied von 15 bis 25 Kelvin begleitet und das bei einer teils sehr hohen
Waldbrandgefahr. Dabei bringt ICON diese Front eher in den Nordosten, GFS drückt
sie eher südwärts in Richtung zentraler Mittelgebirge. Im Süden weht der Wind
hingegen meist schwach aus West.

Sei noch kurz die Nacht zum Samstag/Sonnabend erwähnt, wo eine markante
Kurzwelle den äußersten Nordosten tangiert und nicht nur für dichte Bewölkung,
sondern auch für einzelne Schauer sorgen soll. Wie verbreitet dieser
Niederschlag jedoch fällt muss abgewartet werden, zumal außer IFS kein Modell so
richtig den Mut aufbringt mehr als einige wenige Spritzer aus der Atmosphäre
ausquetschen zu wollen. Ansonsten verläuft die Nacht bei leicht antizyklonalem
Einfluss teils klar, teils locker bewölkt und trocken. Bei Tiefstwerten von 9
bis 3 Grad und regionalem Luftfrost in Bodennähe weht der West- bis Nordwestwind
meist schwach bis mäßig. Allerdings frischt dieser im Nordosten während der
Kurzwellenpassage und allgemein im östlichen Bergland zeitweise böig auf.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Kurzfrist über gibt es keine nennenswerten Modelldiskrepanzen. Bedeutender
fallen diese erst bei der Passage des Kurzwellentroges über dem Nordosten in der
Nacht zum Samstag aus, wo IFS weiterhin einen scharf konturierten Trog erwartet,
während ICON und vor allem GFS das deutlich entspannter sehen. Allerdings blieb
IFS seiner Linie in den vergangenen Läufen treu, drückte nur beim "timing" der
Passage sukzessive aufs Tempo. Da die Welle aktuell den Südosten Grönlands
überquert und ODILO erst mal umrunden muss, wird es sicherlich noch etwas
dauern, bis Modelleinigkeit herrscht.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Helge Tuschy