DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

16-04-2020 07:30
SXEU31 DWAV 160800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 16.04.2020 um 08 UTC


GWL und markante Wettererscheinungen:
GWL: HNa
Hochdruckeinfluss. Im Nordosten kühl mit Nachtfrostgefahr, im Südwesten recht
warm und zunehmend feucht mit steigender Neigung zu Schauern und Gewittern.


Synoptische Entwicklung bis Samstag 24 UTC
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Am heutigen Donnerstag... erstreckt sich ein Gebiet hohen Geopotentials von
einem Keil über Italien aus Richtung Nordwesten über Deutschland hinweg bis nach
Schottland und darüber hinaus. Ein von Skandinavien aus Richtung Nordrussland
vorstoßender Trog hobelt aber den nordöstlichen Rand dieses Höhenhochs ab. Damit
verbunden zieht ein Bodentief vom Baltikum ostwärts. Über Deutschland besteht
eine Hochdruckbrücke, die sich zwischen einem Hoch nordwestlich von Schottland
(namens Odilo) und einem weiteren (namens Nikolas) über dem Balkan erstreckt.
Diese Brücke beginnt heute aber auch etwas zu schwächeln. An ihrer Nordostflanke
stößt die Kaltfront des oben erwähnten Tiefs südostwärts vor und lenkt mit
nordwestlicher Strömung eine etwas kältere Luftmasse in den Nordosten
Deutschlands, wo über Rügen in 850 hPa das Temperaturniveau auf -1 Grad
zurückgeht. Die nordwestliche Strömung vermag in der ersten Tageshälfte zwischen
dem Darß und Kap Arkona noch einzelne Böen der Stärke 7, in exponierten Lagen
Stärke 8, zu produzieren. Zum Nachmittag zeigt der Wind deutliche
Abschwächungstendenzen. Über dem restlichen Land ist es ohnehin schwachwindig.
Dort vermag sich dann auch die dort liegende milde Luftmasse zu halten, so dass
südwestlich der Elbe in 850 hPa weiterhin 6 bis 10 Grad gemessen werden können.
Im Nordosten ziehen im Zusammenhang mit der Kaltfront auch mal dichtere tiefe
und mittelhohe Wolkenfelder auf, für Regen reicht es aber hinten und vorne
nicht. Dagegen wird der Südwesten von einem westlich Galicien liegenden
Höhentiefkomplex mit hohen und später auch mittelhohen Wolkenfeldern versorgt.
Zumindest über dem Schwarzwald können sich auch mal ein paar Quellwolken bilden,
aber mit Regen schaut es auch im Südwesten mau aus. Hört sich nach vielen Wolken
an? Insgesamt überwiegt weiterhin der Sonnenschein. Folglich werden in weiten
Landesteilen auch wieder Höchstwerte jenseits der 20 Grad erwartet, am Oberrhein
sogar 25 Grad. Ganz im Norden bleibt es dagegen deutlich kühler mit nur 13 Grad
in Vorpommern, bei auflandigem Wind an der Küste sogar nur um 10 Grad.

In der Nacht zum Freitag ändert sich nicht viel. Über dem Nordosten Deutschlands
geht das Temperaturniveau in 850 hPa rückseitig der Kaltfront noch etwas zurück.
Das nördliche Bodenhoch Odilo verlagert seinen Schwerpunkt ostwärts bis vor die
Küste Norwegens und wird der dominante Teil des oben beschriebenen
Hochdruckkomplexes. Damit dreht der Wind im Norden auf Nord, bleibt aber recht
schwach, im Süden ist es fast windstill. Die tiefe Bewölkung nimmt ab, nur von
der Nordsee her könnte noch etwas Stratocumulus gegen die Küste getrieben
werden. Ansonsten ziehen weiterhin hohe Wolkenfelder über den Himmel, die aber
die nächtliche Ausstrahlung nur leicht dämpfen können. Aufgrund der hohen
Tagestemperaturen reicht es aber in weiten Teilen des Landes (trotz Windstille)
nicht mehr für Frost, allenfalls tritt in ungünstigen Lagen noch etwas Frost in
Bodennähe auf. Nur in der kühlen Luftmasse über dem Norden kommen die
Temperaturen trotz etwas Windes in die Nähe des Gefrierpunktes. Leichten Frost
in 2 m könnte es vor allem vom Schleswig-Holsteinischen Binnenland über die
Lüneburger Heide bis zur Altmark geben. Bodenfrost sollte im Nordosten recht
verbreitet auftreten, mit Tiefstwerten bis -4 Grad.

Am Freitag... bildet sich südwestlich von Island zunehmend eine abgeschlossene
Höhenantizyklone, die langsam ostwärts wandert und weiterhin mit einer
Geopotentialbrücke mit dem italienischen Keil verbunden bleibt. Die Achse
verläuft dabei über dem Westen unseres Landes. Bodennah dominiert das Hoch mit
Schwerpunkt westlich Südnorwegens das Bild, so dass vom Norden bis zur Mitte
Deutschland schwacher Nordostwind weht. In den Süden schiebt sich dagegen von
dem südwesteuropäischen Höhentiefkomplex ausgehend eine sehr schwache
Tiefdruckrinne, die dort für umlaufende Winde sorgt. Dort überwiegt zwar
weiterhin die Sonne, allerdings akkumuliert sich zunehmend etwas Feuchte, so
dass zumindest über dem Bergland im Tagesverlauf etwas häufiger Quellwolken
auftauchen könnten. Diese weisen allerdings sehr hohe Basen über 2000 m auf.
Auch wenn etwas Labilität vorhanden ist und sich die Quellwolken mal auftürmen
können, es reicht höchstens mal für kurze Schauer, vielleicht verbunden mit ein
paar stärkeren Böen, die aufgrund des "inverted-V"-Profils mal auftauchen
können. Dies dürfte am ehesten in einem Streifen vom Bayerwald bis zur Eifel der
Fall sein, wo im Umfeld der quer über Deutschland liegenden Luftmassengrenze am
meisten Feuchte vorhanden ist. Gewitter, wie bei GFS simuliert, erscheinen
unwahrscheinlich. Im übrigen Land nehmen die Sonnenanteile im Vergleich zum
Vortag noch etwas zu, da zum einen die tiefen Wolken im Norden abgezogen sind,
zum anderen auch weniger mittelhohe Wolken über den Himmel ziehen. Am
Temperaturniveau ändert sich nichts Wesentliches.

In der Nacht zum Samstag lenkt das Höhentief westlich unseres Landes etwas mehr
Wolkenfelder in die Südwesthälfte, damit verbunden können auch die letzten
Überlebenden der über Frankreich ausgelösten Konvektion des Vortages sein.
Sprich: Einzelne Schauer könnten in die Region zwischen Schwarzwald und Eifel
ziehen. Dagegen erwartet den Nordosten eine klare Nacht, in der die Temperatur
wieder deutlich zurückgegen kann. Insbesondere nordöstlich der Elbe muss
verbreitet mit Frost in Bodennähe bis -5 Grad und gebietsweise auch mit leichtem
Frost in 2 m Höhe gerechnet werden.

Am Samstag... ändert sich an der synoptischen Konstellation quasi nichts. Auch
wenn der Südwesten unseres Landes nach wie vor im Bereich der Achse der
Geopotenzialbrücke liegt, so wird in tieferen Schichten in dieser Region
weiterhin Feuchte akkumuliert. Mit trotz etwas mehr Bewölkung weiter vorhandener
Einstrahlung wird eine zunehmend labile Schichtung aufgebaut, so dass
südwestlich einer Linie Niederrhein-Oberpfalz einige Hundert J/kg CAPE generiert
werden. Zwar liegen die Wolkenbasen weiter um 2000 m ("Das ist schön zum
Beobachten!" Sagt der Kollege von der Mittelfristvorhersage), doch die
Quellungen dürften emporwachsen, so dass es zu häufigeren Schauern als am Vortag
kommt und auch mit einzelnen Gewittern gerechnet werden muss. Viel Dynamik ist
dabei nicht im Spiel, was aber auch bedeutet, dass mit nur marginalen
Zuggeschwindigkeiten gerechnet werden kann. Somit kann (bei ppws zwischen 20 und
25 l/qm) auch ein lokaler Starkregen (über 15 l/qm) nicht ausgeschlossen werden,
auch Gewitterböen bis in den stürmischen Bereich erscheinen realistisch. Davon
bekommt der Nordosten des Landes nichts mit. Dort scheint bei sehr trockener und
nach wie vor kühler Luftmasse die Sonne. Das Temperaturniveau (zwischen 12 Grad
am Kap Arkona und 25 Grad am Kaiserstuhl) ändert sich im ganzen Land weiterhin
kaum.

In der Nacht zum Sonntag soll sich entlang der Tiefdruckrinne über
Süddeutschland ein flaches Tief bilden, das sich langsam nordwärts zur Mitte
verlagert. In diesem Bereich wird weiterhin Feuchte akkumuliert und durch die
bodennahe Windkonvergenz wird auch weiter Hebung generiert, so dass sich die
Konvektion mit Schauern und Gewittern halten kann und etwas
nordwärts/nordostwärts verlagern. Im Süden und Südwesten lockern dagegen die
Wolken wieder auf. Ganz im Nordosten bekommt man von der Schaueraktivität nichts
mit als vielleicht mal ein fernes Wetterleuchten in der weiterhin trockenen und
klaren Luft. Dort geht die Temperatur wieder auf Werte um den Gefrierpunkt
zurück, in Bodennähe muss weiterhin verbreitet mit Frost gerechnet werden. Im
Südwesten, in der milden und recht feuchte Luftmasse kann es dagegen teils
zweistellige Tiefstwerte geben.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle simulieren die Lage mit großer Übereinstimmung.
Bezüglich des Frostes im Nordosten tendiert MOS-MIX in klaren Nächten zur
Unterschätzung; hier hilft es, die Temperaturverteilung der Vornacht anzusehen,
da sich die Luftmasse ja kaum ändert. Auch die zunehmende Neigung zu Schauern
und Gewittern im Südwesten mit dem Schwerpunkt, der in der Nacht zum Sonntag zur
Mitte zieht, zeigen die Modelle recht übereinstimmend. Die Unterschiede zwischen
Modellen in der Intensität und Verbreitung resultieren tendenziell aus den
systematischen Fehlern der Modelle selbst.

Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Peter Hartmann