DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

03-04-2020 17:01
SXEU31 DWAV 031800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 03.04.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Nachts verbreitet Frost, lokal Glätte nicht ausgeschlossen. Am Wochenende oft
freundlich und zunehmende Erwärmung.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich der Norden Deutschlands noch im Einflussbereich eines
Langwellentroges in 500 hPa, dessen Achse allerdings schon von Skandinavien nach
Osteuropa gerichtet ist, womit selbst der Norden Deutschlands rückseitig des
Troges liegt. Im Laufe der Nacht schwenkt der Trog weiter nach Nordosten, so
dass er an Einfluss auf unser Wetter verliert. Mit dem Trog verabschiedet sich
auch die Höhenkaltluft. Liegen die 500er Temperaturen über Vorpommern am Abend
noch um -31 Grad, so sollen sie bis zum Morgen auf etwa -27 Grad steigen. Damit
stabilisiert dort die Schichtung schon aus thermischen Gründen, dazu glättet die
Höhenströmung durch oder nimmt nach vorher eher zyklonalem Strömungsmuster ein
eher antizyklonales ein, was die Hebung ebenfalls etwas herunterdimmt. Dass es
in der Nacht aber dennoch im Küstenumfeld hier und da noch einen Schauer geben
kann ist WLA sowie dem Feuchteeintrag und der Labilisierung durch das mit 6 Grad
relativ warme Ostseewasser geschuldet (warm zumindest im Vergleich mit der im
Laufe der Nacht auf etwa 3 Grad zurückgehenden Lufttemperatur). Die schon
angesprochene zunehmend antizyklonale Höhenströmung deutet auf steigendes
Geopotential hin. Der zugehörige Rücken schiebt sich von der Biskaya nach
Südwestfrankreich und baut damit seinen Einfluss auf unser Wetter ein. Der in
der Folge steigende Luftdruck sorgt bei der über der Mitte Deutschlands
liegenden Kaltfront für frontolytische Bedingungen. Die ohnehin schon sehr
verhaltene Wetterwirksamkeit der Front, die sich zumeist auf Wolken beschränkt
und weniger mit geringen Niederschlägen glänzt (das ist in der Nacht vor allem
noch in den östlichen Mittelgebirgen der Fall), geht weiter zurück. Somit bleibt
es in weiten Teilen des Südens und des Südwestens in der Nacht trocken, und im
Verlauf der Nacht werden die Lücken in der zum Nachtbeginn noch kompakten
Bewölkung größer. Letzteres ist dem mit dem Rücken verbundenen Absinken, der
damit begründeten Austrocknung und eben in der Folge Wolkenauflösung geschuldet.
Konstatieren muss man allerdings auch, dass es immerhin die von Norden
einfließende Polarluft bis ganz in den Süden schafft. Mit anderen Worten:
Ausgangs der Nacht liegen allenfalls am unmittelbaren Alpenrand die 850er
Temperaturen noch knapp über null Grad, ansonsten wird, z.B. von ICON, eine
Spanne von null Grad im Süden und -6 Grad an der vorpommerschen Ostseeküste
angepeilt. Da im Bodendruckfeld, im Süden durchgehend, im Norden zunehmend,
nicht nur hoher Luftdruck (Hoch KEYWAN), sondern auch geringe
Luftdruckgegensätze vorherrschen, ist der Wind und in der Folge auch die
Durchmischung schwach. Der in der Kaltluft entsprechend zu erwartende Luftfrost
tritt mit Werten meist zwischen null und -3 Grad sehr verbreitet auf (Bergland
bis -5 Grad), und in Bodennähe geht es mit Werten zwischen -2 und -5 Grad sogar
noch etwas weiter zurück. Frostfrei bleibt es vor allem unmittelbar an der See
sowie in Teilen der östlichen und südlichen Mitte (starke Bewölkung an den
"Frontresten"). Die Luftmasse ist zwar mit Taupunkten zwischen 2 und -4 Grad
sehr trocken, trotzdem kann es hier und da für ein Nebelfeld (warnwürdig?),
Glätte durch etwas Reif oder, falls es am Tage doch mal geregnet hat, für
überfrierende Nässe reichen. Die geschilderten gradientschwachen Bedingungen
sind verbreitet und meist vorherrschend, nicht aber zu Beginn der Nacht im
Nordosten. Dort sorgt der zu Beginn der Nacht noch etwas angeschärfte Gradient
für letzte steife westlich Böen, bevor der Wind im Laufe der Nacht auch dort
nachlässt.

Samstag ... wandert der westeuropäische Höhenrücken, dessen Achse zu Tagesbeginn
von den Pyrenäen über die Britischen Inseln nach Nordwesten gerichtet ist,
langsam nach Nordosten. Das zugehörige Höhentief erreicht am Abend
Zentralfrankreich und ausgangs der Nacht die Eifel. In der zugehörigen
Hochdruckzone am Boden, die sich zu Tagesbeginn noch von Frankreich bis zum
Kaukasus erstreckt, bildet sich zunehmend ein klar definierter Schwerpunkt aus.
Dieser ist zum Mittag über Mitteldeutschland zu finden, zieht bis zum Abend zum
Riesengebirge und dann weiter nach Ostpolen. In diesem Zeitraum plustert sich
das Hoch nicht nur deutlich auf, es lagt auch bezüglich des Kerndrucks deutlich
zu. Soll dieser im Laufe des Vormittags erstmals Werte über 1025 hPa erreichen,
so sind es am Sonntagmorgen schon knapp 1035 hPa. Weniger als der geschilderte
Druckanstieg ist für uns die Verlagerung des Hoch-Schwerpunkts relevant, denn
mit dem Erreichen Polens durch KEYWAN gelangt Deutschland komplett auf dessen
warme Seite. Weht der (insgesamt schwache Wind) am Vormittag noch meist aus
Nordwest, so dreht er bis in die Nacht zum Sonntag in der Nordwesthälfte schon
auf Südwest, sonst meist auf Südost. Dadurch wird die polare Kaltluft allmählich
nach Nordosten aus Deutschland herausgedrückt, was man deutlich an der 850er
Temperaturen sieht. Die, wie schon oder erwähnt, mit Ausnahme des unmittelbaren
Alpenrandes am Morgen durchweg negativen Werte ändern bis zum Abend südlich des
Mains, in der Nacht auch bis zur Elbe ihr Vorzeichen, bis auf 5 Grad klettern
sie im Süden und im Westen. Für die Höchsttemperaturen bringt das schon einen
ersten Kick, sie sollen an den Küsten um 11 Grad liegen und damit nur noch
vereinzelt einstellig sein (hoch einstellig ist auch im Bergland das
Maximalziel), am Oberrhein werden statt der heutigen 14 wohl 17 Grad erreicht.
Dazu scheint vielerorts die Sonne. Im Norden ziehen nördlich der Divergenzachse
des Bodenhochs einige dichtere Wolkenfelder durch (WLA), aus denen es an der
dänischen Grenze und an der Ostseeküste sogar etwas regnen oder nieseln soll
(deutsche Modellkette, EURO4, GFS). In der Mitte, speziell in Mitteldeutschland
und den angrenzenden Gebieten, hält sich noch gebietsweise Restbewölkung der
ehemaligen Kaltfront, z.T. bildet sich unterhalb einer auf etwa 800 hPa
liegenden Inversion auch mal mehr, mal weniger dichte Quellbewölkung. Im
östlichen Mittelgebirgsraum kann es sogar für ein paar Tropfen reichen.

In der Nacht zum Sonntag löst sich die tiefe Bewölkung auf, so dass weite
Landesteile unter klaren Himmel gelangen. Einzig über den Norden ziehen einige
WLA-getriggerte transparente Cirren hinweg. Durch die anhaltende Abtrocknung der
Luftmasse bleibt die Nebelneigung gering. Trotz der fortscheitenden Erwärmung
reicht es noch mal für leichten Luftfrost, wenn auch nicht überall, Am
anfälligsten sind diesbezüglich der Süden, die Mitte und der Osten; dort, wo es
keinen Luftfrost gibt, besteht zumindest die Gefahr von Bodenfrost.

Sonntag ... erreicht KEYWAN mit seinem Zentrum (etwas über 1035 hPa)
Weißrussland, in der Nacht zum Montag driftet er dann zögerlich nach Südosten in
Richtung zentraler Ukraine. Dem gegenüber hält sich der Schwerpunkt der
hinterherhinkenden Höhenantizyklone für einen Tag über Deutschland auf, bevor er
in der Nacht unseren polnischen Nachbarn einen Besuch abstattet. Bei so viel
antizyklonaler Power haben Wolken keine Chance mehr, wenn man mal von ganz
wenigen Cirren absieht, die eher im Norden und Osten als im Süden und Westen
auftauchen könnten. Sonst trocknet es von oben her weiter ab, die Inversion
sinkt auf 900 hPa. Auch ganz unten wird alles andere als feuchte Luft
herangeführt, so dass die relative Feuchte im Bereich der Inversion am höchsten
ist - mit Werten meist deutlich unter 50%. Dafür steigt die Temperatur weiter
an, die 850er Temperaturen liegen zum Tagesende zwischen 6 und 10°C. Das bleibt
natürlich nicht ohne Folgen für die 2m-Temperatur, die bei Einstrahlung satt und
schwachem bis mäßigem (im Bergland und im Norden mitunter frischem) Südostwind
auf rund 14°C im äußersten Nordosten und bis zu 21 oder gar 22°C im Westen und
Südwesten steigt.

Die Nacht zum Montag wird klar und nicht mehr so kalt wie die Vornächte.
Gleichwohl droht im Süden und in der Mitte immer noch gebietsweise leichter
Luftfrost und mit Ausnahme des Westens und Nordwestens verbreitet leichter, im
Süden sogar mäßiger Frost in Bodennähe. Im Nordwesten sinkt der Druck, weil sich
Tief RANIDIA auf dem Atlantik vertieft und westlich von Irland nach Norden
zieht. Damit lebt der Wind dort auch etwas auf, warnwürdig wird er aber nicht
werden.

Montag ... verlagern sich der mitteleuropäische Rücken sowie das
korrespondierende, bis dato blockierende Bodenhoch ostwärts. Der Schwerpunkt des
Bodenhochs liegt über dem südlichen Osteuropa (Ukraine, Südrussland). Damit
greift die Vorderseite eines recht flachen Troges über dem Nordatlantik auf die
Britischen Inseln, Nordeuropa und im weiteren Verlauf den Nordwesten
Deutschlands über, der Druck fällt und das Frontensystem eines Islandtiefs
erreicht im Laufe der Nacht zum Dienstag Deutschland. Die sehr milde Luft mit
850 hPa-Temperaturen teils über 10 Grad wird allmählich ostwärts abgedrängt.


Modellvergleich und -einschätzung
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Es ergeben sich keine wesentlichen Modellunterschiede.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas