DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

27-03-2020 20:01
SXEU31 DWAV 271800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 27.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Anfangs noch überwiegend ruhiges Hochdruckwetter. Im Verlauf des Samstages im
Norden, am Sonntag auch in der Mitte stark böiger nördlicher Wind mit einzelnen
Sturmböen, dazu Zufuhr polarer Kaltluft mit Regen- und Schneefällen sowie meist
leichtem bis mäßigem, lokal aber auch strengem Frost.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland unter einer Geopotentialbrücke in 500 hPa, die
sich vom Nordatlantik bis nach Russland erstreckt. Diese schwächt sich in der
Nacht, insbesondere über dem östlichen Mitteleuropa, ab. Über dem Mittelmeer ist
ein relatives Geopotentialminimum zu erkennen, das die Nacht auch überdauert und
dessen länglich strukturierter Kern von West nach Ost orientiert über dem
westlichen Mittelmeer liegt. Während der Geopotentialgradient über weiten Teilen
Europas recht schwach ausgeprägt ist, zeigt sich über dem Nordmeer ein markanter
Trog, dessen Achse zum Morgen Norwegen erreicht und der im Süden bis zu den
britischen Inseln ausgreift. Im Bodendruckfeld zeigt sich eine Hochdruckbrücke
über Südskandinavien, die ein kräftiges Hoch über Russland mit einem sehr
kräftigen Hoch über dem Nordatlantik verbindet. Ersteres weist dabei einen
gleichbleibend hohen Druck von knapp über 1030 hPa auf, letzteres kräftigt sich
sogar und der Druck steigt von gut 1040 hPa am Abend bis knapp 1050 hPa am
Morgen. Durch den Langwellentrog wird auch die Hochdruckbrücke über dem
östlichen Mitteleuropa etwas abgebaut, sie behält aber ihre dominierende Rolle
für das Wetter in Deutschland bei. Dementsprechend gestaltet sich das Wetter
ruhig. Der weit aufgezogene Gradient lässt einzelne steife Böen allenfalls zu
Beginn der Nacht in den südöstlichen Mittelgebirgen zu, auch im Nordseeumfeld
weht der Wind mitunter kräftig, allerdings nicht warnwürdig. Bei 850er
Temperaturen, die zwischen 2 und 5 Grad liegen, kann es in höheren Lagen, in
geschützten Tal- und Muldenlagen, aber auch im Nordosten leichten Frost bis -2,
etwas verbreiteter auch Frost in Bodennähe, geben. Bei Taupunkten im Bereich von
2 bis -2 Grad, also im Bereich der Temperaturminima, ist auch das eine oder
andere Nebelfeld denkbar (besonders ICON ist diesbezüglich optimistisch, bei
EZMW, aber auch MOSMIX, lassen sich dafür allenfalls lokal Signale finden.

Samstag ... stärkt sich das Hoch über dem Nordatlantik weiter, gestützt durch
einen Rücken südlich von Island, wobei der Kerndruck auf über 1050 hPa ansteigt.
Dagegen sinkt über dem östlichen Mitteleuropa der Druck weiter, wobei die
Hebungsprozesse auf der stark diffluenten Vorderseite des nordeuropäischen
Langwellentroges eine entscheidende Rolle spielen. Dieser greift im Tagesverlauf
weiter nach Osten aus, im Norden erreicht er bis zum Abend die Kola-Halbinsel,
im Süden etwa den Oslofjord, die Nordsee und Nordengland. Bodennah dreht mit dem
Druckfall über dem östlichen Mitteleuropa die Strömung auf nördliche Richtungen.
Dabei zieht der Wind durch den Druckanstieg im Hoch etwas an, so dass schon im
Laufe des Vormittages in Nordfriesland einzelne Böen der Stärke 7 auftreten
können. Im Laufe des Tages ist dies dann im gesamten Nordseeküstenraum der Fall,
und auf den Inseln und unmittelbar an der Küste ist dann auch mit Böen der
Stärke 8 zu rechnen. Demgegenüber bleibt im 500-hPa-Niveau weiterhin die
westliche Windkomponente dominierend. Das mit dem Langwellentrog
korrespondierende Bodentief zieht über Nordskandinavien ostwärts bis zur
Barentssee, und zwischen dem Nordatlantikhoch und dem Nordskandinavientief wird
polare Kaltluft nach Süden gesteuert. Die Kaltfront des Tiefs erreicht zum Abend
Dänemark und eventuell auch schon den äußersten Norden Schleswig-Holsteins, in
ihrem Vorfeld sinkt die 850er-Temperatur über dem Norden schon unter null Grad
ab. Mit der Front sind aber noch keine Niederschläge verbunden, so dass es dort,
wie im größten Teil des Landes, einen trockenen Samstag gibt. Allenfalls im
Süden, wo die Luft etwas feuchter (PPWs knapp über 10 mm) und labiler ist, kann
es mit orografischer Unterstützung auch mal einen kurzen Schauer geben.
Insbesondere GFS deutet dies an den Alpen und im Schwarzwald an, auch IFS hat
sehr dezente Hinweise auf geringen Niederschlägen im Gepäck, während ICON den
Tag auch im Süden trocken über die Bühne gehen lässt. Dabei zeigt sich wieder
verbreitet langanhaltend die Sonne, nur einzelne Cumuli oder ein paar
Cirrusfelder zeigen sich am Himmel. An der Nordsee werden bei steifem Nordwind
nur Höchstwerte um 10 Grad erreicht, im Süden liegen die Maxima bei bis zu 19
Grad. Windwarnungen dürften - abgesehen von den schon erwähnten Böen über der
Nordsee - nicht fällig werden.

In der Nacht zum Sonntag stößt die arktische Polarluft nach Deutschland vor, die
Trogachse erreicht die Deutsche Bucht und die die Kaltfront, mit von der Ostsee
her einsetzendem, leichtem Niederschlag ausgangs der Nacht die Norddeutsche
Tiefebene. Der Niederschlag geht dabei teils bis in tiefste Lagen in Schnee oder
zumindest in Schneeregen über, was für etwas Glätte sorgen kann. In den
mittleren Landesteilen, und dort vor allem im Nordstau der Mittelgebirge, aber
eventuell auch im Südwesten, sind mit Annäherung des Troges ebenfalls Schauer,
im höheren Bergland als Schnee, denkbar (bei ICON, aber auch bei IFS zu sehen).
Frost tritt besonders im Bergland auf, Bodenfrost dürfte aber großflächiger ein
Thema werden. In der Südhälfte steht darüber hinaus Nebel auf der Karte, der in
der feuchteren, präfrontal aber noch windschwachen Südhälfte zumindest
gebietsweise auftreten kann. Bis zum Morgen sinkt die 850-hPa-Temperatur im
äußersten Norden auf Werte um -9 Grad, nur südlich der Donau bleiben die Werte
noch knapp im positiven Bereich. Da sich das Hoch noch weiter kräftigt und die
1050er-Isobare bis knapp westlich von Schottland ausgreift, verschärft sich der
Gradient in der Nacht weiter und der nochmals zunehmende Wind dreht auf
Nordnordost. Damit sind im gesamten Küstenbereich (erst Nord-, später Ostsee)
stürmische Böen und Sturmböen Bft 8-9 zu erwarten, im angrenzenden Binnenland
steife Böen Bft 7.

Sonntag ... und in der Nacht zum Montag verlagert sich der Langwellentrog weiter
nach Südosten, seine Achse erreicht am Abend eine Linie Rügen-Biskaya, am Morgen
dann die Donau. Durch den Trog, aber auch durch die nicht grundlegend veränderte
Druckkonstellation am Boden (hoher Druck über dem Nordatlantik, tiefer über
Skandinavien und Osteuropa), verstärkt sich die Kaltluftzufuhr aus Norden bis
Nordosten weiter. Die Temperaturen sinken tagsüber im Norden in 850 hPa auf
teils unter -11 Grad, im Süden auf -2 bis -6 Grad. Am Montagmorgen liegt die
Spanne dann deutschlandweit zwischen -6 und -13 Grad.

Unmittelbar vor dem Trog greifen schauerartige Niederschläge tagsüber vom Norden
bis zur Mitte aus, wobei die Schneefallgrenze von anfangs etwa 400m bis in
tiefste Lagen sinkt. Am Vormittag ist dabei oberhalb von etwa 400m die
Ausbildung einer Schneedecke zu erwarten, wobei in höheren Mittelgebirgslagen
durchaus bis zu 5cm, im Harz auch bis zu 10cm Neuschnee zusammenkommen. Am
Nachmittag sinkt die Schneefallgrenze dann bis in tiefste Lagen ab, allerdings
lassen dann in der Mitte auch die Schneefälle nach. Oberhalb von 200m kann die
Landschaft dann einen leicht angezuckerten Eindruck vermitteln, für Glätte
sollte es in diesen Höhenlagen aber allenfalls vorübergehend durch etwas Schnee
oder Schneematsch reichen. Mit der Front greift auch ein stark böiger Wind von
Norden her bis in die Mitte, etwa bis zur Mainlinie, aus. Dann sind dort
verbreitet Böen Bft 7, exponiert, aber vereinzelt auch im Flachland, Böen Bft 8
zu erwarten, während an den Küsten der anfangs stark böige und in der Spitze
Sturmstärke erreichende Wind nachlässt. Dies liegt daran, dass der äußerste
Nordwesten und Norden am Nachmittag schon rückseitig des Troges unter kräftigem
Absinken liegen, so dass dort dann auch länger die Sonne scheint, aber auch
daran, dass ein sich bildendes kleinräumiges Leetief der Skanden den Gradienten
auseinanderzieht.

Auch ganz im Süden setzen am Tage Niederschläge ein. Dort liegt die
Schneefallgrenze anfangs verbreitet, am Abend nur noch am Inn um 800m. Das
bedeutet dann im Süden ebenfalls den Übergang von Regen in Schnee. Die Mengen
liegen allerdings nur bei einigen wenigen cm in den Hochlagen. Dort, wie auch in
der Mitte, kommt die Sonne im Gegensatz zum Norden nur gelegentlich zum
Vorschein. Von den hohen Temperaturen der letzten Tage ist nicht mehr viel
zusehen. Im Südosten, wo die Kaltluft zuletzt ankommt, sind vielleicht nochmal
knapp über 10 Grad drin. Sonst bleiben die Werte einstellig, im Nordosten ist
schon bei Maxima um +5 Grad Schluss.

In der Nacht zum Montag breitet sich vorübergehend, auf der Südflanke des
angesprochenen Leetiefs der Skanden, ein Hochkeil zum zentralen Deutschland aus
und dort verschwinden die Wolken. Im Nordwesten ziehen von der Nordsee
WLA-bedingt Wolken auf und nachfolgend kann es etwas schneien, an der Nordsee
später auch regnen. Im Süden bleibt es trogvorderseitig noch bewölkt mit
Schneefällen. Dabei kann es in den Hochlagen des Schwarzwaldes, des Bayerischen
Waldes und des Erzgebirges nochmals um 5cm, an den Alpen auch 10-20cm Neuschnee
geben. Verbreitet gibt es Frost zwischen -1 und -5 Grad, in der Mitte auch
zwischen -5 und -9 Grad. Über Schnee ist auch strenger Frost möglich. Der Wind
schwächt sich ab und ist meist nicht mehr warnwürdig.

Montag ... liegt das weiterhin ungewöhnlich kräftige, blockierende Hoch mit
Kerndruck über 1050 hPa über dem Atlantik und der stark ausgeprägte Trog über
Osteuropa. Dazwischen herrscht in Mitteleuropa eine nördliche bis nordöstliche
Strömung vor. Dabei wird weiter arktische Kaltluft aus einem Ast des
Polarwirbels, der sich über Skandinavien und der Barentssee befindet, angezapft.
In Deutschland liegt in der Folge die 850-hPa-Temperatur bei Werten von bis zu
-13 °C. Im Stau der Alpen fällt noch etwas Schnee. Sonst zieht der Trog mit der
Höhenkaltluft nach Osten ab, sodass die arktische Luftmasse unter
Hochdruckeinfluss gelangt. Letzte Schneeschauer lassen nach und die Wolken
lockern zunehmend auf, sodass in der Nacht zum Dienstag mit mäßigen, in
ungünstigen Mittelgebirgslagen sogar mit strengem Frost zu rechnen ist.



Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle schätzen die Entwicklungen sehr ähnlich ein. Auf einzelne, insgesamt
aber nicht warnrelevante Unterschiede, wurde im Text eingegangen.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas