DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

26-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 261800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Donnerstag, den 26.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Neuer Kaltlufteinbruch ab Sonntag.

Synoptische Entwicklung bis Sonntag 12 UTC
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Aktuell ... ist die Strömung durch eine Brücke hohen Geopotentials über
Nordeuropa blockiert. An der Südflanke der entsprechenden Bodenhochdruckzone,
die vom Seegebiet nordwestlich Irlands bis nach Russland reicht, gelangt mit
östlicher Strömung weiter recht kalte, kontinentale Luft nach Mitteleuropa. Die
Luft ist nach wie vor trocken, so dass schwache Hebung, die an der Nordflanke
eines Höhentiefs über dem Mittelmeer durch Warmluftadvektion generiert wird,
nicht mehr als ein paar dünne Wolken über dem Süden und der Mitte auslöst.
Da der Gradient auffächert und auch der Tagesgang hilft, lässt der Wind in
tiefen Lagen über der Mitte und dem Süden nachts nach. In Hochlagen, vor allem
in den östlichen Mittelgebirgen, legt er dagegen sogar noch ein wenig zu, so
dass dort stürmische Böen oder Sturmböen aus östlichen Richtungen zu erwarten
sind.
Es wird nicht mehr ganz so kalt, wie in den Nächten zuvor, u.a. deshalb, weil
die Luft etwas feuchter geworden ist und ein paar dünne Wolken am Himmel zu
finden sind, die die Ausstrahlung zumindest etwas bremsen. Gebietsweise leichter
Frost ist dennoch im Programm, am Boden teilweise auch um -5 Grad.

Freitag ... ändert sich an der Konstellation der Druckgebilde nicht viel. Die
Geopotentialbrücke verläuft von GB über Nord- und Ostsee nach Russland, die
Hochdruckzone im Bodendruckfeld (in etwa) auch. Dabei plustert sich südwestlich
von Island ein neuer Hochschwerpunkt auf mit mehr als 1040 hPa und an dessen
Ostflanke kommt ein Kaltluftausbruch von der Grönlandsee nach Süden in Gang.
Für uns hat das noch keine Bedeutung. Die Advektion etwas milderer Luft und
Absinken lässt die Temperaturen hierzulande deutlich steigen. In 850 hPa liegen
die Werte abends bei +1 bis +5, im Südosten (leicht föhnig) bis +8 Grad. Dies
schlägt sich natürlich auch in den 2m Temperaturen nieder, die bei anhaltendem
Sonnenschein erst bei 12 bis 19 Grad haltmachen. Nur im Süden und Südwesten
ziehen ein paar dichtere Wolkenfelder durch, die der Sonnenbilanz aber nicht
wirklich etwas anhaben können.

Der Wind bleibt vor allem nach Süden hin ein Thema und auch wenn der Gradient
insgesamt etwas aufgeweicht daherkommt sind im östlichen Bergland und dort auch
in exponierten tiefen Lagen steife bis stürmische Böen aus Ost zu erwarten, auf
einigen Gipfeln sind auch Sturmböen dabei.

In der Nacht zum Samstag macht der Kaltluftausbruch und die damit verbundene
Austrogung über dem Nordmeer Fortschritte. Das neue Hoch im Nordwesten (Kaywan)
bläht sich immer weiter auf, mehr als 1045 hPa im Zentrum. Bei uns kommt die
kalte Luft aber noch nicht an, immerhin frischt der auf Nord-Nordwest drehende
Wind über der Deutschen Bucht langsam auf, für warnwürdige Böen sollte es aber
noch nicht reichen. Dafür reicht es insbesondere im Norden und Osten für
leichten Frost, der sich in den übrigen Regionen eher aufs Bergland beschränkt.
Ob die Luft bis dahin so feucht ist, um Nebelfelder entstehen zu lassen (wie von
einigen Modellen und bedingt auch MOS angezeigt), ist fraglich.

Samstag ... verstärkt sich die hochreichende Antizyklone bei Island weiter auf
mehr als 1050 hPa. Dagegen schwächelt die Hochdruckzone über Mitteleuropa und
die Vordergrenze der kalten Polarluft, die an der Ostflanke des Hochs nach Süden
vorstößt erreicht Südskandinavien. Sie wird markiert durch die Kaltfront eines
Sturmtiefs, dass von Lappland in die Barentssee zieht. Der nachfolgende Trog
weitet sich stark nach Süden aus, wobei ein Troganteil über der Nordsee nach
Südwesten reicht.
Außer dass der Nord- bis Nordwestwind über der Nordsee, angetrieben durch die
Gradientverschärfung am Rande des Hochs weiter auffrischt und erste 7er Böen
zustande bringt, halten sich die Auswirkungen der beschriebenen Ereignisse für
uns noch in Grenzen.
Bei geringem Gradienten, sowohl am Boden als auch in der Höhe, passiert
wettertechnisch hier nicht viel.
Zwar dreht der Wind auf nördliche Richtungen, aber erst langsam beginnt die
850-hPa-Temperatur im Norden unter 0°C zu sinken. Das eröffnet die Chance, dass
in der Südhälfte die Temperatur noch mal auf 14 bis 19°C ansteigt. Die
Nordhälfte muss sich mit 10 bis 16°C begnügen, wobei Küste und Inseln aufgrund
des auflandigen Windes nicht mal die 10°C-Marke erreichen.

Wettermäßig lässt sich trotz einiger Wolkenfelder die Sonne nicht lumpen. Ob es
am Alpenrand oder auch über dem Südschwarzwald bzw. der Schwäbischen Alb sogar
für einen Schauer reicht (IFS, GFS), muss abgewartet werden. Zwar nimmt die
Labilität etwas zu (T850 um +3°C, T500 um -22°C), allerdings ist die Luft
trocken (PPW um 10 mm). Windwarnungen dürften - abgesehen von den schon
erwähnten Böen über der Nordsee - nicht fällig werden.

In der Nacht zum Sonntag kommt die arktische Polarluft nach Deutschland rein.
Bis zum Morgen sinkt die 850-hPa-Temperatur im äußersten Norden auf etwa -8°C,
die 0°C-Isotherme liegt etwa in Donaunähe.
An der See wird es mit Winddrehung auf Nord-Nordost windiger (7-8 Bft in Böen),
im nördlichen norddeutschen Binnenland mehren sich die steifen Böen 7 Bft.
Außerdem setzt von der Ostsee her leichter Niederschlag ein, der sich langsam
süd-südwestwärts ausbreitet und teilweise in Schnee oder
zumindest Schneeregen übergeht. In den mittleren Landesteilen, eventuell auch im
Südwesten sind mit Annäherung des Troges ebenfalls Schauer, im höheren Bergland
als Schnee, denkbar, auch wenn die Modelle diesbezüglich uneins sind. Frost
tritt vor allem im Bergland auf, Bodenfrost dürfte aber großflächiger ein Thema
werden.

Sonntag ... verstärkt sich die Kaltluftzufuhr aus Norden bis Nordosten nach
Deutschland hinein noch. Die Temperaturen sinken im Norden in 850 hPa auf unter
-10 Grad, im Süden auf -1 bis -6 Grad. Der Trog kommt nur langsam nach Süden
voran und weitet sich dabei nach Frankreich hin aus.
Unmittelbar vor dem Trog breiten sich schauerartige Niederschläge vom Norden bis
zur Mitte aus, wobei bis tiefe Lagen Schneeregen oder Schnee möglich ist, Glätte
ist wohl tagsüber nur in Hochlagen ein Thema.
Auch ganz im Süden setzen Niederschläge ein, die dort oberhalb 800 bis 1000m
zunehmend in Schnee übergehen.
Der äußerste Nordwesten und Norden sind dann schon rückseitig des Troges unter
kräftigem Absinken, so dass dort auch länger die Sonne scheint, die ansonsten
aber nur zeitweise zu sehen ist.
Von den milden Temperaturen der letzten Tage ist nicht mehr viel zusehen. Im
Südosten, wo die Abkühlung zuletzt Fuß fasst, sind vielleicht nochmal 10 bis 13
Grad drin, sonst bleiben die Werte einstellig und im Norden ist schon bei Maxima
um +5 Grad Schluss.
Dafür sorgt das starke Hoch für einen kräftigen Gradienten, der in der
Nordwesthälfte verbreitet steife, exponiert stürmische Böen zur Folge hat. An
den Küsten sind häufiger 8 Bft und exponiert Sturmböen an der Tagesordnung.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle simulieren weitgehend ähnlich. Ab Sonntag wird die
Niederschlagsverteilung unsicher.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Bernd Zeuschner