DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

20-03-2020 17:30
SXEU31 DWAV 201800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Freitag, den 20.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Im Kurzfristzeitraum zunehmend böiger Wind um Ost, gerade nach Südwesten
zeitweise stürmisch, im Bergland Sturmböen. Sonst ruhiges Hochdruckwetter mit
teils mäßigen Nachtfrösten.

Synoptische Entwicklung bis Montag 12 UTC
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Aktuell ... befindet sich eine Kaltfront über der Mitte Deutschlands, die
langsam südwärts vorankommt und im Laufe der Nacht auf Samstag den Alpenrand
erreicht. Das zugehörige Bodentief liegt fernab über Nordosteuropa bzw.
Nordwestrussland. Der treibende Faktor für die Südwärtsbewegung der Front ist
indes die Höhe. Dort findet man einen scharfen, zonal ausgerichteten
Kurzwellentrog, der sich ebenfalls nach Süden bewegt. Rückseitig erstreckt sich
ein breiter Höhenrücken ausgehend von den Britischen Inseln bis nach Norwegen.
Dieser stützt ein Bodenhoch mit einem Kerndruck von 1038 hPa über
Südskandinavien.

Die Kaltfront ist gekennzeichnet durch ein Band an dichten, tiefhängenden
Wolken. Letzteres kann man vor allem an den schlechten Sichtweiten in den
östlichen Mittelgebirgen (Thüringer Wald, Erzgebirge) erkennen. Auffällig ist,
dass die Kaltfront am Boden dem Wolkenfeld vorweg läuft, was man den
Temperaturwerten entnehmen kann. Damit hängt auch das Niederschlagsfeld der
Kaltfront deutlich zurück.

Größere Niederschlagsmengen werden im Zuge der Kaltfrontpassage ohnehin nicht
erwartet. Dennoch muss von der Mitte bis in den Süden fortsetzend mit
zeitweiligen Niederschlägen gerechnet werden. Relevant ist dies dann vor allem
für die höheren Berglagen, wo mit Vorstoß der polaren Kaltluft die
Schneefallgrenze im Laufe der Nacht über der Mitte auf 400 bis 600 m sinkt. Bei
leichtem Frost kann es dort durch geringfügigen Neuschnee entsprechend glatt
werden.

Im Vorfeld der Kaltfront haben sich im Süden schon einige gewittrig durchsetzte
Schauer gebildet. Dieses sind bei ppw-Werten um 20 mm und langsamer
Zuggeschwindigkeit vor allem begleitet von Starkregen (örtlich auch über 25 l/qm
wie aktuelle Messungen zeigen, Bodenbeobachtungen + RH). Lokal sind aber auch
größere Ansammlungen an kleinkörnigem Hagel denkbar. Letzteres ist aber nur
gering wahrscheinlich. Die Schauer- und Gewitteraktivität wird gestützt durch
den südwärts vorankommenden Kurzwellentrog auch noch bis in die Nacht auf
Samstag hinein anhalten und erst mit Übergreifen der bodennahen KLA in die Knie
gehen.

Rückseitig der Kaltfront greifen sehr trockene Luftmassen von Norden südwärts
aus, wie man schon gut am WV6.2µm Kanal erkennen kann. Sichtbar ist dies aber
auch im 12 UTC Sounding von Schleswig mit einer deutlichen Abtrocknung im
Bereich 950 bis 650 hPa. Die Absinkinversion sorgt auch für eine deutliche
Stabilisierung, sodass postfrontale Schauer eher nicht zu erwarten sind. Eine
Ausnahme bildet das Ostseeumfeld, wo mit Nordostwind die Ostsee überstrichen
wird und damit ein gewisser Feuchteinput einhergeht. Daher sind dort küstennah
ein paar Schneeschauer möglich, die vorübergehend in den Nachtstunden auch zu
Glätte führen können.
Auch sonst wird es im Norden mit Aufklaren häufig frostig mit Tiefstwerten bis
-2 Grad, am Boden bis -5 Grad.

Bleibt noch der Wind zu erwähnen, der im Laufe der Nacht vor allem im Bergland
und an der Ostsee zeitweise stark böig aus Nordost weht, auf einzelnen
Berggipfeln in den zentralen Mittelgebirgen können auch stürmische Böen
auftreten.

Samstag ... bleibt die Kaltfront etwa über den Alpen hängen. Dass sie nicht
weiter südwärts vorankommt, liegt auch an den stromaufwärtigen Entwicklungen mit
dem Höhentrog bei Spanien. Außerdem verläuft sich beim Blick auf die Isobaren im
Bodenfeld nahezu strömungsparallel. Wie man am Vortag schon sehen konnte,
besitzt die Kaltfront Anafrontcharakter und hängt in der Höhe etwas zurück.
Folglich gibt es in der Südhälfte weitere, teils auch länger anhaltende
Niederschläge. Diese sind nicht sehr intensiv. Mit weiter sinkender
Schneefallgrenze auch im Süden (von 1000 m am Vormittag, auf 600 bis 800 m am
Abend), kann es aber in höheren Lagen der süddeutschen Mittelgebirge und Alpen
zur Ausbildung einer dünnen Neuschneedecke kommen.

Weiter nach Norden und Nordwesten machen sich hingegen die trockenen Luftmassen
und das Absinken mit freundlichem und teils länger sonnigem Wetter bemerkbar.
Die Absinkinversion liegt laute Prognosesoundings von CD2 bei etwa 800 hPa.
Darunter können sich ein paar flache Quellwolken bilden, die vor allem über der
Mitte und im Osten auch mal breitlaufen können und die Sonne länger unterbinden.


Der Ost bis Nordostwind weht häufig mäßig, im Westen sowie allgemein im höheren
Bergland und an der See auch frisch und zeitweist stark böig, auf den Bergen
können auch stürmische Böen auftreten. Es soll zudem erwähnt werden, dass wie
häufig Hochdruckrandlagen üblich die vorhergesagten Böen recht konservativ sind
und eher etwas stärker werden (ageostrophische Windkomponente beim Ausfluss aus
dem Hoch).

Es ist in einigen Regionen deutlich kälter als am Vortag mit Höchstwerten die
abgesehen von günstigen Lagen an Ober- und Niederrhein sich oft nur im
einstelligen Bereich bewegen. In höheren östlichen Mittelgebirgslagen gibt es
leichten Dauerfrost.

In der Nacht auf Sonntag verbleibt das Bodenhoch nahezu ortsfest über
Südskandinavien und kann sich noch etwas verstärken (Kerndruck > 1040 hPa). Es
wird dabei gestützt von der Höhe, wo sich mittlerweile auch ein eigenständiger
Höhenhochkern über der Nordsee ausgebildet hat.

Die Kaltfront liegt immer noch über den Alpen, sodass es im Süden weitere
Niederschläge gibt, die sich dann aber zum Morgen an den Alpenrand zurückziehen.
Ebendort kann die Neuschneedecke noch etwas an Stärke zunehmen. In einem
Zwölfstundenzeitraum sind gerade in Richtung Berchtesgadener Land durchaus 5 bis
10 cm Neuschnee denkbar. Die Schneefallgrenze sinkt im Laufe der Nacht bis in
tiefe Lage, sodass vor Ende des Niederschlags bis etwas zur Donau nasse Flocken
denkbar sind.
Bei Tiefsttemperaturen dort um den Gefrierpunkt, kann es durchaus glatt werden.


Vom Oberrhein bis zum Rhein-Main Gebiet sowie in Küstennähe bleibt es mit 3 bis
0 Grad noch weitgehend frostfrei. Sonst sinken die Werte auf -1 bis -8 Grad, in
höheren Tallagen im ostdeutschen Bergland kann es vereinzelt auch bis -10 Grad
runtergehen.

Der Wind bleibt vor allem im Bergland und an der See lebhaft mit Böen Bft 7. Am
stärksten sind die Luftdruckgegensätze nach Südwesten. In exponierten Berglagen
kann es stürmische Böen und Sturmböen, im Hochschwarzwald auch einzelne schwere
Sturmböen geben.

Sonntag ... verbleibt Deutschland an der Südflanke des sich von Dänemark über
Südschweden bis nach Nordosteuropa erstreckenden Bodenhochs. Mit der daraus
resultierenden östlichen bis nordöstlichen Anströmung in unteren
Troposphärenschichten werden kalte Luftmassen herangeführt. So geht die
Temperatur in 850 hPa auf -10 Grad an der Grenze zu Polen und Tschechien zurück
und die -5 Grad Isotherme erreich den Westen.

Je weiter man im Osten liegt, desto näher liegt man am Höhentrog, der sich über
Osteuropa mit einem eigenständigen Tiefzentrum befindet. Während die mittlere
Troposphäre zwar auch in Folge von Absinken sehr trocken ist, können sich
entlang der Absinkinversion einige Quellwolken bilden, die im Laufe des Tages
breit laufen. Die Höhe der Inversion liegt bei etwa 800 hPa. Darunter ist es wie
auch darüber trocken. Entsprechend dünn ist die vorhergesagte Wolkendecke. Zum
Abend soll sich diese dann rasch wieder auflösen.

Auch wenn es noch etwas schwierig zu sagen ist, wie verbreitet dichtere
Wolkenfelder auftreten, so können diese doch in einigen Regionen für längere
sonnenlose Abschnitte sorgen.

Schaut man weiter nach Westen, so kann die Sonne ausnahmslos den ganzen Tag
durchscheinen (100% Sonnenscheindauer). Dort wird es mit 7 bis 12 Grad auch am
wärmsten, während nach Osten nur 3 bis 8 Grad erwartet werden.

Direkt am Alpenrand kann es zu Tagesbeginn noch letzte Schneefälle geben, ehe
sich nachfolgend auch dort die Sonne durchsetzt.

Der Wind lebt im Tagesverlauf erneut auf und weht vornehmlich in der
Südwesthälfte stark böig, in anfälligen Lagen treten im Südwesten auch
stürmische Böen auf. Auf den Bergen muss dort mit Sturmböen und einzelnen
schweren Sturmböen gerechnet werden. Ansonsten gilt das Gesagte vom Vortag, was
die Böigkeit bei Hochdruckrandlagen betrifft.

In der Nacht auf Montag ändert sich nichts Wesentliches, wenngleich sich die -10
Grad Isotherme in 850 hPa noch etwas landeinwärts etwa bis zu Mitte ausdehnen
kann. Die an der Inversion breitgelaufenen Quellwolken lösen sich
tagesgangbedingt rasch wieder auf.

Dementsprechend ist es in nahezu ganz Deutschland sternenklar. Einzig an der
Ostsee besteht noch ein latentes Schauerrisiko mit örtlicher Glättegefahr.

Die Temperatur geht auf 0 bis -5 Grad im Nordwesten zurück, nur an der See kann
es noch leichte Plusgrade geben. Im Rest des Landes werden -10 bis -2 Grad
erwartet. Am Boden gibt es im Süden und Osten häufig strengen Frost unter -10
Grad.

Im Südwesten ist der Wind weiterhin lebhaft unterwegs, sodass sich die
Tiefstwerte dort eher im oberen Bereich angegebenen Temperaturspanne bewegen. In
tiefen Lagen treten vornehmlich Windböen, im Bergland stürmische Böen und
Sturmböen aus östlichen Richtungen auf. Auf exponierten Gipfeln sind auch
schwere Sturmböen möglich.

Montag ... verschiebt sich der Schwerpunkt des Bodenhochs etwas nach Nordosten.
Viel merkt man davon am Boden aber noch nicht, wenngleich die Strömung in der
unteren Troposphäre einen stärker südöstlichen Touch bekommt.

Die Regionen mit ganztägigem Sonnenschein dehnen sich noch etwas nach Osten aus.
Breitlaufende Quellwolken im Laufe des Tages sind dann am ehesten noch ein Thema
an der Grenze zu Polen und Tschechien.

Der Wind weht im Südwesten noch stark böig, in ungünstigen Lagen können
stürmische Böen auftreten. Auf den Bergen kann es Sturmböen und schwere
Sturmböen geben.

Die Höchstwerte können nur vom Emsland bis zum Niederrhein sowie am Oberrhein
die 10 Grad Marke durchbrechen. Sonst werden 4 bis 9 Grad erwartet.

Die Nacht auf Dienstag wird wieder ähnlich kalt wie die Vornacht.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die Modelle zeigen im kurzfristigen Vorhersagezeitraum gute Übereinstimmung.
Kleine Fragezeichen ergeben sich noch über die Dicke und Verbreitung der
breitlaufenden Quellbewölkung am Tage.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Marcus Beyer