DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

18-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 181800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Mittwoch, den 18.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Insgesamt ruhiges Wetter, vom Norden erst in die Mitte, im weiteren Verlauf auch
in den Süden ausgreifend etwas Regen; im Süden nachts Nebelbildung.

Synoptische Entwicklung bis Samstag 12 UTC
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Aktuell ... liegen der Süden und die Mitte Deutschlands unter hohem, der Norden
dagegen unter niedrigerem Geopotential. Für ersteres ist ein Rücken zuständig,
der von der Iberischen Halbinsel zur Ukraine gerichtet ist und dessen Achse sich
in der Nacht etwas nach Süden verlagert. Das tiefere Geopotential im Norden
stellt sich als Randbereich eines großräumigen und hoch reichenden Tiefkomplexes
heraus, der weite Teile Skandinaviens, des Nordatlantiks und des Nordmeers
überdeckt. Im Bodendruckfeld korrespondieren mit dem tiefen Geopotential einige
Tiefdruckgebiete, wovon eines im Laufe der Nacht vom Finnischen Meerbusen nach
Nordwestrussland zieht. Das an dieses Tief gekoppelte Frontensystem verläuft
aktuell von west-südwest nach ost-nordost orientiert über die Elbemündung und
wird im Laufe der Nacht als Kaltfront ein wenig nach Süden vorankommen. In der
Folge kann es an den Küsten und im angrenzenden Binnenland etwas regnen, die
Mengen sind aber überschaubar, ICON simuliert in 12 Stunden knapp über 5 l/qm,
IFS oder auch GFS sind diesbezüglich etwas zurückhaltender, aber so oder so sind
die Mengen weit von allen Warnschwellen entfernt. Die mit der Front verbundene
Bewölkung greift etwa bis zur Mittelgebirgsschwelle aus, was dort die nächtliche
Ausstrahlung dämpft und die Tiefstwerte bei vergleichsweise hohen 8 bis 6 Grad
hält. Postfronttal klart es über Schleswig-Holstein in der zweiten Nachthälfte
auf, so dass dort die Minima bei etwa 4 Grad erwartet werden. Im Süden und in
weiten Teilen der Mitte, also präfrontal, zeigt sich die Nacht oft gering
bewölkt oder klar, dabei kann sich gebietsweise Nebel bilden. Dort liegen die
Frühtemperaturen zwischen 5 und 1 Grad, in exponierten oder geschützten Lagen
kann die Temperatur, ebenso wie in Bodennähe, auch knapp unter null Grad sinken.
Durch den Im Norden noch etwas klarer Ausgeprägten Gradienten präsentiert sich
der Wind dort lebhaft, wenngleich er weit von allen Warnschwellen entfernt ist.
In der Mitte und im Süden ist der Wind schwach.

Donnerstag ... ändert sich an der synoptischen Lage nur wenig. Weiterhin werden
vor allem der Süden und die Mitte von hohem Geopotential, der Norden dagegen von
tiefem Geopotential beeinflusst, wobei über dem Nordatlantik ein in Richtung
Madeira gerichteter Abtropfprozess abläuft. Dabei wird der Rücken über Osteuropa
einerseits ein wenig abgebaut, andererseits aber auch leicht nach Süden
abgedrängt. Dadurch kann die Kaltfront über den Küstenregionen ein wenig weiter
nach Süden vorankommen, wobei sie schon über dem Ärmelkanal in Form einer
Warmfront rückläufig wird. Diese Warmfront ist dann an ein kleinräumiges Tief
westlich der Biskaya gekoppelt, das sich zwar im Tagesverlauf abschwächt, aber
immerhin etwas weiter nach Osten vorankommt. Westlich dieses kleinräumigen
Tiefs, über dem zentralen Nordatlantik, zeigt die Bodenwetterkarte ein kräftiges
Hoch, von dem ein Bodenkeil zur Nordsee gerichtet ist. Dieser Keil schiebt sich
auf die Rückseite der Kaltfront, so dass über dem Norden Deutschlands der Wind
auf nördliche Richtungen dreht. Die dort weiterhin schwachen Luftdruckgegensätze
bedingen einen schwachen Wind und damit auch nur eine schwache frontsenkrechte
Windkomponente. Mit anderen Worten: Ein nennenswerter Verlagerungsimpuls für die
Front kann aus Wind und Druckgradient nicht hergeleitet werden. Letztendlich
erreicht die Front bis zum Abend mit Mühe und Not die Mittelgebirgsschwelle, die
an sie gekoppelten Regenfälle zerfransen im Tagesverlauf immer mehr, bis zum
Abend rechten GFS oder IFS mit 12-stündigen-Mengen um 1 l/qm, ICON oder COSMO-D2
bringen es immerhin in der Spitze auf über 2 l/qm. Interessant könnte die
Entwicklung präfrontal werden. Zwar ist die Schichtung insgesamt stabil, aber
dennoch liefert ICON-EU über den nördlichen Mittelgebirgen örtlich leicht
erhöhte CAPE-Werte, und auch die Niederschlagsmuster von EURO4 deuten dort eine
leichte bis mäßige Schauertätigkeit an. Insofern kann nicht garantiert werden,
dass es in der Mitte trocken bleibt, aber die Hinweise auf Schauer sind
insgesamt nur moderat, zumal sich in die Soundings zumindest gebietsweise noch
eine schwache Inversion bei etwa 750-800 hPa hereinmogelt. Für den Süden ist die
Deckelung ohnehin zu stark gerechnet, dort sollte bezüglich Schauern nichts
passieren, abgesehen vielleicht vom Schwarzwald und der Alb. Der Wind ist
weiterhin kein (Warn-)Thema, und während über dem Norden, mit Ausnahme
vielleicht des unmittelbaren Küstenumfelds, die Wolken dominieren, ist es im
nördlichen Mittelgebirgsraum oft freundlich, südlich der Donau sogar sonnig.
Dass die Wolkenverteilung auf das Temperaturniveau durchschlägt überrascht
nicht. Während die Höchstwerte im Norden bei etwa 10 Grad stecken bleiben,
liegen sie in der Südhälfte bei 15 bis 21 Grad.

In der Nacht zum Freitag schreitet der atlantische Abtropfprozess weiter voran,
das zugehörige Höhentief liegt zum Morgen etwa 300 Seemeilen westlich von
Lissabon. Es kräftigt ein Tief über der westlichen Iberischen Halbinsel, in das
auch das vormals westlich der Biskaya liegende kleinräumige Tief eingebunden
wird. Damit läuft der Warmfrontteil des über dem Norden Deutschlands
befindlichen Frontensystems nunmehr in Richtung Portugal. Über Deutschland fällt
es der Front aber weiterhin schwer, Raum nach Süden zu gewinnen, auch wenn das
Hoch über dem Nordatlantik weiter nach Nordosten zu den Britischen Inseln
vorankommt und sich in der Folge auch der nach Norddeutschland gerichtete Keil
etwas kräftigt. Bis zum Morgen sollte sie eine Linie Kölner Bucht -
Niederlausitz erreicht haben. In der Folge wird es von der Eifel, dem
Niederrhein und dem Münsterland im Westen bis zum Erzgebirge, nach Ostsachsen
und ins südliche Brandenburg etwas regnen. Dabei simuliert ICON diesmal mit in
der Spitze um 3 l/qm relativ wenig Niederschlag, GFS oder auch EURO4 liegen mit
lokal knapp 10 l/qm deutlich höher. Vor allem südlich des Mains ist es locker
und ganz im Süden auch gering bewölkt. Hier kann sich wieder örtlich Nebel
bilden. Die Tiefstwerte liegen in der Mitte unter Wolken meist bei 7 bis 5 Grad,
im Norden, Süden und in hohen Mittelgebirgslagen bei 4 bis 0 Grad. Insbesondere
ganz im Süden und im äußersten Norden herrscht Bodenfrostgefahr. Der Wind ist
meist nur schwach und kommt im Norden und der Mitte aus nördlichen, im Süden aus
unterschiedlichen Richtungen.

Freitag ... schwenkt ein Kurzwellentrog, das Residuum des Abtropfprozesses auf
dem Atlantik, über die Nordsee hinweg bis zur Deutschen Bucht, in der Nacht zum
Samstag greift seine Achse dann auf die Norddeutsche Tiefebene über. Auf seiner
Rückseite folgt ein kräftiger Rücken, der Auf dem Nordatlantik nach Osten
vorankommt, bis weit ins Nordmeer hinein ausgreift und auf seiner Vorderseite
das ausgeprägte Hoch nördlich der Britischen Inseln stützt. In diesem steigt der
Druck bis zum Samstagmorgen auf etwas über 1040 hPa an, dann soll der
Schwerpunkt des Hochs den Süden Norwegens erreicht haben. Somit kommt
Deutschland zunehmend auf die Südostflanke des Hochs, wodurch die bodennahe
Strömung auf Nord bis Nordwest dreht. Auch damit wird die über der Mitte
Deutschlands liegende Kaltfront noch etwas nach Süden gedrückt und erreicht zum
Tagesende etwa den Main, ausgangs der Nacht dann die Donau. Postfrontal fließt
in 850 hPa kühlere Luft ein, bis zum Morgen sinken die entsprechenden Werte im
Nordosten auf -10 Grad, die Null-Grad-Isotherme verläuft etwa von Nordbaden nach
Niederbayern. Mit der Front gehen erneut leichte Regenfälle einher, die am Tage
vor allem die Mitte und in abgeschwächter Form auch den Süden betreffen, in der
Nacht ist dann vor allem die Südhälfte vom Niederschlag betroffen, mit der
einfließenden Kaltluft ist in höheren Lagen auch Schnee wieder ein Thema. Dabei
arbeiten die Modelle unterschiedliche Schwerpunkt heraus, nach IFS sollen im
Hunsrück mit bis zu 15 l/qm die größten Mengen fallen, ICON und ICON-EU legen
den Schwerpunkt dagegen mit 25 bis 30 l/qm (formal Dauerregen) an den Bodensee.
De facto sollte es sich aber um kräftige, konvektive Niederschläge, also Schauer
und eventuell auch Gewitter handeln, deren Schwerpunkt ICON insgesamt entlang
einer Linie von Schweizer Mittelland bis ins Böhmische Becken ansetzt.
Hervorgerufen werden diese von einem kleinräumigen Tief über dem Salzburger
Land, aber auch von einem Höhentief, das sich in der Nacht auf der Alpensüdseite
von West nach Ost bewegt. Die von ihm induzierte Hebung soll laut ICON, zusammen
mit einer weite Teile Bayerns überdeckenden Gegenstromlage, für kräftige, teils
gewittrige Konvektion sorgen. In diese Richtung deuten auch die für die
Jahreszeit deutlich ausgeprägten Gewitterindizes mit CAPE-Werten über 300 J/kg,
Lapse-Rates unter -0,7 K/100m und PPW-Werten bis 17 mm (jeweils lokale Maxima).
Allerdings stehen die deutschen Modelle mit dieser Sichtweise alleine da, GFS
und IFS arbeiten andere (und jeweils wieder unterschiedliche)
Niederschlagsmuster heraus. Die Höchstwerte erreichen im äußersten Süden
nochmals knapp 20 Grad, im Norden dagegen teils nicht einmal mehr 10 Grad.
Nachts muss im Norden, aber auch im Mittelgebirgsraum mit leichtem Frost
gerechnet werden.

Samstag ... wird das Wetter in Deutschland weiterhin von dem Rücken über der
Nordsee beeinflusst, auf dessen Vorderseite sich weiterhin im Bodenniveau ein
ausgeprägtes und sehr kräftiges Hochdruckgebiet mit Zentrum über Skandinavien
aufplustert. Auf der Südflanke des Hochs ist dabei noch die Kaltfront
wetterwirksam, die in der Höhe mit einem markanten Trog in Verbindung steht.
Zusammen mit einem schwachen Tief auf der Alpensüdseite wird demnach Hebung
generiert, die in der Südhälfte Deutschlands für Niederschläge sorgt. Diese
gehen zunächst nur in den Hochlagen in Schnee über.



Modellvergleich und -einschätzung
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Erst ab dem Freitag warnrelevante Modellunterschiede.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Martin Jonas