DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

15-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 151800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Bis Montagvormittag in einigen Kamm- und Gipfellagen der Mittelgebirge sowie in
Ostsachsen und anfangs in Nordfriesland Böen Bft 8. Danach erst wieder am
Mittwoch in Nordfriesland und auf höheren Berggipfeln der nördlichen
Mittelgebirge stürmische Böen.

Synoptische Entwicklung bis Mittwoch 12 UTC
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Aktuell ... liegt Deutschland zunächst noch unter einem Höhenkeil, der bis
Montagfrüh nach Polen schwenkt. Das korrespondierende Bodenhoch verlagert sich
mit seinem Schwerpunkt von Ostpolen in den Karpatenraum. Der diesem Keil
folgende Trog tropft über der Iberischen Halbinsel aus. Der Resttrog wird von
Kaltluftadvektion überlaufen und schwenkt in die Nordsee. Eine vorgelagerte
schwache Kaltfront greift ausgangs der Nacht auf den äußersten Nordwesten
Deutschlands über. Ein paar Tropfen Regen sind in Nordseenähe zu erwarten. Zuvor
legt der Gradient zu, so dass an der Nordfriesischen Küste Windböen und in den
Kamm- und Gipfellagen der nördlichen und östlichen Mittelgebirge Wind- und
stürmische Böen auftreten. Zudem kommt der Böhmische Wind in Gang, so dass in
den hierfür anfälligen Tälern ebenfalls Böen Bft 7/8 auftreten können.
Mit der Kaltfront greift mehrschichtige Bewölkung auf weite Teile Deutschlands
über, so dass es weitgehend frostfrei bleibt. Im östlichen Mittelgebirgsraum
sowie im Süden und Südosten klart es dagegen auf, so dass in diesen Gebieten
leichter Frost auftritt. Die Nebelneigung ist jedoch gering.

Montag ... schwenkt der Resttrog in den Norden Deutschlands, wobei sich ein
weiterer Abtropfprozess über Ostholstein bzw. Westmecklenburg abzeichnet.
Positive Viorticityadvektion wird weitgehend durch Kaltluftadvektion
kompensiert, so dass nicht viel Hebung übrigbleibt. Zwar kommt die schwache
Kaltfront bis in die Mitte Deutschlands voran, aber außer mehrschichtigen, aber
nicht geschlossenen Wolkenfeldern und ein paar Tropfen Regen ist nichts
Nennenswertes daran zu erwarten. Der Wind dreht mit Frontpassage auf Nordwest
bis West, ist aber ohnehin nicht warnrelevant. Nach Osten und Süden hin hält
sich schwacher Hochdruckeinfluss und somit Absinken, so dass längere sonnige
Abschnitte zu erwarten sind. Im Norden bewegen sich die Temperaturen (in
Abhängigkeit vom Küstenabstand) zwischen 10 und 14 Grad. Ansonsten werden 15 bis
19 Grad erreicht.
In der Nacht zum Dienstag überquert der (möglicherweise austropfende) Resttrog
den Osten Deutschlands. Dieser ist vor allem den in unteren
Troposphärenschichten ausgeprägt; etwas mehr Hebung kann im Nordosten einige
Millimeter Niederschlag bringen. Hinsichtlich der Struktur dieses Troges bzw.
Zugbahn des Cut-Offs bestehen noch Unsicherheiten, was sich auf die
Niederschlagsverteilung auswirkt. Immerhin gibt es Simulationen, die bis in den
zentralen Mittelgebirgsraum mit Niederschlagssummen bis 15 mm innerhalb von 12
Stunden rechnen. Nachfolgend stellt sich rasch wieder antizyklonaler Einfluss
ein. Im Bodendruckfeld kommt eine Hochbrücke zum Tragen, die sich vom Azorenraum
über die Alpen hinweg bis ins Schwarzmeergebiet erstreckt.
Frost sollte auf die Gebiete beschränkt bleiben, wo es längere Zeit aufklart.
Das ist im Norden Deutschlands rückseitig der sich auflösenden Kaltfront und
unmittelbar an den Alpen am wahrscheinlichsten.

Dienstag ... setzt sich die zonal ausgerichtete Frontalzone von Schottland über
Südskandinavien und das Baltikum hinweg nach Osten durch. Eine darin
eingelagerte, rückläufig werdende Kaltfront kann schleifend auf den Norden und
Teile der Mitte Deutschlands übergreifen, wodurch etwas Regen fällt. Die
Verteilung der Niederschläge ist unsicher, aber mehr als 5 mm innerhalb von 6
Stunden sind unwahrscheinlich. Meist beschränkt sich die Wetterwirksamkeit
dieser Front auf mehrschichtige Bewölkung. Für warnrelevante Böen (bis Bft 7)
sollte es nur an einigen Küstenabschnitten sowie in Nordfriesland reichen.
Weiter nach Süden hin sind aufgrund der Nähe zur o.g. Hochbrücke Auflockerungen
und längere sonnige Abschnitte am wahrscheinlichsten. Die Temperaturen ändern
sich gegenüber Montag nur unwesentlich.
In der Nacht zum Mittwoch wird eine in der Frontalzone eingelagerte flache Welle
in den Skagerrak gesteuert. Daher legt im Bereich des breiten Warmsektors in
Norden Deutschlands der Gradient zu, so dass an einigen Küstenabschnitten
Windböen und an der Nordfriesischen Küste sowie auf dem Brocken stürmische Böen
aufkommen. Weiter nach Süden hin bleibt es windschwach. Leichter Frost sollte
nicht mehr auftreten.

Mittwoch ... ändert sich die Geopotentialverteilung nur wenig. Die o.g. Welle
wird rasch zu den Baltischen Staaten gesteuert, die nachfolgende Kaltfront
jedoch durch eine weitere Welle, die westlich der Britischen Inseln ansetzt,
zurückgehalten und bleibt Mitteleuropa fern. Aufgrund der Nähe zur Frontalzone
bleibt im Norden der Gradient jedoch kräftig, so dass an der Küste und im
küstennahen Binnenland Windböen und in exponierten Küstenabschnitten sowie auf
dem Brocken stürmische Böen auftreten können. Zudem sind in Nordfriesland
geringe Niederschläge möglich.
Die o.g. Hochbrücke, die zusehends durch einen sich nach Osten ausweitenden
Höhenkeil gestützt wird, kann sich noch etwas kräftigen (was auch dazu beiträgt,
dass im Norden der Gradient aufrecht gehalten wird). Großräumiges Absinken sorgt
in der Mitte und im Süden Deutschlands für längere sonnige Abschnitte. Die
Temperatur steigt in Küstennähe auf 11 bis 15, sonst auf 15 bis 19 und in
tieferen Lagen Süddeutschlands auf Werte um 20 Grad.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die vorliegenden Modelle stützen weitgehend die oben beschriebene Entwicklung.
Prognoserelevante Unterschiede ergeben sich in Bezug auf den ostwärts
schwenkenden Resttrog in der Nacht zum Dienstag. EURO4 zeigt diesen Resttrog
kräftiger, weiter nach Süden reichend und langsamer verlagernd als die anderen
Modelle, was die Unterschiede hinsichtlich der Niederschlagssummen und
-verteilung erklärt. Während ICON die meisten Niederschläge (bis etwa 5 mm / 12
Stunden) im Nordosten Deutschlands erwartet, belassen es EZMW und GFS bei 1 bis
3 mm in Teilen von NRW und im südlichen Niedersachsen. EURO4 hat im gesamten
Mittelgebirgsraum mehr als 5 bis etwa 15 mm innerhalb von 12 Stunden im Angebot.



Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Thomas Schumann