DWD Synoptische Übersicht Mittelfrist

15-03-2020 12:30

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T M I T T E L F R I S T
ausgegeben am Sonntag, den 15.03.2020 um 10.30 UTC



Zunächst überwiegend ruhige und sonnige Witterung, zum Wochenende kühler und
evtl. unbeständiger.
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Synoptische Entwicklung bis zum Sonntag, den 22.03.2020


Zu Beginn des mittelfristigen Zeitraums am kommenden Mittwoch liegt Deutschland
im Bereich eines Rückens, dessen Achse jedoch schon über weite Teile des Landes
hinweggeschwenkt ist. Die Frontalzone liegt dabei über Dänemark und dem
südlichen Skandinavien, sodass unter Hochdruckeinfluss allenfalls im äußersten
Norden geringe Niederschläge zu erwarten sind.

Ab Donnerstag soll nach Leseart des deterministischen Modelllaufs des IFS über
dem Ostatlantik ein Kurzwellentrog südwärts abtropfen und schließlich vor der
Iberischen Halbinsel als ein eigenständiges Höhentief wirbeln. Dabei stützt
dieser Prozess einen Rücken über Mitteleuropa, der sich mit aller Macht dem
Langwellentrog über Nordeuropa entgegenstellt. Abgesehen vom Küstenumfeld mit
dichten Wolken und etwas Regen nahe der Frontalzone bleibt es am Donnerstag
meist sonnig und trocken. Am Freitag könnte ein flaches Tief über
Südwestdeutschland für eine Labilisierung der Troposphäre sorgen, sodass in der
Südhälfte Deutschlands das Schauerrisiko ansteigt. Bis Freitagabend hat die
Kaltluft über Skandinavien somit noch nicht die Chance nach Deutschland
vordringen.

Am Samstag kann der Rücken unter Verkürzung der Wellenlänge und gleichzeitiger
Vergrößerung der Amplitude von Ostfrankreich bis vor die Küste Norwegens
ausdehnen. Die Achse des Rückens liegt dabei westlich von Deutschland, sodass
auf dessen Ostseite ein Kurzwellentrog von Skandinavien her über den Osten des
Landes südostwärts schwenken kann. Am Boden korreliert der Rücken mit einem
kräftigen Hoch mit Zentrum über Südnorwegen. Rückseitig des Troges sowie
gleichermaßen auf der Vorderseite des Bodenhochs dreht die Strömung auf eine
nördliche bis nordöstliche Komponente, sodass die Frontalzone einen Schub nach
Süden bekommt. Dabei kann die Kaltluft das Land von Norden her allmählich
fluten.

Da sich das Bodenhoch auf der Vorderseite des Rückens über den Britischen Inseln
und der Nordsee und mit Zentrum am Boden über des westlichen Ostsee weiter
stärken kann, bleibt das Wetter unter Hochdruckeinfluss und hochreichende
antizyklonale Verhältnisse meist sonnig und ruhig. Allenfalls im äußersten Osten
kann sich der Trog über Osteuropa anfangs noch auswirken und ein paar
Tropfen/Flocken liefern. Die Temperaturen im 850-hPa-Niveau beschreiben dabei
eine große West-Ost-Differenz. Während in Ostsachsen und Ostbayern vom heutigen
IFS Werte bis -13 Grad prognostiziert werden, sollen sie am Niederrhein nur um
-1 Grad liegen. Bodennah sorgen die synoptischen Bedingungen für einen starken
Tag-Nacht-Kontrast. Am Tage sollen mit Sonnenunterstützung verbreitet weiter
Höchstwerte zwischen 7 und 14 Grad auftreten, unter Dauergrau jedoch niedrig
einstellige Werte. Nachts sinken die Temperaturen dann aber bei Aufklaren bis
auf 4 bis -5 Grad, am Boden verbreitet auf 0 bis -8 Grad ab.
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Bewertung der Konsistenz des operationellen Laufs


Der heutige 00 UTC Lauf des IFS zeigt zum gestrigen 12 UTC Lauf eine sehr gute
Konsistenz. Zum letzten 00 UTC Lauf sind jedoch größere Unterschiede zu
verzeichnen.

Schon der gestrige 12 UTC Lauf verlangsamte, wie auch der aktuelle 00 UTC Lauf,
zum Wochenende die Verlagerung eines Troges von Westen und stützte stattdessen
den Rücken sowie das korrelierende Bodenhoch. Die noch gestern Früh simulierten
frontalen Niederschläge am Donnerstag sind somit allenfalls noch im (äußersten)
Norden zu finden. Die Frontalzone befindet sich nach den neusten Berechnungen
zunächst weiter über Schleswig-Holstein. Am Samstag bekommt die Frontalzone
rückseitig des über Skandinavien ostwärts durchschwenkenden Troges eine
Schubkomponente nach Süden, wobei sie jedoch rasch unter antizyklonale
Verhältnisse gerät. Nennenswerte Niederschläge werden demnach, entgegen des
gestrigen 0 UTC Laufes, nun und auch nur anfangs im Osten und Süden simuliert.
Ab Sonntag soll es dann weitgehend trocken bleiben, während der gestrige 00 UTC
Lauf die Frontalzone mit Niederschlägen bis Montag weiter über Deutschland
zeigte.
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Vergleich mit anderen globalen Modellen


Auch weitere deterministische Globalmodelle (ICON, GFS) zeigen bis Samstag die
vom IFS (ECMWF) seit gestern Mittag beschriebenen Zirkulationsmuster. Sie
simulieren ebenfalls einen Abtropfprozess über dem Ostatlantik, der den Rücken
zunächst stärkt und somit die Umstellung der Wetterlage auf eine Nordströmung
ausbremst. Unterschiede sind dabei bei der genauen Lage der Luftdruck- und
Geopotentialgebilde sowie auch deren exakte Ausdehnung und Intensität zu
verzeichnen. Beim ICON schwenkt der stärker ausgeprägte Kurzwellentrog bei einem
schwächeren Rücken früher nach Deutschland. Zudem kann die Frontalzone rascher
ins gesamte Land vordringen. Bei überwiegend zyklonalem Einfluss stehen entgegen
dem IFS auch im Westen Niederschläge auf dem Programm. Das GFS zeigt in dieser
Hinsicht einen Mittelweg. Im Vergleich zum IFS ist der Trog ebenfalls stärker
und weiter nach Westen wirksam, allerdings nicht in gleichem Maße wie beim ICON.
Ab Sonntag zeigen GFS und IFS weiter vergleichbare Strukturen, wobei das GFS den
Rücken über der Nordsee etwas stärker und das Bodenhoch über Dänemark und Polen
etwas schwächer sieht. Das ICON geht ab Sonntag ganz andere Wege und simuliert
vor Benelux ein Höhentief. Diese Entwicklung findet seinen Ausgangspunkt in der
Höhe, wo ICON einen Langwellentrog über den Britischen Inseln nach Süden
ausdehnen lässt und somit auf der Vorderseite ein Tief generiert. Entsprechend
würde sich der Wettercharakter unbeständig, aber weniger kalt zeigen.

Das UKMO und das GEM wollen von den derzeitigen Entwicklungen des GFS, IFS und
ICON nichts wissen und zeigen weiter, zum gestrigen 00 UTC Lauf des IFS
vergleichbare, Strukturen. Demnach würde der Abtropfprozess ausfallen und der
Trog somit früher über Deutschland nach Osten hinwegschwenken. Durch die
kräftige Entwicklung des nachschiebenden Hochs wird von diesen Modellen eine
ordentliche Kaltluftzufuhr gezeigt.
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Bewertung der Ensemblevorhersagen


Die Rauchfahnen diverser deutscher Städte zeigen bei einem geringen Spread des
ENS bei der 850 hPa Temperatur als auch beim 500 hPa Geopotential
übereinstimmend bis einschließlich Donnerstag eine (sehr) gute Vorhersagegüte.
Auch am Freitag ist sich das Ensemble im Norden und Westen noch weitgehend einig
bei den Entwicklungen. Im Osten, im Süden und der Mitte gibt es dagegen erste
Unsicherheiten beim Timing und auch der Ausprägung des durchschwenkenden Troges
samt rückseitiger Kaltluftzufuhr. Ab Samstag ist dann landesweit kaum noch eine
seriöse Vorhersage möglich. Zwar gibt es von der größten Anzahl an Modellmember
den Trend zu einer kalten und unbeständigen Witterung, insgesamt wird das ENs
jedoch stark gespreizt und verfügt am Sonntag über einen Spread von über 20 Grad
(850 hPa) bzw. über 35 hPa (500 hPa). Die Meteogramme stützen die Prognosen des
ENs mit zunächst sehr kleinen und im Verlauf sehr großen Box-Plots.

Die Clusteranalyse zeigt für den Zeitraum +72 bis +96h insgesamt fünf Cluster,
welche die Unsicherheiten des Ensembles beschreiben. Dabei sind alle Cluster dem
Schema einer positiven NAO mit einer stark zonalen Strömung auf dem Ostatlantik
bzw. Europa zugeordnet. Vor allem die Cluster 1 bis 3 unterscheiden sich kaum
voneinander. Abweichungen sind allenfalls bei dem Abtropfprozess sowie der
Intensitäten zu erkennen. Zusammen werden die Aussagen dieser Cluster von 39
Mitgliedern sowie auch von Haupt- und Kontrolllauf in Cluster 1 gestützt. Bei
Cluster 4 wird der Rücken etwas kräftiger und weiter Norden verschoben
simuliert, sodass antizyklonale Verhältnisse bis nach Südskandinavien zu
verzeichnen wären. Cluster 5 bleibt bei einer zonalen Strömung ohne
Abtropfprozess, wobei der Norden Deutschlands zyklonal geprägt sein soll.
Im Zeitraum von 120 bis 168h werden insgesamt sechs Cluster benötigt, die
Unsicherheiten des ENS ausreichend zu beschreiben. Dabei ist kein einheitliches
Zirkulationsschema vorhanden. Cluster 1, 3 und 6 schwenken rasch in eine
Blockierung der Strömung über West- bzw. Nordwesteuropa, die Cluster 4 und 5
nehmen den Umweg zur Blockierung über den Britischen Inseln über einen
atlantischen Rücken. Das Cluster 2 bleibt länger in der positiven NAO, wechselt
dann aber noch in die negative NAO bevor es ebenfalls eine Blockierung über den
Britischen Inseln zeigt. Die Cluster 1 bis 3 sind zudem nahezu gleichverteilt.
Der Haupt- und der Kontrolllauf befinden sich im Cluster 2, welches den
Abtropfprozess signifikant zeigt wodurch wie beschrieben die Verlagerung der
Strukturen ausgebremst wird. Cluster 3 ist insgesamt etwas rascher und zeigt den
Rücken analog zum GFS stärker. Das Cluster 1 will von dem Abtropfprozess nicht
viel wissen, sodass die 14 Member eher den deterministischen Läufen des GEM und
des UKMO entspricht. Das Cluster 6 beschreibt ähnliche Strukturen wie Cluster 3,
wobei das abgetropfte Höhentief noch stärker gezeigt wird. Entsprechend blockt
der rücken auch stärker den Trog sodass dieser kaum wirksam werden kann. Dieses
Szenario ist das wärmste Szenario.
In der erweiterten Mittelfrist reichen zwei Cluster um die Unsicherheiten im
Luftdruck- und Geopotentialfeld zu erklären. Cluster 1 mit insgesamt 37
Repräsentanten sowie mit dem Hauptlauf zeigt einen kräftigen Rücken über
Nordeuropa, der eine östliche bis südöstliche Strömung über Mitteleuropa
generieren würde. Beim Cluster 2 mit dem Kontrolllauf kann sich ein Rücken vom
Ostatlantik und Frankreich bis nach Nordwestrussland erstrecken. Deutschland
würde im Bereich zw. Rückseitig dieses Rückens liegen. Im Vergleich zu Cluster 1
auf jeden Fall die deutlich mildere bis wärmerer Struktur.
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Wahrscheinlichkeiten für signifikante Wettererscheinungen


Vom EFI gibt es bis Freitag lediglich Hinweise bezüglich des Modellklimas für
überdurchschnittliche Temperaturen. Auch von der Probabilistik (ICON-EPS,
EZ-EPS) gibt es allenfalls am Mittwoch an der See, am Samstag zusätzlich auch in
den Hochlagen der Berge geringe Wahrscheinlichkeiten für markante Böen (Bft 8).

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Basis für Mittelfristvorhersage
EZ-EPS, anfangs auch det. EZ, MOSMIX für TT
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VBZ Offenbach / Dipl. Met. Lars Kirchhübel