DWD Synoptische Übersicht Kurzfrist

14-03-2020 18:01
SXEU31 DWAV 141800

S Y N O P T I S C H E Ü B E R S I C H T K U R Z F R I S T
ausgegeben am Samstag, den 14.03.2020 um 18 UTC


Markante Wettererscheinungen:
Ruhiges, aber nicht ganz störungsfreies Wetter bei steigender Temperatur.

Synoptische Entwicklung bis Dienstag 12 UTC
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Aktuell ... offeriert der Blick aus der Satellitenperspektive ein zweiteiliges
Bild über Deutschland, dass man vereinfach wie folgt titulieren kann:
Nordosthälfte nearly sky clear, Südwesthälfte scattered to broken, slight
showers. Die Gründe für diese Verteilung liegen zum einen im unterschiedlichen
Feuchtegehalt der eingeflossenen polaren Luftmasse, die im Nordosten ungleich
trockener ist als im Südwesten (Taupunkte heute Nachmittag lokal -10°C in
Vorpommern, im Rheinland dagegen bis +3°C). Punkt 2 betrifft die Nähe zum
kräftigen Bodenhoch HELGE, dessen Zentrum mit etwas über 1025 hPa mittlerweile
in Polen angekommen ist. Und zuletzt sei noch auf die Potenzialverteilung
hingewiesen, die heute Nachmittag ein konvexes Bild abgab mit einem flachen
Rücken im Nordosten und einem flachen Trog über dem Südwesten - alles so, wie
gestern von den Modellen vorhergesagt. Bravo! Interessant dabei: Während die
Temperatur im prallen Sonnenschein meist nur zwischen 5 und 9°C lag, wurden im
bewölkten Westen und Südwesten nicht selten Werte im unteren zweistelligen
Bereich registriert.
Wie geht das Ganze in der kommenden Nacht nun weiter? Die Konvexität des
Potenzialfelds wird im Zuge der natürlichen Progression aufgehoben und durch
einen Höhenrücken ersetzt, der sich auf seinem Weg nach Mitteleuropa immer
weiter aufwölbt. Auf seiner Vorderseite kräftigt sich das Bodenhoch durch NVA
noch etwas bei gleichzeitig langsamer Verlagerung in Richtung Westukraine. Damit
gelangen wir bodennah immer mehr in die Übergangszone zwischen dem Hoch und dem
Tief IRIS, das die Übernachtungsmöglichkeiten auf den Hebriden testet. In dieser
Übergangszone nimmt der Gradient allmählich zu, so dass eine südöstliche bis
südliche, im Süden östliche Grundströmung in Gang kommt. Aufgrund der stabilen
Schichtung respektive der entkoppelten Grundschicht hält sich die Windzunahme in
Grenzen. Am griffigsten wird der Wind über der freien See sowie in höheren
Lagen. Auf Helgoland sowie an den Küsten SHs treten Böen bis 7 Bft auf, der
nimmersatte Brocken übertreibt wie immer und gönnt sich die eine oder andere
Sturmböe 9 Bft.
Wettermäßig sorgt die den Höhenrücken überlaufende WLA für mehrschichtige
Bewölkung, die auf den Westen und Nordwesten übergreift und dort für eine
frostfreie Nacht sorgt. Regen bleibt allerdings die absolute Ausnahme bzw.
startet zwar oben, kommt unten aber nicht an. Im Osten und Nordosten verlaufen
die nächsten Stunden wolkenarm bzw. klar, und auch im Süden/Südwesten lockern
die Wolken allmählich auf. Dabei geht die Temperatur größtenteils in den
leichten Frostbereich zurück. Dort, wo noch etwas Restnässe vom Tage übrig ist
(Süden/Südwesten) besteht lokal die Gefahr gefrierender Nässe, insgesamt ist
Glätte aber kein großes Thema. Gleiches gilt für den Parameter Nebel, der sich
auch nur sporadisch in einigen Senken und Flussläufen Süddeutschlands bildet.

Sonntag ... ändert sich gar nicht mal so viel an der Großwetterlage. Zwar
wandert der Höhenrücken mit seiner Hauptachse ostwärts über den Vorhersageraum
hinweg. Da der nachfolgende Trog aber lieber nach Süden austritt als zu reisen
(ins Fachliche übersetzt: Vergrößerung der Amplitude auf Kosten der Wellenlänge,
keine oder kaum Translation nach Osten), bleibt das Geschehen bei uns weitgehend
antizyklonal geprägt. Unmittelbar vor dem Trog kommt es sogar zu leichtem
Potenzialgewinn, was dem Rücken sukzessive eine größere Wellenlänge (breitere
Amplitude) verleiht.
Klingt kompliziert, dabei präsentiert sich das Sonntagswetter vergleichsweise
simpel und in weiten Teilen vorfrühlingshaft freundlich. So wird mit
niedertroposphärisch südlicher Strömung wärmere Luft advehiert (T850 am Abend
zwischen 0°C an Nord- und Ostsee und bis zu 6°C im äußersten Süden), was
Tageshöchstwerte von rund 11/12° im höchsten Norden und bis zu 17°C am Oberrhein
zur Folge hat. Dabei scheint in der gesamten Südosthälfte die Sonne bei meist
nur hohen und transparenten Wolken. Im Nordwesten, wo man dem Tief IRIS am
nächsten ist (das Tief splittet sich übrigens in zwei Kerne, die um 12 UTC bei
den Orkneys sowie bei der Haltenbank liegen), ist die Bewölkung vielschichtiger
und auch kompakter, was der Sonneneinstrahlung nicht besonders zuträglich ist.
Die Regenwahrscheinlichkeit bleibt allerdings gering, am ehesten verirren sich
an und über der Nordsee ein paar Tropfen bis zur Erde.
Der südliche Wind lebt besonders in der Nordhälfte etwas auf, bleibt in den
meisten Regionen aber unterhalb der Warnschwelle. Böen der Stärke 7 Bft stehen
am ehesten an der See (Nordfriesische Inseln und Halligen vielleicht einzelne
"8er"), in höheren Lagen sowie im Lee der westlichen und zentralen Mittelgebirge
auf der Karte. Auch die ostsächsischen Flusstäler zeigen eine gewisse
Anfälligkeit für steife Böen 7 Bft ("Böhmischer Wind light version") und der
Brocken schießt mit Böen 9 Bft einmal mehr den Vogel ab im gesamtdeutschen
Vergleich.

In der Nacht zum Montag tropft der Trog mit Kurs Iberische Halbinsel ab, während
bei uns die relativ schwache Höhenströmung auf der Nordflanke des inzwischen
breit aufgestellten Höhenrückens zunehmend zonalisiert. In den Norden und
Nordwesten quält sich mehr schlecht als recht eine dem abtropfenden Trog
vorgeschaltete Tiefdruckrinne, in die eine gammelige und weitgehend
wetterinaktive Kaltfront eingelagert ist. Beide sorgen zwar für einen Haufen
Gewölk, die Regenwahrscheinlichkeit bleibt aber gering. Der große Rest des
Landes kommt gering bewölkt oder klar und mit nur wenigen Nebelfeldern über die
Nacht. Im Südosten, sprich im größten Teil Bayerns sinkt die Temperatur unter
den Gefrierpunkt und auch in den Tälern und Senken der Mittelgebirge reicht es
für leichten Luftfrost. Frost in Bodennähe kann es mit Ausnahme der stärker
bewölkten Gebiete verbreitet geben.

Montag ... schwenkt das flache und mit stark positiv geneigter Achse
ausgestattete Residuum des abgetropften Troges über den Norden hinweg ostwärts.
Die Reste der Tiefdruckrinne weiten sich bis zur Mitte aus, auch wenn
einsetzender leichter Druckanstieg weiter an der ohnehin schon ramponierten
Kontur der Rinne nagt und den Aufbau einer Brücke anstrebt. Da die Kaltfront
ebenfalls noch etwas landeinwärts vorankommt, bevor sie spätestens in der Nacht
zum Dienstag ihren Geist aufgibt, muss im Norden und Westen sowie in Teilen der
Mitte von einem wolkig bis stark bewölkten Wochenstart ausgegangen werden.
Nennenswerte Regenfälle sind nicht zu erwarten, am offensivsten agiert noch IFS
von 00 UTC mit einigen Schauern im westlichen und zentralen Mittelgebirgsraum.
Postfrontal (das Wort verbietet sich eigentlich aufgrund kaum merklicher
Luftmassenunterschiede) lockert die Wolkendecke im Norden im Tagesverlauf
teilweise auf.
Im Süden sowie in der östlichen Mitte liegt man unter dem "Schutzschirm" des
o.e. breiten Rückens. Außerdem profitiert man noch von den nach Westen
gerichteten Ausläufern des mittlerweile fast am Schwarzen Meer angekommenen
Hochs HELGE, was unter dem Strich sonniges Wetter oder einen nur locker
bewölkten Himmel zur Folge hat. Dabei erwärmt sich die Luft unter der inzwischen
leidlich hoch am Himmel stehenden Sonne auf 14 bis 19°C, im Süden vereinzelt
vielleicht auch schon 20°C. Etwas gedämpfter das Temperaturniveau im Norden, wo
es an der See und auf den Inseln im Falle auflandigen Windes z.T. nur für 9 oder
10°C und im Binnenland für 10 bis 14°C reicht. Im Zuge eines merklich
auffächernden Druckgradienten wird der Wind zumindest warnperspektivisch zur
Bedeutungslosigkeit degradiert.

In der Nacht zum Dienstag schließt sich die Hochdruckbrücke, die Rinnenreste
werden eliminiert. Insofern erscheint die Lösung von IFS (00 UTC) etwas
befremdlich, werden doch in der östlichen Mitte 1 bis 5 mm Regen innert 12 h
simuliert. Wahrscheinlicher ist, dass in der Mitte noch Restbewölkung
übrigbleibt, aus der aber nur noch wenige Tropfen fallen. Letztlich ist das
Ganze nur von akademischen Interesse, zumindest aus der Sicht des
Warnmeteorologen. Der schaut allenfalls in Richtung Deutsche Bucht, wo der
Südwestwind am äußeren Rand eines Sturmtiefkomplexes (es müsste sich um JASMIN
handeln) bei Island etwas auffrischt. Ob es dabei schon für erste 7er-Böen
reicht, ist aber noch fraglich. Weniger fraglich ist die Temperaturentwicklung,
die nur noch in wenigen Fällen leichten Frost zulässt (am ehesten am Alpenrand
sowie in der Norddeutschen Tiefebene). Hier und da bildet sich Nebel.

Dienstag ... steht im Zeichen der besagten Hochdruckbrücke, der es allerdings
nicht gelingt, überall Affenhochglanz zu erzeugen. Eingebettet in die schwache
westliche Höhenströmung ist ein weiterer flacher KW-Trog, der ost-südostwärts
durchschwenkt und zumindest zeit- und gebietsweise den Durchzug stärkerer
Wolkenfelder fördert. Dabei soll es in der Mitte und im Südosten sogar etwas
tröpfeln (je nach Modell), die große Regennummer steht aber nicht an. Im
äußersten Norden, der am süd-südöstlichen Rande der Frontalzone liegt, schaut
mal eine schwache Kaltfront vorbei, die ebenfalls einige Wolken, aber kaum Regen
produziert. Das Temperaturniveau ändert sich nur wenig gegenüber dem Vortag und
der Wind kommt nicht richtig zur Entfaltung. Selbst an und auf der Nordsee
bleibt der Südwestwind sehr wahrscheinlich handzahm.


Modellvergleich und -einschätzung
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Die grobe Linie steht, kleine und nicht warnrelevante Differenzen wurden im Text
erörtert.


Vorhersage- und Beratungszentrale Offenbach
Dipl. Met. Jens Hoffmann